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Sächsische Volkszeitung : 20.04.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190404206
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19040420
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19040420
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-04
- Tag 1904-04-20
-
Monat
1904-04
-
Jahr
1904
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.04.1904
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nügen; jetzt werden auch die .Burschenschaften" zum .Kampf gegen Rom" gedrillt bezw. verhetzt und damit zu kon fessionell protestantischen Verbindungen gestempelt: eine interessante Enthüllung! Herr Meher knüpft daran die Bitte: .Mag die »Wartburg" in den Lokalen der Burschenschaften freundliche Herberge und eifrige Leser finden, dass durch sie der ideal angehauchte (!?) Teil der akademischen (soll heißen: protestantischen) Jugend in die Schar der Streiter für Wahr heit und Freiheit (nicht Recht?!) sich einreihen läßt, an deren Spitze noch heute und auf lange hinaus der Recke von Worms und der Wartburg schreitet." IV. Die Beiträge zum Kriegsschatz aus den Kirchenkassen. Das zweite Mittel zur Förderung der Los von Rom- Bewegung, d. h. zur Protestantisierung der österreichischen Katholiken, ist noch interessanter. Herr Ö. Meyer fährt fort: »Wir haben ferner nach dein Kasseler Beschluß <hört!) sämt liche Superintendenten und Pfarrer des Deutschen Reiches angeschrieben und sie. inehr als l 7,000, mit Ueberreichung der Uebersicht der (Los von Rom-- Bewegung gebeten, aus den Kirchru- kaffen (!) oder sonstigen Mitteln ihrer Gemeinden und auf mehrere Fahre einen Beitrag zu verivilligen. Wenige haben unsere Bitte kurz abgelehnt . . . dagegen haben viele (!) bis jetzt unsere Bitte freundlichst erfüllt: aber noch mehr haben bis zur Stunde geschwiegen." Die Enthüllung ist besonders für uns sächsische Katho liken interessant. Bekanntlich müssen sie Stenern an dNk evan ge lisch-lutherischen Kirchen lassen entrichten — so will eS die Parochiallastengesetzgebnng. Wenn aber ans den Kirchenkassen Gelder für die Los von Rom-Bewegung entnommen werden, so tragen die Katholiken aus ihrer eigenen Tasche zur Bekämpfung ihrer eigenen Kirche bei. Das ist denn doch eine starke Znniutung! Statt mit dem > katholischen Gelde ihre eigenen notleidenden Gemeinden und Schulen erhalten zu können, müssen sie den Kriegs- schatz gegen dieselben füllen helfen!!! Diese Enthüllung ist so interessant und bedeutungsvoll, daß wir hiermit die offene Anfrage an alle Aufsichts behörden der Kirchenkassen richten, ob sie von einer der artigen Verwendung des Kirchenvermögens Kenntnis haben, und ob sie zur Unterstützung einer in einem befreundeten Staate schamlos betriebenen Abfalls- Hetze ihre Genehmigung gegeben haben. Wir rufen diese Anfrage laut ins Land hinaus, zumal Herr Superintendent I). Meyer als Vorsitzender des „Evangelischen" Bundes gleich zeitig ankündigt. daß sich dieser abermals im Oktober an „alle evangelischen Pfarrer des Reiches mit der Bitte wenden würde, die ev.-lnth. Gemeinden möchten, sei es durch eine Spende ans dem'Kirchenvermögen, sei es durch Veranstaltung einer kirchlichen Kollekte, durch mehrere Fahre einen Beitrag zu der Besoldung unserer Vikare (in Oesterreich, D. N.) gewähren". Dieser Zuschuß ist übrigens kein geringer, monatlich werden hierfür wenigstens 20—25000 Mk. gefordert. Welch' enorme Summen werden also jährlich ans dem Deutschen Reich nach Oesterreich abgeführt, um die dortigen Katholiken Pro testantisch zu machen! Was würde der Staat dazu sagen, wenn eine katholische Kirchengemeinde für die Katholisierung der Protestanten in Sachsen eine Summe ans der Kirchenkasse bewilligen würde?! Wir dürfen also wohl eine Antwort der Behörde ans die interessante Enthüllung des Herrn I). Meyer er warten. V. Wo wird also qehelrt? Fm übrigen liefert der./Bericht" des Bnndesvorsitzcn- den von neuem den Beweis, ans welcher Seite und mit welchen Mitteln die widerlichste Hetze getrieben und der konfessionelle Haß bis zur Siedehitze geschürt wird. Der „Evangelische Bund" treibt, besonders in seinen geist lichen Führern, ein gefährliches Spiel, welches das protestantische Volk immer tiefer anfwühlt und Gegensätze schafft, die nicht mehr übelbrückt werden können. Wer das aber tut, der ist in Wahrheit — wie der Kardinal Fischer in Köln sagte -— ein „Verräter des Vaterlandes". Hier Hütte das Sächsische Landeskonsistorinm ein dank bares Feld, um seine Autorität gegen die schriftstellerische Tätigkeit des Herrn I). Meyer geltend zu machen. Super- intendent Opitz wird förmlich gemaßregelt, weil er für ein katholisches Blatt schreibt, wiewohl seine Worte nichts Ver letzendes gegen den Protestantismus enthalten. Warum legt die Oberbehörde nicht den gleichen Maßstab an die Tütig- diese in ihrer Tiefe erfassen. Man braucht nicht zu fürchten, daß schlechte Elemente mit ihrer Weisheit ansprechcn werden, darüber wachen die guten Kinder, weil sie wissen, um waü es sich handelt. Wird aber der Lehrex selbst verlegen und unsicher, wenn er so etwas berühreil muß, dann werden sich die guten Kinder mit einer Anzeige garnicht heranwagen und die bösen haben freies Spiel und umgarnen manchen, sodaß solche Laster dann epidemisch in ganzen Klassen anf- treten. Also die Furcht, Kindern schaden zu können, ist ganz unbegründet. Der gute Schöpfer hat dem Menschen gerade in den kritischen Fahren, wo er aufgeklärt werden soll, eine heilige Schamhaftigkeit und einen wunderbar unschuldigen Sinn gegeben, was man selbst auch an Kindern, die in traurigen Verhältnissen leben müssen, meist beobachten wird. Der Lehrer, wenn er dieses Thema recht zu be handeln weiß, wird genall dieselbe Aufmerksamkeit finden wie in anderen Fächern, ja die Kinder werden anfangen zu gähnen, wenn er gar zu vorsichtig ist. Freilich haben diese Fdeen noch viele Gegner. Aber hoffen wir. daß ein Wendepunkt eintritt auch in unseren Kreisen. Ist ja doch — Gott sei eö warm gedankt — das erste Buch auf katholischer Seite („Die Ehe", bei Auer in Donanwörth) über diese Materie erschienen, das die meisten katholischen Zeitungen veranlaßt hat zu einem offenen Wort. Durchgängig wird zngestanden: rechte Auf klärung tut not bei unseren Verhältnissen, wo die Menschen in der weiten Welt ihr Brot suchen müssen; sie dürfen da nicht unwissend sein, damit sie nicht Opfer des Lasters werden. Was in diesem Artikel angeführt ist. ist in dem Buch weiter anSgesührt und mit treffenden Beispielen aus dem Leben beleuchtet. DaS hat den Schreiber dieser Zeilen auch bewogen, mit seinen schon längst genährter« Anschau ungen an die Oeffentlichkcit zu treten. Mögen alle Männer gleicher Anschauung ans Werk gehen und fleißig darüber referieren, damit man allseitig mehr Mut bekommt. Ir. keit de- Herrn Superintendenten v. Metzer an? Das LandeSkonfistorium würde sich den Dank aller friedliebenden Protestanten erwerben und dem Verdachte entgehen, daß es mit dem zerfetzenden Liberalismus des »Evangelischen Bundes" sympathisiert. Reichstag. «. Berlin. 66. Sitzung am 17. Spril 1604. Die Zentrumsfraktion hat heute im Reichstage einen sehr bedeutenden Erfolg errungen: sie hatte den Antrag Ange bracht, daß für das Sn bmisslonsver fahren einheitliche Be stimmungen in Deutschland, soweit das Reich Arbeiten vergibt, getroffen werden, durch welche den Schädigungen deS Handwerker und Arbeiterstandes enlgegengewirkl wird. Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen: ein sozialdemokratischer Antrag aber, der nur die Arbeiterschutzbestimmnngen bei den SubmissiönSarbeilen wissen will, abgelehnt. Der Antrag des Zentrums fand eine ganz vorzügliche Vertretung durch Gröber (Ztr.), der eingangs das Unsittliche und Unmoralische an dem gesamten Submissionsver- fahren darlegte und betonte, wie entweder die Arbeiter geschädigt oder schlechtes Material verwendet werde. Das Snbmissionsoer- fatzren schädigt besonders den Mittelstand, der die'Schmugkonkur- renz nicht aushalten kann. Aber auch der Arbeiterstand leidet darunter, da der Lohn und die gesamten Arbeitsverhältniye dabei verschlechtert werden. Dies aber verstößt gegen die sozialen Ge sichtspunkte. Die Selbsthilfe allein kann hier nicht allem entgegen treten: die Zkaatshilfe muß hinzutrelen, und hier kann das Reich sofort helfen. Die seitherigen Verordnungen hierüber sind veraltet lind nicht einheitlich: in Württemberg und Bayern hat man ein heitliche Bestimmungen und das ist von der höchsten Bedeutung. Aber es genügt nicht, allein für den Arbeiterstand Schutzmaßregeln zu treffen, wie cs die Sozialdemokratie tut. auch die anderen Stände müssen geschützt werden. Zudem ist es auch der Groß betrieb, der über bas heutige Submissionsverfahrcn klagt. Die Billigkeit darf nicht unter allen Umständen den Ansschlag geben: eine gerechte Entlohnung ist die Hauptsache. Man halte sich an die Tarife zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: wo diese nicht bestehen, müssen die ortsüblichen Löhne zu gründe gelegt werden. Nicht nur einige Großlieferanten sind zuznziehe», sondern möglichst alle Betriebe, auch die kleineren. Die Generalunternehmnng ist ein Krebsschaden: die Zerkleinerung in kleinere Lose soll skattsinden. Tie Fristen müssen weit gesteckt werden: die Sicherheitsleistungen müssen klein sein, wenn nicht ganz wegfallen. Das Handwerk muß besonders berücksichtigt werden, sonst hat unsere ganze Hand- werkergesetzgebnng auch nicht viel Werl. Die Zahlung soll bald erfolgen, eventuell müssen Borzngszinsen gegeben werden. Aber auch die Arbeiter sind zu berücksichtigen, sonst kommt inan zur nackten Konsumentenmoral. Fn den Vereinigten Staaten haben sich dagegen bereits Konsumenlenvereinigungen gebildet, die sich um die Bedingungen der Arbeittzverhältnisse kümmern: alle diese lausen nur bei sog. .guten Häusern". Was hier Privatläufcr tun, ist doch noch mehr Pflicht des Reiches, ja liegt im Interesse des Reiches. Dieses muß in erster Linie auf den gerechten Lohn sehen: seither ist diese Bestimmung nur ein einziges Mal getroffen worden. Wir sehen eS gar nicht gerne, wenn Verleger von Zentrumöblättern sich nicht an den Buchdruckertarif halten: wir wünschen, daß dies überall geschieht. Die Arbeit soll nicht in Heimarbeit gegeben werden; dies drückt de» Lohn herab. Dann muß die Neichsbehvrde darüber wachen, daß diese Bestimmungen auch eingehalten werde», besonders daß die Handwerker und Arbeiter zur Zeit entlohnt werden. In ländische Arbeiter und Handwerker sind auswärtigen vorznziehen. Wir wünschen, daß unser Antrag einmütig angenommen wird: dann wird die Negierung demselben entsprechen müssen. Unser Ziel ist die Förderung von Millionen deutscher Arbeiter und Handwerker. Alle Redner au» dem Hanse stimmten dem Zentrnmsredner bei, nur der Sozialdemokrat Braun nicht, der das Handwerk für unrettbar verloren erklärte. Ihm erwiderte sehr entschieden der Abg Er zb erg er (Ztr), der den Sozialdemokraten vorwars, daß sie noch nie etwas für das Handwerk getan hätten. Sobald für dieses ausreichende Maßunbinen getrosten werden, könne es sich gut Hallen. Auch die Handwerll-r sorgen iiir ihre Arbeiter oft besser als Großbetriebe. Aber die Beamten sind es oft, die nicht das nötige Verständnis in diesen Fragen an den Tag legen, und doch liegt an einer gute» Durchführung so viel für das Handwerk. Hieran anknüpfend betonte Osel (Ztr.) in seiner Jungfernrede, daß die Beamten eben an den Universitäten nur solche Professoren hörten, die ans dem Standpunkt stehen, daß das Handwerk ver loren sei. Man sorge deshalb, daß beide Richtungen an der Uni versität vertreten sind. Nach einigen Bemerkungen wird die Resolution Auer abgc- lehnt, die Resolution Gröber einstimmig angenommen. Nächste Sitzung morgen 1 Uhr. Politische Rundschau. Deutschland. Zur 40. Jubelfeier des T«ges von Düppel wurde mit 18. d. Mts. in Berlin, nachmittag, ein F-estzng von etwa 400 alten KriegSveteranen durch die Stadt veran staltet, die an der Siegessäule einen Lorbeerkranz mit einer Widmung für die 1861 gefallenen Mitkämpfer niederlegten. Das Elisabeth-Regiment, das bei der Erstürmung der Düppe- ler Schanzen hervorragend beteiligt war, feierte den Ge denktag durch ein Liebesmahl im Offizierkasino, an dem auch der Kronprinz sowie der Kriegsminister v. Einem und Generaloberst v. Hahnke teilnahmen. — Wie die Berliner „Nalionalliberale Korrespondenz" von Vertretern verschiedener Regierungen hört, ist man im BuudeSrat durchaus nicht gegen die Annahme der Resolution Müller-Meiningen—Stockmann, betr. eine Befristung der Zeit, innerhalb welcher der Bundesrat zu NeichStagSbeschlüssen Stellung zu nehmen verpflichtet sein soll. — Die Biirscngesetzentwürfe werden mm auch von den Börsenblättern als gescheitert angesehen, so gibt die „Rat.-Ztg." bereit« offen dieses Schicksal zn; ja sie fragt sogar schon, wen die Schuld an diesem Fiasko treffe und antwortet offen: „Die börsenfreundlichen Kreise selber, weil diese immer so sehr auf die Reform gedrängt hätten und nun sei sie im ungeeignetsten Augenblicke publiziert ivorden. Das ist bitter. Aber wahr! Auch sonst ist der Zeitpunkt ungeeignet: die Börsenleute sagen immer, daß das Zurück gehen der Börsensteuer auf die neue Gesetzgebung zuriick- znsühren sei, während es doch nur auf der allgemeinen wirtschaftlichen Lage beruht; mit der Besserung derselben erhöht sich auch die Börsenstener; dies sieht man sehr deutlich an den Einnahmen der Stempelsteuer für Wert papiere; in den Monaten Februar und März 1904 sind diese ja nur 1 Million höher als in denselben Monaten des Jahres 1909! — Der Verband der Warenhäuser, an dessen Spitze Tietz Berlin steht, forderte in seiner Generalversammlung Aufhebung des Verbots der Benützung der zweiten Stock werke, wie eö in Nürnberg besteht und für Hannover und Münster geplant ist. Die Herren denken nur ans Geschäft. Ob bei eitlem Brande Hunderte voll Menschenleben zugrunde gehen müssen, falls man die Höhe der Warenhäuser nur der Spekulation überlassen würde, ist ihnen gleichgiltig. — Die vo« ReichSschatzamt gegebene und den Mit gliedern der ReichShauShaltSkommission -»gegangene Beant wortung der auf Antrag deS Abg. Müller-Fulda gestellten Fragen zur Finanzreform hat interessante Resultate geliefert. Obwohl in den Antworten keinerlei Verstärkung der heut- schen Marine berücksichtigt ist, obwohl nicht einmal die Mehrkosten des dem Bundesrate bereits vorliegenden neuen Pensionsgesetzes, welche sich bekanntlich aus 24 Millionen Mk. jährlich belaufen sollen, in Betracht gezogen sind, obwohl auch keinerlei Au-gaben für die noch immer fortdauernde ostasiatische Expedition vorgesehen sind, stellt sich das De fizit deS Reichshaushalts im ordentliche» Etat voraussichtlich für das Rechnungsjahr 1905 ans . . . Mk. 80089000, . .. 1906 76021000, .. ., ., 1907 68622000. .. .. „ 1908 59516000. ., .. ., 1909 50516000, für die nächsten 5 Rechnungsjahre zusammen also auf 884 762 000 Mark. Nechuet man hierzu den Mehrbedarf für das neue Pensionsgesetz und die Kosten für die ost- asiatische Expedition in seitheriger Höhe dazu, so wären für die nächsten 5 Jahre ein Fehlbetrag von rund 520 000 000 Mark in« ordentlichen Etat des Reiches zu decken. — Die vorgelegten Tabellen liefern wohl den besten Beweis dafür, wie berechtigt die gestellten Fragen gewesen sind umsomehr, als das NeichSschatzamt auf die Hauptfrage: 18: „welche Mittel gedenken die verbündeten Negierungen in Vorschlag zu bringen, um das Gleichgewicht zwischen den Ausgaben und Einnahmen des Reiches herzustellen und die geplante Finaiizreform durchzuführen?" die Antwort schuldig geblieben ist. Womit sollen die für die 5 Jahre 1905 bis 1909 im ordentlichen ReichShaushalt fehlenden 520 Mtll. Mark bezahlt werden, wenn die Bundesstaaten, wie es der 8 8 der Vorlage bestimmt, künftig keine ungedeckten Matrikularbeiträge mehr zahlen sollen? Das ist die wich tigste Frage, die beanwortct werden muß, wenn die Vor lage Gesetz werden soll. Jetzt zeigt sich, wie berechtigt unsere Behauptung gewesen ist, daß die Vorlage nichts anderes sei als ein „Zwang zu neuen Steuern", und daß der sächs. Minister Or. Rüger vollkommen Recht hatte, als er erklärte: „Diese Finanzreform ist ohne neue Steuern nicht dnrchz'.iführen." Es zeigt sich aber auch, wie berechtigt das Verlangen der Zentrumsabgeordneten war, erst Klar heit wenigstens für absehbare Zeit zu schaffen und nicht eine „Vogel-Strauß-Politik" zu treiben, wie eS seitens der nationalen Führer Or. Paasche und Graf Oriola gewünscht wurde, indem sie es ablehnten. Informationen seitens deS Reichsschatzamts sich geben zn lassen. — Etikettenstreitigkeiten am offenen Grabe. Erbgraf Leopold von Lippe-Detmold war nach Karlsruhe gereist, tim an der Beisetzung der Fürstin-Witwe Sophie von Lippe- Detmold teilzunehmen; hier beanspruchte er. bei der Trauer- feier seinen Platz unter den anwesenden Fürstlichkeiten ein- znnehmen, während ihm tatsächlich, als dein Abgeordneten des Grafregenten, nur ein Platz unter den Abgeordneten von Fürstlichkeiten angewiesen war. Graf Leopold Hatto sogleich nach seiner Ankunft in Karlsruhe eine ganz kurze Audienz beim Großherzog und reiste vor der Tranerfeier wieder ab. Bei der Feier blieb sein Platz und der seines Begleiters leer. — Der „Neligiousstreit" in Groß - Lichterfelde. Die Sozialdemokratie Hatto auf letzten Donnerstag für Groß- Lichterfelde eine Versammlung einberufen, in welcher der jüdische Genosse Bernstein über das Thema: „Ist Religion Privatsache?" referierte; er erklärte für die Gegenwart und Zukunft „die Religionen für überflüssig". Theologieprofessor I)>. Pfleiderer betonte, daß man ohne den Klauben an einen Gott nie auskommen werde, während Graf Hoens- broech der Erklärung der Religion zur Privatsache vollauf zustimmte. Am kommenden Donnerstag soll der „Neligions- streit" fortgesetzt werden! — Bei der an« 18. d. Mts. in Elberfeld stattgehabten Laudtagsersatzwahl im II. Wahlbezirk Düsseldorf wurde Fabrikant Ferdinand Bartels ans Düsseldorf, national- liberal, gewählt. — Graf Heribert zn Dohna-Waldburg, Leutnant a. D. fiel im 24. Lebensjahre zu Watcrberg (Südwestafrika), als ein Opfer des Herero-Aufstandes. — DaS preußische Abgeordnetenhaus hat heute ein tüchtiges Stück Arbeit geleistet und mehrere kleinere Etats angenommen. Beim Etat der direkten Steuern stellte der Finanzminister eine Anzahl von Erleichterungen in der Ein kommensteuer in Aussicht ; so die Abzugsfähigkeit der Amor tisationsbeträge in der Landwirtschaft n. a. Der Zentrums abgeordnete Schmedding trat für höhere Besteuerung der ganz großen Vermögen ein. Beim Etat der indirekten Steuern forderte Fervers (Ztr.) eine Auskunftsstelle für Zollsachen; v. Savigny (Ztr.) brachte die Beschwerden der westfälischen Landwirte gegen die preußische Zentralgenossen schaftskasse vor; daraufhin ging der Präsident der Kasse näher auf diese Angelegenheiten ein. Morgen ist Weiter- beratnng. — Das „Kaiserschlok auf PichelSwerder", dieses üppige Phantasieprodnkt des „Vorwärts", kommt wieder in Er- innernng durch die Publikation des Urteils in dem sozial demokratischen Organ; 4 Monate Gefängnis und sämtliche Kosten sind ein kalter Wasserstrahl auf solche Schaumgebilde! — Der Verein zur Abwehr des Antisemitismus bedauerte auf seiner Generalversammlung, an der die Abg. Eickhoff und Barth teilnahmen, daß in Eschwege-Schmal- kalden nicht der Sozialdemokrat unterstützt worden ist, durch den Freisinn; dann forderte er die Zulassung der Juden zu Offiziers- und NeserveoffizierSstellen. — Ein Welttrnst für Stahl? Diese Meldung taucht wieder auf; die „Köln. Ztg." will nämlich wissen, daß der amerikanische Stahltrnst beim StahlwerkSverbande eine Verständigung über eine beiderseitige Geschäftspolitik ange regt habe. Käme eine solche Verständigung zu stände, so würden wir tatsächlich nicht mehr weit von einem Welttrust für Stahl entfernt sein. — Der nationalliberale Landtaß-abseorduete Menck, der sich gegen das allgemeine Reichstagswahlrecht aus gesprochen hat. wird abgeschüttelt. Die offizielle „Natt. Korresp." ist nämlich von autoritativer Seite zu der Er klärung ermächtigt, daß der Abg. Menck sich mit dieser Auslassung in direkten Widerspruch mit einem der wichtigste»« Grundsätze d«S nationalliberalen Programm- gesetzt hat. an dem die Partei unbedingt festhält. Ob nun Menck fein
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