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rückzukommen, so wird dessen Zeit als eine Epoche des Nieoergangcs bezeichnet, Kann inan das sagen von einer Zeit, in der das Meißner Porzellan erfunden wurde, und aus dör uns der Zwinger als herrliches Kunstdenkmal hinterlassen worden ist? Sachsen ist auch in vielen Punk ten, namentlich auch in der Staatsgesetzgebung und im Wirtschaftsleben den übrigen deutschen Ländern voraus gegangen. Wir sind mit Recht stolz auf die glänzenden Erfolge unserer Truppen auf so vielen' Kriegsschau plätzen in der Welt und können ihre Heldentaten nicht genug rühmen, und doch »vollen wir nicht vergessen, daß auch schon früher das Sächsische Banner oft vorangeweht bat, wie zum Beispiel bei dem Entsätze von Wien, wo das erst kurz vorher gebildete sächsische stehende Heer wesent lichen Anteil am Siege hatte. Wir wollen auch nicht ver gessen, daß Kronprinz Albert sich auf dem Schlachtfelds bei Königgrätz die Anerkennung seines genialen Gegners Moltke errungen hat. (Sehr richtig!) Mit dieser Unkenntnis in der sächsischen Geschichte muß gebrochen werden. Es wäre gut, wenn die sächsische Ge schichte schon in den Schulen mehr gepflegt würde. Dazu müßte aber erst ein gutes Geschichtsbuch verfaßt werden, das noch fehlt. Aber als grundlegend muß ich es be trachten, wenn sich die sächsische Regierung entschließen wollte, einen Lehrstuhl für sächsische Geschichte an der Universität Leipzig zu errichten und diesen Lehrstuhl, wenn irgend möglich, einem ordent lichen Professor zu übertragen. Ich weiß, daß jetzt ein Professor im Nebenamt mit diesen» Lehrauftrage betraut ist, aber die Bedeutung der sächischn Geschichte verlangt ein Hauptamt. Ich zweifle nicht, daß sich unter unseren Historikern eine Anzahl Männer finden, ich möchte, ohne damit der Entschließung der Regierung vorgreifen zu »vollen und ohne die Betreffenden als die einzigen bezeich nen zu »vollen, die dafür in Frage kämen, nur zwei Namen nennen, den Dr. Philipp in Borna, der jetzt bei unserer Kavallerie im Osten steht, und den Tr. Schmidt-Breitung in Leipzig, den Sohn des Rektors Schmidt in Freiberg, der sich um die Popularisierung der sächsischen Geschichte jo außerordentlich verdient gemacht hat. Lassen Sie mich zu diesen» Zuknnftsbilde noch einige Striche anfügen. Ich könnte wünschen, daß sich an diesen Lehrstuhl noch ein Seminar für sächsische Geschichte, Volks kunde, Landeskunde und Heimatkunde anschlösse, und »vir, die wir den sächsischen Heimatschntz vertreten, würden mit großer Freude dieses Seminar als den Mittelpunkt unserer Bestrebungen betrachten. Das ist nur ein Zukunftsbild, aber den Lehrstuhl für sächsische Geschichte möchte ich der sächsischen Negierung a»fs »»'ärmste ans Herz legen. Man wird mir Vorhalten, daß ich damit Partiknlarismns treibe. Wenn damit der falschverstandenc Partiknlarismns ge meint ist. so wäi'e der Vorwurf berechtigt, aber der echte Partiknlarismns ist eine der größten Stützen des vater ländischen Empfindens, denn wer sich mit Liebe und Ver ständnis in die Geschichte und Entwickelung seiner engeren H-ümat versenkt hat, dem wird sich erst voll und ganz die Erkenntnis der glänzenden Entwickelung unseres großen deutschen Vaterlandes erschließen. Deutscher Reichstag Berlin, 8. April. Am BundeSratstisch: Tr. Lisco, Dr. Helfferich. Präsident Tr. Kaempf eröffnet die Sitzung um lB/, Uhr. Eingegangcn ist die Novelle zum Kaligesetz. Ans der Tagesordnung steht zunächst die nochmalige Ab- snmmung über den Antrag Tr. Müller und Dr. Junck über dm Mindeslslrasen im Militärstrafgesetzbuch. General v. Langer mann erklärt, daß der stellver tretende Kriegsminister lebhafte Bedenken gegen den An trag habe. Der Antrag wird bierauf gegen die Stimmen der .Konservativen angenommen. Es folgt die Beratung des Etats der Reichsjnstizver- i altung.' Eingegangcn ist ein Antrag verschiedener Par- j »er» auf Aufhebung der Verordnung über die Entlastung der Gerichte. Ter Berichterstatter Abg. Liesching (Fortschr. Vp.) r-stattet einer» längeren Bericht. Abg. Heine (Soz.): Die Entlastungsyerordnung hat vielfach nicht dem entsprochen, was das Publikum davon er- iv.ntet hat. Sie berührt ganz verwickelte Fragen, die nicht versuchsweise entschieden werden sollen. Die Anklage wegen .HoclwerratS gegen den Senator Possehl und seinen Proku risten durfte überhaupt nickt erhoben werden. Staatssekretär Dr. Lisco: Tie Bundesratsver- ardnnng ist sorgfältig erwogen worden und hat auch günstig gewirkt. Eine Spitze gegen den Anwgltsstgnd ist nicht darin enthalten. Ter Bundesrat wird zu der Reso lution Stellung nehmen. Abg. Dove (Fortschr. Vp.): Ter Resolution stimmen »vir zu. »veil die Verordnung einen zu tiefen Eingriff in die Rechtspflege bedeutet. Abg. Tr. Junck tnatl.): Der Prozeß Possehl ist nicht von den vereinigten Senaten, sondern» von dem Straf senat des Reichsgerichtes verhandelt »vorbei», der auch die volle Verantwortung trägt. Wir müsse»» erst die Einzel heiten des Prozesses abirartcn, ebe »vir hier Vorwürfe er heben. (Abg. Heine ruft: „Ein wahnwitzigcr Straf antrag!") Nein, Sie dürfen nickt solche Angriffe gegen den Reichsanwalt richten. (Zustimmung.) Staatssekretär Lisco: Ter Prozeß Possehl ist von den Strafsenaten und von den» Reichsanwalt mit Pflicht-' gefülil bearbeitet worden. Abg. Stadtbagen (Sozialdem. Arbeitsgcmein- silraft): In dem Prozeß Possehl mögen die objektiven Landesverratsmerkmale Vorgelegen haben, die subjektiven k'nnen »vir nicht, da die Oeffentlickkeit ausgeschlossen war. Wir ersuchen nm Auskunft über die Gründe der Frei sprechung. — Glchfische Volk»zeit»>ß — Gerte > — « Abg. Landsberg (Soz.) spricht gegen der» Antrag der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft. Hierauf »vird ein Schlußantrag angenommen. Slbg. Heine (Soz.) und Stadthagen (Soz.) wechseln scharfe persönliche Bemerkungen. Die Entschließung des Ausschusses wird angenommen, der Justizetat erledigt. Bei der Beratung des Etats des Reichsschatzamtes bringt der Abgeordnete Liebknecht wiederum Behaup tungen vor, die jedes vaterländische Empfin den schwer verletzen mußten. Das Haus gab deut lich zu erkennen, daß es den Redner nicht weiter hören »volle. Präsident Dr. Kaempf sprach sein Bedauern aus, daß ein Deutscher derartige Aeußerungen tun könne und schloß den Abgeordneten Liebknecht wegen fortgesetzter Verstöße gegen die Ordnung des Hauses von de rSitz ungaus. Als Liebknecht die Rednertribüne trotzdem nicht verließ, kam es zu erregten Ausei nandersetzungen, in deren Verlauf die Beschlußunfähigkeit des Hauses festgc- stellt und die Sitzung geschlossen wurde. — Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung: Montag 3 Uhr. Der Weltkrieg Der amtliche deutsche Kriegsbericht (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, 9. April 1916. Die Lage ist auf allen Kriegsschauplätzen iin allge meinen unverändert. Ober st e Heeresleitung. Luftangrifs auf die russische Flicgrrstation Papensholm Berlin. (Amtlich.) An» 8. April griffen vier Marineflugzeuge die russische Flugstation Papensholm bei Kielkond auf Oesel an. Die Station wurde mit 20 Bom ben belegt. Von vier zur Abwehr aufgestiegenen feindlichen Flugzeugen wurden zwei zur Landung gezwungen. Trotz heftiger Beschießung sind unsere Flugzeuge unbeschädigt zurückgekehrt. (W. T. V.) Der Chef des Admiralstabes der Marine. Kielkond liegt an der Westküste der Insel Oesel, die dem Rigaer Bnsen vorgelagert ist. Oestcrreichisch-ungarischer Kriegsbericht Wien. (W. T. V.) Amtlich »vird verlautbart den 9. April 1916: Russischer und Südöstlicher Kriegs schauplatz. Unverändert. Italienischer Kriegsschauplatz. Stellenweise lebhaftes Geschützfeuer. Sonst keine nennenswerten Kämpfe. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: v. Höfer, Feldmarschall-Leutnant. Der türkische Bericht K o n st a n t i n o p e l, 9. April. (W. T. B.) Amt licher Bericht. An der Jrakfront keine Veränderung. Unser Artilleriefeuer beschädigte ein feindliches Kanonen boot und verursachte auf ihm eine Explosion. Das Boot wurde von einem Motorboote nach Osten abgeschleppt. West lich von Korna fand ein Zusammenstoß mit feindlichen Posten statt. Von den Engländern wurden 6 Mann ge tötet und 1 Offizier verwundet. Wir zerstörten tele phonische Anlagen des Feindes in dieser Gegend. An der Kaukasusfront keine Unternehmung von Bedeutung. Am 8. April näherte sich ein feindlicher Kreuzer Kemikli-Liman und gab einige Schüsse ab. Das Gegenfeuer unserer Ar tillerie zwang ihn, sich zurückzuziehen. Zwei feindliche Flieger erschienen über der Halbinsel Gallipoli, entflohen aber beim Aufsteigen unseres Kampfflugzeuges gegen Jmbros. Vom westlichen Kriegsschauplatz Die Absichten der Engländer mit Holland werden von Tag zu Tag mehr aufgedeckt. Es scheint jetzt festzustehen, daß Holland Kenntnis von der beabsichtigten Landung englischer Trjippen an der Scheldemündung erhielt, die den Deutschen in den Rücken fallen sollten. -Zu diesem Zwecke sollten 300 0W Mann bereitgestcllt werden. Daher die holländischen Abwehrmaßnahmen, die den Zweck hatten, die Neutralität unter allen Umständen aufrecht zu erhalten. Also England „schützte" wieder einmal die kleinen Staaten, indem cs ein bisher neutrales Land in die Kriegsschrecken einbeziehen wollte. Die Sache war aber nicht so einfach, denn im Kanal sind deutsche Unterseeboote, die dem Zug der Engländer nach Holland nicht so ruhig zugesehen hätten und an diesen» Grunde wie an der holländischen Schlag fertigkeit scheiterte der Plan. So erzählt der französische General Verraux im „L'Ocuvre", und der kann es wissen. Notterdamcr Meldungen wissen sogar von einer Aufforde rung an Holland, tätige Waffcnhilfe zu leisten, zu berichten. England wollte also nicht nur das friedliche Land zum Kriegsschauplatz machen, sondern die holländischen wehr fähigen Männer sollten sich auch für das machthungrige England opfern, das die Kriegsfeucrchen wohl anbrennt, aber andere brennen lassen will. Nun ist der schöne Plan entzwei. Holland bleibt nach wie vor stärker wachsam, ja die holländischen Häfen sind sogar vom 6. April ab unter militärische Kontrolle gestellt worden. Zu Deutschland sind die Beziehungen in der letzten Zeit noch besser geworden, denn die Volksstimmung wendet sich inehr und mehr gegen England, das den friedlichen Handel zu stören beabsichtigte, und damit dem Lande reiche Ein nahmen abschneiden wollte. Die Einnahme von Haucourt und der starken fran- zösischen Stützpunkte südlich von dein Dorfe hat in der französischen Presse das bekannt« Mätzchen auftauchen lassen, daß das Dorf und seine Umgebung keinen tak- tischen Wert besitzt. Das ist natürlich billig. Die erbitterten Kämpfe und der hartnäckige Widerstand der französischen Truppen lassen eigentlich das Gegenteil er kennen. Bei dieser Gelegenheit sei festgestellt, daß neutrale Berichterstatter die Zahl der französischen Toten auf ge nau doppelt so stark angeben als die bei den Deutschen. Was nun das stete Vorrücken unserer Truppen anbelangt, so wird es durch Folgendes gekennzeichnet: Die größte Entfernung unserer Truppen von der eigenst lichen Festung Verdun ist die, von dem eben eroberten Haucourt aus, die in Luftlinie gemessen 14 Kilometer beträgt. Böthincourt ist 13 Kilometer nordwestlich von Verdun gelegen, wogegen die Höhe 304 nur 12 Kilometer und der „Tote Mann" eine Entfernungszahl von 11 Kilo metern aufweist. Bei weitem näher an Verdun haben wir unsere Stellungen auf dem Nordostsektor vorgetragen. Hier stehen »vir im Cailettewäldchen 6 Kilometer von dem eigent lichen Festungsrayon. Ein tüchtiges Stück Arbeit steht unseren braven Truppen noch bevor. Unser Verständnis für ihre heroischen Taten können wir aber nur zeigen, wenn »vir den kommenden Ereignissen mit sicherer Ruhe entgegenblicken. Vom russischen Kriegsschauplatz Au der besrarjabischen Front ist die Tätigkeit nur ge ring. Vereinzelter Kanonendonner ist hörbar. Nachts kommt es manchmal zu kleineren Vorpostengeplänkeln, sonst besteht reiner Stellungskampf mit Handgranaten, Minenwürfen und Sprengungen. Es ist wahrscheinlich, daß der Gegner nicht daran denkt, in absehbarer Zeit hier größere Operationen durchzuführen. (Franks. Ztg.) Vom Balkan-Kriegsschauplatz Das Saloniki-Unternehmen soll nach Schweizer Blät tern aufgegeben »verden und zwar genau so fang- und klanglos wie die Fahrt nach Gallipoli. Tatsache ist, daß englische und französische Truppen auf griechischem Boden untätig sitzen, der Abtransport eines Teiles der fran zösischen Truppen, die im eigenen Lande nötig gebraucht wurden, begonnen hat und zur Zeit keine Aussicht auf eine kriegerische Lösung des Rostes der Balkanfrage besteht. Vom Seekrieg Zwei italienische Transportdampfer wurden von österreichisch-ungarischen Tauchbooten versenkt und zwar auf der Reise nach Walona, wo bisher 40 000 Italiener, 8000 Serben, 6000 albanische Anhänger Essads ver sammelt sind. Ter britische Dampfer „Braunton" (4575 Tonnen) und das Segelschiff „Clyde" wurden durch Minen zerstört. Der britische Dampfer „Chantala" („Cantara"?) wurde versenkt. Der holländische Dainpfer „Ryndijk" lief auf eine Mine, er liegt schwer beschädigt im Londoner Hafen. Der französische Dampfer „Colbcrt" entkam durch schnelle Flucht einem Unterseeboot, ebenso der Danrpfer „Felix Touache". Ter britische Dampfer „Avon" ist versenkt worden. In Vlissingen sind gestern keine Dampfer eingetroffen, und heute werden keine ausfahren. , Ter britische Dampfer „Adamton" ist gesunken. Der französische Fischdampfer „Saintc Marie" wurde versenkt. Deutsche Unterseeboote wurden vor Korfu gesichtet. Deutsche Minen wurden dort am Hafeneingang aufgefischt. Deutsches Reich Staatssekretär Tr. Tellbrück ist an Furunkulose er krankt. — Vorn Genevalscldmarschall v. Hindenburg ist der Presse folgende Mitteilung übergeben worden: Haupt quartier Ost. Ter 50. Jahrestag meines Ein trittes in das Heer hat mir eine überwältigende Fülle von freundlichen Grüßen und treuen Wünschen gebracht. Sie haben mich aufs tiefste gerührt und erfüllen meine Seele mit Dank gegen Gott, der meine Arbeit sichtlich gesegnet hat, und gegen meinen kaiserlichen und königlichen Herrn, dessen Gnade und Vertrauen mich einst auf meinen jetzigen Posten berief. Mit allen denen, die meiner gedacht, weiß ich mich eins in dem Gefühle, daß heute alle unsere Kräfte Kaiser und Reick gehören, der heiligen Sache des Vater landes und seinen» endgültigen Siege. So darf ich auf Verständnis und Nachsicht rechnen, wenn ich bitte, mit diesen» kurzen schlichten Wort, das für alle bestimmt ist, und jedem einzelnen danken möchte, gütig fürlieb zu nehmen, gez. v. Hindenburg, Generalfeldmarschall. — Die Sommerzeit »vird auch in Oesterreich-Ungarn und in der Schweiz eingeführt. — Kaffee und Tee sind beschlagnahmt worden und für den Handel vorübergehend gesperrt. Aus dem Ausland England — Die 18- und 19jährigcn wurden zum Heeresdienst ausgcrufen. Holland — Mit exnem englischen Ultimatum rechnet man in Holland, das sich auf die Einführung der Handelssperre gegen Deutschland bezieht. Holland wird das Ansinnen be stimmt ablehnen.