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Nr. L8L LS. Jahrg. Freitag den 11. August 1916 Sächsische GeschSftSftell, «nd Nedaklio«, rr-sden»A. 16, Holbeinstrahe 4,0 Fernsprecher 21366 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147SV V ? B«»a»rvr»i<i vnkaob« ^ mit iilultr. Beilage vierleliLkniich 2 IU 5In Dresden und ganz Teulfch- mnd frei Hau» it.Lit ; in Qcilccicich 4.4» K. »u»gade » vicrtcliSdrlich I.div ^n Dresden >md ganz Deutschland frei Hau« ».itL in Oesterreich 4.U7 X. »inzei-Nnmmer lV Die KLchftsche VolkSzeitung ertcheint an allen Wochentage» nachmittags. 0 0 Slnzeigen > Hinnahme von Gcschiisisanzeigeti diS INUHr, ! von tzaniilienanzeigen bis I I Uhr vuru, Preis sin diePrlil-Spaitzcile SV q.imR.-Na- meteil SV Z kZiir nndeullich geschriebene, sowie durch stseen- 8 lltrechcr ausgcgcdene Anzeigen tSnnen n»r ins ,! Lerantworllichteit sürdieSIichtigkeil deS regte«-j nicht übernehmen. u kvrechslunde der Redaktion; 11—lS Uhr vorm. Organ der Zentrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilage. Mellage Irgend ein Zeitnngsbülo verbreitete in dielen Tagen die Mirteilnng, das: in Tserlolm in Westfalen der Gastwirt Mellage van einem anderen Manne in dein Sprechzimmer eines Rechtsanwaltes erschossen worden ist. Als Grund wurde angegeben, das; Mellage die Beleidigung, die er der Fron seines «Gegners zngefügt batte, nicht znrücknehmen wallte. Ter Meldung nmrde die Bemerkung angesugt, das; Mellage vor Tahre» in einem sogenannten Trrenbesieinngs- Prozeß eine Rolle gespielt habe. Tie „Leipziger Neueste» Nachrichten" rühren nnn die alte Geschicke ivieder ans nnd zwar in einer Weise, die nicht unberichtigt bleiben darf. Es handelt sich um einen Prazes;, der van der Anklagebehörde gegen den Iserlohner Wirt Mellage, einen Bnchdrnckerei- besitzer nnd zivei andere teilte angestrengt ivarde» >var, tveil sie in einer van M. versagten nnd van den übrigen Angeklagten gedruckten nnd verbreiteten Broschüre die Alerianerbrüder der Irrenanstalt Mariaberg bei Aachen beleidigt hatten. Tie Vorgeschichte der Broschüre nnd des Prozesses ist nnn nicht etwa so wie die „L. N. N." sie schil dern, sondern folgendermaßen: Mit der Anstalt Mariaberg bei Aachen, die auch heute noch besteht, war eine Temeriten- cmslalt verbunden, in der strafwürdige Geistliche ans An ordnung ihrer Vorgesetzten Behörden zeitweise» Aufenthalt zu nehmen hatten. Ta der Bischof von Aberdeen in Schott land eine solche Anstalt in seiner Tiözese nicht besaß, hatte ei eine» unbotmäßigen Priester, Korbes, einen noto rischen Alkoholiker nnd deshalb in seiner Willens- nnd Tat- trast geschwächten Mann, in jene Anstalt verwiese». Mellage erfuhr von dein Schicksal dieses schottischen Geistlichen. Ter Umstand, das; Korbes Ausländer war, hat Mellage zweifel los Veranlassung zu dessen „Rettung" gegeben. Er hat diese „Rettung" selber in einer äußerst gehässigen, später beschlagnahmten Broschüre beschrieben. Also „rettete" er ilm uud brachte ihn als ein für ihn brauchbares Schau- und B»g°, aber auch Skandalslück in seiner damaligen Wirt schaft „Znm Kaiser Friedrich" in der.Karrenstraße unter. Ter Zuspruch war anfangs, namentlich von auswärts, rin großer. Sonntags fanden sich die Besucher oft zu Hnn- drrten ein, nnd da auch Broschüren, Spott- und gemeine Witzkartrn, die später ebenfalls der Beschlagnahme verfielen, in Menge verkauft wurden, lohnte sich das „(Geschäft" schon. Als aber die Zugkraft nachließ nnd inzwischen viel Wasser in den Befreinngswein geflossen war, wurde ihm der Aus länder lästig »nd kostspielig, und er suchte ihn unter allen lluiständen ivieder abzustoßen. Tatsache ist, daß der be dauernswerte Mann später oft genug ziellos nnd zerrissen aus der Straße »mherirrte nnd für seinen „Befreier", den er bisher in allen Tönen gefeiert, nur bittere Worte hatte, lind schließlich mußte sich die von Mellage so viel verlästerte „hohe Geistlichkeit" ins Mittel legen nnd Torbes dorthin schassen, wohin er gehörte, T» einem belgischen Kloster ist er vielleicht ein Talirzelmt später gestorben. Es ist nicht zu leugnen, das; der katholischen Gemeinde in Tserlolm durch jene Affäre viel Leid und Aergernis bereitet wurde. Tie Psarrgeistlichen waren vielfach ans der Straße von großem uud kleinem Pöbel Schmähungen und Lästerungen ansge- setzt. Tie Ausfälle in der Mellageschen Broschüre gaben Ver anlassung zu einem großen Prozesse, der um die Psiugstzeit 13!>7> vor der Strafkammer in Aachen verhandelt wurde nnd etwa zivei Wochen in Änsprncb nahm. Tie Ver teidigung Mellages führte der als schneidiger Verteidiger bekannte Znsü;rat Lenzmann «Lüdenscheids, damals auch Reichstagsvertreter des Wahlkeises Altena-Zserlohn, der die Verhandlung jenes Prozesses geschickt in seine Hand zu bringen verstand nnd so den gewünschten Erfolg herbei- sührte: Mellage wurde sreigesprochen. <Zu eiuem einige Monate später verhandelten zweiten Prozesse, der aber nicht mehr in Aachen verhandelt nmrde, bekam das Ting ein anderes Gesicht, und die schwer verlästerte» nnd gekränkten Alerianer von Mariaberg wnrden glänzend gerechtfertigt.) Mellage nmrde Zinn Velden. Er zog als Triumphator in Zier lohn ein: ei» Dackel zu g wurde ihm zu Ehren veran staltet. Später rückte Lenzmann von Mellage ab. Tas Gleiche tat Bürgermeister Pritsche von Tserlolm, welcher bestritt, M. bei seinem Einzüge begrüßt zu haben. Wegen der znm Teil sehr heftigen Angriffe, welche verschiedene katholische und Zentrnmsblätter gegen M. erhoben, hatte dieser gegen eine ganze Reihe dieser Zeitungen »läge er hoben. Rnr eine kam nach sechsmaliger Vertagung am I. Oktober jenes Tahres vor dem Schöffengericht zu Zwr- lolm zum Anstrag. Sie endete zwar mit einer Verurteilung des angeklagten Redakteurs wegen formeller Beleidigung zu IW Mark Geldstrafe. Tie Verteidigung führte in jenem Prozesse -er jetzige Reichs- und Landtagsabgeordnete Tusstzrat Tr. Bell «Essen), nnd dieser zog so unbarm herzig den Schleier von Mellages verherrlichter Gestalt, daß dieser die »lagen gegen die übrigen Blätter «Tremonia. Germania, »öl». Volksztg., Westd. Volksztg. usw.) ohne weiteres ans sich beruhen ließ. So endete die „Zrreu- besreiungsassäre" in Iserlohn. Tamit dürsten die Ausführungen des Leipziger Blattes richtig gestellt sein. TaS tragische Ende des geschästS- s Das Neueste vom Tage z >- >->»»»» Zkl WWk ilkllW WMW. (WiM'rluM, weil nur in einem Teil der stcstristen Auslage entlmüeii.) <W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, lü. August t!>1«'>. W c st l i ch c r Kriegsschauplatz. Der Artilleriekampf zwischen dem Ancre-Bache und der Somme wird mit großer »rast fortgesetzt. Englische Angriffsabsichten bei Bazentin le-Peiit wnrden durch Leiter unterbunden. Die Zahl der seil dem 3. August in unsere Hand gefallenen nnverwnndeteu Engländer hat sich ans 13 Offiziere, 500 Mann erhöht. Zwischen ManrepaS und der Somme scheiterten abends und während der Rachl acht heftige französische Angriffe. Rechts der Maas wird, abgesehen von kleinen Hand- granateukämvfen. keine Znfanterielätigkeit gemeldet. Zu, Lnftkampfe und durch Abwehrfeuer sind zwei feind liche Zlngzenge südlich von Bapanme, je eines südlich von Lille, bei Lens und bei Saarbnrg in Lolhringen abge schossen. Ocstlichcr Kriegsschauplatz. Trant des Generalfeldinarschalls von Hi »den bürg Südlich von Smorgon herrschle lebhafte Teuer- nnd Palrouillentätigkeit. Mehrfache russische Angrisse sind am Ztrnmien bei Dnbczhcze. am Stochod bei LnbjeSzow-Berezhcze, bei Smo larß Zarecze und bei Mitouiez blutig abgewiesen; bei Zarecze nahmen wir bei Gegenstößen zivei Offiziere, 3IU Mann gefangen. Unternehmungen kleinerer feindlicher Ab teilungen nnd ein Ueberrnmpelnngsversnch im Stochod- Bogen östlich von »owel blieben ergebnislos. Südlich von Zalocze entwickellen sich heute früh neue Kämpfe. T r ont d e s Z- e l d in a r s cl) allent n a n t s E r ; h e r z o >z E arl: Bei und südwestlich von Welesnioiv sind starke rus sische Angriffe teilweise i» frischem Gegenstoß znrückgeschla- ge». Hier nnd südlich des Tnjestr und die befohlenen neuen Stellungen planmäßig eingenommen. B a l k a u - K r i r g S s ch a u p l a tz. Keine wesentlichen Ereignisse. Ober st e Heeresleitung. Griechische Lebeusinitteleinsuhr Bern, U>. August. „Temps" u>eldet aus Alben: Tie Gesandten der alliierten Mächte haben die griechische Re gierung unterrichtet, das; ihre Regierungen die Höbe der Lebensmitteleinsnhr in Griechenland folgendermaßen sei« gesetzt haben: Getreide und Mehl 30 000 Tonnen monatlich, Zucker LOW, Mais :'.«»>«>, Kohle 2A WO Tonnen. Turin lind die von der Marine und. dem Staat benötigten Mengen nicht inbegriffen. Reis 17 000 Sack monatlich. Tie Kassee- einfnhr wurde bis auf weiteres ganz untersagt, weil »och bedeutende Bestände im Lande seien. Spauischcr Miuistcrrat Bern. 10. August. Rach einer Meldung des „Temps" aus Madrid hat unter dem Vorsitz des .Königs ein Minisler- rat stattgesnnden, in dem die Beziehungen Spaniens ;n Portugal ausführlich erörert wurden. Tiefe bildete» gestern und beute auch den Gegenstand privater Unterredungen zwischen den Ministern beim Ministerpräsidenten. Ter .König bleibt in Madrid, um die endgültigen Beschlüsse des .Kabinetts zu bestätigen. Französische Mniiitioiissnbrik in die Lust geflogen Bern, 10. August. Nstich Meldungen französischer Blätter ist in Meudon eine Werkstatt der Munitionsfabrik Tenillette in die Lust geflogen. Mehrere Arbeiterinnen sind getötet beztv. schwer verwundet worden. Tie große Oel sabrik von Telauuav u. Eo. in T'-camp wurde durch eine Tenersbrnnst fast vollständig zerstört. Ter Schaden be trägt mehrere hunderttausend Tranken. WO Arbeitet sind brotlos. ... I gewandten Mannes ist vom rein menschlichen Standpunkte aus zu bedauern, wenn ihm auch nicht vergessen werden ianu, das; er seinerzeit der Veranlasser des großen Hastes, aus die.Katholiken und die katholischen Orden war, de die Gemüter lange Teil wohl in ganz Tentschland erregte. Die Wirkung unserer Luftangriffe aus England Berlin. Tie Wirkung unserer Lustschijjaugriist vom 23. znm 20. Tust, vom 31. Juli zum 1. August und vom 2. zum 3. August. Bekanntlich ist die englische Regierung augsllic.. be müht, das Betanntwerde» der Wirkung unserer Lustjchijj- angrisse zu verhüten und die Augriste selbst als völlig be lang- und ergebnislos hinzustellen. Sie ging jo west, zu erkläre», die deutsche Meldung, da«; die deutschen M.aine- lujtschijse am I. August London angegriisen hätte», sei glatt cnnnden. Entweder hätten die Tübrer der Luftschiff. be wußt eine falsche Meldung erstattet oder ne müssten völlig die Orientierung verloren nnd nicht mehr gewusst haben, wo sie sich befanden. Zn s o i ch v e r z w ei > eIt e n n n d t ö > i cb t e u M ilteIn in u ß E n g l a n d g r e i j e n , um die Welt über seine Bedrängnisse hinwegzutäuschen. Tat sächlich herrscht in London allgemein die lieber zenguug, daß der Angriff vom 1. August der i cli w e r st e war, den London bisher durchgemacht hat. st» nach«olgendem seien einige einwaudjreie Nachrichten über die Lustsrhinanarisse in de» Rächten vom 23. zum 20. Juli, vom 31. Zuli zum. 1. August und vom 2. zum 3. August zusammengesiell!. Zn Kineo tu wnrden zivei Tabriten schwer beschädigt Eine im Ban befindliche Halle, in der ein Remoiitedevot unler- gebracht war, wurde völlig zerstört. Ter größte Teil der Pferde kam in den Tlammen um. Tie Balmliuu »ach Eheslersield ist au mehreren Stellen unteibrachen worden. Bei X! e e p h a »>, 20 .Kilometer südwestlich Eromer. wurden Eisenbahngebände und Anlagen schwer beschädigt. An der H n m b e > M ü n d n u g ivurde ein Lenchtlurm zerilört. Verschiedene Brände wurden beobaclnet. Ein kleiner Kreu zer mit drei Schornsteinen und eiuem Mas! ivurde durch eine Bombe getrosten und schwer beschädigt. Unterhalb G r i m s b n sind zwei Schuppen, die Munition enthielten, völlig zerstört. Zwischen Grimsb» uud Eleellwrpes wurden Hajenaulage» uud Gebäude, und vor allem in der Rübe von EleetHorpes ankernde Fahrzeuge sehr schwer beschädigt. Zn T m m i u g li a m und Grimsb» nnd bei Spur» Head ivurde schwerer Schaden angerichtet. Tie in H n l ! angerichteten Beschädigungen gehen in die Millionen. Mehrere Waiien- uud Mnuilionssabriken. ioivie sonstige Anlagen von mili tärischer Bedeutung wnrden zerilört, besonders bei Sontls- Bridge, Road, >!ingsireet. Viasoustreek und Prin'es, Tock. Eine Bahnstation und die Rewjoiut-Tockaulage» wurden iedr beschädigt. Unter der Bevölkerung brach eine Panik aus, als erkannt wurde, daß die Abwelnbatterien gegen die Lustschisse vollkommen ohnmächtig waren. Ter Hafen von Tmmingliam ist wegen der bedeutenden Schäden, die i» den Tocks und .Kohlenlagern angerichtet sind, gesperrt worden. Tie Bahnlinie der Great-Eentral-Railwa» zivischeu Rorwich und Aarmontli wurde au verschiedenen Stellen durch Bom ben getroffen und schwer beschädigt. Nordwestlich von: Norwich wurden aus der Bahnlinie Norwich North Wat- iham und in einer Eiseubalmlialle beträtchliclie Zerstörungen, angerichtet. Tn der Nähe von Wation, 30 Kilometer west lich von Norwich, ivurde» eine Reilie von Schuppen durch Bomben zerilört. Südlich Eambridge wurde eine große Tabrikanlage in Brand gesetzt. Eine Scheinwerserbalterie bei G r eat - N a r m o u t b ivurde zerilört, desgleichen eine Abwehrbatterie vernichtet. T» Ha rw i ch brannte eine im Ban befindliche Luftichisshalle nieder. T» T o v e r ivnrdeir die Wellington Tocks getrosten und Brandbomben aus die Lustsclüsthalle im Nordosten Toners geworfen. Eine halbe Stunde lang wurde dort ein Brand beobachtet. W o o l w i ch uud Umgebung >i»d schwer beschädigt. Verschiedene Muni tionsfabriken wnrden getrosten. Terner ivurde in einer östlichen Vorstadt Londons eine zur Hülseistabrikation be nutzte Spinnerei vollständig vernichtet, lieber 1000 Männer und Trauen ünd hierdurch heschältigungsloS geworden. Mehrere große T li e in i e - B r ü ck e n , darunter die Laiit- briicke der Toiverbridge, wurden beschädigt. T» den Tocks sind mehrere Magazine uud Anlegebrücken vollständig zer stört. Tort ankernde Schilfe wurden znm Teil schwer be- 'chädigt. T» einem der Tocks sind zahlreiche Schifte, dar unter ein großer englischer Trachtdampier, die Lebensmittel für die Truppen nach Traukreich bringen tollten, verbrannt. Tnrch B a l I o » a b >v e b r g e s ch ü >; e sind viele Personen, teilweise schwer, verletzt worden. Ans der Themse ist ein T o > p e d o b o o t diircli Bomben getrosten und v e r i e n k t ivorden. Bombe» sielen ferner an der Tliemie znüscheil Northend »nd Erith, bei Lillivall-Tock uud Tevlsord nieder. Tu Orten bei London sind zivei Munitionsfabriken ver nichtet ivorden. Tie Umgebung der Tabriken stand noch am nächsten Tage in TI»"'»»'». ^ >