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— Bou einem „leichten Konflikt zwischen Reichs regierung und Vatikan" wegen des «Fall Benzler" läßt sich das „Berliner Tageblatt" aus Nom dahin berichten, daß man in Berlin auf der Entfernung dcs Bischofs Benzler von Metz bestehe. Auf telegraphische Anfrage in Rom erhielt die „Germania" von dort von zuständigster Seite die telegraphische Nachricht, dag daselbst von diesen ganzen Angaben des Berliner Tageblatt nichts be- kan nt sei. — Weitere 5 Millionen Mark werden im neuen Etat zur Entschädigung für die Ansiedler in Südwestasrika ge fordert: 2 Millionen hat der Reichstag bereits als Dar lehen genehmigt. 7 Millionen soll aber insgesamt der Schaden nur betragen, so dag das Reich diesen ganz zu tragen hätte; das ist doch ein wenig zu viel des Guten sür die nicht so sehr unschuldigen Ansiedler! Aus dem Wahlkreise Ierichow war gemeldet worden, dag der konservmive Kandidat Rittergutsbesitzer von Brauchitsch zu gunsten des nationalliberalen .Kandi daten zrürkgetreten sei. Herr Brauchitsch selber dementiert diese Meldung mit dem Bemerke,', dag er gar nicht daran denke, von der Kandidatur zmückzutteten. — Bei der am 23. ü. M. im 2. Wahlkreise Mecklen burg-Lchwcriu italtgehabten Reichotagswabl wurden ins- gesamt 21008 Trimmen abgegeben. Davon entfielen auf Tr. Dade l.Kons.l 7'-.;3. Geh. Finanzrat Bnnag lnatl.) 7030. Anlrick iSop, >0500 Trimmen. Zersplittert 0 Stimmen. Es hat also Stichwahl zwischen Büling und Antrick stattznsinden. Tie Stichwahl ist ans den 2. Dezember ""gesetzt. — Der Abschluss des Rcichsctats. Der neue Reichs- ! Haushalt sür 1005 schlief-,t in Einnalnnen und Ausgaben ! »nt 2 211 500 000 Marl ab; es tritt ein Defizit von l 74 015 001 Mart zutage. Der Fehlbetrag des letzten Iah- ! res war Xi Millionen Mart und es gelang dein Zentrum, diesen ganz zu beseitigen. Der neue Etat will nun 20 015 001 Mar! des fetzigen Fehlbetrages durch ungedeckte ; Matrilnlarbeiträge der Bundesstaate» anfbringen, während 51 Millionen durch eine Zinchiißanleihe zu tilgen seien, i Die vorgeschlagene Znichnßcinleihe des letzten Jahres war 50>.,. Millionen. Der Reichstag hat vor allem daraus zu setzen, das-, diese 51 Millionen Mart Znschnßcmleihe beseitigt werden; das Zentrum wird »ach seiner Vergangenheit mit allein Nachdruck daraus hinarbeiten. iei es durch Vermei dung der Ausgaben, sei es durch höhere Einstellung der Ein nahmen. Für ans'.erordenlliche Bedürfnisse sollen ja immer hin noch die Summen von 200 057 772 Mart' durch An leihen ansgebracht werden; also wohl 000 Millionen Mart neue Schulden. Wohin muß dies führen? Tie Bundes staaten erklären jetzt schon, dag sie nicht mehr als 21 Mil lionen ungedeckte Matrilnlarbeiträge leiste» tonnen; Preu ßen steht zwar im neuen Etat wieder recht glänzend da, es kommt glatt durch. Für den Reichstag kann die Parole nur beißen: Grögte 3varsamteil! Ganz so leichttertig, wie man ihm vorgeworfen, ist ! der vrengi'che HnndelsininiNer doch nicht vorgegangen. Wie ^ ans der Begründung der Verstciatlichungsvorlagc der „Hi- beruia" liervorgelit, ii'l der Staat in derHeinpticiche gedeckt; ! wenn die Vorlage die Znsliinmnng des Landtages nicht findet, ! io bat weder der .Hnndelsminislrr noch der Staat eine» j Schaden, das Risiko trägt die Dresdner Bant. Rach dem j Abkommen mit der Bant hatte diese von dem 53>R Mill. Mart betragenden Aktienkapital inebr als die Hälfte, das wißt mindestens 20 X10 000 Mart für ihre Rechnung zu erwerben und die "Aktien der Staatsregiernng znm Ein- kant'spreise zuzüglich einer Provision von 5 Prozent des Rennwerles der "Aktien und einer vierprozentigen Ver zinsnng der verauslagten Geldbeträge zur Verfügung zu Kellen mit der Maßgabe, dag der vom Staate zu zahlende Erwerbspreis den ans dem Verstaatlichnngsangebote vom ^ 2!«. Juli sich ergebende» Preis nicht übersteigen dürfe. Selbstverständlich war das Ahtommen geschlossen worden ! „vorbehaltlich der Genehmigung der gesetzgebenden Körper- der französischen Romanciers und nannte die „Furcht vor dem Leben" eine der beste» Erzählungen der neueren Zeit. Elie noch das Wort Heimattnnst in Mode kam, wurde diese bodenlose Kunst in Süd und Nord meisterhaft geübt. ! Wir brauchen nur die Namen Marimilian Schmidt. Arthur ! Achleitner, Anton Schott heranszngreisen. In Norddeutsch land gehört I. v. Dirtink sSandhage» seit langem zu den urwüchsigen Heimattünstlern. Ihre Weslsalenart liebt das Kernige, Einfache und doch Gemütstiese. Dabei formt j sie Ebaratlere und Typen, Handlungen und Schicksale mit dramatischer Geslaltnngstrast und nie sich erschöpfender Phantasie. Ter neue Roma» „Die beid e n B r n n e ", die Geschichte zweier ungleicher Brüder (gebunden 0,20 Mart», gebürt z» dem Wcrtpollsten. was wir bisher von der Dirtink gelesen. Auch eine Heimattiinstleri» ist M. Bnol, deren Er zählung „ D i e K irchfahreri n " ein Plastisch-greif bares "Bild aus dem südtirolischen Bauernleben erstehen lasst. Ein Hauch gesunder Frömmigkeit dnrchweht die er greifende Geschichte des kranken Mädchens, dessen Gottber- traue» »ach lange» Wallfahrten endlich Erhörnng findet -gcchnnden 2,10 Mark». Einer eigenartigen Idee entsprang M. Herberts „Buch von der Güte" (gebunden 5 Mark), fünf No vellen. deren gemeinsamer Grnndton das Wirke«' und der kinslns; gütiger Mensche» ist. Nur einer Meisterhand und einem großzügigen Geiste tonnte es gelingen, die »iierläß- lickx- Mannigfaltigkeit in diese Harmonie zu bringen. Jede der fünf Novellen ist ein Kabinettstückchen für sich. In unserer selbstsüchtige» Zeit rücksichtslosen Interessenkainpfes wirkt ei» solclx'S Buch wie Balsam für jene, denen der Glaube, das; es »och gütige Menschen gibt, erschüttert tvar. Jungen Eheleute» wird der sauber und geschmackvoll illlnstrierte Nopellenljgnd „ Junge Ehe n " (gebnnlden 7,50 Mark) ein willkommenes Geschenk sein. Elf Novellen von verschiedenen Autoren behandeln mit glücklicher Ab wechselung das Thema der jungen Ehe »ach seiner launigen nnd hninoristisckxm wie nach seiner ernsten, ja sehr ernsten Seite hin. so das; man bei der anziehenden Lektüre unver merkt auch einiges lernen kann. säiaften". Die Bank ist ihrer Verpflichtung gerecht ge worden. Bekanntlich hatten die Leiter der Hibernia, als der Aufkauf ihrer Aktien begann, die Erhöhung des Aktien kapitals auf 00 Millionen beantragt. Tie Regierung ver- einbarte nun weiter mit der Bank, diese solle für den Fall der Erhöhung des Aktienkapitals einen Aktienbetrag von mehr als 30 Millionen enverben. Das ist der Bank nicht gelungen. Sie hat erworben 24 222 800 Mark alte, 3 330 000 Mark junge Aktien. Preis 09 441 307 Mark. In diesem Betrage sind Provision. Stückzinsen, lyeldzinsen und Nebenkosten einbegriffen. Ter zu Grunde zu legende Er werbspreis beläuft sich auf 05 571 700 Mark, 'vas einem Kurse von 207,00 entspricht gegenüber dein mit 240 be rechneten Verstaatlichnngsangebote. Rechnet inan die er wähnte besondere Zinsleistung an die Bank mit. so beläuft sich der Kurs ans 241.88. Halten die starken Gegner der Verstaatlichung ihren Aktienbesitz fest, so kann von einem Einfluß der Regierung ans das Unternehmen nicht die Rede sein, falls die beschlossene Kapitalserhöhnng rechts gültig ist, denn dann ist die Regierung in der Minderheit. Und selbst mit der Mehrheit der Aktien kann sie die Ver staatlichung noch nicht durchsetzen. Gleichwohl glauben wir. das; die Vorlage grundsätzlich bei der Mehrheit des Abgeordnetenhauses Zustimmung finden wird. Tie Ge fahr, das; sich nach amerikanischem Muster große Trusts bilden, die das ganze Wirtschaftsleben beherrschen nnd ihre Macht rücksichtslos ausbenten, rückt uns immer näher ans den Leib. Man glaube nur nicht, daß bei uns das Groß kapital „christlicher" nnd „kmmancr" ist als in Amerika. Wo es die Macht hat, nutzt es diese auch nnbarmberzig ans. Es ist seit Jahren von der Notwendigkeit eines Syndikats- geietzes zur "Abwehr der Gefahr die Rede. Wenn man auch bereits die Grundgedanken eines solchen Gesetzes ansgestellt hat, bis 'vir z» einein Gesetze komme", dos seinen Zweck nii" auch voll erst'illt, dauert es sicher noch lange. Da bleibt also vorläufig nichts übrig, als die wirtsclxchtliche Macht des Staates gegenüber den Syndikaten nnd Ringen zu verstärken. Und darum empfiehlt sich trotz aller Bedenken gegen die Ansdebniiirg der Staatsbetriebe der geplante Ankauf der Hibernia. Qb der Preis angemesse", ob über- banvt der Erwerb dieser Aktien geeignet ist, der baldigen "Verstaatlichung wirksam vorznarbeiten, das wird allerdings noch Gengeiistand gründlicher Prüsung sein müsse". Aiis drin Bvtschastrrlcbr". Dem deutschen Gesandten in Tokio, Gras "Arco-Nalley, inacht man in der deutschen Vreise Vorwürse, 'veil er zu populär init den Deutsche" in Japan niiigehe und man denke - selbst Lehrer und niedere Beamte deutscher "Abstammung z» sich zu Gaste lade! Schreck lich! Wir lullten diesen Botschafter sür einen sehr geschickten und klugen Mann. Komisch wiickt es aber, das; diese Klage in dem freisinnige" „Berliner Tageblatt" ihren Ausdruck findet; sonst gebärdet dieses sich sehr demokratisch, Oder hat Graf Arco einmal in Japan einen Inden nicht einge- lade»? Das würde uns dann alles erklären! — Ein sehr reicher "Botschaftssekretär kommt nach Berlin in die ameri kanische Botschaft; es ist der junge Vanderbilt, der zwar noch nie in seinem Leben diplomatische Dienste tat, aber bei der letzten Wahl den Geldbeutel den Republikanern öffnete. Zugleich soll dessen Ernennung ein Entgegen kommen gegen de» deutschen Kaiser bedeute", der bekannt lick, den jungen "Vanderbilt sehr mit Ehrungen überhäufte, wie nicht leicht jemand anders. Das preußische Abgeordnetenhaus hatte sich am Montag zunächst mit dem "Anträge Kernth lsreis. Volksp.) ans Gleichstellung der Juristen im Staatsdienste mit den höheren Venvaltiiiigsbeainten zu befassen; im Prinzip wa ren alle Parteien einig; Pom Zentrum sprach der Abgeord nete Willebraiid sehr warm dafür. Man äußerte nur Be denken daliin, daß jetzt nicht ein Teil der Beaintengehälter geregelt werden tonne. Instizminister Schönstedt erzielte iiiizivei'ellia't beute seinen höchsten parlamentarische" Er folg, als er dem Hanse initteilte, das; der neue Etat solch zahlreiche Vermehr',ng der Richterstelle» bringe, wie dies sonst noch nie der Fall gewesen sei. Das ganze Haus lohnte ihm mit lebhaftem Beifall und nahm darauf den "Antrag an. der die Regierung nin weitere Erwägungen in dieser Frage ersuchte. Tie beiden Zei'triinisabgeordneten Graf Slrachwitz nnd Busch batten heute einen guten Tag; ihr im Frühjahr bereits gestellter Antrag, der die Negierung auf. forderte, im Bnndesrate sür die Nom Neichstcige beschlossene freie Fahrt der beiirlanbtcn Soldaten cinzutreten, fand ein stimmig Annahme; beide Abgeordnete» begründeten auch den Antrag in bortresslicher Weise, so daß die Abgeordneten Eickhofs (fieis. Volksp.), Strosser (kons.) und p. Willichsen O'oiis,) ihnen nur znsliininen konnten. Morgen wird die Schlacht „in „Hibernia" geführt und Minister Möller wird beute wobt in seinem neuen Hcinse nicht gm besten ruhen! — Der Fall Wcingart in Osnabrück macht Mieder von sich rede». Wie unsere Leser wissen, ist Professor Weingart Nor einigen Jahren Nom Lgiideskonsistorinm der Provinz Hgnnvver seines Pfarramtes entsetzt worden, weil er sich durch seine öffentlichen Knndgebnngen über die Aufer stehung Ebristi in einen unlösbare" Widerspruch mit der Lebre der Kirche gesetzt hatte. Später hat er eine Pfarr- stelle außerhalb Preußens erhalten. Jetzt machen "nn die llaiinoperschen Liberalen den Versuch, ihn für eine Osna- brücker epangelisch-lntherische Gemeinde als „Seelsorger" z» bestellen. In der dortigen Mariengemeinde ist die Stelle des dritte» Geistlichen frei geworden. Die Geineinde hat in einer gm letzten Sonntag erfolgten Abstimmung das Ein- rücke" des werte» Geistlichen, Pastor Gondefroy. in die dritte Stelle abgelelmt und zwar in der bestimmten Absiclst, diese für Herrn Weingart freiznhaltc". So geht der Streit non neuen' los, die Liberalen rechnen allen Ernstes mit einem dollen Erfolg. — Zu Tode gehetzt, wie auf einer wilden modernen Fuchsjagd — die neuen Tiergrnppen am Großen Stern in Berlin zeigen dies so anschaulich — ist nun Genosse Beru ft e i n . der seit 1. April 1904 in Berlin das „Neue Mon- tagsblatt" hergnsgab; jetzt publiziert er im „Vorwärts" folgendes: „Ich erlaube mir, durch die Spalten des „Vor wärts" bekannt zu geben, daß ich mich veranlaßt sehe, die Weitcrveröffentlichnng des von mir herausgegebenen „Neuen Montagsblattes" einzustellen. Mit der am letzten Montag veröffentlichten Nummer 30 hat das Blatt seinen Abschluß gefunden. Die zur Veröffentlichung in ihm ein gesandten Manuskripte usw. werden den Einsenderin in den nächsten Tagen zugestellt werden. Berlin, den 25. No- vernber 1904. Ed. Bernstein." Zunächst nrüssen vir fragen, wie kann Bernstein so mitten im Quartal abbrechen? Viele sind Abonnent des „Neuen Montagsblattes" gewesen und haben für das gesamte Quartal vorausbezahlt. Hat die sozialdemokratische Lehre von Eigentum bei ihm schon solche Verwirrung angerichtet, daß er sür drei Mo nate die Beträge erhebt und nur zwei Monate liefert? Doch dies nur nebenbei; viel wichtiger ist der politische Gesichts punkt. Hier enthüllt sich ein trauriges Bild des sozial demokratische" Terrorismus gegenüber andersdenkendere Genossen! Solange Bernstein in der Verbannung in Lon don lebte, ging es ihm gut; wie er in das Vaterland zurück- kehren durfte, fing das Elen- an. Er war wohl zunächst noch Mitarbeiter des „Vorwärts", aber ohne Angabe von Gründen setzte man ihm hier eines Morgens den Stuhl vor die Türe; das war die Strafe für seinen Revisionismus. Tie verschiedenen Unternehmungen Bernsteins lieferten ihm nicht so viel, um leben zu können; deshalb versuchte er es mit dein „Neuen Montagsblatt" und gab eigens bekannt, däß ihm dieses die Mittel zur Eristenz liefern miisse. Ader noch war keine Nninlner dieses Blattes erschienen, als es auch schon auf dem ""geschriebenen, aber desto wirksameren Inder der Sozialdemokratie stand. Tie Berliner Ver trauensmänner der Sozialdemokratie erklärten sofort, daß sie nichts zur Ausbreitung des Blattes t"n; damit war eigentlich schon das Kind in der Wiege erdrosselt. In der Tat bat ma" das Vernsteinsche Blatt bei den Zeitungs- pertäiifern, die allesamt Sozialdemokraten sind, nicht er- batten tönnen; so weit ging der Terrorismus der Partei leitung. Aber anfangs schien das „Nene Montagsblatt" sich doch halten zu können; der jüdische sozialdemokratische Millionär Leo Arons, der Schwiegersohn des bekannten Bankiers Bleichröder, unterstützte dasselbe und es hieß, das Blatt sei gesichert. Bernstein hielt sich ganz geflissentlich von jeder Agitation für den Nivisionisnins fern und docb haben dieser Tage 10 Berliner Genossen ihn darob ver klagt. Nun ist sein Ende eingetreten und zwar mitten im Quartal! Man kann die sozialdemokratische Freiheit nicht besser charakterisieren, als durch diese Vorkommnisse! Diese Partei tritt sür „Frcibeit der Wissenschaft" ein; wenn aber ei» Genosse sich gestattet, einmal eine andere Ansicht zu baben, als die nm Kantsky, so wird er einfach ausge hungert! Auch Schippel kann ein Liedlein hiervon er zählen! Die „Freiheit der Wissenscl)aft" am Bindfaden dcs Maikäfers. Was "nn Bernstein beginnen wird? Wie nniß es erst im Znlnnftsstaat sein, wenn die führende" Genossen noch mit ganz andersdenkenden Leuten zu rechnen halben? — Ucbcr die Auflage des „Vorwärts" erfährt inan "nn auch etwas Zuverlässiges; wie das Blatt mitteilt, hat es 87000 Abonnenten; aber darunter sind nur 5000 Post- abonnenten; die anderen 82000 Leser sitzen in Berlin nnd der nächsten Umgebung. Selbst unter den 5000 Post abonnenten sind viele Berliner, z. B. alle Behörden, die dieses Blatt halten m'iv. Man sieht, der Einfluß des Zentralorcpms reicht nicht viel über Groß Berlin hinaus. Ter nationalsozinlc freisinnige Abgeordnete von Gcrlach wird mit dem l. Januar die Ehesredaktion der „Berliner Zeitung" niederlegen. Er hat bereits vor eini ger Zeit dein Verlage erklärt, daß es ihm nicht möglich sei, neben seiner parlamentarische" Tätigkeit die Verantwor tung sür ein zweimal täglich ersclustnendes Blatt zu tragen. Ständiger Mitarbeiter bleibt Herr von Gerlcich jedoch. Diese Nachricht berührt etwas eigenartig; denn die parla mentarische Arbeit des Herrn von Gerlach ist nicht sehr be deutend. In irgend einer Kommission ist er noch nicht tätig gewesen, und kann bei der geringen Zahl seiner Fraktions genosse" kanin hereinkommen. Welche paylnmentarischen Großtaten will er also künftig leisten? Oder hat er schon genug am freisinnige" Lager lind bereitet seinen Umzug in das sozialdemokratische Nor? Auch nicht ausgeschlossen! Ein trauriges Kapitel „Bestrafte Schüler". Es ist ein trauriges Kapitel in den Jahresberichten der Berliner Schnldepiitation, welches von den „gcrichtlickx?" Bestrafun gen der Schulkinder" handelt. Vor fünf Jahren tvnrden pon den 201 975 Geineindeschüler" 359 oder 0.18 Prozent gerichtlich bestraft, im letzten Jahre betrug die Zahl der Schüler 217 959, die der Bestraften nur noch 209 (gleich 0,09 Prozent). Nur "linimcil beteiligt an dieser Zahl find die Mädchen (9), obwohl diese die Mehrzahl der Sclmlbe- sncher bilden (109 881 Schülerinnen); es entfällt sonach ans je 12 209 Mädchen bezw.'guf jo 540 Knaben eine Be- st'gsnng. Tie Mehrzahl der Bestraften (92) hatten das 14. Lebensjahr bereits erreicht resp. schon überschritten. Meist wurden die jugendlichen Sünder wegen Diebstahls bestraft (149, wovon 17 schwere und 10 wiederholte Dieb stähle): 135 kamen mit einem Verweise, 8 mit Geldstrafen davon. Bei 04 Knaben wurde ans Gefängnis erkannt, und zwar in sechs Fällen auf Gefängnisstrafen von zwei Vis zehn Monaten. Der immerhin erfreuliche Rückgang in der Zahl der Bestrafungen dürfte znm größten Teile der Ein wirkung des neuen Fürsorgegesetzes znznschreiben sein. Oesterreich-Nngarn. — Tie Handelsvcrtragsverhandlnngen in Wien wer- den, wie der „Germ." gemeldet wird, mit erhöhtem Eifer fortgesetzt, weder von einer Sonntags- noch von einer Nacht ruhe. die diesen Namen verdient, kann mehr gesprochen werden. Jetzt wird den Ministerberattingen die wichtigste Rolle znsgllen. Wenn es so geht, tvie es der bisherige Ver lauf crboffen läßt, so kann binnen Wochenfrist der Vertrag fertig sein. — Von informierter, wenn auch natürlich nicht von autoritativer Seite verlautet, daß Oesterreich-Ungarn den Gerstenzoll akzeptiert hat, daß aber von einer zolltech- nischcn Differenzierung auf Wunsch Oesterreich-Ungarns abgcsclnm und eine „Denaturierung" der Futtergerste ein- geführt werden soll. Letztere wird darin bestehen, daß die Fnttergerste durch Spitzen oder Koppen für Malzwecke un brauchbar gemacht und so ein Mißbrauch absolut verhindert wird. Es müßten dann unter Amtsaufsicht täglich zirka 150 bis 250 Waggons Fnttergerste dieser Prozedur unter zogen werden.