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Hervorgegangen aus der Vereinigung der alten kurbranden- lurgischen Viadrina mit der Kaiserlich Leovoldinischen Universität Mar die neue Hochschule dazu bestimmt, die Traditionen der beiden alten Bildungsstätten aufzunehmen und deren Aufgabe» zu erfüllen. So wurde sie Preußens erste paritätische Universität und damit Führern! auf dem Wege zum friedlichen Neben- und Miteinanderwirken der Konfessionen zum Wohle des Vaterlandes. „In der alten Piastenstadt, wo den slawischen Völkern zuerst die Sonne des Christentums leuchtete und die Grenzpfähle deutscher Kultur sich nach Osten vorschoben, in der hochragenden deutschen Schöpfung Kaiser Karls IV., die an Glanz und Bürgerstolz mit dem goldenen Prag wett eiferte, in der alten Hansestadt Breslau, in der Hauptstadt des schönen Schlesierlandes, ist nach dem Willen Meines in Gott ruhenden Vorfahren, des Königs Friedrich Wil helm UI., die neue Universität ein Brennpunkt geworden regen geistigen Lebens und steigender wissenscl-aftlicher Kultur. Tie ernste strenge Arbeit, die hier geleistet wurde, hat ihre Frucht getragen. Nicht nur der Universität, die bald in die Reihe der ersten Hochschulen Europas eintrat, dem preußischen Vaterlande und dem ganzen Deutschen Reiche ward sie zum Segen. „Bor einem Jahre, als Ich der Jubelfeier der Berliner Universität persönlich beigewohnt habe, sprach Ich es aus: Laß die Berliner Universität, in schwerer Zeit begründet, Pflanzstätte jenes Geistes zu werden berufen war, aus dem Preußens Wiedergeburt hcrvorgeheu sollte. BreslauS Hohe Schule verdankt ihr Sein dem gleichen Wunsche ihres erhabenen Stifters. Daß die Universität des Königlichen Vertrauens in vollem Maße würdig war, zeigte sich bereits an jenem Tage, als der .König den Aufruf „An Mein Volk" erließ und die Breslauer Studenten, ihren Kommilitonen ein leuchtendes Beispiel, sich begeistert um die Fahnen ihres Königs scharten. Daß immer Breslaus Studenten von dem gleichen Geiste beseelt sein mögen, ist Meine Hoffnung und Mein Wunsch. Drei Universitäten verdanken ihre Entstehung der hochherzigen Entschließung König Friedrich Wilhelm III., zwei davon, Berlin und Bonn, tragen seinen Namen. Da mit das Andenken an ihren Stifter auch bei der Breslauer Universität späteren Generationen stets lebendig bleibe, will Ich ihr hiermit gleichfalls Seinen Namen verleihen. „So soll denn Mein Königlicher Dank und Glückwunsch ins zweite Jahrhundert geleiten — die Schlesische Friedricl)- Wilhelnis-llniversität. Unter diesem Ehrennamen bleibe sie, was sie war, zur eigenen Ehre, dem Vaterlande zum Ruhme, der Menschheit zum Fortschritt. Gegeben Bergen, an Bord M. ?). „Hohenzolleru" de» 21!. Juli 1911." In bewegten Worten sprach der Rektor den. Dank aus und sclsioß mit einem Kaiserhoch. Ter Verlesung der Kabi- nettsorder folgte die Begrüßungsansprache des Kultus ministers Tr. v. Trott zu Solz. Nachdem hierauf die Vertreter der Universitäten, der technischen Hochschulen und Akademien gesprochen hatten und der Rektor gedankt hatte, führte Kardinal-Fürst- b i s ch o f D r. v. K opp aus: An die Stelle zweier dereinst segensreicher, dann aber im Fortschritt der Zeit verfallener Geistesburgen am Oderstrome sollte die neue Heimstätte treten, deren Säkularfeier wir heute begehen: sie sollte eins wirkliche uni vorm tun litt-rurnin sein: Brennpunkt des höchsten menschlichen Strebens, nämlich nach Wahrheit, sollte sie mit ihren Ausstrahlungen das Gemeinwohl be fruchten. Tenn auch das Gemeinschaftsleben erhält von dieser Stätte höchster Geistesbildung seinen schönsten Schmuck: ernstes Streben, ehrliche Arbeit, hingebende Pflichttreue, sachliche Wertung, gegenseitige Achtung, weit herzige Tnldsamkeit. Ter Kardinal gedachte dann der der Breslauer Universität gleich von Anfang eingegliederten doppelte» theologischen Fakultät und sagte von der katho lischen Fakultät, auf die er das Recht habe, seine prüfenden Blicke zu richten: Die wissenschaftliche Bewegungsfreiheit nie verleugnend, die theologische Korrektheit sorgsam nährend, in alle» kirchenpolitischcu Strömungen ihrer eigenen Ausgabe treu, dem Frieden der Konfession niemals hinderlich — ist sie, geachtet von ihren Schwestern, getragen von der Perehrung und Dankbarkeit des katholischen Kle ins, dessen geistiges Leben sie nährt, umgebe» von dem war er bis <867 als Hauslehrer tätig, und hier erwarb er sich den philosophischen Doktorgrad. Nach Vollendung seiner philosophisch philologischen, literarischen und orientalischen Studien hatte er das Glück, durch die Wirlung einer Vor lesung aus dem erste» Teile seines Messias hohe und aller höchste Gönner zu gewinnen, die ihm eine Reise nach Rom und einen zivanzignionatige» Aufenthalt daselbst (Januar 1869 bis September 1870) ermöglichten. Bethlcbe »i und Nazareth führt uns gleich in die höchsten Regionen. „Donnernd springen sie auf, die uin- ichimmerten Tore des Himmels. — Herrlich erblühen im unsterblichen Lichte die Gefilde des Edens. Leuchtendes Engelgewog' in zahllos jubelnden Reigen wandelt in ewiger Lust durch Flure» steter Verklärung." Hochcrhabeu ist dieser Eingang. Wie Klopfslock, so beginnt auch Helle mit der Er neuerung des ErlösuugSratschlusses zwischen Gott und dem Messias, woran sich der himmlischen Heerscharen Preis gesänge über die göttlichen Geheimnisse und Eigenschaften schließen. Dabei werde» der Kosmos und die Wunder der Schöpfung mit in den Kreis der Betrachtungen gezogen. Der Engel Gabriel fliegt auf Jehovas Geheiß mit seiner, von Flammen uniwobenen Flügeln durch den Weltenraum und bringt Maria die von Gott ihm erteilte Botschaft, Mutter des Heilandes zu werden. Die auf den Flügeln der Phantasie getragene Schilderung zeugt von seltener Meister schaft der Sprache. Als durch besondere dichterische Schön heit und Gestaltungskraft hervorragende Gesänge des ersten Teiles verdienen hervorgchoben zu werden: DaS Fest in der Hölle, Jesu Rückkehr nach Nazareth, Ter zwölfjährige Jesus im Tempel. Sicher wird jeder diese Stücke mit stei gendem Interesse lesen, und das ticfreligiöse Gefühl, die Glut heiliger Begeisterung und der fromm-gläubige Sinn werden ihn erheben. Vertrauen der katholischen Schlesier und ihrer kirchlichen Oberen. Sodann sprachen Gencralsuperintendant I). Notte- bohm, der Oberpräsident Dr. v. Günther und Oberbürger meister Dr. Bender. Hierauf überreichte im Namen der Provinz Schlesien der Herzog von Ratibor eine Stiftung von .10 000 Mark, Fürst Hatzfeldt die Jubiläumsstiftung für das Studentenheim im Betrage von 100000 Mark und eine Studentin die Damengabe für das Studentenheim. Es folgte alsdann die Ueberreichung einer Ehrengabe und dis Uebergabe von Stiftungen verschiedener schlesischer Vereine. Die würdige und erhebende Feier fand durch den Vortrag der akademischen Festouvertüre von Brahms ihr Ende. Jetzt steht die Jubilarin vielleicht vor ihrer schwersten Aufgabe. Alles fließt, das gilt jetzt mehr als je. Aber nur die reine Pflege der Wissenschaft oder das Streben danach vermag uns die ewigen Güter zu sichern, aus denen wir als Nation und Kulturvolk immer von neuem schöpfen müssen, wenn wir unseren Platz behaupten wollen. Politische Rundschau. Dresden, den 3. August ISll. — Die Einfuhr vor» Heu und Stroh au» den Nieder- landen ist wegen der Seuchengefahr verboten worden — 37 NulversitiitSprofrssore» der protestautischru Theo logie protestieren gegen das Urteil über Jatho und er- klären: „Die Entscheidung des Spruchkollegiums im Falle Jatho hat gleich bei der ersten Handlung dieses Gerichts alle die großen Gefahren beleuchtet, die mit dieser Jnstitulion verbunden sind. Statt auf die christliche Persönlichkeit, auf die praktische Leistung und Tüchtigkeit, ist alles Gewicht allein auf die Lehre gelegt worden. Daraus erwächst für den deutschen Protestantismus die Gefahr, daß überall die Neigung verstärkt werde, nicht aus das Leben im Gerste Jesu Christi, sondern auf eine in ihren Maßstäben nicht klar bestimmte Rechig'äubigkeit den Nachdruck zu legen. Wir akademischen Lehrer fühlen uns verpflichtet, noch auf eine andere Gefahr warnend hinzuweisen. Unserer studieren den. noch in der Entwicklung begriffenen theologischen Jugend muß ein solches Verfahren die Unbefangenheit des wissenschaftlichen Studiums nehmen und die Freudigkeit zum künftigen praklischen Amt trüben. Uns aber wird die akademische Aufgabe erschwert, die aus Pflege ernster christ licher Gesinnung in voller Ehrlichkeit und Wahrheit gerichtet sein mutz, wenn sie einen inneren Wert und ein Daseins- recht an den Universtläten behaupten soll. Entstünde auch nur vin fern der Anschein, daß unsere Fakultäten Seminare für kirchlich gebundenen Unterricht seien, so Härten sie ihre Stellung im Organismus der deutschen Universtläten ver wirkt und müßten aufgehoben werden. Indem wir so auf die unabsehbaren Folgen der Erschütterung des auf ständige Fühlungnahme zwischen Glauben und Wissenschaft an- gewiesenen Protestantismus hindeuten, sprechen wir Unter zeichneten akademischen Lehrer die Hoffnung aus, daß das Spruchkollegium in den Formen seiner bisherigen Wirk samkeit nicht mehr in Tätigkeit treten wird." So begreiflich von den liberalen Theologen ein solcher Protest ist. so wenig ist er zu verstehen von Ver tretern einer Kirche, die doch Autorität haben will und nötig hat. Or!pter:rer«h-!L»r»«r.-?>. — Die Borstöße der Kulturkiimpsrr im Parlament. Bekanntlich haben die freimaurerischen Abgeordneten Zenker und Genossen, ebenso wie der sozialdemokratische Klub im österreichischen Abgeordnetenhause, Gesrtzanträge eingebracht, welche nichts anderes bezwecken, als die Zerstörung der bisherigen Unauflöslichkeit der katholischen Ehe. Ebenfalls von sozialdemokratischer Seite, und zwar von den Ab geordneten Seitz. G'öckel, Riese und Genossen, wurde gleich zu Beginn der kurzen Sommerseision ein Antrag aus Auf hebung der Schul- und Unterrichtsordnung, das ist der darin enthaltenen obligatorischen religiösen Hebungen, ein gebracht. der durch Verdrehungen und Fälschungen nach- weisen will, daß diese Schul- und Unterrichtsordnung mit den Staatsgrundsähen in Widerspruch stehe. Um die Be- völkerung von ihrer schwindelhaften Teuerungspolitik ab zulenken. werden die vereinigten freisinnigen und soz al- demokratischen Kultu:kämpser voraussichtlich in der nächsten Zeit mit diesen ihren Anträgen krebsen gehen. Am Weihnachtsabend 1869 fand zu Nom der erste Band seine Vollendung, und die Fortsetzung wurde angebahnt. Der Französische Krieg zwang den Dichter, nach West falen zurückznkehren. Aenßcre Verhältnisse drängten ihn in die dornenvolle Laufbahn des Redakteurs. Sein Leben begann nun eine ganz andere, ungeahnte, aber nach seinem eigenen Geständnisse für die Fortsetzung seines Messias notwendige und heilsame Richtung einzuschlagen. Die Dort munder Volkszeitung" übernehmend, brachte ihm diese schon den ersten Kulturkampfsprozeß Januar 1871. 1872 wurde er an die neu zu gründende „Koblenzer Volkszeitung", im Oktober des gleichen Jahres an die „Saarzeitung" nach Saarlouis berufen. Im Mai 1873 übernahm er die zweite Redaktcurstelle der „Schlesischen Volkszeitung" in Breslau, im August vertretungsweise die Redaktion der „Oberschles. Volksstimme" in Gleiwih auf neun Monate, weil der Re dakteur eine Gefängnisstrafe abbüßen mußte: darauf die „Ratibor-Leobschlltzer Zeitung" auf vier Wochen, ebenfalls vertretungsweise an Stelle des eingekerkerten Kollegen. Im Jannar 1877 übernahm er in Frankenstein die Leitung der Huchschen Offizin und der „Frankensteiner-Münsterberger Zeitung", wo er bis zum Sommer 1880 verblieb. An allen Orten behielten ihn die Staatsanwälte liebe voll im Auge und überschütteten ihn mit einem Füllhorn von Klagen, aber nur zweimal wegen eigener Bemer kung. Im Ganzen brachte er 22 Monate im Gefäng nisse zu. Schließlich war er genötigt, gesundheitshalber mit seiner Familie nach Oesterreich zu flüchten. Von 1880 bis 1892 lebte der Dichter in Jauernig, Ossegg (Böhmen). Teplitz, Salzburg und Bilin, cifrigst an der Presse tätig und an seinen literarischen Arbeiten weitcrschasfcnd. Das Leben dieser journalistischen Zeit, das stete Wandern von 1871 bis 1898 brachten ihm wohl manche Anregung, indes R»m. — Der Gesunöheit»zust«ud dr- Pspste- ist. wie der „Osfervatore Romano" mittetlt, absolut befriedigend. Der Papst hat bereit- seinen Morgenspaziergang im Garten wieder ausgenommen. Ajr««kreich. — In der ersten Srtzna, de- KeuzreffeS dr- «atioualea Elseubahnersyndrknt- kam eS wegen der Sabotage zu hesttien Erörterungen. Einzelne Revolutionäre suchten die Sabotage zu entschuldigen und wollten verhlndvrn, daß sich der Kongreß mit dieser Angelegenheit beschäftige. Die gemäßigten Elemente dagegen sprachen in scharfer Weife ihre Entrüstung über die Saboteure aus. Der Kongreß behandelte auch die Frage des Antimilitarismus.. Bidegarray, ein Vertreter der Consöiöration gönärale du travatl, er klärte, er sei ein Antimittlarist, aber nicht ein Vaterlands- feind; man müsse di» Freiheit des Vaterlandes im Falle eines feindlichen Einfalles verteidigen. Großbritannien. — Oberhaus. Lord Landsdowne kündigte an. daß Lord Carzon am 8. August ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung einbringen werde. Die Anhänger der Re gierung glauben jetzt, daß die ParlamentSbill ohne Schaffung neuer Peers durchgehen werde und betrachten die an gekündigten Mißtrauensvoten als die letzten Demonstrationen der Opposition. Portugal. — Zu heftigen Kundgebungen gegen Regierung und Abgeordnete kam es gestern an den Ausgängen der Kammer. Truppen zerstreuten die Menge und stellten die Ordnung wieder her. Griechenland. — Vertreter der Christen von Epiru», die sich in Janina versammelien, richteten an die Pforte eine Adresse, in der sie diese bitten, die politische Gleichberechtigung der verschiedenen Nationalitäten des Reiches sicher zu stellen gemäß der letztn Bitte des Patriarchats. Amerika. — Die Vertrustung. Die Bundesregierung, wie die Regierungen der Einzelstaatcn sind genötigt gewesen, im Interesse des Gemeinwohles Schritte zu unternehmen, durch die die Freiheit des Handelns der großen Korporationen eingeschränkt wurde. Große Fortschritte sind auf diesem Gebiete aber nicht gemacht worden, ausgenommen betreffend die Eisenbahnen, über die jetzt eine einigermaßen wirksame Kontrolle ausgeübt wird. Natürlich fehlt es nicht an Stim men, die das Eingreifen der Regierung auf allen möglichen Gebieten befürworten, jedoch wurden diese bisher von In teressenten als unberechtigt bezeichnet, die immer schnell bei der Hand waren, jeden Wunsch dieser Art als sozialistisch zu bezeichnen. Wird doch auch die Einkommensteuer — wie in Frankreich — eine sozialistische Maßregel genannt. Eigennutz ist eben sehr erfinderisch, wenn er sich gerechten Pflichten entziehen will. Generalanwalt Wickersham, der einer der Führer der republikanischen Partei ist, hat nun aber in einer eben gehaltenen Rede allen Ernstes erklärt, daß die Zeit nahe ist, wo die Bundesregierung sich dazu entschließen muß, sogar die Preise aller Bedarfsartikel fest zusetzen. Er macht darauf aufmerksam, daß diese Preise schon lange nicht mehr durch Angebot und Nachfrage regu liert, sondern von den Fabrikanten und Großhändlern in ganz willkürlicher Weise festgesetzt werden. lieber alles, was der Verbraucher haben muß, sollte daher nach seiner Ansicht die Bundesregierung entscheiden, wie viel dafür be zahlt werden soll. Von der Durchführung des Anti-Trust- Gesetzes verspricht sich der Generalanwalt nicht viel. Er weint, die Vertrustung sei in fast allen Industriezweigen bereits so weit gediehen, daß von Konkurrenz keine Rede mehr sein könne. Prozesse würden, selbst wenn durch sie die Auflösung eines Trustes herbeigeführt würde, nur Neu bildungen veranlassen, die ebenso schädlich wären, wie die angefochtenen Organisationen. Was auch die Gerichte ver fügen mögen, die Leiter der Trusts werden immer Mittel finden, den an sie gestellten Forderungen gerecht zu werden, ohne die Art ihrer Tätigkeit zu verändern. Deshalb ist die erwähnte Feststellung der Preise durch die Regierung das einzige Mittel, um den Konsumenten gegen die Uebergrifse der industriellen Vereinigungen zu schützen. Fast gleichzeitig erklärte der Anwalt des Zuckertrustes, John E. Parsons, vor der Kommission, die feststellen soll, ob dieser Trust auf wirkten Enttäuschungen und bittere Erfahrungen ver düsternd auf sein Gemüt ein. Den besten Trost fand er in. seinem Messias und seinen anderen Arbeiten. Mancher Gesang des großen Werkes entstand in kleiner Gefängnis zelle. manches Material schaffte ihm heimlich in die Zelle die edle Dichtergattin, die ihm an die dreißig Jahre in liebevollster Weise zur Seite gestanden — eine Dichter gattin, die mit sorgender Hand die Steine des Anstoßes aus dem Wege zu räumen wußte, die in Stunden bangster Qual und des Kampfes durch ihr goldenes, heiteres Gemüt Sonnenstrahlen in das Dunkel zauberte und die es ver stand. mit ihm zu kämpfen und zu leiden. Auch sie schied bereits von hinnen, um nun, wie sie hier vereint war in Kampf und Leid, so auch mit ihm jenseits die ewigen Freuden zu genießen. Auch inl 2. Bande: Jordan und Kedron be gegnen wir einer Fülle frischer Anschaulichkeit und Innig- keit des Empfindens und Betrachtend. Jeder Gesang ent zückt durch seine schönheitsvollen Reize. Zur Illustrierung nennen wir ans dem 27. Gesänge die kleine Episode der Salbung Jesu im Hause des Pharisäers Simon. Im 13. Gesang wird der Sturm auf dem See von Genesareth mit einem Aufwands von Kraft und Phantasie, mit Leben digkeit, Wort- und Klangfülle geschildert. In demselben Gesänge entwirft der Dichter ein an mutiges Bildchen der landschaftlichen Reize deS Jordan ufers. Er zeigt sich in allen Dingen, selbst in Detailfragen, bewandert. Wie herrlich kommt die Bergpredigt im 15. Gesänge zur Geltung! So die kulturhistorisch durchgearbeitete Be schreibung des Laubhüttenfestes, die klagenden Rügen des Heilandes an seine Vaterstadt und die Schatten des Leidens, die im 24. Gesänge so tragisch vorbedeutungsvoll die Bühne verdunkeln. Ferner der Tod, das Begräbnis und die Er-