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Aus der Werkstatt der Sozialdemokratie. Den starken Mitgliederzuwachs, den die Sozialdemo kratie in ihrem letzten Jahresberichte zu verzeichnen hatte, konnte sie nur erreichen durch eine in allen ihren Fäden angespannte Agitation. Und man mutz gestehen, sie weih diese Fäden zu spinnen. Den Kreisen, an die sie als poli tische Partei weniger gut heran kann, sucht sie sich ver mittelst der mit ihr verbündeten „freien" Gewerkschaften zu nähern. So zum Beispiel den Landarbeitern, unter denen, wie der Bericht mit Genugtuung verzeichnet die Agitation gute Fortschritte gemacht hat. Der Laudarbeiter- oerband hat in allen Gauen Deutschlands fetzen Fuh gefaht und zählt zurzeit in 382 Gruppen über 12 000 Mitglieder. Zur besseren Agitation unter den Binnenschiffern wurden Vorkehrungen zur Regelung der Beitragszahlung getroffen und Wsrbematerial seitens der Partei zur Verfügung ge stellt. Ein Binnenschifferkalender wurde in einer Auflage von 50 000 Exemplare» verbreitet. Auch für die Eisen bahner, aus deren Gewinnung die Sozialdemokratie aus begreiflichen Gründen besonderen Wert legt, wurde Agita- lionsmaterial ausgegeben, vor dessen Annahme der preu ßische Eisenbahnminister die Eisenbahner durch eine Be kanntmachung mit Recht gewarnt und dessen Verbreiter mit Entlassung gedroht hat. In die Millionen geht wieder das im letzten Jahre verbreitete schristlicl>e Agitationsmaterial: 33 525 710 Flug- vlätter, 2 810 883 Agitntionskalender und Broschüren wur den unter die Massen geschleudert. Zur Verbindung der örtlichen Vereine, Vertrauensmänner usw. mit der Ober leitung des Sozialdemokratischen Vereins und zur Versor- mng dieser mit Agitationsmaterial wird die sogenannte Parteikorrespondenz" herausgegeben, die jetzt in einer Auflage von 1350 Eremplaren erscheint. Ihre Redaktion wurde verstärkt, weil die mit der „Parteit'orrespondcnz" verbundene Registratur ausgebaut werden muhte. Ferner wird seit Beginn dieses Jahres das gegen sie Sozialdemokratie verfatzte Flugblattmaterial syste matisch bearbeitet. Bisher wurden in Erwiderung regnerischer Angriffe 25 Flugblätter versaht und den Orga nisationen zur Verfügung gestellt. Das in diesem Jahre ncgründetc „Sozialdemokratische Bureau nir Rheinland- Westfalen" wurde am 1. Februar in Düsseldorf eröffnet. Das Bureau unterstützt, wie der Bericht ausdrücklich ver merkt, durch Herausgabe von Agitationsmaterial und Pressenotizen die Genossen in ihrem „Kampfe gegen das Zentrum und gegen die scharfmacherischen Bestrebungen der Schwerindustrie". Zur Gewinnung der ländlichen Bevöl kerung werden neben dem Agitationskalender besondere ,,Monatsdlätter" herausgegeben, und zwar in 16 Bezirken. Der mündlichen Agitation dienten 35 626 Mitglieder- und 13 163 öffentliche Versammlungen. Recht zufrieden sein kann die Sozialdemokratie mit Owen Presse- und Kassenverhältnissen, sehr wesentliche Dinge für die Stärke und Aktionskraft einer Partei. Zur zeit besitzt sie 81 Tageszeitungen, die in 61 Druckorten her- gestellt werden. Die Zahl dieser Tageszeitungen hat sich gegen das Vorjahr um 6 vermehrt. Das sozialdemokra tische Zentralorgan, der „Vorwärts", hatte am 1. Juli i011 157 000 Abonnenten gegen 122 000 im Vorjahre, Die Gesamteinnahmen erreichten beinahe die Höhe von 2 Mil lionen Mark. Die Hauptmasse der „Vorwärts"leser befin det sich in Berlin. Die Ausgaben des „Vorwärts" beliefen nch auf annähernd 1820 000 Mark, so das; ein Reingewinn von annähernd 166 000 Mark blieb. Die „Neue Zeit", die wissenschaftliche" Wochenschrift der Sozialdemokratie, hatte am 1. Juli 1011 10 500 Abonnenten gegen 0800 am Ende des Jahres 1010. Ter Gelvinn bezifferte sich auf 1100 Mk. ..Der wahre Jakob", das sogenannte Witzblatt der Sozial- denwkratie, ha: bessere Geschäfte gemacht. Er warf einen Reingewinn von über 10 000 Mark ab. Der Abonnenten stand betrug am 1. Juli 1011 307 WO gegen 286 000 am Ende des Jahres 1010. „Die Gleichheit", das Organ der iozialdemokratischcn Frauenbewegung, hatte am 1. Juli 1911 91000 Abonnenten gegen 85 000 am Ende des Jahres 1010. Der Gewinn belief sich aus rund 13 000 Mark. Die Parteifinanzen sind mehr wie gut. Die Einnahmen der Parteizentralkasse betrugen am Berichtsjahre vom 1. Juli 1010 bis 30. Juni 1911 insgesamt rund 1358 000 Mark. Dazu kani der Bestand am 30. Juni 1010 in Höhe von 70 000 Mark, so dah insgesamt 1 128 000 Mark eingenom men worden sind. Ausgegeben wurden 897 MO Mark, an gelegt wurden 191 OM Mark, so dah ein Kassenbestand von annähernd 10 000 Mark bleibt. Für Wahlagitation wurden kO OM Mark, als Darlehen 218 000 Mark, an Unterstützun gen 1700 Mark, an Gehältern säst 60 000 Mark, für das Pressebureau über 38 MO Mark, für die „Partcikorrespon- benz" 23 OM Mark, für den Bildungsaus>chuh 19 000 Mark und für die Parteischule 10 000 Mark ausgegeben. Besondere Sorgfalt widmete wieder die Partei dem organischen Ausbau der „Bildungsarbeit". Die Organi sation derselben liegt in den Händen eines ZcntralbildungS- ausschusses. Tie örtlichen Träger derselben sind die Bil- dnngsansschüssc, die nunmehr in 218 Orten bestehen und Hand in Hand mit dem ZentralbildnngSansschnh Vortags- bezw. Wanderkurse veranstalten. Nach dem Parteitags berichte wurden 1911 in 177 Orten Vortragsknrse abgehal ten, und zwar insgesamt 316 mit 15 873 Teilnehmern, die die verschiedensten Wissensgebiete behandelten, von der Na tionalökonomie, Geschichte und Naturwissenschaft bis zu den Elementarfächern Wanderknrse stellt der Varteibcricht 1011 122 fest. Davon behandelten 6 mit 893 Teilnehmern Nationalökonomie, 5 Kurse mit 107 Teilnehmern Wirt schaftsgeschichte, 2 Kurse mit 100 Teilnehmern Sozialis mus, 57 Kurse mit 7882 Teilnehmern Erfurter Programm, 10 Kurse mit 653 Teilnehmern Bürgerliche Parteien, 33 Kurse mit 8772 Teilnehmern Naturwissenschaft. Tie Buch handlung „Vorwärts" berichtet über eine Reihe Nener- stcheinnngen. Tie Parteischule, die der Ausbildung der Partei- und Gewerkschaftsbeamten dient, wurde von 21 Genossen besucht. Berücksichtigt man diesen gewaltigen agitatorischen Aufwand, um die Werbekraft der Partei zu verstärken, so kann man wohl der Meinung sein, daß der Erfolg dem durchaus nicht so sehr entspricht. Die Mitgliederziffer bezw. der Mitgliederznwachs hätte durchaus noch woh! höher sein können. Und dieser Umstand deutet darauf hin. dah dem unbeschränkten Wachstnme auch der Sozialdemokratie ein-' Grenze gesetzt ist, deren Eintritt zu einem großen Teile lediglich von dcm Willen der Gegner abhängig ist. Wenn sich alle Parteien zu einer scharfen Frontstellung gegen dis Sozialdemokratie bequemen, die höchste Kraftentwickelnnq zur Abwehr der roten Flut entfalten wollten, Hann wäre dieser schon leicht ein Damm gezogen, an der ihre weitere Ausbreitung Widerstand finden mühte. Dazu gehört aller dings persönliche und finanzielle Opferwilligkeit, Schulung an der Parteiliteratnr, rühriger Versammlnngsbesuch. Und nach dieser Richtung hin können und müssen alle bür gerlich".! Parteien und ihre Anhänger wn den „Genossen" lernen! Aus Stadt und Land. lstiortsrtzr>n« au« dem tzauptblatt.) —* Meisterknrse für Schneiderinnen. Ter Fachverein für das Damcnschneidergewerbe unter dem Vorsitz des Herrn Ernst Erner eröffnet am Dienstag den 5. September 8 Uhr vormittags seinen ersten Vorbc- reitungskurs mit etwa 20 Teilnehmerinnen. Tie Aus- bildnng in den kaufmännischen Fächern wurde der Klemich- scheu Handelsschule (Moritzstrahc 3) übertragen, wo Fräu lein Schirmer aus Potschappel, die sich jüngst als erste mit sehr gutem Erfolg der Prüfung unterzogen hatte, vorge- bildct worden war. Die fachliche Ausbildung hat der Vor sitzende des Vereins übernommen, die kaufmännische Herr Lehrer Hofmann. ----- Von der Barbier- und Friieur- I n n n n g zu Dresden ist beantragt worden, eine Zwangs- Innung für das Barbier-, Friseur- und Perückenmacher- gewerbe im Stadtbezirke Dresden zu errichten. Der von der Kreishauptmannschaft Dresden als Kommissar bestellte Stadtrat Reichardt fordert alle selbständigen Barbiere. Friseure und Perllckenmacher, sowie alle selbständigen Fri seusen im Stadtbezirke Dresden zur Acuherung für oder gegen die Errichtung dieser Zlvangs-Jnnung nach 8 100a. der Gewerbeordnung auf. Diese Aeuherungen sind schrift lich oder mündlich vom 1. bis mit 16. September abzugeben. Buchholz, 1. September. Ihr bOjährigcS Bestehen beging heuie unter greh-r Anteilnahme die Firma F. Orkar B»auer, die sich besonders mit der Herstellung von Papp- Prägeaititeln besaht' Gaußig. Bereits in der Nacht vom Montag zum Dienstag nuckle Feueeatarm die Einwohner aus siiedl chem Schluss. Es brannte nämlich ein leerstehendes Wohnhaus, das ohnehin niedergerisse» werden sollte, tu Klein-Geruhig nieder. Deck) io vergangener Nacht brach wiederum in einer alten Scheune a»f dem benachbarten Rittergut Medewitz F 'uei au«. Im Nu ward all>S e r> Ranb der Il mmen. so daß nickst« geborgen werdcn körnte. Zum Gu ck gelang e«, da« wütznde Element auf seinen Herd zu beschränken. Ter entstandene Schaden ist durch Ver- stchrrung gedeckt. Einige cb.rgläubstche Spi-ßbürgcr er- warien mm noch einen dritten Brand, weil Neumond ist. Glauiyau, 1. September. Em Raubanfall wurde auf den Handelsmann Schnabel aus Röhrsdorf von einem Radfahrer ausgesiihrt uni ihm seine Barschaft von 16 Mk. abgcnommeri. Der Täter konnte in dem Handarbeiter Louis M per aus Glauwa i verhaltet werden. Großenhain, l. September. Die Stadtgvmeinde Großenhain hatte den Erlas; eines OrtSgesetzes geplant, durch das sie dem Eindringen der Ueberlaudzciitrale Gröba in das Stadtgebiet Vorbeugen wollte. Dieses Ortsgesetz ist jedoch vom Köuigl. Ministerium des Innern nicht ge nehmigt worden, da die Bestimmung in 8 2, wonach die ge werbsmäßige Erzeugung und Lieferung elektrischen Stromes an Dritte im Stadtbezirk allgemein untersagt werde, mit der Reichsgewcrbeordnnng im Widerspruch stehe. Das Ministerium bezweifle nicht, dah Gemeinden mit Elektrizitätswerken im Wege ortSstatntarischer Vor schriften den Geineindeinitgliedern aus Gründen öffent lichen Interesses gewisse Pflichten auferlegen könne, jeden falls aber könne eine Gemeinde mit der Begründung, daß sie die Möglichkeit geschussen habe, bei ihr elektrischen Strom zu entnehmt!!, nicht eine gleichartige Gcwerbe- ansübnng Dritter einfach untersagen. Weiter hat aber das Ministerium dem Vorstande des ElektrizitälSverbandes Gröba eröffnet, dah das Anwerben von Stromabnehmern in dem verfassungsmäßigen Gebiete von Gemeinden, i» denen bereits Gelegenheit zum Strombezuge bestehe, nicht dem Wesen eines öfentlich-rechtlichen Verbandes entspreche und daher kiinstig zu unterlassen sei. In Privatunter nehmungen möge ein rücksichtsloser Wettbewerb üblich und durch das Bestehen einer Gcwinnabsicht entschuldbar sein, aber Verbände, die aus ihrer öffentlich-rechtlichen Natur in vielen Beziehungen, bei der Aufnahme von Darlehen nsw., Vorteil haben, seien sich selber gewisse Rücksichten schuldig. In erster Linie hätten sie dem Interesse der All gemcinbeit zu dienen und erst in znxntcr Linie ihren Sonderinteressen Rechnung zu tragen. Dem Interesse der Allgemeinheit aber entspräche es nicht, wenn der Gröbaer Verband um eines geldlichen Vorteils willen andere öffent liche Körperhaften schädige, indem er in ihren Besitzstand eindringe. Leipzig. Die Banarbeiten znm Hauptbahnhofnenbau begannen 1002. nachdem die Verhandlungen und Verträge, in denen die gesamte Planung festgesetzt wurde, 1901 und 1002 zwischen den beteiligten Eisenbahnverwaltnngen. der Stadtgemeinde Leipzig und der Reichspostvcrwaltung abge schlossen waren. Die Gcsaintbaulichkeiten zum Hauptbahn hofe werden voraussichtlich 1015 beendet sein. Der Verkehr auf dein neuen Hanptbahnhofe für die Strecke Berlin— Leipzig wird schon 1013, im Jahre der Einweihung deZ Völkerschlachtdenkmals, eröffnet werden. Nach dem Erlaß Was wir von der Wel§-Hygiene- ausftellung lernen sollten. i. Diese im wahrsten Sinne des Wortes eigenartige und hervorragende Ausstellung hat in erster Reihe die Aufgabe, Anregung zu heilsamen Maßnahmen zu geben; und von diesen: Gesichtspunkte ans wrll ich versuchen, zunächst rür unsere Dresdner Heimat einzuheimsen, was sich dar- tietet. Wir durchwandern die an lehrreichen Beispielen so überaus reichen Abteilungen für Vau-, Wohnungs- und Ansiedelungswesen. Erfüllt von den hier gewonnenen Ein orücken machen wir einen Abstecher in das Gelnet der In fektionskrankheiten, wo uns die Darstellungen der Cholera gebiete fesseln. ES ist zwar eine alte Wahrheit, dah die Ausbreitung der Cholera gleichlaufend ist dem Grade mangelnder Rein lichkeit, eine Wahrheit aber, die nicht oft genug wiederholt werdcn kann, und die in der Gegenwart, wo das Cholera- gcspenst drohend an unseren Grenzen lauert, mit Posannen- tzimme verkündet werden sollte. Handelt es sich doch keines wegs allein oder vorwiegend um eine Unreinlichkcit, die om einzelnen Menschen haftet, oder die auch nur vom gegenivärtigeu Geschlecht verschuldet wäre, wenn auch dieses für das Fortbestehen dieser die Volksgesundheit bedrohen den Zustände zumeist verantwortlich gemacht werden muß. Immer und immer wieder tönt mir das Wort des alten Pettenkofer in die Ohren: Die Cholera wird ver breitet durch Seuchenherde, die der Mensch selbst geschaffen hat. Ein solcher klassischer Seuchenherd befindet sich nahe bei dem herrlichen Dresden, in Niedergorbitz. Um diesen Ort zu sanieren, gibt es nur ein Mittel: ein Wohnungs- Verbot zu erlassen, ihn zu schleifen und stundenweit davon wieder aufzubauen. Das wäre freilich eine Radikalkur, die aber undurchführbar ist, weitste zu kostspielig wäre. Ist nun aber das Veste nicht zu erreichen, so müssen wir uns eben mit dcm Guten begnügen. Fragen wir nun zuerst, wie die ländliche Ortschaft Niedergorbitz, die natürlich von Haus aus eben so gesund war. wie die Umgebung, jo eine bedenkliche Umwandlung erleiden konnte, so erhalten wir zur Antwort- durch die heillose Mietskasernenwirtschaft und durch das mit ihr zu meist untrennbar verbundene Senkgrubensysteiu. Ursprüng lich konnte man die kleinen Häuser in Niedergorbitz Wohl nicht als Mietskasernen bezeichnen-, aber mit dcm Teurer werden der Wohnungen wuchs der Anreiz zur Teilung der vorhandenen Wohnungen, und in Häusern, in denen früher vielleicht nur eine Familie lebte, leben nun drei und mehr Familien. Die Abwässer, die früher mit Leichtigkeit sich im Gärtchen verteile» liehen und filtriert in den Boden sanken, verunreinigten nun in den großen Massen den ganzen Boden, und soweit sie nbliefcn und sich im Dorf graben sammelten, wurden sie erst recht die Ursache der Ver pestung des Ortes. Darum dürfte nn» auch bei diesem Graben cinzusetzen und so schnell wie möglich für die lieber- Wölbung desselben zu sorgen sein wenn eine dauernde Besse rung der Verhältnisse herbcigeführt werden soll. Wir zweifeln zwar nicht daran, daß die Aufsichts behörde schon lange diese Angelegenheit mit wachsamem Auge verfolgt hat, wissen aber auch, dah die Hauptschwic- rigkeit in der Mittellosigkeit der kleinen, nur aus kleine» Steuerzahlern bestehenden Gemeinde liegt und mit einer Verfügung von Amts wegen sich kaum etwas ausrichtcn läht. Aber die Unfähigkeit der Gemeinde zur Hebung der bestehenden Mißstände macht diese Mihstände nicht weniger bedenklich, und so meine ich, wenn Niedergorbitz versagt, so muh eben Dresden eingreifen, den» dieses hat das allernächste und größte Interesse an der Beseitigung der gekennzeichneten Mihstände. Ich setzte mit meiner Kritik in Niedergorbitz ein, weil dort mehr als anderwärts allgemeine Interessen auf dem Spiele stehen, doch ist um ganz Dresden herum und ins besondere auch rechts und links von Niedergorbitz in bau politischer Beziehung, verglichen mit dem, was uns die Hygiene-Ausstellung Vorbildliches bietet, gar vieles zu tadeln. Hier ist viel gesündigt worden und gar nicht wieder gut zu machen. Wer noch die beiden kleinen Bauerndörfer Löbtau und Eotta gekannt hat und damit die öde Stein wüste vergleicht, die sich heute vom Ausgang des Planerischen Grundes bis an die Elbe bei Briesnitz dehnt, dem möchte sich das Herz im Leibe umwenden. Damit nun also nicht auch in den noch unverdorbenen ländlichen Gemeinden die Entwickelung eine so verderbliche werden möge, rufe ich alle, Behörden und Vereine, auf vor- zubaueu und der gewissenlosen Spekulation sowohl wie auch der gedankenlose» Lässigkeit aufs rücksichtsloseste entgegen- zutreten. ES schint mir dies um so notwendiger zu sein, als in der ganzen Ilmgebung Dresdens wohl kaum noch eine einzige Landgemeinde anzutreffeu ist, in der die Wen dung zum Schlimmen nicht bereits eingctrcten wäre. Eine uuleugbare Tatsache ist es, daß auch die außer halb deS Dresdner Bannkreises gelegenen westlichen Bauerndörfer sich auf dcm Wege — nicht zur Verstädterung, — wohl aber der Entwickelung zur Ka s e r n e n v o r st a d t befinden. Wir geben z», daß die neueren Bauten äußerlich keinen schlechten Eindruck machen, aber es sind Mietskasernen mit all den schlimmen Eigenschaften, die diesen Erzeugnissen neuzeitlicher Baupolitik i/nnewohnen. Zunächst die Zu- sammenhäufung vieler Familien unter einem Dache mit all ihren in sozialer Beziehung verderblichen Folgen; dann die heikle Abwässerfrage, die in Orten ohne ausgebautem Cchlcusennetz — auch wenn sogenannte Klärgruben ange legt werden — zu den schlimmsten Mißständen führen muß. Die großen Nachteile der Zusammenhäufung vieler Menschen ans kleinen Räumen empfindet vor allen Dingen das Heranwachsende Geschlecht. Nirgends hat eS Gelegen heit, sich zu tummclu; nur die Straße bleibt ihm mit all