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aber bereits am 27. September, an dein Tage, als er von der Reise zurückgekehrt war und somit von dem Einzuge seines Werkmeisters noch keine Kenntnis erhalten hatte, ausgestellt war, konnten die Vorinstanzen keine strafbare Handlung konstruieren und erkannten auf Freisprechung. Die Staats anwaltschaft legte hiergegen Revision beim Oberlandesge richt ein und das letztere verwies die Sache zur nochmaligen Entscheidung an das Landgericht Plauen zurück. Wiederum erkannte dieses auf Freisprechung und abermals machte die Staatsanwaltschaft von dem Rechtsmittel der Revision Ge brauch. Diesmal nahm die Sache einen anderen Verlaus. Das Oberlandcsgericht hob das freisprechende Urteil am und verurteilte den Angeklagten zu der niedrigsten Geld strafe von — einer Mark. Das Oberfcmdesgericlst war der Ansicht, das; ein Tauerdelikt vorliege und der Fabrikherr sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht l>abe. Auf die niedrigste Strafe sei deshalb erkannt worden, weil der Angeklagte durch seinen Werkmeister in eine gewisse Notlage versetzt worden sei und bei der starken Familie des Werk meisters nicht zu Zwangsmaßregeln verschreiten konnte. " Tie Angelegenheit H i P P e - F r ä st d o r f hat nunmehr auch das Schiedsgericht für Arbeiterversiche rung beschäftigt. Bekanntlich hatte der frühere Beamt? der Ortkrankenkasse Gustav Hippe in einer Eingabe an den Rat zu Dresden behauptet, mehrere Beamte der Orts krankenkasse hatten sich Unterschlagungen zuschulden kommen lassen, doch wären sie durch eine Vertuschung und durch Hehlerei des Vorsitzenden der Dresdner Ortskrankenkasse Julius Frästdorf in ihren Aemtern verblieben. Hippe er suchte den Rat als Aussichtsbehörde, hiergegen einzuschreiten und hatte sich auch austerdem noch über Herrn Frästdorf be leidigend ausgesprochen. Infolgedessen wurde ihm seine Stellung in der Dresdner Ortskrankenkasse durch eine» eingeschriebenen Brief für den 31. Dezember 1311 gekündigt und zwar auf Grund der neuen Reichsversicherungsordnnng. Ter Beschlust, Hippe zu entlassen, war einstimmig durch die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Kassen vorstandes gefasst worden. Das Schiedsgericht erkannte unter dem Vorsitze des Herrn Oberregierungsrates Weise, die Beschwerde Hippes abznweisen. In der Begründung wurde betont, das; die Bestimmungen der Reichsvcrsiche- lüngsordnung rückwirkende Kraft hätten und dast man den Vorsitzenden der Kasse aus sittlichen Gründen nicht zumuten könne, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, der sich so schwer gegen seinen Vorgesetzten vergangen habe. Dem Beschwerde führer wurd-m auch die Kosten des Verfahrens auferlegt. - * Der Raubmörder Göhlert macht fort gesetzt Anstrengungen, um sich dem gegen ihn gefällten Todesurteile zu entziehen. Jetzt hat er mündlich Beschwerde gegen den ablehnenden Beschlust der 4. Strafkammer bezüg lich des von ihm beantragten Wiederaufnahmeverfahrens eingelegt. Ec greifr u. a. auf seinen Prozest vor dem Dresdner Schwurgerichte zurück und beschuldigt mehrere Zeugen des Meineides. Auch gibt er jetzt völlig abweichende Darstellungen der in dem Prozest zur Sprache gekommenen Vorgänge. trägt entgegen anderen Zeitungsmcldungen ein sehr .zuversichtliches Wesen zur Schau. Sein Ver teidiger, Rechtsanwalt Tr. Knoll, hat cs abgelehnt, die von Göhlert eingelegte Beschwerde zu begründen. Jedenfalls hat man es in Göhlert mit eine»! außerordentlich hart gesottenen Verbrecher zu tun. Bautzen, 21. Dezember. Die Errichtung einer höheren Mädchenschule ist in der letzten Stadlverordnetenstynng wiederum abgelehnt worden, nachdem daS Kollegium die Vorlage hierüber schon vor drei Wochen abgelehnt hatte. Chemnitz, 2l. Dezember. Einen Mordversuch aus seine Frau und seine Kinder beging der 30jährige arbeittlose Markthelfer Hähndel. Er gab fünf Revolverschüsse ab und traf seine Frau in» Genick, während die beiden Kinder unverletzt blieben. Hierauf wollte sich Hähndel die Puls ader durchschneiden. Als Grund der Tat wird Lebens überdruß angegeben. Ltchteustei«, 2l. Dezember. Ein tödlicher Unglücksfall ereignete sich auf dem Vereinigten Feldschacht in Hohndorf. Der Bergarbeiter Richard Schubert aus Rödlitz wurde von hereinbrechendem Gestein erschlagen und konnte nur als Leiche geborgen werden. Er hinterläßt eine Frau und drei kleine Kinder. Lunzeuau, 21. Dezember. Die Verhaftung des Natur- heilkundigen Müller, über die wir vor einigen Tagen berich teten, hat in Rochlitz und Umgebung großes Aufsehen erregt. Die Chemnitzer Staatsanwaltschaft hat die Untersuchung bereits eiugeleitet und am Montag eine Anzahl Personen auf dem Nathause vernommen. Die mit Müller verhaftete Frau eines Eisenbshnassistenten wurde wieder aus der Haft entlass n. Rötha, 21. Dezember. Ein Automobilunglück ereignete sich auf der Espenhainer Landstraße. An einer Straßen- kreuznng wurden von einem Automobil der Gärtnersehesi au Bäcke aus Dieskau beide Beine abgefahren. Tie Bedauerns werte hatte einen Anhängewagen des Automobils benutzt und blieb beim Absteigen mit dem Kleide hängen, wodurch sie hinstürzte und überfahren wurde. Sie verstarb kurze Zeit darauf im Leipziger Krankenhaus. Zwickau, 21. Dezember. Der Sächsischs Landesverband Gabelsbcrger Stenographen-Vereine hält im nächste:: Jahre ' hier seine Hauptversammlung ab. Die Vwbereitungen sind von den hiesigen Gabelsberger Stenographen-Vereinen in die Hand genommen worden und 6 Ausschüsse sind bereits in Tätigkeit getreten. Gemeinde- und Vereinsnachrichten. * Annaberg. Am 3. Adventssonntage wucde in uiiseier Turnhalle das treffliche Weihnachtsstück vor: Herrn Direktor Dr. Taute-Leipzig „Christkind im Walde" aufgefühit, für das wochenlang einmütigen Sinnes in der Gemeinde ge schafft worden war. Mitglieder des Elisabethvereins über- nahmen die Anfertigung der Kostüme. Herr Hilfslehrer Heidrtch malte mit kunstgeübter Hand Hintergrund und sechs Kulissen unter getreuer Mitarbeit des Herrn Flach. Gespielt und gesungen wucde vortrefflich. Eiugeleitet wurde eS durch das schöne, echte WeihnachtSstimmung kündende Lied „Weihnachtsglocken" von Bruder Norbert gedichtet, vom rühmlichst bekannten Chorrektor Vincenz Göhler kom poniert. Dem folgte, in jugendlicher Begeisterung borge- tragen, der Prolog. Die zahleich erschicnene Gemeinde — es waren allein 115 Sitzplätze vorhanden — geizte nicht mit dem Beifall, und da manche keinen Zutritt finden konnten, soll das Stück am 3. Weihnachtsfeiertage wieder holt werden — hoffentlich nochmals vor anrverkanftem Hause zum Besten der Schule. Für alle Mühewaltung und alle Förderung der jugendlichen Theatergesellschast sei hier inniger Dank ausgesprochen. 8 Dresden. Auf der Generalversammlung des Preßvereins konnte der Vorsitzende eines ange sehenen Vereins in Dresden rpit gerechtem Stolze sagen: „Unsere Vereinsmitglieder sind ohne Ausnahme Bezieher der Sächsischen Volkszeitung." Es handelte sich um einen Verein, der weit über 100 Mitglieder hat. DaS läßt sich hören und das kann sich sehen lassen. Wenn es doch überall im Lande so wäre! Dann stünden wir noch ganz anders da. Aber man muß bekennen: Leider gibt's wohl nicht viele solcher Verein? — Jemand hat auch schon einmal den Ge danken verlauten lassen, daß für die Mitglieder mancher katholischer Vereine dcr Bezug der Sächsischen Volkszeitung obligatorisch gemacht werden sollte. Es wäre wohl schön, wenn dieser Gedanke realisiert werden könnte. Manchem katholischen Verein in Sachsen müßte man jetzt nach ein gehendem Quellenstudium der Wahrheit gemäß sagen: „Ihr habt nicht einnwl 6, ja noch nicht 3 Abonnenten der Sächsi schen Volkszeitnng unter euren Mitgliedern." Wir meinen da nicht etwa Iungfrauenvereine, sondern Vereine, die in den betreffenden Gemeinden alle sammeln wollen. Glück licherweise gibt es dann allerdings außerhalb dieser Vereine gewöhnlich auch noch Abonnenten. Aber in diesen Vereinen ist etwas, und zwar etwas Wichtiges nickst in Ordnung. 8 Aue. ( K a t h. Verein.) Am 25. Dezember nach mittags ß<>6 Uhr im „Muldental" großer Weihnachtsabend. In dem reichhaltigen Programin ist für echte Weihnachts- stimmung in ernsten und fröhlichen Nuancen bestens ge sorgt. Den Hauptgeivinn der grostangeiegten Lotterie, n der wertvolle Weihnachtsgeschenke erworben werden können, bildet der ganze große Christbaum. Möge sich kein Glau bensgenosse durch Fernbleiben die Genüsse dieses Abends entgehen lassen. - Der Vorstand. 8 Lengenfeld i. V. Am 26. Dezember abends 8 Uhr Christbmiinfeier des neugegründeten kath. Mjänner- Vereins im Restaurant Leipold. Weihnachlsschau. Allen Menschen recht zu tun, ist eine Kunst, die nie mand kann. Wie sehr man sich auch manchmal anstrengt, um durch seine Geschenke seine Lieben zu erfreuen, gelingt es doch manchmal nicht in dem Maste, wie man es erwartet hätte. Wie oft schenkt man jemand ein Paar eleganter Chevreanr-Schnürstiesel, der sich schon lange Lack-Knopsstiefcl gewünscht hätte Aehnliche Fälle werden immer wieder ein- tieten. und um dein vorzubeugen, hat die Salamander- Schuhgesellschnst dis Einführung getroffen,, Gutscheine zu ihrem Einheitspreise von 12,50 Mark (Luxus-Ausführung 16,50 Mark) zu verkaufen, nach denen sich dann der Be schenkte seine Stiefel nach eigenem Geschmack in allen Ge schäften dcr Dalarnander-Schuhgesellschaft des In- und Auslandes nach eigener Wahl aussuchen kann. Derartige Gutscheine können becmem auch brieflich verlangt und ge schickt werden. Wenn man die Schaufenster der Salaman der-Geschäfte einer Prüfung unterzieht, wird man di ' Ueberzeugung gewinnen, daß jedem Geschmacke Rechnung getragen ist und daß die neuesten Formen in den bekannten Qualitäten gewiß das Entzücken aller Beschenkten bilden werden. — 138 — Er war nun wieder Offizier, einer der Ihren, hatte das Recht, des Königs Nock zu tragen, den Degen zu führen. Das war ja freilich mehr etwas Aeusterliches. Im Innern hatte er ungleich mehr empfangen; er fühlte sich reich und frei: er hatte seine verlorene Ehre wieder gewonnen! Und zum ersten Male seit Jahren war er im Kreise der Kameraden so recht von Herzen fröhlich und stieß mit ihnen an auf das Wohl der schönen deutschen Heimcn, die er nun bald Wiedersehen sollte. Es war ihm, als habe er ein altes, beflecktes Kleid, das ihm Ekel verursachte, ausgezogen, als sei er ein neuer Mensch geworden. Ein neuer Mensch voll großer Pläne und Hoffnungen, die Plötzlich in seiner Brust reiften wie köstliche Früchte nach einem heißen Sommer, nach schweren Gewitterschlägen. Drei Tage später schwamm das Schiff auf dem Meere und trug ihn weg von der Küste Afrikas, der Heimat zu. Einen Monat oder zwei wollte er in e>nem stillen Winkel ausruhen, in milder Luit und Sonnenschein — dann aber, wenn er erst wieder gesund und fest ans den Füßen stand, ging es in die alte, liebe Heimat. * * * Wieder war es Frühling geworden im deutschen Lande. Der Flieder blühte im Tal, und im Park? zu Sonneck dufteten die Veilchen. Blanker Sonnenschein lag auf der Terrasse, wo Bautz von Sonneck bei der Arbeit war. Seine „Kriegsgeschichte" hatte bereits die dritte Auflage erlebt und er be reitete die Ausgabe eines iveiteren Bandes vor, wobei ihm Iris eifrig zur Hand ging. Hilde war von ihren Kranken znrückgekchrt und erholte sich im Parke; dort war sie allein mit ihren Gedanken und der Erinnerung . . Im Tale unten reckte sich dcr schwarze Riese der Arbeit, blies Dampf und Rauch in die Lust und rührte unaufhörlich die ehernen Glieder. Er war zahm und fügsam geworden, der widerspenstige, ungeschlachte Zyklop«; zwei kleine, weiße, weiche Frauenhändc hatten ihn gebändigt. Wenn das schlanke dunkle Mädck>en, seine Königin, zu ihm Hinabstieg, dann blitzten seine Angen vor Freude, das rußige Gesicht lachte vor Dergnü- gen; dann griffen seine ehernen Fäuste noch einmal so flink in die Speichen der surrenden Räder, die Hämmer dröhnten wuchtiger, Heller sprühten die Essen, rascher liefen die Riemen, rausck-cnder klang das Gehämmer, und die Masclstnen sangen im festen Rythmus und mit dröhnender Stimme zur Freude der geliebten Herrin das große Heldenlied der Arbeit. Es war ein schöner, Heller Tag. Die Sonne stand hoch und blank am klauen Himmel, »veistc Lämmerwolken zogen wie segelnde Schwäne dahin, die Wälder rauschten ein tiefes, feierliches Lied, die Vögel sangen in den Wipfeln und durch das grüne, blühende Tal zog der Fluß seine blitzende Furck>e. — Bantz von Sonneck, ein wenig weißer und ein wenig gebückter als vor fünf Jahren, stand an der Brüstung der Terrasse und blickte ins Tal hinaus, über das die FcühlingSsonne ihre gldenen Schleier warf. — 139 — Hilde kam aus dem Garten, einen kleinen Veilchenstrauß in den Hän den. Sie reichte ihn dem Vater: „Es sind die letzten, Papa!" Sonneck legte den Arm um ihre Schultern. „Die letzten " sagte er. „Behalte sie, Kind. Ich weiß, wie du daran hängst. Kannst du immer noch nicht vergessen?" „Nie. Papa." „Du Arme, Stolze. Ich glaubte, die Zeit heile die alte böse Wunde Oder es erblühe dir ein neues Glück —" „Nie mehr, Papa. Was tot im Grabe liegt, treibt keine Blüten mehr. Ich warte nicht auf das Glück; das liegt so weit hinter mir —" „Ach, Hilde, du hast so wenig vom Leben, Lu hast so gar keine Freude „Ich klage doch nicht, Papa." „Nein, das tust du nicht. Das ist es ja eben, was mich ängstigt. Du gehst an deinem Grame zugrunde." Fürchte das nicht, Papa. Laß mir das Grab in meinem Leben. Ich will es in Liebe pflegen. Und so arm, wie dn glaubst, bin ick) nicht. Ich habe dich, Papa. Ich darf für dich sorgen, dir das Leben angenehm machen, detnck Wünsche erfüllen. Siehst du, das füllt mein Leben aus. Das ist doch etwas Großes und Heiliges, so für andere arbeiten und sorgen, ihnen den Weg ebnen, ihnen Blumen streuen. Davor verstummen die eigenen Wünsche und die Stürme im Innern stehen still. Der wahre Adel eins Menschen zeigt sich darin, daß man für andere Opfer bringt, andere beglückt und füll und unver drossen den Weg der Pflicht geht. Siehst du, das ist auch ein Glück. Kein glänzendes, aber um so reiner und tiefer. Laß mir dieses Glück, Papa. Und dann habe ich außer dir noch meine Kranken —" Sonneck küßte sie auf die Stirn. „Du Gute, Liebe! Du Große! Du Heilige —" .Allein, Papa — dieses Lob verdiene ich wirklich nicht." Sie standen Seite an Seite, schauten hinein in die lachende FrllhlingK- pracht, die in weißen Wolken ihren Bllltenschnee ausschüttete, und unwillkür lich sprang ihnen dasselbe Wort auf die Lippen: „Wie schön ist die Heimat! Wie lieb, wie traut! Von süßem Zauber voll!" Durch die Lindenallee herauf ritt ein Offizier. Die Helmspitze leuchtete wie eine kleine zuckende Flamme und der Degen glitt wie ein silberner Son nenstrahl an seiner Seite nieder. „Wir erhalten Besuch," sagte Hilde und deutete hinab. „Wer mag das sein?" „Ich weiß nicht," erwiderte Sonneck, „eS ist niemand angesagt. Vieh leicht ein alter Regimentskamerad. Was der nur will? . . Eine kurze Weile darauf stand der junge, schlanke Offizier mit dem sonnenverbrannten Gesicht auf der Terrasse, und die beiden starrten ihn an. Da machte er eine Bewegung mit der Hand. Nun erkannte ihn Hilde und flog auf ihn zu. „Viktor . . . Bruder! . . . Du? . . .* Im Augenblicke hing sie an seinem Halse. „Lieber . . . bist du das? Du hast den Weg in die Heimat gefunden — zu uns? Ich wußte ja, daß du kommen würdest, ich wußte eS , .