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Nr. V LT. Jahrg. Donnerstag den 13. Januar 1916 »nt» «.d»ktio»r Dresden.«. 1«. Holbeinftrab« ^ Fernsprecher 2188« Postscheekkoulo Leipzig Nr. 147S7 — ««»«»»« X Mil illulir. veilaa. virttkliShttich N.1P 4k. I» Dresden und «a»i Deullid- Imrd^ srei Hau» rt.L!t 4k; i» teilerreich «-»«ab« S dierteljSbrlich I.ktt) 4< In Dresden und «an» Teuljchland frei Haus 4k: in veslerreich 4 07 X. Einzel-Nummer Iv Dir Süchstlche BolfSzeitiuig erlchcinl an allen Kochenlage» nachmittags. 41 »aa! lrme »am Anzeigen - von chrichüilSaujrigen bi« IVUHr von Fainlilenanjeigen bis 11 Uhr vorm Peel« flii diePeitt Lpallicilc irv 1 im «clla- meleil «1» z Nur undeutlich geiidricdeiie. loivie durch Her». ' irechrr aufgegedene «Njeigeii können lvrr dir eranNvorllichkci» für die RichügkeU de« lepe» nichl üdernchmen kprechstunde der Redaklion: 1»—I«Uhr vorn,. Organ der Ientrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilage. Uorsu durch die Franzosen besetzt Franziskanerinnen als Gäste im Felde beim Kronprinzen Georg von Sachsen Auf dein westlichen Kriegsschauplätze sind die Armen- sckwestern vom heiligen Franziskus (Mutterhaus Aacheu, Lindenplatz) in einem Lazarette tätig, das oftmals vom Kronprinzen Georg von Sachsen besucht wird. In der leutseligsten Weise unterhält sich der Königssohn mit den Verwundeten, erkundigt sich nach ihrem Befinden, spricht ihnen Trost und Mut zu und spendet ihnen allerhand Liebesgaben. Als er vor einiger Zeit einen schwerver wundeten sächsischen Soldaten dort antraf, dessen Leben i ur noch nach Tagen zählte, wollte er diesem eine besondere Freude machen und fragte ihn nach seinen Wünschen. Ta der Verlebte in jeder Beziehung bei den Schwestern gut aufgehoben war, kam er einigermaßen in Verlegenheit. Ta aber der Kronprinz darauf bestand, daß er irgend eine Bitte äußer» solle, wünschte sich der Soldat — ein Brötchen. Von nun an besorgte ihm der Kronprinz jeden Tag ein fii'ches Brötchen, das er nicht selten selbst überbrachte. Solche und ähnliche Beweise liebevoller Sorge um die Ver wnndeten könnten noch manche erzählt werde». Aber nicht bloß die Soldaten bilden den Gegenstand seiner Fürsorge, sondern auch die Schwestern, die wegen ibrer hingebenden und aufopfernde» Tätigkeit die größte Achtung des Prinzen genießen, sollte» jüngst eine aller liebste Ueberraschung erfahren. Ter Kronprinz erschien (nies Tages bei der Oberin mit der Bitte, die Schwestern möchten an einem näher bestimmten Nachmittag sich als Gäste im Onartier des Kronprinzen einfinde». Eine Ablehnung dieser Bitte war nicht angängig. Ta aber nur die Hälfte der Schwester» abkömmlich war, so begaben sich m dem dafür festgesetzten Nachmittag sieben Schwestern »ach dein Schlosse, das etwa eine Stunde entfernt tag. Etwas beklommenen Herzens zogen sie auf der Landstraße dahin, die von beiden Seiten von prächtigen .Kastanien bäumen unisänint war. Es war gegen -"> Uhr, als sie in die von Linden beschattete Einfahrt znm Schlosse einbogen. Tie Wache, die von der Anknnst der Schwestern in Kennt nis gesetzt worden war. öffnete sogleich das große Parktor und ließ die seltsamen Gäste ein. Unter etwas ehrfürch tigem Flüstern schritten sie auf dem breiten Weg zwischen dein Stranchwerk und den scbattcnspendenden Bäumen dahin. Plötzlich gewahrten sie den Kronprinzen, der mit seinem Adjutanten vom Schlosse her über den grünen Nasen auf die Ankömmlinge zuschritt. Anfs herzlichste hieß er seine Gäste willkommen und geleitete sie zum Schlosse, vor dein in einer Lichtung des Parkes bereits der gedeckte Tisch stand. Ter Kronprinz führte die Schwestern zunächst in das Haus. Urber eine breite Treppe gelangten sie in eine schöne Diele, wo sich die Schwestern ihrer mächtigen Regen schirme entledigten. die sie vorsichtshalber mitgebracht batten. Tann traten sie in ein schönes Empfangszimmer, wo sie auf gepolsterten Stühlen Platz nahmen. Anfangs mochte es de» guten Schwestern etwas seltsam zumute ge wesen sein, als sie da saßen und mitten unter ihnen neben der Oberin der Kronprinz sich niedergelassen hatte. Aber dieses Gefühl dauerte »ur wenige Sekunden, dann, als der Kronprinz so einfach und schlicht mit allen sprach, hörte jede Beklommenheit von selbst auf. Wohl niemals hat das alte französische Schloß eine solche gemischte Gesellschaft gesehen. Tic feinen ernsten und freundlichen Züge der alten Tarne im schwarzseidenen Kleide schienen aus dem großen Bilde an der Wand fast verwundert auf die sonderbaren Gäste zu schauen. Nach kurzer Unterhaltung erschien der Adjutant, Graf V., nm zu melden, daß der Kaffee bereit sei. Unter einem breitästigen alten Baume, von dein eine elektrische Klingel herunterhing, stand der Tisch, an dem der Kronprinz mit seinem Adjutanten und den Schwestern sich niederließen. Auf der Serviette eines jeden Gedecks lag eine prachtvolle Rose. Die beiden kronprinzlichen Diener hielten sich in der Nähe unter den schattigen Bäumen in Bereitschaft, der eine bei einem Phonographen, der bald zu spielen begann, der andere in der Nähe der Tafel, um Kaffee und Tee herumzureichen. Bald entwickelte sich eine ungezwungene Unterhaltung, die sich namentlich nm die Friedcnstätiqkeit der Schwe stern drehte, für die der Kronprinz ein großes Interesse an den Tag legte. Er erwies sich als ein kluger Beobachter und feiner Menschenkenner, der ein großes Verständnis für die Pulsschläge der Volksseele bekundete. Auch der Adjutant war äußerst liebenswürdig, ganz auf den schlich- Das Neueste vom Tage Eine Note an Grikchruland A t h e ». 12. Januar. (W. T. B.) Havas-Meldung. In einer von den Gesandten der Alliierten gestern der griechischen Negierung übermittelten Note heißt es: Tie Negierungen der Alliierten halten es für eine Pflicht der Menschlichkeit, einen Teil der serbischen Armee auf einen der albanischen Küste benachbarten Punkt Hinüberzuschaffe», nm ihn vor Hungersnot und Vernichtung zu bewahren. Die alliierten Negierungen erkannte», daß nur die Insel K o r f n die einzige Möglichkeit bilde. Griechenland wird sich nicht der Uebersiedlnng der Serben, seiner Verbündeten, widersetzen, die nur kurze Zeit auf der Insel bleiben würden. Es handle sich nm keinen Akt der Besetzung, wofür alle Garantien gegeben worden seien. Tie Besetzung Korfus durch sranzösischr Truppen ist, so schreibt das „Berliner Tageblatt", nur ein weiterer Schritt i» der Ausführung des Planes, auf den die Ententemächte sich offenbar geeinigt haben, nämlich Griechenland zu zwingen, am Kriege Kilznnehme» Tw Besetzung des Achilleion dürfte die kindlichen Gemüter in Paris und London entzücken, da die schön gelegene Villa dem Teutschen Kaiser gehört. Endlich hat man auch ein mal etwas erobert, wenn es auch nur ein unbesckütztcs Landhaus auf nicht verteidigtem neutralen Boden ist. Vor dem Abzug von Gallipoli Tie „Voss. Ztg." meldet aus dem Hauptguartier auf Gallipoli: Tie Absicht des Feindes, abzuziehen, war nie mand verborgen. Tie Engländer waren äußerst nervös, verschossen ihre Leuchtkugeln und knallten zwecklos umher. Tie türkische Artillerie erzielte ausgezeichnete Erfolge. Wie übereilt die Flucht war. gebt daraus hervor, daß sie ihre Pferde, die sie nicht mehr sortzuschaffen vermochten, so wie sie dastanden, in langen Neiden niederschossen. Ilcbcr dc» Fliegerangriff auf Saloniki wird verschiedenen Morgenblättern ans London gemeldet, daß mehrere MunitionstranSporte im Lager der Alliierten ervlodierten, zahlreiche Pferde, Wagen und viel Material vernichtet und über IW Mann getötet wurden. Tic verzweifelte Lage Montenrgrvs Wie verschiedenen Morgenblättern aus Gens berichtet wird, bespricht die Pariser Presse sehr erregt die ver zweifelte Lage Montenegros. Das Trauerspiel Ser biens wiederhole sich. Ter Vierverband und be sonders Italien seien allzu spät gekommen. Zngsuuglüct Tiedenho f e n , 12. Januar. (W. T. B.) Ein von Algringcn fälliger Erzzng überfuhr am 11. d. M. nach- mittags Uhr das geschlossene Einfahrtssignal des Bahn hofes Hayi»gcn, woselbst er auf einen Güterzug aufstieß. Tabei verunglückten die Schlosser Thcw und E»»z ans Tiedenbofen tödlich, während der Lokomotivführer schwer verletzt wurde. Von ciiirm Unterseeboot verfolgt M adrid . 12. Januar. (Meldung der Agence Havas.) Ter Dampfer „Tafna" hat durch einen Funkspruch uni Hilfe gebeten, unter dem Hinznfügeu, daß er durch ein Unter seeboot verfolgt werde. Nach einem zweiten in Barcelona eingetroffencn Fnnkspruch hat die „Tafna" mitgeteilt daß sic ihrem Verfolger habe entrinne» können. Nene italienische Marinekvstcn R o ni, 12. Januar. „Gazzetta Ufficiale" veröffent licht ein Dekret, wonach für die Marine unter Kriegskostcn weitere 80 Millionen ausgeworfen werden. teil Ton des kronprinzlichen Haushaltes gestimmt. Er ist ein gläubiger Protestant, der, weit entfernt von Vorurteilen gegen katholisches Leben, vielmehr katholischen Einrich tungen tiefes Verständnis entgegenbringt. Nach dem Kaffee wurde wieder ein Spaziergang durch den an den Park grenzenden Wald unternommen. Auf einem schmalen Pfade zogen die Schwestern mit ihrem Gastgeber durch das frische Bncheugrün. Sorgsam bogen an de» dichten Stellen Kronprinz und Adjutant die Zweige auseinander, die den Spaziergängern zuweilen den Weg versperren wollten. Nach einiger Zeit begann der Aufstieg zu einer Höhe, auf der die Pioniere eine» kleinen hübschen Anssichtstempel ans Birkenstäinmchen gebaut haben. Es ging ziemlich steil bina», aber die kleine Mühe wurde reich lich gelohnt. Oben bot sich den Schwestern ein wunder barer Ausblick dar. Tie Sonne goß ihre Strahlen über das schöne Gelände aus. Aus den nahen Wäldern hörte man das Girren der Tauben, Amseln flöteten in der Nähe und dazwischen musizierten die anderen Vöglein mit hundert Stimmen. Ter Kronprinz erklärte den Schwestern die ganze Gegend und gebrauchte für die verschiedenen Ort schaften die deutsche Aussprache. Scherzhaft bemerkte er, daß die deutsche Aussprache die einzig richtige sei, wie man am besten bei Maubeuge sehe: man sage ja auch Kniebeuge und nicht ...Knieböösch", meinte er lachend. Tann legte er den Schwestern eine Preisfrage vor. indem er eine tref fende Verdeutschung für Makkaroni von ihnen wünschte. Da keine die richtige Antwort fand, geb er dieselbe selbst, indem er sagte: „Treubruch-Nndeln!" Auch auf die Kriegs ereignisse kam er zu spreche». Ter Kronprinz wies daraus hin, daß Hindenburg, Mackensen, v. Gallwitz n. a. außer ordentlich gottesfürchtige und fromme Männer seien, und diesem Umstande schrieb er vornehmlich die herrlichen Er folge derselben zu. Deutscher Reichstag Berlin, 12. Januar. (Schluß der Sitzung vom 11. Januar.) Abg. Schmidt-Berlin (Soz.): Bei der Beurteilung dcr Ernährungsfragen stelle» wir die zweckmäßige Organisation der Verstellung voran, ebenso die Be kämpfung der außerordentlichen Preistreibereien. Nach Ilinonatigeiii Tnrchhalten müßte das Ausland eigentlich ei »gesehen haben, daß Teutschland wirtscliaftlich nicht zu- saninienbrechen wird. Allerdings sind weitgehende Ein- griffe in das Wirtschaftsgetriebe notwendig: 1. Ein Ver Perteilungsplan für bestimmte Nahrungsmittel. 2. die Preisbildung ist dem freien Wettbewerb zu entrücken, 3. die Preisfestsetzung darf nur auf die tatsächlichen Erzeugungs tosten Rücksicht nehmen, -1. Sicherung gegen Verfälschung von Nahrungsmitteln. Die meisten Regierungsverord nungen kommen viel zu spät. Das Neichsanit des Innern steht nicht ans der Höhe. Es zögert zu ost und zu lange. Staatssekretär Tr. Delbrück: Tie Versorgung mit Lebensmitteln zu angemessenen Preise» wird auch beute wie vor Monaten im Vordergründe unserer Bestrebungen und unserer Arbeit stellen. Am August war eine Reibe Maßnahmen in Vorbereitung. Inzwischen ist ein Teil dcr Wünsche des Reichstages erfüllt worden, Znm Teil bat uns der Gang der Ereignisse genötigt, andere als die da mals erwogenen Wege zu geben und die Fiele auch weiter zu stecken. Ich glaube feststellen zu können daß in den Tendenzen, in den lebten Zielen zwischen allen Parteien und der Regierung völlige Uebercinstiiniiiung herrscht. Namentlich darüber sind wir uns vollständig einig, daß in diesen schwere», ernsten Zeiten unter den besonderen wirt schaftlichen Verhältnissen, die der Krieg geschaffen bat. die Versorgung des Marktes und die Bildung der Preise nicht dem freien Spiel der Kräfte überlasten bleibe sondern daß wir mit fester Hand ei »greifen müssen und vor Härten nicht znrückscbrecken dürfen wenn das Wobl des Ganzen und die Sicherheit des Vaterlandes es erfor dert. Ausdrücklich will ich sestskellen: Wir werden mit unseren eigenen Erzeugnissen bis zur nächsten Ernte reichen, wenn wir sparsam und bansbällerisch mir ihnen umgeben wenn wir unsere Lebensgewohnheiten den Verhältnissen anpassen und wenn wir weiterhin mit Erfolg die Vertei lung und den Verbrauch zu regeln in der Lage und. Das deckt sich auch im wesentlichen »nt den Ausführungen des Vorredners. Tie Leistlingen unserer Land wirtschaft. die technische Vervollkommnung ihres ge samten Betriebes hat sich außerordentlich He rn ährt. Tie Mittel, die wir auf die Hebung und Förde rung der Landwil-tschaft verwendet haben, sind nicht nm-