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Sächsische Volkszeitung : 09.07.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192007094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200709
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200709
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-07
- Tag 1920-07-09
-
Monat
1920-07
-
Jahr
1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 09.07.1920
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1«. «eite, Freitag den S. Juli 1920 nur einzelne Orte erstrecken und von denen min doch gar nicht weiß, ob sie die Errichtung ein-rRl'er'publi! oder die Diktatur de« Prol? tariatS zum Ziele haben, 'inz'g und allein die vielfach im unabhän gig-kommunistischen Fahrwasser schwimmenden „freien Gewerkschaften" daiüber besinde» werden, welche Zeitungen bezw. Zeitschriften .im Interesse der revolutionäre» Errungenschaften" herzustellen sind. Die Oessentlichleit weiß nun mit genüg mder Deutlichkeit, wo» sie von der Neutralität der soacnannten „freien Geweikschasten" zu halten hat. AuS der Tatsache, daß ter sozialdemokratische Buchdruckerve» band 90 Prozent aller Buchdruck'-egcyilsen in sich vereinigt, die christ liche Organisation, der Gut-nbcrqbund, aber nur 5 Prozent der Ge werbeangehörigen umfaßt, kann m>n ermessrn, wie groß die Gefahr ist, die der nichtsozialdemolrarischc» Tagespreise insgemein droht. Wir sind der Meinung, daß hi-ran die politischen Parteien und vor allem die paritätisch aus Prinzipalen und Gehilfen zusammengesetzte Tarisgemeinschast der deutschen Buchdrucker nicht achtlos vorübergehen können. Eine Zensur der sozialdemokratischen Gewerkschaften muß aus volkSwittschaftlichen und ideellen Gründen entschieden abgclehm werden. Vor der Abstimmung in Ost- und Meftprenften Am 1l. Juli sinket bekanntlich die Abstimmung in Ost und West Preußen statt. Obgleich die Polen olle möglichen Mittel auswandten diese Abstimmung zu ihren Gunsten stattfinden zn lassen, zeigt eS sich erfreulicherweffe daß alle thi« Mittel, wie die Sperrung des polnischen Korridor?, die Zurückhaltung der Abstim mungsberechtigten aus dem schon ä'n Rok„ abgetretenen Gebiete, die verspätete Ausstellung von Wahl,u?weis?n. nicht zum Ziele führen. Besonders g» en Eindruck hat aus die Abst.wmung in Ost- und West preußen die stir Deutschland aünst-ze Abstimmung ln Schleswig ge macht. So ist zn hoffen, aas; auch w'-dw !--e annltige Abstimmung in Ost- und Westvreuße» ihrerseits auf die Stimmung in Oberlchlesien den besten Einfluß haben wird. In Obcrschlesien soll nach den neuesten Meldungen aus Warschau die Abstimmung nunmehr für die erste Septemberhrtste in Aussicht genommen werden. Wenn am Mittwoch im vrrußff'h'n Abgeordnetenbause ein Neduei er wähnte. daß die Abstimmuiz.'n in Ost- und Weslpreußen noch viel wichtiger seien als die Konserenz von Span, so kan» man dem zn° stimmen. Denn nichts st non größerem 'Eindruck aus die gesamte Mit- und llniwelt als die Kundgebung zur Einigkeit und des festen Willens auch in den Taren der Na-, und als solche darf man dis jetzige» für Deutschland nach dem Nerse.'ller Frieden bezeichnen. Deutschland unerschütterlich d'e Treue ;u bewahren, und deshalb gebührt allen, die sich für Kiew Abstimmung mit ihrer ganzen Kraft cinaeset't die nn'er schwerer Mühsal Entbehrungen und Schi kanen die Reiie nach ihrer alt-»» He>mat »ich! gescheut haben der Dank de§ ganzen deutschen Volke«. Di» S-imme treuen Blutes, d'e dort im Osten erschallt, wirkt mächtiger als alle Proteste und die son stigen Kundgebungen und sann auch letzten Ende? auf Deutschlands Gegner ihren Eindruck nicht ».'"fehlen. Spaa vierte Trrr? (Eigener Drahtbericht der . SSckis. BokkSzeitung") Berlin, 9. Juli. Der Korrespondent des „Berliner Tageblattes" meldet aus Spaa vom 8. K MtS. folgendes: Tie heute um Uhr begonnene Sitzung hat zu dem vvranS- zusehendcn Diktat der Alliierten geführt, es ist in einer unerhört schweren Form erfolgt. De la Croix teilte gleich zu Am'ang mit, daß wenn die SicherheitS- und Einwohnerwehr sofort entwaffnet würde, die Reichswehr Aufschub erhalte, bis zum 1. Oktober muß sie aber 60000 bis 1. Januar 1921 100 000 Mann entlassen haben. Ferner werde Vernichtung der Luftt'ahrzeiige bis zum 1. August ver langt. Zerstörung der überflüssigen Waffen innerhalb einer kurzen Frist und Durchführung der Marineklausel und Erlassung von Gesetze» gegen die allgemeine Dienstpflicht und Zurückhaltung von Waffen. Im Falle der Nichtausnahme dieser Bedingungen behalten sich die Alli ierten vor, daS Rnhrgebiet oder anderes deutsches Gebiet zu besetzen. Simons erklärte zu der anferkegten nicht ans der Verhandlung her- voraraanaenen Bedingnne-v die dei'Ech- Negierung, in deren Namen er spreche, müsse sie annehmen. Die Verantwortung für die Folgen tragen die Alliier'en. Simons ging dann die einzelnen Punkte der Miiertenforderungeai durch. Liopd George steuerte im weiteren Verlauf der Verhandlung darauf hin, daß die Seestreitkrölte schlen- nigst abgerüsttt werden müßten. Fehrenbach sagte zu. Nun wurde den Deutschen ein Broiokoflentwnrf vorgelegt, der zu unterzeich nen sei. Der deutschen Delegation kam der Ernst des Augenblicks ganz zum Bewußtsein und sie zögerte, ihre Unterschrift hinzugeben. Der Protokollentwurs gab ihnen einen vollen Überblick über die Trag weite der Afliieriensvrdernngen. ES war für die deutsche Delegation natürlich schwer im Saale am Konferenztisch untereinander sich über das. was zu geschehen habe, zn verständigen. Der Vorsitzende de la Croix sieht das ein und ist bereit die Sitzung eine halbe Stunde zu vertagen, »in den Delegierten Geegenheit zn geben, das Protokoll zn berate«. Die deutsch« Delegation lehn«, da« ab. Die Lage ve» langt ein« gründlichere veberlegung. I« Sitzungssaal« entsteht eine Verwirrung durch da» deutsche Zögern. Die deutsch« Delegation er» klärt, sie müsse «nter sich ausführlich beraten und mit Berlin spreche«. Simon« begründet den deutsche« Standpunkt in scharse« Worte». Die Sitzung wird darauf hin nicht verschoben, sondern aufgehoben. Die deutschen Delegierten fahren hinaus in das Sommergasthau«, die Alliierten gehen zum Tee. Morgen Freitag um All Uhr findet eine neue Konferenz sltzung statt. Gpaa, 6. Juli. Sofort nach Rückkehr von der Konferenz traten die Mitglieder der Delegation zu einer Besprechung znsammen. Daran anschließend fand eine Ki»t>ne?t«'itzuiig statt, die über eine Stunde währte. Die Regierung hat sich sofort mit den in Berlin weilenden Mitgliedern des Kabinetts mit oem Reichspräsidenten, mit den Führern der politische» Parteien ,«.nd dem Reich«rat in Verbin» düng gesetzt. Minister Dr. Simon» hatte heut» abend eine Besprechung mit dem Generalsekretär'der Konferenz, Rollin Jacquennin. Die Erklärung der Alliiericn Spaa, 8. Juli. Die in der heutigen Sitzung als Ergebnis der Beratungen der Alliierten übergebene Erklärung hat folgenden Wort laut: Unter der Bedingung, daß Deutschland a) sofort zur Entwaffnung der Einwohnerweh ren und der Sicherheitspolizei schreitet; b) eine Bekanntmachung veröffentlicht, in der die sofortige Auslieferung aller Waffe» gefordert wird, die in den Händen der Zivilbevölkerung sind und welche im Falle der Zuwider» Handlung wirksame Strafen vorsieht. Im Falle, daß die Befug nisse, die die Regierung kraft Gesetzes hat, »ach dieser Richtung hin ungenügend sein sollten, müssen unverzüglich gesetzgeberische Maß nahmen geschaffen werden, um die Befugnisse der vollziehenden Ge walt a»f diesem Gebiete zu verstärken; c) sofort alle die Maßnahmen in Angriff nimmt und ergreift, die notwendig sind, um die allgemeine Wehrpflicht ab- zusch affen, »und »m das Heer auf der Grundlage der lang fristigen Dienstzeit auszubauen, so wie es im FrieKenZvertrag vor- d) den Alliierten alle In ihrem Besitz befindlichen Waffen und alles Kriegsgerät, da« über die im Vertrag zugestandene Menge hinansgeht, zum Zwecke der Zerstörung ausliefert und den Alliierten bei der Zerstörung behilflich ist; c) die Anwendung derjemgen Bestimmungen des FriedcnSvcr- trages über die Seemacht und über die Luftfahrt sicher stellt, die noch keine Aussührnng gesnnven haben, erklären sich die Alliierten damit einverstanden: 1. die Frist, die für die Verminderung der Strcitkräst« der Reichswehr vorgesehen ist, bis zum l. Oktober zu verlängern. Zu diesem Zeitpunkt muß das Heer auf 160 000 Mann beschränkt sein höchstens zehn Reichswehrbrigaacn umfassen Die Alliierten erklären sich weiter mit einer zweiten, am 1. stanuar 1921 ablanfenden Frist einverstanden. Zu diesem Zeitpunkte muß di> Ermäßigung der Streit- kräste auf 100 000 Mann, genau wie in der Zusammensetzung und der Organisation wie im Friede »Sve'trag vorgesehen, vollendet sein; 2. die deutsche Regierung zn ermächtigen, in der neutralen Zone bis zum 1. Oktober diejenigen Streitkräste zu unterhalten, deren Zahl der interalliierte militärische UeberwachnngSausichuß hier be- kanntgeben wird um an der Sammlung der Waffen teilzunehmen: 8. alle noiwendigen Maßnahme» zu ergreifen, um den Waf fenschmuggel an« dem besetzt.'» Gebiet nach anderen Teilen Deutsckilands zu verhindern. Wenn zu irgend einem Zeitpunkt vor dem 1. Januar 1921 die alliierten NebenvachungSausschüsse in Deutschland seststellen. daß die Bedingungen der gegenwärt'.gtn Vereinbarung nicht loyal auSgesührt werden, z. B. wenn am 1. Sepiember die vorhergesehenen Verw>.l- tungS- und gesetzgeberischen Maßnahmen nicht ergriffen oder nicht in weitgehendstem Maße veröffenilicht worden sind, wenn die Zerstörung und Auslieferung des Kri'gSgerlts nicht normal ihren Fortgang nehmen, wenn am 1. Oktober das deutsche Heer nicht ans eine Ziffer von 150 000 Mann beschränkt ist und höchsten; zehn ReichSwehr- brigaden innfaßt, werden die Alliierten zur Besetzung eines neuen Teiles deutschen Gebietes kchr»:t'n sei ek de« Rubrgebletes, sei eS jedes anderen Gebiete«, und werden diese? Gebiet erst an dem Tage räumen, wo alle Bedingungen der gegenwärtigen Vereinbarungen restlos erfüllt sein werden. Die Beratungen der militärischen Sachverständigen Spaa, 8. Juli. Die militärischen Sachverständi gen, unter denen Frankreich durch General Noll et und Deutsch land durch General v. Seeckt vertreten waren, berieten gestern die Lage unter Vergleirbung der von den deutschen militärischen Stellen und den bei den alliierten Delegierten cingebracht-n Zahlen über das zu vernichtende oder anSzulicserride Material. Es erkolgte eine Einigung in deni Sinne daß die Zerstörung von 11000 Ge schützen, 6000 Maschinengewehren und 760 000 Handwaffen als erfolgt anerkannt wird. Dagegen weigerten sich die Alliierten, den deutschen Ziffern bezüglich dc§ noch zu vernichtenden Ma eriakS zuzustimmen da man fortwährend weitere Vorräte aufdecke. Man wisse, daß min destens die Halste de« deutschen Materials noch nicht zerstört sei. Span. 8. Juli. Die alliierten Delegierten treten heute mit ihrem militärffchcn Sachverständigen zu einer Sonderbesprechung um 11 Mir vormittags im Schlosse de la Fraineuse zusammen. Der Korrespondent der Times in Spaa meldet seinem Blatte, daß die Konferenz wahr'chcinlich am Somilaa beendet sein werde. Die französische Delegation bat ihre Abreise aus Sonntag Abend festgesetzt. Es sei davon die Rede, daß verschiedene Kommissionen ernannt werden sollen, in denen auch Deutschland vertreten sek wird um die Einzelheiten der Kragen der Entwaffnung, d« -oblenlieferung und der Wiedergutmachung zu besprechen, während vie allgemeine Konferenz Ende Juli in Ostend« mied» ausgenommen werden soll. Spaa, 8. Juli. Der Sonderberichterstatter der „Telegr.-Union' erfährt, daß die Meldungen über die Absicht der alliierten Kreise, dir Vollsitzungen der Konferenz nach einigen Tagen abzubrech-n und spj, tsr nach ausgiebigen Kommisstonsberatungen wieder aus- zunehmen, zutreffen. Die Vollsitzungen werden am Sonnabend oder Sonntag zu Ende gehen. Die KommisstonSberalungen, die sich ^ mittelbar daran anschließen sollen, erfordern nur die Anwesenheit de, in Frage kommenden Fachleute, während di« Ministerpräsident« ad- reisen werden. Das Kolonial-Wirtschaftliche Komitee bat an die deutsch« Delegation zu Händen de« RetchSkanziru Fehrenbach in Spaa folgende telegraphische Kundgebung gestchtit: „Zur Rettung der deutschen Volkswirtschaft ist Wahrung unserer kolonialen Interessen unentbehrlich. Wir bitten folgend? Forderungen zu stellen. Erstens: Rückgabe unserer Kolonien zu Eigentum. Zweitens: Falls dies nicht erreichbar, Ueberweisum als Mandate. Drittens: Unabhängig hiervon sofortige Einstellung aller Liquidationen deutschen Privateigentums und jeder Auft Weisung von Deutschen, vielmehr Zulassung aller Deutschen in da, bisherigen Kolonien. Viertens: Betreffs bereits durchggsühre Liquidationen Rückgängigmachung oder, soweit diesputstunill, Auszahlung der Erlöse an die Eigentümer. Kolontal-Wirtschasi. licheS Komitee." SUrnmt'n zur Verlragsrevision vo» Bersalllej Laut einer Depesche beS „Earrlere bella sera' aus Spaa I«, die Verbündeten prinzipiell darin überein, auf die buchst? bliäg Ausführung jener VertragSkauslln zu verzichten, wG Deutschland trotz besten Willens nur schtver ausführen könnte. jedoh die Ausführung der übrigen zu verlangen, die Deutschland bei klimm guten Willen auszuführen vermag. Bei dieser Gelegenheit möchten wir nochmals darauf Hinweis,, daß gerade in Italien und von Italien ans die Stimme nach PPP. sion des Versailler Vertrages zugunsten Deutschlands immer n-ist-, laut werden. Wie wir kürzlich schon erwähnten, waren Abgmdm- der italienischen katholischen ÄolkSpartei, der .Pop«, lari" auch hier in Berlin, um mit unseren ZentrnmSsührrm fH über einen interparlamentarischen Zusammenschluß der kaIHM:,> Parteien der verschiedenen Länder zu besprechen Die Italiener von einer internationalen Besprechung ans dem Haag und leM, die immerhin erfreuliche Mitteilung mitdringcn, daß sowohl s« Holland wie in der Schweiz und In NelgIen die StinmiW für ein solches Zusammengehen unk die Bildung einer iistcrpock- tarischcn Gruppe sehr entgegenkommend war. Bei dieser Gelegen!:,!! gaben die italienischen Abgeordneten ihrer Ansicht dahin Ausdruck dsj es auch eine Ausgabe dieser interparlamentarischen Gruppe sei sh Revision de§ FriedenSvertraaeS von Versailles herbeiznsülne», nicht nur, weil dieser jedem Begriff wahrer Gerechtigkeit Hohn irnck,. sondern vor allem, weil eine solche Revision im Interesse des stzchinil- wohleS Europas liege. Die Franzose« l« Syrien «miterdam, 8. Inli. „Daily Mail" meldet ans Konflanii- nopel vom S. d. M.: Hier liegt ein Bericht vor, wonach die flrae. zoten die Besetzung der arabischen Zone in Syrien emMieM Aleppo und Hom mit starken Kräften voröereiten und in Alexandre!!- 12000 Mann gelandet haben. Die Offensive geften Polen (Eigener Drahtbericht der „Sächs V o l k S z e i tung'i Der Warschauer Sonderberichterstatter der „Bre-Knist Nachrichten" telegraphiert, daß aiiaenblickltch der große bol>'t>" wistische Feldzug in vollem Gcwae sei und daß augen?,':'^. aus einer Fro»t von 100 km ein bolschewistischer Kampf toh., ungeheure bolschewistische Massen ziehen von Norden, SDm nr.; Osten herbei. Die vollständige Konzentriernng wird im Lauft- bei Juli vollendet. Ganz Rußland ist vom Wirbel des Kriege? geeci: Polen erlaßt. Wien, 9. Juli. Flüchtlinge, die bier von der polnische» »wo! im ukrainischen FestnngSbereich geflüchiet sind, berichten, daß d>» polnische Armee da« Bild einer beispiellosen Desorganisaüon dich Der Rückzua der polnischen Truppen erfolge in voller Auflösung. Selbst die Führer der polnischen Truppen geben sich keinen: Z,v:>sck mehr darüber bin. daß es den Polen nicht mehr gelingen wffd, dm bolschewistischen Siegeslauf aufzuhalten. Die Lage der bolmsinz Armee wird von Tag zu Tag schwieriger. Da die Polen die P« vöikeriina der von ihnen besetzt gewesenen ukrainischen Gebielstäli in unerbörter Weise terrorisieren, sind im Rücken der volrüch» Truppen Aufstände der ukrainischen Landbevölkerium ansgebrel'er, die die mißliche Lage der Polen noch verschärfen. NennenswerM Wiederstand könenen die Polen nirgends kaum noch leisten. Tn bolschewistischen Truppen überrennen förmlich die sich ihnen e»!> gegenstellenden polniich-n Trnppenleile. Berlin, 8. Juli. Wie die „Tngl. Rundschau" ans Breslau meldet, berichten zahlreiche in Obcrschlesien eintreffende Flistlnlkg! Einzelheiten über die Auflösung des polnischen Heere«. Tn dortigen polnischen Kreise hat sich große Bestürzung benMiiigl. findet ein Sturm auf die polnischen Banken statt, nm di: dort niedergelegten Kapitalien zu erheben. Kopenhagen, 7. Juli. Nach e »em Warschauer Tclegrann» besagt der letzte polnische Heeresbericht u. a.: Gestern begann dn erste Teil der seit langem gcplanten bolschewistische» Oiie>!' sibe, Die bolschnvsitiichrn Heere gingen zum Angriff an dcr Tiiiia Die sechs Mtaties - Roman von Igna Maria (26. Fortsetzung.? August Llndcmann kam im SonniagSanmg, blank rasiert, in gehobener Stimmung. Man saß in der guten Stube auf heiße» Samtpoistern und gab sich im Beffein der KanimannSfrau das bin dende Woii Tie besvrach das Notwendige und ließ den glücklichen Bräutigam kaum zu War e kommen. Bertha holte eine Flasche Io- hannisbeerwcin, drei Glä'er klangen tür eine gute Zukunft. Das jiinae Brautpaar, in Göttingen angckommen, suchte zuerst in einem Iuwelierlnd-n aus der Weenderitraßc die passenden Trau ringe aus und bestellte di« Graaitriing. Mit dem breiten goldenen Reisen am Finger ließen sie 'ich nachmittag-? photographieren und spazierten hinaus zum „Rbons". August bestellte Kaffee und Kuchen. Beim Bezahlen meiitte Bertha, es ?>i re'chlich viel Geld für den Schmuck. Aus dem Rückwege kaufte August seiner Braut ein zartes Angebinde eine Emailbrosche, zwei schänbelnde Schwalben, die steckte sie nun stolz an den kurzen Stebkr.ra-n aus roia Svie.gelsnntt. der das SonntagS-Tnchlleid als Niffchinß eine? ebensolchen Einsatzes zierte. Es war eine greuliche Hitze, und Berlin schwitzte redlich, aber fi« hätte um nichts in der Welt !n einer weißen Sommerbluse auf dem VcrlobnngSbilde stehen mögen. Die Anqen fielen ihr zu ans der Heimfahrt, daS lkmherlausen in der staubigen Stadt, das ungewohnte Vsiait-rtreten batten sie. die dach den gan'en Tag ans dem Felde »'betten kannte, müde gemacht. Anaust kämpfte wie ein Held gegen seine Müdigkeit, als er jedoch seine Berthg mit den roten Bocken so friedlich schlummern kgh er schlaffte seine Energie — er streckte 'eine Füße ans und nickte eben falls ein. „Also. Sibyll, waS Hab ich immer gesagt? Die Bertha hat berlobtl Mit August Lindemann! Und hier sein ihr BcrlobungA- »tld, O, eine Brautpaar mit Gesichtern, als hätten sie den Mage ver dorben. Nichts lachen, nichts fröhlich!" Marita Venerjella reichte Sibyll die Pho'ographie. Die lachte hellauf. „Nein, diese Bertha! O Gott. Marita, das Kleidl Und die Haare schön aus dem Gesicht gekämmt. Und diese raffinierte Stellung, Sie im Stuhl, die Hände an der Uhrkette, er neckisch über eine un mögliche Tischdecke gebeugt, natürlich auch im Sonntagsanzug. Kin der, ist daS ein VerlobungSbildi Und das ist nun eine Matties, die bis zu ihrem achten Jahre beim Zirkus warl Sie ist verbauert, sieh nur, die Händel" „Sie ist eine Krämerseele geworde zwischen die Schuhbänder und Talglichter im Kaufmannsladen. O. die valse zusammenl Nun wird sie heirate, auf de» Hof ziehe und serr ville Hübner und Kühe und Kinder habbe — Gottlob, das meine IoS da« nicht erlebbt hat!" Aebnlich dachte auch Hans, als er das Bild sah, nur Theres war völlig konsterniert. Das war aus Bertha geworden? — Dieses unmöglich gekleide e, schlecht frisierte Mädchen sollte ihre Schwester sein? So konnte der Mensch sich ändern, so sehr seine Umgebung ans ihn einwirken? Ja, hatb- Bertha denn gar lein Blut vom Vater in den Adern, daS gegen eine solche Vergewaltigung rebellierte? So spießig konnte Mntlerlen nickst gewesen sein, sonst wäre sie nicht Vater- kenS Frau geworden. Aufgeregt erzählte sie Knrt ihre Wahr- nchmnngen. Der beruhigte sie: „Aber Kind, des Menschen Wille ist sein Himmekreicb und die da sieht aanz danach aus, als ob sie weiß, was sie will. Bertha hat eben eine andere Natur als ihr. Man muß doch den Menschen nehmen, wie er ist. Sic repräsentiert dos bürger liche Blut in eurer Familie." Und in Gedanken siigie er hinzu: Gott sei Dank! Wenigstens eine MattieS. die nicht znm ZirluS läuftl Eine Sorge weniger! Und er beredete Theres zu einem hübschen VcrlobnngSgescbenk. Ihrs sowie daS von Sibpll und Marita wurde» am Ver- lobtmgSckage genugsam bestaunt. So feine Verwandte hatte die Braut, und man wußte doch noch, wie verlassen die Kinder dagestan den. Ja, die Matties, di« hatten Glückl Die Aeltejte eine seine Par tie, der Junge wurde Lehrer. Bertha zog al« Bäuerin aus Linde- mannS Hof, und die Sibylla sollte ja heidenmäßig viel Geld ver dienen mit der Lanzerri. Die Mütter der heiratsfähigen Töchter waren sich volllom» einig, daß es doch furchtbar ungerecht auf der Welt zugingei Dibii bewunderten sie Berthas Geschenke und brachten als Verlobungezadk Vlumenstöckchen in grell-roka Papiermanschetten mit. Bertha lM einen Blumenladen anfangen können. Sie nahm die hübscheste» md pflanzte sie auf der Eltern Grab. Des Abends warm die Verlobten abwechselnd bei der Kauf- mannsfrau oder in Lindemanns Hos. Der Tag der Hochzeit na?» mit Riesenschritten. Als Bertha ihren Namen im Hochamt mitzc dm Allsgebotenen hörte, bekam sie heftiges Herzklopfen, und ans ter Männerseite stand August Lindemann und hatte einen roten Kops Die letzte Woche vor dem entscheidenden Sonntag kam Anncken, Kai Elfjährige, jeden Nachmittag herauf. Anneken war ein liebes Kind, mit den Augen und dem Haar der ThereS, immer freundlich, immn bereit, zu Helsen. Schwester Philomena, die Anneken großgezogen, sah sie im Geiste schon mit der Schwesternhaube. Ohne Dank zu in anspruchen, Haff es der Kauimannsfrau im Laden. Einige Tage vor der Hochzeit mußten daS brinne Kalb und ein Mnischwci» ihr Leben lassen. Das ganze HauS roch nach IrisLw F-keiich und Wurstgewürzen. Bertha arbeitete iür zwei. A» dem vorletzten Tage wurden die Kuchen gebacken. Die Nachbarn. Ver wandten und Bekannten brachten nach alter Sitte Eier, Butter, Nahm und Milch. In der Kellerkammer stand eine unendliche Meng« Kuchen, die da znm Bäcker wunderten, die Torten., für den Nach tisch bestimmt, wurden-im Küchenherd gebacken. Darin war Bertha Meisterin. Zwei Tage dauerte da« Kuchenbacken, bis sie alle knusperig und lockend ihrer Bestimmung harrten. Am Sonnabend ging Annrkni, angetan im SonntagSgewand. mit weißer Schürze, reihum bei alle« Verwandten. Freunden und Bekannten mit einer recht ansehnliche« Anzahl frischer Kuchenstreisen der verschiedenen Sorten und liesest« ihre Gabe ab mit den Worten:„Einen schönen Gruß von den Braut leuten, und sie schickten euch vom HochzeftSkuchenI" DaS arme Anne ken mußte noch manchen Weg durchs Dors machen, bi« sie alle» Kuchen verteilt hatte. (Fortsetzung folgt.)
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