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SW 1V7 — LI. Jahrgang. »»»»er,tag de» »». August ,»», »Ichelia tä-ltch «Ich», «u «urautzs»» »ec Sonn, und Festtagt ^«««»»» ^ «u .Die Nett In W.rl und Bild' dlerteltShrllch >,1« In Dresden durch Boten B.4« I» gani Deutschland >et Hau» it.S» H; in Oesterreich 4.4» L I7W«ß«»« » ohne illustrierte Beilage »ierteljShriich 1,8» K> Dre»den durch Bolen SIS ^c. Än gaiu Deutschland frei »an» ».t» «» Oesterreich 4 »» L - «nzel-Nr I» 4 Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Zu'»»««».,werden di« «gespaltene Petitzeilr oder deren Baum «st Sst 4, Betlamen mU Bv 4 die Zeile berechnet, bet WicderboUuigeM entsprechenden Rabatt, vic«dr»«eret. R^akti», und «eschä,«»«»,»> Dee»deu, Ptllnttzer Steahe 4». - Fernsprecher I»«« S4» «>iikaade»n»«rl-o,t.«chr«,tMcke keine «ver»t»»«t»IM Redaktion».Sprechstunde: l l »iS IS Uhr, Aus Europas Wetterecke. Ueber den Vorgängen, die sich in letzter Zeit auf dem Balkan abgespielt haben, liegt noch ein Schleier. Bald heißt es, es sei der türkischen Regierung gelungen, mit den ihr lauernden Feinden friedliche Abkommen zu treffen, bald bringt der Draht wieder Meldungen über blutige Zu- sammenstöße zwischen türkischen Truppen und den an allen Grenzen des Ottomanenreiches stehenden Feinden. Das türkische Reich, das sich vor einigen Jahren mit einer stolzen Geste von seinem Siechenlagcr erhob, ist wieder zum „kranken Mann" geworden und beutegierig umstehen es die kleinen Äalkanstaaten, um womöglich noch bei Lebzeiten des kranken Mannes sich in sein Erbe zu teilen. Albanesen und Mazedonier, Bulgaren und Montenegriner, Griechen, Rumänen und Serben harren auf den Augenblick, wo sie sich auf das innerlich zerrissene Türkenreich stürzen können. Wenn der Stein bis jetzt noch nicht ins Rollen geraten ist, so liegt das nur an der energischen Haltung der Groß, möchte, die ein Aufrollen der Balkanfrage bislang mit allen Mitteln zu verhindern suchten. Wenigstens hatte es den Anschein, als ob dem so sei. Es fehlte allerdings auch nicht an Stimmen, die von großen geheimen Drahtziehern in der gegen die Türkei in die Wege geleiteten Bewegung sprachen. Diese Stimmen schienen Lügen gestraft zu wer den durch die Bereitwilligkeit, mit der die europäischen Mächte auf die Anregung des Grafen Berchtold eingingen. Merkwürdigerweise scheint sich jedoch die anfängliche Stim- mung für den Vorschlag zu verändern. In der russischen Presse macht sich auf einmal eine Abneigung gegen den Vorschlag bemerkbar und es werden Bedenken laut, die eine praktische Ausführbarkeit desselben in Zweifel ziehen, weil ja nur die Großmächte, nicht aber die noch weit mehr interessierten klemen Valkanstaten vom Grafen Berchtold zu einem Meinungsaustausch eingeladen worden seien. Die französische Presse äußert sich in ähnlicher Weise und be hauptet, daß auch England der Anregung des Grafen Berchtold ein starkes Mißtrauen entgegenbringe. Man geriert sich, als ob Oesterreich-Ungarn mit seinem Vor schläge keine ganz lauteren Absichten verfolge, ist in Wirk- lichkeit aber wohl darüber enttäuscht, daß Deutschland der Einladung gleichfalls bereitwillig Folge geleistet hat. Diese Sachlage drängt einem die Frage auf, worauf denn eigentlich der Umschwung der Stimmung zurück zuführen sei und was damit bezweckt werde. Da kam nach den Meldungen über eine Entwirrung des Balkanknäuels die Nachricht von der Mobilmachung Montenegros und der noch viel bedenklicheren Meldung, die aber bisher noch nicht bestätigt wurde, daß Rußland 60 MO Mann an der tür- kischen Grenze zusammengezogen habe. Sind auch in letzter Zeit schon manche Kriegsgerüchte von der Balkanhalbinsel gekommen, die sich in der Folge als solche entpuppten, so lassen diese Meldungen von der Mobilisation in Monte negro und dem wenn auch nur indirekten Eingreifen Rußlands schwere Befürchtungen anfkoinmen. Es ist ja ge nugsam bekannt, daß zwischen Rußland, England und Frankreich sich geheime Fäden spinnen, und daß auch zwischen Rußland und Italien intime Beziehungen wegen der Balkanfrage bestehen. Unzweifelhaft ist es zudem, daß Italien das allergrößte Interesse an einer baldigen Beilegung des von ihm vom Zaune gebrochenen Krieges mit der Türkei hat. Darum gewinnt die Mobilisation Montenegros, dessen frischgebackener, auf die Vergrößerung seines Landes stets bedachter König nicht nur ein Schütz ling des Zaren, sonden auch des italienischen Königs Schwiegervater ist, an Bedeutung. Die Lage ist jedenfalls ungeklärter denn je. Sollte sich in Wirklichkeit unter der Decke ein geheimes Abkommen zwischen der Triple-Entente und Italien vollzogen haben, so dürfte dies die unabsehbarsten Folgen nach sich ziehen. Würde es alsdann aber zur Aufrollung der Balkanfrage kommen, so wäre es des Deutschen Reiches unabweisbare Pflicht, auch seine Interessen mit Nachdruck zu vertreten. Oie Feier des 30. Stiftungsfestes des katholischen Alännervereins Gera. Vormittags Regen, nachmittags Sonnenschein! In vollen Strahlen fiel er hell und warm in den großen Saal der „Heinrichsbrücke" — eine lichte Ouvertüre zu der herr lichen Feier, die der 1. Vcreinsvorsitzende Betriebsleiter Kehlenbach mit einer Ansprache eröffnete, die die Bedeutung deS Tages und die Größe der katholischen Kirche in treffen den Gedanken schilderte. Zu seiner Freude konnte er be grüßen Vertreter aus Alteuburg, Eisenberg, Jena, Liebschwitz, Ronneburg, Saalfeld, Schmölln, Triebes, Weida und Werdau. Den verdienstvollen Veteranen des Verein?, den Herren Hilb, Kehlenbach, Mum dey, Scheunert und Stiller widmete Herr Hüpfauer in frisch sprudelnder, jugendlicher Begeisterung Worte der Ehrfurcht und Auer- kennung, die ihre Illustration in 5 herrlichen Blumen sträußen fanden, die den alten Herren von Vereinsdamen überreicht wurden. An Stelle deS verhinderten Neichsgerichtsrates Bur lage hielt Pfarrer Kirschenbauer-Werdau die Festrede. Er ließ die 30 Jahre k> ^zentrierter Vereinsarbeit an der Seele seiner Zuhörer vorübergehen, gedachte der Alten, er mahnte die Jungen. — „Seid ihr bei der ersten Liebe ge blieben?" Gera s i Diaspora, habe schweres Terrain, eine Regierung, der-m Wohlwollen man oft schmerzlich vermiss'. „Wo ein Vaterland ist. muß ein Vater sein. Von ihm ver langt das 4. Gebot: Tu sollst deine Kinder ehren und lieben. Kannst du das nicht, sollst du wenigstens gerecht gegen sie sein." — „Wenn die Gerechtigkeit angerufen wird, gibt es in Deutschland keine Partei." (Miguel.) ... „Trotz dem Mut!" fuhr der Festredner fort. „Leiden und Wider wärtigkeiten sind die Furche, aus der die Saat grünt für Zeit und Ewigkeit. Ginge alles nach Wunsch: Offene Türen, gebahnte Wege — wo bliebe die Kunst und das Verdienst des Lebens? Also Mut und Fröhlichkeit! Darauf muß der Vereinsvorstand sehen, muß bei den abendlichen Sitzungen Sonnenschein in das Herz der Mitglieder werfen. „Freude schenke den Gästen ans, Wermut haben sie selber zu Haus." — Ein besonderes Wort den jungen Männern: Ritterlichkeit gegen die Frauen! Nie den Him- mel der Unschuld trüben, der in einem jungen Mädchen liegt! . . . Eine Blume mußt du hegen, pflegen, ihren Duft atmen, ihre Schönheit bewundern, darfst, wenn ent faltet, sie in Ehren tragen an der Brust, sie aber nie zer pflücken und zerreißen." So die einzelnen Punkte seines Themas: Katholischer — Männerverein — Gera — 30 Jahre! erörternd, schloß der Festredner. „Alle Worte der Programmüberschrift sind groß, alt und ehrwürdig. DaS beste ist: Katholisch. Es ist als würde beim Klange dieses Namens ein mää)- tiger Dom aufgeschlossen. Sieh hinein und hinauf zu den Gewölben, die die Gebete von zwei Jahrtausenden gehört haben. Wie träumend gehst du an den gewaltigen Pfeilern vorbei, die auf Felsen stehen. Vor dem Hochaltäre eine silberne Lampe, die ewige Lampe. Heilige Stille! Der Friede Gottes schläft an den Stufen des Altars. Eine Weihrauchwclkc schwebt blauweiß über dem Chor. Sonnen strahlen gleiten hindurch und küssen die Stirn des Gekreu- zigten Einige Liebe, ewiges Optcr, heiligstes Sakrament! Wie wunderbar! -- Was ist das für eine Kirche? — Deine Kirche, meine Kirche! Katholische Kirche! Katholisch ist unser Name. So sind wir getauft, so haben wir geschworen, die Hand an der Kerze: Oeäa .... Es rüttelt der Sturm an den hohen Fenstern, es braust, als brächen die Wogen einer wilden Versuchung sicb an den uralten Mauern des Domes .... Man will uns fortreißen von der Kirche unserer Väter .... Judas küßt den Meister . . . und ihr? Zu 'wem wollt ihr gehen? . . . Wir sind aufge- standen vor de», Altäre, wo wir gekniet haben, die ganze Herrlichkeit deS Glaubens schaut in der Ruhe der Ewigkeit auf uns hernieder .... Wir bleiben, was wir sind: Katholische Männe r." Tie beifällig aufgenommene Rede wurde umrahmt von Gesangsvorträgen der „Cäcilia", die Herr Lehrer Reiff sorgfältig und mit großem Fleiße einstudiert hatte. Herr Fränkel, ein ausgezeichneter Humorist, sorgte für Scherz, Herr Kehlenbach für Ernst. Die wichtige Ange legenheit der katholischen Presse log ihm be- sonders am Herzen. Die „Sächsische Volkszeitung" müsse und könne leicht die doppelte und dreifache Abounentenzahl in Gera haben. — Ein neues Feld der Tätigkeit für den Altmeister im Agitieren und Or ganisieren, den katholischen Männer verein ! Eine markige Ansprache an seine Pfarrkinder hielt Pfarrer Boenert. „Einig in der Erkämpfung des Zieles, bewußt, daß die Arbeit in den Vereinen Arbeit an den Seelen ist, daß von der Gemeinschaft erreicht wird, was dem einzelnen nicht gelingt — so erfülle jeder in seiner Weise und an seinem Posten die große Pflicht." (Lauter Beifall.) Die Feier des 30. Stiftungsfestes des katholischen Männervereins in Gera erfreute sich eines starken Be- suches. Der Fremde empfing den Eindruck eines streb samen Vereins und einer wohlgeleiteten Gemeinde. Die Einheimischen hatten das Gefühl der Genugtuung: Weiter und höher gekommen zu sein. Dem Berichterstatter der „Sächsischen Volkszeitnng" war es ein Genuß, festzustellen, daß auch in Neuß j. L. innerhalb und außerhalb der Kirche katholisches Leben in gesundem Takte pulsiert. Es kann nicht ausbleiben, daß so viel Liebe, Mühe und Arbeit den Lohn finden, den sie erstreben und verdienen. Deutsches Reich. Dresden, den 2ft. «»linst 1912. — DaS Befinden deS Kaiser». Nach den Mitteilungen der Aerzte ging es dem Kaiser gestern wesentlich besser. Beim Betreten des Schlosses beme.kte ma:- auch sowrl an dem regen Leben, das dort herrschte, an den Kurieren, dir mit Schriftstücken kamen und gingen, daß der Küfer wieder seine Tätigkeit ausgenommen hat. Der Kaiser hat sich gestern mittag erhoben und befindet sich seitdem auf. Er blieb über eine Stunde in seinem Arbeitszimmc-'. wo er zahlreiche Schriftstücke Unterzeichnete, Akten erledigte und den Chef des Zivilkabinetts in längerer Audienz empfing. Das subjektive Befinden hat jedenfalls ersceullche Fortschritte Vas große Lusklager des sächsischen Heeres im Zahre 1730. Eine Erinnerung zur Kaiserparade bei Zeithain am 29. August 1912. Die Gegend, wo in diesen Tagen bei Zeithain die beiden sächsischen Armeekorps in Parade stehen werden, ist historischer Boden, und da schweift die Erinnerung zurück in die Zeiten Augusts des Starken. Dieses Zeitalter bietet in seinen Maskeraden, Saturnusfesten, Prunkaufzügen eine Reihe prunkvoller Erscheinungen dar, die gewiß lücken haft erscheinen würde, wenn ein militärisches Schauspiel darin fehlte. Bei dem Charakter Augusts des Starken konnte dies nicht ausbleiben. ja seine riesenhafte Garde, seine Janitscharen, seine Ulanen, seine trefflich montierten und wohlgcrüstetcn Linientruppen, sein wohlgefülltes Zeughaus forderten dazu geradezu auf. Und so bereitete er seinem Nachbarn, dem soldatenliebenden Könige Fried- rich Wilhelm von Preußen, ein Schauspiel, wie es damals wohl im Orient öfter Vorkommen mochte, im Abendlande aber noch nicht dagcwesen war. In der Geschichte wird dieses große militärische Schau- spiel gewöhnlich das „Lustlager bei Mühlberg" genannt. Ter Lagerplatz befand sich genau auf dem Felde -er heu tigen Kaiserparade, zwischen den Dörfern Zeithain und Radewitz im Amte Großenhain am rechten Elbufer. 600 Bauern und 250 Bergleute waren herangezogen worden uni den Platz in einem Quadrat von 3 Meilen Umfang zu ebnen. Ein Teil der Gohrischheide ward ausgerodet. Im Dorfe Radewitz war das Hauptquartier des Feldmarschalls Grafen Wackerbarth. Eine Stunde vom Lager in der ersten Linie war ein hölzerner Palast, von wo ans das Manöver beobachtet wurde, und auf der Höhe unter Rade- Witz das Hoflager für beide Könige errichtet. Im Lager lagen 36 000 Mann, Soldaten von der Garde du Corps, der Fußgarde, 4 Regimenter Kürassiere. 4 Regt- menter Dragoner. Grandmusketiers und 10 Fußregi menter, die sämtlich neu montiert waren. Das Janitscharen- korps war türkisch gekleidet und hatte zur Musik zwanzig Mohren, Artillerie mit Füsilieren und Minierern, die adligen Gardekadetts, die Schweizer- und Fußtrabanten garde. dann die aus mehreren hundert Mann bestehende Hofjägerei, sowie 4H Maultiere und 12 Hofportechaisen gingen Mitte Mai von Dresden nach dem Lager ab, so daß es hier auch nicht an Bequemlichkeiten fehlte. Die Soldaten lagen in schönen neuen Zelten. Eine illustre Gesellschaft war hier versammelt: 2 Könige, 2 Kronprinzen, 47 Fürsten und Herzöge, 16 Gesandte. 69 Grafen, 38 Barone und 16 Minister. Am 23. Juni war das Hauptmanöver. Das Heer war in zwei Linien in Parade ausgestellt, und vier Pyramiden, die noch heute bestehen, bezeichnen die Richtungen. Vorher waren allerlei Hebungen ausgeführt worden, wobei man am 21. Juni, um die Kavallerie abzuschneiden, einen Teil der Floßbrücke in die Luft sprengte. Am 24. Juni wurde ein großes Land- und Wasserfcuerwerk abgebrannt. Dazu hatte man am jenseitigen Ufer bei Riesa eine 81 Ellen hohe nnd 200 Ellen breite palastartige Dekoration errichtet, wozu 18 000 Holzstämme, 18 000 Bretter und 6000 Ellen bemalte Leinivand verwendet worden waren. Dieser Palast loard illuminiert, Raketen stiegen zu tausenden auf und Mörser ivarfen unzählige Leuchtkugeln. Darauf kam auf der Elbs die königliche Flottille geschwommen, mit Musik und Ge sang. Im Lager selbst zündeten die Soldaten Jubelfeuer an. Als Zuschauer waren aus allen Gegenden wohl an die 20 000 Menschen herbeigeströmt, um das seltene Schauspiel zu sehen. Ani 26. Juni wurden sämtliche Regimenter festlich ge- speist, jeder Soldat erhielt Fleisch, Brot, Wein und Bier. Es wurden 170 Ochsen geschlachtet. An der königlichen Tafel ward ein Riesenkuchen von 14 Ellen Länge, 6 Ellen Breite und ^4 Elle Dicke, den 8 Pferde auf einem hierfür besonders erbauten Wagen zur königlichen Tafel brachten, von einem Zimmermvnn mit einem 3 Ellen langen Messer zerlegt und sodann den Zuschauern preisgegeben. Zum Beschluß dieses bis dahin einzig dastehenden Prachtlagers, das insgesamt 1 Million Taler kostete, gab das ganze Heer ein dreimaliges Paradefeuer. / —————