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Nr. SSL LS. Jahrg. Donnerstag, den 20 Dez. 1917 ve»aa-vr«t-> «»»g«dr ^ » 4U land frei ».»» X. «»««ad»« dtertelMiUq ». S" Dresden und ganz Deutschland ftel Haus »L» tn Oellerreich 4.S« X. Etnzel-Nummer lv 4 Dt« eSLNlche «olkSzettuna erlchein« an allen Wochenlagcn nachmittags mit tllultt. «etlaae diertelMhrllch Zn Dresden und ganz Denllch- ZauS «.8» m Oestorrelch »r-»»-«.«. 1«. H»I4-l»st»»tz, 4« KermsPMch«» »1»«« » Poftsch«a»»t. «-«»»»« «r. 147»7 0 — 0 «^ei,»»i A»»ah«edlin »eschLstSanteiasn »te 1.»h^ von Famtlienangeigen »iS »t Uh» d»>«n. Pret» fit, dIeVcttt^l>altjeile«k 4.t„«o»a. meleit 8V 4, FamUio»<«nz»«>en U» 4- Fltr undeutlich geschriebene, sotvie »uvch y«». wrecher ausgcgebene Anzeigen kdm.sn »Ir hl« «eramworliichkeit fürdieRtchtigkeit deSDer^« nicht itbernehmen, Sprechstunde der Redaktion: »»—»» Uhr vorm. 0 > Einzige katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ der Zentrumspariei. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe 8 nur mit der Wochenbellage. Die innerpolitische Entwicklung Rußlands Die Entwicklung der innern Politik des frühern russi- schen Zarenreiches geht nicht in den Bahnen der Teinokratie vonstatten. Man kann vielmehr behaupten, daß an die Stelle der Autokratie des Zaren und seines Hofes, die nur äußerlich durch die Duma und den Senat einigermaßen ein geengt war, die volle Selbstherrschaft rücksichtsloser Männer getreten ist, die diese im Namen der Diktatur des Prole tariats ausüben. Jedermann, der den Entwicklungsgang Rußlands in den letzten Jahrzehnten kannte, mußte zur Ueberzeugung gelangen, daß in diesem Staate die Einfüh rung einer konstituellen Monarchie eine absolute Unmöglich keit war. Diese letztere Regierungsform setzt Traditionen voraus, die in Rußland nicht bestanden. Die englische kon stitutionelle Monarchie ist eine uralte, die sich naturgemäß ohne Abschaffung älterer Gesetze, durch gegenteiliges Gewöhn, heitsrccht entwickelt hat. Auch in den Monarchien Mittel europas entwickelte sich die Konstitution aus den alten land- ständischen Verfassungen, deren Ueberreste noch gegenwärtig in der Zusammensetzung der Herrenhäuser bemerkbar wird; alles dies fehlte in allen russischen Landen, mit alleiniger Ausnahme etwa der baltischen Provinzen. Tort hatte das rücksichtslose Zarentum, daß im 15. Jahrhundert alle Physi schen Vorrechte des altrussischen Adels und der Städtegemein, den beseitigt hatte, eine öde und einheitliche Selbstherrschaft geschaffen, die unter Peter dem Großen und Katharina II. das Reich wohl zum mächtigsten Europas machte, dafür aber die Fäulnis in das Innere des russischen Volkskörpers hin- einbrachtc, woraus sich allmählich der russische Revolutions- gcist entwickelte. Das russische Alljlawentum hat in diesem Nivellierenden Wirken des russischen Zarismus eine Art be- sondern geschichtlicher Mission Rußlands gesehen. Dadurch sollte der „demokratisck>e Zug" des Slawentums gegenüber dem deutschen Feudalismus zur Geltung gelangen. Der gleiche russische Panslawismus hat deshalb die russische Dorfgemeinde, die keinen Privatbesitz, sondern nur einen solchen aller Bauern dieses Gemeinwesens anerkannte, als Ideal betrachtet. Nur sollte an der Spitze dieser Gemeinde immer nur ein Mann stehen, der das Vertrauen des russischen Zaren und seiner Beamten genießen würde. Der russische Adelsstand, dessen Privelegicn vom Zaren aufrechterhalten wurden, erhielt die Bezeichnung Dicnststand, um so a-uszu- sagen, daß der Adel nur im Dipnste des Zaren stehe und durch diesen seine Bedeutung erhalte. Die Folge dieser Uebertreibung der monarchischen Gewalt in Rußland war, daß sich keine starken Organisationen bilden konnten, die den Monarchen im Falle der Gefahr gegen die Revolution ver teidigten. Rußland hat keinen starken monarchietreuen, mit .Privatbesitz ausgestattetcn Bauernstand, bis in die letzten Jahre aufkommen lassen. Erst 1906 und 1907 bemühte sich Ministerpräsident Stolypin umsonst, einen solchen zu schaffen. Es war zu spät, die Sozialdemokratie hatte sich bereits in die russischen Dörfer eingeschlichen. Rußland hatte keinen selbst bewußten und treuen Adel, der dem Throne unbedingt er gebene hohe Offiziere zu geben in der Lage gewesen wäre, sondern eine Anzahl größtenteils feiger und hinterlistiger Höflinge, die den Zarenhof umschmeichelten und gleichzeitig auch verrieten. Das war die Folge von Verbrechen und Feh lern längst verstorbener Zaren, die sowohl die kirchliche als auch die weltliche Gewalt in sich vereinigen wollten und dabei die Entwicklung der Berufsstände ihres Volkes vermach- lässigten. Nikolaus II. war nur das letzte und bedauerms- werteste Opfer dieser ganzen Entwicklung. Das, war der polnische Dichter Kraskinski in seinen Ge dichten noch vor dein Jahre 18-18 bezüglich Rußlands ver kündet hatte, daß das Zarentum gewissermaßen eine Qua dratur erhalten würde, indem es sich in den Kommunismus umgestakten würde, erfüllt sich gegenwärtig an Rußland vol lends. Die dünne Schicht der russischen Intelligenz und des Großbürgertums, die tatsächlich für seine konstitionelle Re gierung befähigt gewesen tväre, ist gegenwärtig ebenso macht los, wie zurzeit des ärgsten Zarismus. Die gewalttätigen Elemente, von denen die verschiedenen Attentate aiisgegan gen sind, die seit Jahrzehnten Rußlands Bureaukratie und Offiziere dezimierten, sind gegenwärtig an der Herrschaft, und diese wird nicht im Sinne einer Demokratie ausgeübt, sondern in demjenigen der rücksichtslosesten Diktatur, die als solche des Proletariats bezeichnet wird. Die Drohungen der St. Petersburger Maximalisten, die Konstituante ganz ein- fach auseinanderzujagen, >ocim sie keine ctremkommnniskische Mehrheit hätte, sind in dieser Hinsicht bezeichnend. Ebenso wie auch die Erklärung seitens der russischen Negierung, daß sie die Kadettenführcr als Revolutionäre ansieht, die gesetzlich nicht anerkannt werden könnte. Bekanntlich hat auch Mi nisterpräsident Stolypin alle Linksparteien, die nickst ans dem Standpunkt des Oktobcrmanifestcs Nikolaus II., aus dem Jahre 1906, standen, als nichtlegalisierte Parteigruppen be- H Das Neueste vom Tage k N mW MA AMlW (Amtlich W T. - B.) Großes Hauptquartier, den LO, Dezember 19 l7. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht: Die Stadt Dirmuden lag zeitweilig unter lebhaftem Minenfeuer. Zwischen dem Houthoulster Walde und der Lys sowie südlich von der Scarpe am Nachmittage und Abend erhöhte Artillerictätigkeit; bei Lens heftige Minenwcrfer- käinpfe. Heeresgruppe deutscher Kronprinz: Beiderseits von Orncs und ans den Maashöhen südwest lich von Combres lebte das Artilleriefeuer vorübergehend wieder auf. Oestlicher Kriegsschauplatz Nichts Neues. Mazedonische Front: Am Wardar und zwischen Wardar und Doiran-Sec war die Feucrtätigkcit gesteigert. Italienische Front: Mehrfache italienische Gegenangriffe gegen die neu gewonnenen Linien am Monte Pertica wurden abgewiescn. Am Tomba-Rücken und an der Piave zn beiden Seiten des Montello lebhafte Artillcrickämpfe. Zwischen Brenta und Piave wurden seit dem 11. Dezem ber an gefangenen Italienern 270 Offiziere und 8160 Mann oingebracht. Der erste Generalquartiermeister: L»dend«rff. SS 500 Tonnen versenkt Berlin, 10. Dezember (Amtlich.) Eines unserer Unterseeboote, Kommandant Kapitänlcntnadt Vicbcg hat im Acrmclkanal unter stärkster feindlichce Gegen wirkung 5 Dampfer mit SL 600 Bruttoregister tonnen versenkt, darunter einen bewaffneten iiefbeladencn Dainpfer früheren deutschen Dampfer „Arinonla" 5404 Bruttoregistcrtonnen, der in einem durch 4 Zer störer gesicherten Gelcitzug fuhr. Aus einem durch Zerstörer und Fischdampfer stark gesicherten Gelettzug wurde» zwei tiefbeladcne Dampfer, von denen einer bewaffnet war, herausgeschoffcn. Das gleiche Schicksal ereilte einen größeren bewaffneten stark gesicherten Dampfer von etwa 5000 Bruttorcgistertonnen. Außer dem wurde der französische bewaffnete Dampfer „Ango" (7305 Bruttoregistcrtonnen,) der tief beladen auf dem Wege nach Palmouth angetroffen wurde, torpediert. Der Chef des AdmiralstabS der Marine. Dänische Gehcimsitzung Kopenhagen, 19. D zember. Ter Minister des Aeußeren ei öffnete heute eins Geheimsitzung vom Folksting und Landsting mit einem Vortrag über di« Zusammen kunst der drei Könige in Christiania und über die mit Deutschland und den Vereinigten Staaten geführten Ver handlungen belr. die dänischen Ein- und Ansfuhrverhäll- nisse. An der darauffolgenden Ausspr, »che nahmen der Minister des Inneren und Abgeordnete l »ller Parteien teil. Der bulgarisch-deutsche Handr lsvertrag Sofia. 19. Dezember. Die Sob rarste hat die Ver- längerung des bulgarisch deutschen Hr „id.lSverlrageS, der in diesem Jahre abläuft, bis Ende 19 19 genehmigt. zeichnet/ Wie man jetzt sieht, kehrt sich der Zarismus ganz einfach in sein Gegenteil um. Anstelle der Diktatur des Zaren kam diejenige der maximalistischcn Gruppen der sog. Arbeiter- und Soldatenräte. Unter diesen Umständen ist es gar nicht wunder zu nehmen, daß die jetzige russische Regie rung fast alles bcwcglick-e und alles unbeweglicl)e Kapital als Nntionaleigentnm zu erklären vermag und selbst di« Güter der Kauflente als Gemeindeeigentum hinstellt, ja so gar die Werkzeuge der Fabriken und Handwerker, sowie der landwirtschaftlickien Betriebe zum Staatseigentum macht. Eigentlich wiederholt sie dabei dasjenige, was zurzeit der Be gründung des russischen Gleiches durch die damalichen Er oberer, die skandinavischen Rnrik und ihr Gefolge gegenüber den zu jener Zeit nomanisierenden slawischen und finnischen Völkern geschehen ist. Damals wurde auch das ganze Land diesen Eroberern zngesprockien und erhielt von ihnen die Be zeichnung Rußland. Daß der russische Bauer in vergangenen Jahrhunderten kein Land als eigen besaß, war nur die na- türliche Folge der eben erwähnten Eroberung und Besitz nahme des Landes durch die Rurik und ihr Gefolge. Gegen wärtig erfolgt aber diese Eroberung und diese Versklavung des russischen Volkes nickst seitens dieser skandinavischen Er oberer, sondern durch gewalttätige Revolutionäre, die groß- tenteils aus getauften und ungetansten Inden bestehen, die im Namen des sozialdemokratischen Kommunismus die alte Sklaverei des ärgsten Zarismus wiederhcrstellen. Und dos nennt unsre Sozialdemokratie Volks-Herrschaft, die für Mittel europa vorbildlich sein soll. Sächsischer Landtag (:) Dresden, 19. Dezember. Die Erste Kammer trat heute mittag 12 Uhr in Gegen wart des Prinzen Johann Georg und des Staatsministers von Seydewitz zn ihrer 4. öffentlichen Sitzung zusammen. Vor Eintritt in die Tagesordnung verpflichtet der Präsident in fcierlick>er Weise das neue Kammermitglied Kommerzien rat Verkling-Plauen durch die Wnahme des Eides und durch Handschlag. Auf der Tagesordnung standen die beiden An träge der Abgg. Brodaus lind Gen. betr. die Ueberfüllung der Schnellzüge und Castan und Gen. betr. die Fahrpreis- Zuschläge für Schnellzüge. Der Berichteistatter, Geh. Rat Dr. Waentig, beantragte namens der 2. Deputation, die Kammer wolle in Uebereinstimmung mit der Zweiten Kam mer beschließen, 1. die Kgl. Staatsregierung zu ersuchen, Maßnahmen zu treffen, durch die die Ueberfüllung der Schnellzüge auf zweckmäßigere Weise begegnet wird, als es durch die im Oktober eingeführte unmäßige Verteuerung ge schehen ist; 2. die Regierung zu ersuchen, Schritte zu unter- nehmen, um die Wiederaufhebung der außerordentlichen Zu schläge zu den Fahrpreisen für Schnellzüge herbeizuführen. Vizepräsident Oberbürgermeister Dr. Dittrich - Leipzig wünschte bessere Verbindungen zwischen Leipzig und' Berlin. Unter den gegemvärtigen schlechten Zugverbindungen Hobe nicht nur Leipzig, sondern ganz Westsachsen gelitten. Na- mentlich auf den Beginn der Frühjahrsmesse müsse mehr Rücksicht genommen werden. Auch gingen zu wenig Züge von Westsachsen über Leipzig nach Berlin. Die preußische Eiscnbahndirektion habe die Wünsche vieler andrer Städte berücksichtigt, während diejenigen von Leipzig unberücksichtigt geblieben seien. Zur Zeit der Ostermustermesse müßten gleichfalls bessere Verbindungen geschaffen werden, weil auf die Beschickung dieser Messe viel Wert gelegt werde. Ober bürgermeister Dr. Hübschman n-Chemnitz hebt hervor, daß die gegemvärtige Verbindung von Chemnitz nach Berlin eine sehr mangelhafte sei. Die Chemnitzer seien genötigt, bereits früh um 6 Uhr von Chemnitz nach Berlin zu fahren. Dies sei die einzige Schncllzugsverbindung nach der Reichs- Hauptstadt. Die Rückreise müsse mit dem Personenzug er folgen, da eine Schnellzugsverbindung fehle. Für Chemnitz als Industriestadt seien diese Schnellzugsperbindungen voll ständig ungenügend, und die Bemühungen der Stadtver waltung um Abstellung der Mängel seien erfolglos geblieben. Er hoffe, daß im Interesse von Chemnitz sobald als mhglich bessere Verbindungen geschaffen würden. Staatsministcr von Seydewitz bemerkt, daß die Verwaltung fortgesetzt bestrebt gewesen sei, den Verkehr zu heben. Es seien jedoch zahlreiche Maschinen und Wagen an die Militärverwaltung abgegeben worden. Dazu komme noch die Schwierigkeiten bei der Ausführung der Reparaturen und der Kohlenmangel. Deshals hätten Beschränkungen, auch in andern. Ländern; ein- treten müssen. Zunächst habe man den Personenverkcht ein geschränkt. da die Beförderungen von Militär und Lebens mitteln in erster Linie notwendig waren. Trotzdem wäre eine schwere Beeinträchtigung des Verkehrs noch nickst ein getreten. Auch die Verwaltung habe den Wunsch,, die Mängel sobald als möglich zn beseitigen. Sie werde keinen Tag länger zögern, sobald genügend Kohlen und. Maschinen vorhanden seien. Dann werde Leipzig und Chemnitz auch