Volltext Seite (XML)
Vorbild der christlichen CharitaS. Auch der VincentiuS- verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, nach dem Beispiele dieser Heiligen Sorge zu tragen nicht nur für das Seelen- heil schutzloser Kinder, sondern auch für deren leibliche Be dürfnisse. Er hat sich das Ziel gesetzt, die ihm anvertrauten Schützlinge zu christlichen Staatsbürgern und zu guten Menschen zu erziehen. Der heutige Tag sei deshalb ein großer Tag der Freude, den» er bringe das schöne Werk der Nächstenliebe seiner Vollendung näher und biete den edlen Menschen, welche es fördern halfen, die Befriedigung als Lohn, daß es bald vollendet dem hehren Ziele ent sprechend Wohltaten spenden werde. Sodann gedachte er aller derer, welche durch Wort und Tat in selbstloser Weise zur Förderung dieses edlen, gottgefälligen Werkes beige tragen haben, und flehte den Segen Gottes herab auf die glückliche Vollendung des Kinderheims. Hierauf nahm der hochwürdigsto Bischof den Akt der kirchlichen Weihe des Grundsteins mit seinen tief ergreifenden Gebeten vor. Herr Landrichter Di . de La falle verlas sodann die Urkunde, welche in den Grundstein hinterlegt wurde, worauf die Ashlkinder unter Leitung des Herrn Schulleiter Dünnebier einen dreistimmigen Ehorgesang vortrugen. Hierauf tat der hochwürdigste Bischof die ersten drei Hammerschläge mit dem Spruch: „Liebe zu Gott. Liebe zum Nächsten. Liebe zu uns selbst soll uns begeistern zu den Werken der Barmherzigkeit!" Weitere Hnmmerschläg« taten sodann im Namen der geistlichen Behörde» Herr Superior Fischer, Herr Konsistorialrat Hofkaplan Plewka, Herr Vikariatsrat Pfarrer Salm, im Namen des Schulvorstandes Herr Oberst leutnant v. Oer. im Namen des VincentinSvereins Exzellenz v. Nieseivand, im Namen des Katholischen Sannnelverbandes Kaplan Riedel, als Asyldirektor Herr Privatns Schmidt, im Namen des Balikomitees Herr Direktor Eiselt, im Namen der Schule Herr Direktor Bergmann, im Namen des Elisabethvereins Herr Pfarrer Rudolph, sodann Herr Bau meister I. Förster, dem die Ausführung des Baues über tragen worden ist. und ein Vertreter der beim Bau be schäftigten Arbeiter. — Mit dem Ambrosianischen Lobgesang: „Großer Gott, wir loben dich!", der von den Anwesenden stehend gesungen wurde, nahm die denkwürdige Feier ihren Abschluß. Abends fand im Hotel „Stadt Gotha" ein gemein schaftliches Abendessen für die Ehrengäste und Mitglieder des Vereines statt. Zur hohen Freude gereichte es, daß Se. bischöfliche Gnaden an demselben teilnahm. Die Reihe der Toaste eröffnete Exzellenz v. Niesewand mit einem dreifachen Hoch auf Papst, Kaiser und König. Sodann beleuchtete der hochwürdigste Bischof die Wich tigkeit des heutigen Tages. Durch das Kinderheim wird ein Zentrum für den ganzen Westen geschaffen. Möge das Werk weiter gedeihen unter der unermüdlichen Tätigkeit jener rührigen Herren, die mit Liebe zu den Armen beseelt sind. Das Werk müssen wir anfangen und wenn wir rüsttig weiter arbeiten, dann gibt der Herr seinen Segen dazu. Wer Barmherzigkeit übt, wird auch Barm herzigkeit erlangen. Redner Gastierte auf den Vorstand, insbesondere seinen langjährigen, vortrefflichen und rastlos tätigen Vorsitzenden Exzellenz v. Niesewand. Es gedachte sodann Herr Major v. Wrochem der Verdienste des Ban komitees. — Stürmischen Wiederhall fand der Trinksprnch Sr. Exzellenz auf die Wohltäterinnen des charitativen Werkes, Ihre Majestät die Königin-Witwe Earola und Ihre Königl. Hoheit Prinzessin Mathilde. Herr Direktor Bergmann wies ganz besonders auf die unermüdliche Tätigkeit des Herrn Asyldirektors Schmidt und den 2. Vor- sitzenden, Herrn Landrichter 1),-. de Lasalle, hin. — Herr Schmidt gab als Richtschnur des Vereins an. wir wollen ein Hans bauen, solid und gut, aber auch nicht zu teuer, damit dadurch nicht nur jetzt, sondern auch für die Nach kommen keine Sorgen bereitet werden. — Freudige Zu stimmung fand der Trinksprnch des Herrn Direktor Eiselt auf den durch Krankheit am Erscheinen verhinderten hochw. Herrn Prälaten Maaz, der mit größtem Interesse das lischen Regierungsbezirken Aachen, Münster und Oppeln haben nur eine Selbstmordzisfer von 5>,4, 7.0 und 8,4 auf l 00 000 Einwohner. Dem stehen die Ziffern 02.!), 22,5i und 29,4 in den rein protestantischen Regierungsbezirken Potsdam. Magdeburg und Liegnitz in den Jahren 1892 bis 1890 gegenüber. Ein Blick auf die Selbstmordziffern der deutschen Staaten und ihrer bedeutendsten Provinzen im statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich (24. Jahr gang 1900» läßt erkennen, daß den katholischen Gebiets teilen ihr Platz auf der untersten Stufe der Selbstmordskala angewiesen ist. Desgleichen ergibt sich in kleineren und größeren Städten des Deutschen Reiches die Tatsache, daß ihre Selbstmordhöhe wesentlich von ihrer konfessionellen Zu sammensetzung abhängig ist. Bochum 0.70, M.-Gladbach 0,72, Aachen 0,90, RegenSburg 0.92. Krefeld 1,00, Essen 1,02, Eharlottenbnrg 2,27, Braunschweig 2,45>, Frankfurt a. M. 2,47, Hamburg 2.5,0, Dresden 2,5,2, Altona 2.5,8. Leipzig 2,5,8^ Görlitz 2,07. Breslau 2,08, Liegnitz 2,72 Selbstmorde auf 10 000 Einwohner. Im Königreich Bayern, wo wir die Möglichkeit be- sitzen, die Zahl der Selbstmörder einer Konfession zur be treffenden Gesamtbevölkerung in Beziehung setzen zu können, treffen auf je 100000 Katholiken 9.5,. Protestanten 21,8 Selbstmordsälle. Die Protestanten überragen in Bayern durchgehends mit einem ganz erheblichen Plus an Selbst- morden die Katholiken und auch die Juden in den Relativ ziffern. Der nahezu gesetzmäßige Parallelismus, mit dem die einzelnen Konfessionen im ganzen Königreich sowohl, als in den einzelnen Kreisen das einmal in gegebener Höhe angeschlagene Verhältnis ihrer Beteiligung am Selbst mord weiterspinnen (nachgcwiesen in den Histor. politischen Blättern Band 120), deutet darauf hin. daß die Gründe für diese langfristig beobachteten Unterschiede unter den Konfessionen nur zum geringen Teile in etwa verschieden artig territorialen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Verhält nissen. im agrarischen oder industriellen Charakter — dies noch am ehesten — eine- Gebietsteiles gesucht werden dürfen, sondern daß in der Konfession ein wenn nicht ganz alletn maßgebender, so doch schwer in- Gewicht fallender Faktor angenommen werden muß. (Schluß folgt.) Werk zu fördern stets bestrebt war. In einem Begrüßung-- telegramm, welches der hochw. Bischof und der Vorsitzende Unterzeichneten, gab die Versammlung der Liebe zu ihm mit dem Wunsch auf baldige Genesung lebhaften Ausdruck. Zwei Anstaltskinder sagten ein Gedicht auf und brachten selbstgefertigte Gegenstände zum Besten des Kinderheims zum Verkaufe. Während des Abends herrschte eine sehr gehobene, freudige Stimmung. Dazu trug das Bewußtsein der Festteilnehmer wesentlich bei. durch ihr Wirken ein Stück soziale Tätigkeit für die untersten Stände geübt zu haben. Zu diesem erhebenden Gefühl kam ergänzend die vortreffliche Leistung von Küche und Keller des Herrn Hotelier Kögel. Diese möchten wir an dieser Stelle ge bührend hervorheben. Der VincentinSverein kann mit Genugtuung auf den heutigen Tag zurückblicken. Er schickt sich an, auch unserer Stadt einen Teil ber Last abzunehmen, indem er für 25,0 arme Kinder die Sorgen auf sich nehmen will. Das ist für den Stadtsäckel eine nicht zu unterschätzende Erleich terung. Die Schlußworte der Urkunde mögen hier Platz finden, welche lallten: Wie der Verein mit Dankbarkeit aller derer gedenkt, die durch Gaben der Liebe den Beginn dieses Baues ermöglichen helfen, so blickt er mit Vertrauen zu Gott in die Zukunft, daß das begonnene Werk unter dem Schlitze des Allerhöchsteil glücklich die Vollendling sehen wird, daß das neue Asyl, das nach dein einstimmigen Be schlüsse der Vincentinskonferenz vom 22. April 1904 den Namen „Kinderheim der VincentiuS-Vereins" tragen soll, mit Gottes Segen eine schützende Heimat werde für viele hundert Kinder, ein Missionshalls im weitesten Sinne des Wortes, und daß es für die, so zur Errichtung dieses Baues beigetragen haben, ein Denkmal bleibe bei den kommenden Geschlechtern, ein Denkmal dafür, was christ licher Opfersinn und christliche Nächstenliebe zu erreichen vermögen. Das walte Gott! Reichstag. «. Berlin. 82. Sitzung am 4. Mai 0)04. Der Reichs lag hatte heute ein eigenartiges Schauspiel in der ersten Lesung liver den Entwurf zum Totalisatorsteuer- gesctz: der preußische LaudlvirtscliaftSiiiinister v. Pvdbielski hatte den Wunsch, die Vorlage selbst zu begründen, aber er leidet stark an Vicht; heute konnte er endlich erscheinen, mußte aber sitzend sprechen. Mit viel Humor und Geschick leitete er die Debatte ein und wies namentlich darauf hin, daß der Totalisator nötig ist zur Forderung der Pferdezucht. Die Redner der Rechten unterstützten ihn hierbei; die Sozialdemokraten und Freisinnigen aber, die in der Petitionskommission für die llnsittlichkeit der sog. Homosexuellen Straflosigkeit forderten, jammerten hier über das unmoralische Wetten. Vom Zentrum betonte Fr i tze n - Düsseldorf, daß ihm das Wettrennen und der Totalisator auch nicht gefallen; aber da die Sachverständigen beides für notwendig halten im Interesse der Pferdezucht und der Lieferung von gutem Material für das Heer, so stimme er dem Entwürfe zu, zumal derselbe auch ein völliges Verbot der Privatwettbureaus enthalte, was sehr zu begrüßen sei. Nach dem Anträge Fritzen ging die Novelle an die Budgelkommission. Hierauf trat das HauS in die zweite Lesung des Entwurfes über die Entschädigung unschuldig Verhafteter ein; in der Kommission war versucht worden, eine weitergehende Entschädigung sestzusetzen, aber die verbündeten Regierungen erklärten, daß hieran der gesamte Entwurf scheitern müßte; so ließ eS die Mehrheit bei der Vorlage; die Sozialdemokraten stellten auch heute wieder ihre aussichtslosen Anträge. Politische Rundschau. Deutschland. — Durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 2. Mai dieses Jahres wurde Oberst Dürr, Inspekteur der Marine infanterie, von der Stellung als Führer des nach Süd westafrika entsandten Mariue-Expeditionskorps enthoben, und der Major von Glasenapp, Kommandeur des zweiten See bataillons des nach Südwestafrika entsandten Marine- Jnfanterie-Bataillous unter Belastung in diesem Dienst verhältnis mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Führers deS MarineexpeditiouökorpS beauftragt. — lieber das Ergebnis der Konferenz, die Se. Maj. der Kaiser gestern mit dem Reichskanzler, dem Chef deS Generalstabes, dein Kriegsminister und dem Direktor der Kolonialabteilnng hatte, erfahren wir, daß beschlossen worden ist, die von Oberst Leutwein erbetenen Verstärkungen nach Südwestafrika zu schicken. Die Leitung der militärischen Operationen in Südwestafrika soll an Generalleutnant von Trotha übertragen werden, während Oberst Leutwein die Befugnisse als Gouverneur beibehält. — Die Budgetkommission des Reichstags befaßte sich mit einer Resolution des Zentrums, welche die Schädigungen der kleineren Händler durch das Verbot des Verkaufs des Saccharins im Verwaltungsweg allsgleichen will. Erz- berger (Zentr.) wies auf die vielen Nachteile hin, die in Württemberg namentlich kleinere Händler dadurch erleiden, daß man das bei ihnen lagernde Saccharin am 1. April 1902 einfach in die Zollstellen überführt hat. Es handle sich hier um keine Spekulanten; den Leuten würde eben von den Agenten der Fabriken vorgesagt, daß nach dem 1. April 1902 fein Saccharin mehr gekauft werden darf, aber hierbei verschwiegen, daß auch keins mehr verkauft werden darf, lieber 240 kleine Händler kommen in Be tracht. Der württembergische Bundesbevollmächtigte unter- stützte diese Ausführungen. Aus der Mitte der Kommission wurden Bedenken laut gegen ein gesetzliches Einschreiten zu gunsten dieser Händler; aber sie einigten sich auf eine Ne- sulution, die im Verwaltungsweg Abhilfe schaffen soll. So dann wurde ein Antrag I)r. Arendt auf Schaffung einer Reichslotterie beraten. AuS der Kommission wurden sehr lebhafte Bedenken -egen diesen Vorschlag laut; der Antrag wurde hierauf zurückgezogen. — Eine Resolution deS Zen trums forderte eine verschärfte Kontrolle der aus dem Aus lande eingehenden Wertpapiere. Speck (Zentr.) wünschte eine Heranziehung der Kontrollbehörden zur Kontrolle. Staatssekretär Freiherr v. Stengel teilte mit. daß bereits im Vorjahre entsprechende Schritte geschehen seien für die Käufe von Inländern im Auslande; zweifelhaft aber sei eS ihm, ob der Verkehr nicht empfindlich belastet werde, falls die Zollbehörden die Kontrolle üben. Die Resolution wurde hierauf zurückgezogen bis zur Beratung der Novelle zuin Reichsstempelgesetz. Eine weitere Resolution des Zen- trumS wünschte Zusammenlegung der Verwaltung des ost- asiatischen Expeditionskorps mit der deS Schutzgebietes Ktautschou und baldige Zurückziehung der Truppen. Staats sekretär Freiherr von Nicht Hosen sichert zu. daß das tun lichst bald geschehen soll. Darauf wurde die Resolution zurückgezogen. — Wie man Protestanten aufhetzt, erzählt Franz von Bodelschwingh in der „Kreuzzeitung" in folgenden Worten: „Durch liberale Zeitungen geht eine Notiz, wonach eine verstorbene deutsche Fürstin sich dahin geäußert habe, daß die Gefahr der Jesuiten größer sei. als t i: derSrztal- demokratie, weil man einer Revolution durch die Macht mittel des Staates Herr werden könne, die Jesuiten aber die Seele des Volkes verdürben." Demgegenüber teilt nun der genannte Pastor mit: „Ich war soeben im Alten burger Wahlkreise Zeuge, mit welcher Gewissenlosigkeit die Sozialdemokratie, vertreten durch Singer und Stadthagen, ihr volksverführendes Gewerbe betrieb. Es genüge als Stichprobe, daß Singer die im genannten Wahlkreise be sonders erfreulich hervortretende Einmütigkeit der produ- zierenden Stände die „Solidarität der Straßenränder" nannte, daß beide Genossen den unbedingten Gehorsam in der deutschen Armee als „Kadavergehorsam" bezeichneten, und daß endlich Stadthagen offen dazu aufforderte, daß ein Soldat, der Selbstmord begehe, „seinen Peiniger, den Vorgesetzten, mitnehmen möge". So wie hier agitiert die Sozialdemokratie überall! — Warnung vor dem Ankauf von südafrikanischen Minenpapieren. Dem sparenden deutschen Volke sollen wieder einmal seine Groschen aus der Tasche gezogen werden; seitdem nämlich die englische Regierung der Ein fuhr chinesischer Kulis in die südafrikanischen Minengebiete zugestimmt hat, versuchen einzelne englische Spekulations firmen und ihre deutschen Agenten unter Hinweis auf diese Tatsache, das deutsche Publikum zum Ankauf von süd afrikanischen Minenpapieren zu verlocken. Meist sind es nicht die besseren, sondern die geringwertigen Minenanteile, die in dieser Weise angeboten werden. Die Minen, auf die sie lauten, sind oft noch gar nicht angebaut und es muß erst noch viel Geld in sie hineingesteckt werden, ehe sie Erträge abwerfen. Da namentlich auch kleine Leute auf diese Weise rasch reich werden wollen, möchten wir dringend vor dieser Spekulation warnen! Rom. — Papst Pius X. und der Verband der katholischen Arbeiter-Vereine (Sitz Berlin). Bekanntlich hatte Papst Pius X. in einer Privataudienz am 22. März d. I. die Vertreter des genannten Verbandes in überaus huldreicher Weise ausgenommen und dieselben sowie das Programm des Verbandes, das der Herr Generalsekretär Lic. Fournelle in längerer Rede Vorträgen durfte, belobt und aus ganzem Herzen gesegnet. — Eine neue Freude für die Mit glieder des Verbandes dürfte Wohl die Mitteilung sein, daß der Heilige Vater neuerdings auch schriftlich dem Verband seinen Segen gespendet hat. Auf einem großen für den Herrn Generalsekretär Lic. Fournelle bestimmten Porträt, das den Heiligen Vater in segnender Haltung zeigt, hat Se. Heiligkeit in huldvollster Weise und in eigenhändiger Widmung den apostolischen Segen für den Verband noch einmal in folgenden Worten gegeben: „Dem sehr geliebten Verbände katholischer Arbeiter-Vereine in Deutschland, welcher den Sitz in Berlin hat. sowie dessen Generalsekretär, dem ge- liebten Sohn und Priester Liceutiat Heinrich Fournelle, erteilen Wir in inniger Liebe den Apostolischen Segen. Pius I'.I'.X." Die Mitglieder des Verbandes dürfen sich über diese neue huldvolle Auszeichnung von Herzen freuen. Frankreich. — Loubets Nomreise wird von der Pariser Blockpresse nicht bloß gegen den Dreibund ausgespielt, sondern auch als ein Triumph ihrer Republik, welche auf dem Anti klerikalismus beruht, ausposaunt. Der Siöcle erklärt: „Italien feiert einen Erfolg, den eS bis jetzt nicht erlangt hatte, und der ihm am Herzen liegen mußte. Indem Loubet nach Rom geht, bringt er die amtliche Zustimmung zur Besitznahme Roms durch Italien." Und da sollte es der Papst nicht als eine Beleidigung und Mißachtung der Rechte des apostolischen Stuhles ansehen, daß Loubet als Vertreter eines mit dem Papsttum im Konkordateverhältnis stehenden katholischen Reiches die Berauber des Stuhles Petri offiziell in Rom besucht und damit dem Raube an der Kirche seine amtliche Zustimmung erteilt? Der aller gewöhnlichste Anstand, den man freilich in der Zeit des rohen Emporkömmlings kombes im ehemaligen „Lande der feinen Sitte" nicht mehr kennen will, hätte zum mindesten verlangt, daß Frankreich zuerst das Konkordat mit dem apostolischen Stuhle kündige und Loubet dann erst den Besuch beim Feinde des Papstes in der Stadt der Päpste mache. Denn der Papst wird auch von Frankreich als Souverän anerkannt, der durch das Konkordat im offiziellen Freundschaftsverhältnis zu Frankreich steht, während zwischen Frankreich und Italien bisher weder ein Bundes- noch ein offizielles Vertragsverhältnis besteht. Es widerspricht daher allem diplomatischen Herkommen und selbst dem natürlichen Taltgefühl, daß Loubet während des Bestandes des Konkordates den politischen und kirch lichen Gegner der Päpste, von denen Frankreich mit Wohl- taten geradezu überhäuft wurde, auf jenem Boden besucht, der einst von den Frankenkönigen selbst dem Stuhle Petri geschenkt wurde. Der Hatz gegen Gott und Kirche hat, wie man sieht, Frankreich bereits blind gemacht gegen die einfachste Forderung des politischen Anstandes. Die geistige Blindheit ist gewöhnlich der Anfang der Züchtigung Gottes. Es ist in der Tat ein Wendepunkt in der Geschichte. Vor genau 1150 Jahren hat der Frankenkönig Pipin nach dem Stege über die Langobarden dem Papste Rom und den Kirchenstaat rechtmäßig für ewige Zeiten geschenkt, nachdem Rom ohnehin früher seine Rettung wiederholt den Päpsten verdankt hatte und von Byzanz lange wie herrenloses Gut im Stiche gelassen worden war. Jetzt reiste der Präsident von Frankreich nach >vm. um die amtliche Zustimmung Frankreichs zu dem seiten» NeuttaltenS erfolgten Raube deS Kirchenstaates zu überbrtngen. Sollte der Fluch PipinS und Karls d. Gr. gegen alle, die an dieser ihrer Schenkung an den hl. Petrus sich vergreifen würden, nun auch gegen Frankreich sich richten? Der Ruin aller Staaten, die