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U ! ^ m! 0 Was ist Unfähigkeit eines Buchhalters? Eine Berliner Handelsfirma l)atte sich einem Buchhalter gegen nionatliche? Gehalt von 125 Mark engagiert, jedoch bei dein Engage ment besondere Fähigkeiten bezüglich der Buchführung nicht verlangt. Die Firma entließ nun nach einiger Zeit den Lstrchhalter wegen Unfähigkeit, da sich eine Anzahl Ueber- tragungsfehler usw. in den Arbeiten vorgefunden haben. So zum Beispiel naren Trattenposten als Warenposten ge bucht. Wenn auch diese Fehler durch entsprechen!» „Stor nos" wieder umgebucht und richtig gestellt worden sind, glaubte der Firmeninhaber sich solck» Arbeiten nicht gefallen lassen zu müssen und zur sofortigen Entlassung berechtigt zu sein. — Ter Buchlnstter klagte, da im Engagementsver trage monatliche Kündigung vorgesehen, wegen 125 Mark Gel>alt. Er behauptet, daß dein Ehef nicht das Reckst zu steht. toegen vorgekommencr, aber richtig gestellter Uebertragungsfehler und anderer kleiner fehlerhafter Arbei ten ihn sofort zu entlassen. — Das Kanfmannsgericht ver urteilte die Firma zur ^jahlung des (Gehaltes auf die Kün- digungszeit. Das Urteil hebt hervor, daß in solchen Arbei ten wohl eine „Leichtfertigkeit" aber keine „Unfähigkeit" zu finden ist. Sofortige Entlassung wäre nur bei Unfähig keit" am Platze gewesen, da der Kläger sich als „Buchhalter" engagieren ließ. Dem Ehef stand nur das Recht der K ündigung zu, Nx'nn ihm die Arbeiten des Klägers nicht znsagten. Das Kaufmannsgericht wies noch darauf hin, daß in solchen Fällen Anstellung „ans Probe" sehr an gebracht ist. Knust, Wissenschaft und Literatur. I Stenographie mittels Schreibmuschinc bezeichn, t sich die ncueste epochemachende Errungenschaft, die die natürliche Folge der selbst in kleinen und kleinsten Geschäften sich immer weiter einbürgernden Schreibmaschinen bildet und nach dem Riederschriften mit Schreibmaschinen sich bedeutend rascher als niit Handschrift fertigen lassen, verschwindet das Konzeptinachen in den Bureaus immer nn-hr, vielmehr tritt au dessen Stelle das direkte „in die Maschine diktieren". Da dies jedoch verhältnismäßig doch noch z» lang'ani geht, hat es der gewandte Maschinenkenner Karl Weichsel- gärtner in Münschen unternommen. diesen Mangel durch Herausgabe eines Lehrbuches über Maschinensteiiographre zu beseitigen und ein Listtem ausgestellt, w.lch-ö gestattet, so rasch wie normal gespro chen wird, mit jeder «xistrecenden Schreibmaschine ein Konzrpt herzusteUen. das nach Fertigung der Reinschrift infolge seiner reinen Thpevzeichen immer als ein gut leserliches Manuskrivt im Akt bleiben kann, und hat sich auch dieses Verfahren des änßeist wertvollen Leh-.buch-.'s, dessen Preis sich nur auf 2 Mark stellt, bei Privaten und Behörden in der so kurzen Zeit seines Benetzens bereits bestens einqeführt. Kolonialwirtschaftliches. Das soeben erschienene Ok- toberhest des „Tropeiipflanzers", Organ des Kolonialwirt- sckxiftl scheu Komitees, Berlin, Unter den Linden 4:',, bringt an erster Stelle einen längeren Aufsatz über den Bau»in>oll- ban in den inssisck»» mittelasiatischen Besitzungen. Nachdem der Verfasser, Agronom V. Walta. einen geschichtlichen Rück blick auf die Entwickelung dieser Kultur in genannten Ge bieten, wo sie seit uralten Zeiten, besonders i» der turkesta- nisck»n Niederung, betrieben wird, gegeben lstst, schildert er in fesselnder Weise ihren heutigen Stand und ihre Aus sichten. Ter Aufsatz dürfte dadurch an Interesse gewinnen, daß ein kürzlich gegründetes Baiimwollkomitee in Rußland dein ^staiiimvollban besonders in Turkestan seine Aufmerksam keit zu schenken und ihn mit geeigneten Maßnahmen zu unter- stützen beabsichtigt. In einer kleinerem Abhandlung ...Kultur und Verwendung der Ehayote (tK-cbiin» minie)" weist Franz Otto Koch auf den Nutzen dieser Frucht in tropischen und subtropischen Ländern hin und beschreibt mehrere Arten ihrer Zubereitung. Tr. Georg Noeder legt in einem Ar tikel „Ueber Seifenfabrikation in tropisck»» Kolonien" dar, daß die in vielen tropischen Früchten entlxsttenen Oele zur Ceisensabrikation an Ort und Stelle zweckmäßig vernxmdet Norden können. Tes weiteren enthält das .Heft wie immer eine Menge von interessanten Mitteilungen ans fremden Gebieten über die verschiedensten tropischen Nutzpflanzen. v Verschiedene Zivilprozesse fanden in letzter Zeit statt, die sich mit Geldafsären der Prinz-ssm Luise von Koburg beschäftigten. Ihre Schulden in Wie» und Paris sollen zusammen vier Millionen Kronen betragen. Ein Konsortium bemühte sich, die Angelegenheit zu ordnen, doch begegnete das den größten Schwierigkeiten, da die Prinzessin kein Bargeld besitzt, sondern nur stark belastete Reuliläien; auch ihre Toiletten und Preziosen sind in Wien verpfändet. König Leopold erklärte, daß er tu dieser Sache keinen Pfennig zahle. v Z ur K r i m i n a l sta t i st i k. Die Zahl der rechts kräftigen Entsck»idimgen über Vergehen und Verbrechen gegen Reichsgesetze belief sich nach der nunmehr abgeschlossen vorliegenden Ausstellung in dem Jahre 1905 und im ganzen Deutschen Reick» auf insgesamt 601 802 Angeklagte. Ver urteilt wurden 520 350 Personen; 439 401 männlichen, 80 955 n»iblick»n (Yeschleckstes. 51498 hatten das Alter von 18 Jahren noch nicht erreicht, 228 307 waren bereits vorbestraft. Vorwiegend waren die Verbrechen gegen die Perion, deren sich 219 008 Personen schuldig wachten, sach lich dagegen standen die Verbrechen gegen das Vermögen am höchsten, indem 203 580 dergleick»ii .Handlungen zur Verurteilung gekommen sind. Einer im „Dresdner Anz." erschienene Zusammenstellung der in Sachsen begange nen Straftaten entnehmen wir folgende Ziffern: Tie (sie- sanitsiiiiiiiie der Verbreck»» in Sachsen beträgt 20833. Einfacher Tiebstahl steht in der sächlichen Kriminalstatistik mit 4353 Telikten in erster Linie; dann folgen Beleidigung mit 3098, gefährliche Körperverletzung mit 2843, leicht: Körperverletzung mit 1180, Unterschlagung mit 1075 Fällen. Betrug steht mit 900, .Hausfriedensbruch mit 959 Straftaten zu Buck». Tann folgen Sack>- besck»dignng niit 790, schn»rer Betrug mit 002, Geivalt und Drohungen gegen Beamte mit 594 Telikten. Nötigung und Bedrohung sind mit 354, Unzucht und Notzucht mit 251, Fälschung ösfeiitlick»r Urkunden mit 222 strafbaren .Handlungen verzeichnet, Hehlerei dagegen mit 372. Arrest- brnch und Verletzung der Eidespslickst weisen kleinere Ziffern ans, 08 und 44. Endlich kommen noch in Frage die Ver brechen der Erpressung (24), des Raubes (12), der Brand stiftung (8). des Totsckstages (10) und des Mordes (2). (siegen das Jahr 1904 ist in Sachsen erfreulicherweise eine Abnahme der Verbecheir um 020 z» verzeichnen, die sich ans alle vorgenannten Arten verteilen mit Ausnahme der ein fache» Tiebstälste, die um 289, und der Unterschlagungen, die um 157 gewachsen sind, während sich die Vergehen der Hehlerei, der Unzucht und Urtiindeiisälschnng um 21, 14 und 13 vermehrt haben. v Ein Saccharin ich miiggel im großen, wie er in seinem Umfang noch nicht leicht vorgekommen sein dürfte, wurde am 2.0. Seht, durch die Lindaucr Zoll behörde entdeckt. In der Zollhalle liegt seit 2 Tagen ein verschlossener Nöhrenkessel. der vo» Haiden in der Schweiz nach Dresden avisiert war. D e Beschaffenheit des Kessels erregte die Ausmerkiamk.nt eines Zollbeamten, worauf auch die Oeffiiimg desselben erfolgte. Man fand in seinem Innern eine schwere Ladung Saccharinpastillen. ungefähr 12 Zentner. Unterstützung wurde sofort eingeleitct. Sprachecke des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. verleihen, „verleihen" heißt leihweise übertragen. ze!tw,ise hingeben, also so. daß die Rückgabe Vorbehalten bleibt. So verleiht ein LcmdeSsürst seine Orden, die beim Tode des Bedachten zurückgegeben werden müssen; so ver- le ht man Bücher, Pfründen n. a. Nun aber „verleiht" ein Fürst auch seine Büste oder stin Bild u. dgl. Ist das Zeitwort da nicht falsch angewandt? die Büste, dos Bild usw. brauchen doch nicht zurückgegeben zu werden wie der Orden, sie bleiben doch Eigenlum der Angehörigen des Beschenkten, auch wenn er selbst stirbt? — Wer so fragt, bedenkt nickst, daß „verteihcn" doch auch schon seit alters in einem anderen Sinne gebraucht wird, nämlich in dem des feierlichen, gnädigen Gebens oder GewährenS einer Sache, ohne daß dabei ans Rückgeben gedacht wird. So bittet man Gott, daß er uns seine Gnade, langes Leben n. a. verleihe, so verleiht die Anstrengung des Schlittschuhlaufen« dem Leibe immer neue Schwungkraft ! (Goethe); und so sagt Melvil bei der Beichte der Maria Stuart: Ich aber künde dir, kraft der Gewalt. Die nric verliehen ist zu lösen und zu binden. Erlassung an von allen deinen Sünden. So ist also auch nichts dagegen zu sagen, daß ein Fürst sein Bild „verleiht"; verleihen bezeichnet da eben das feier lichere Geben. Deutsch. Negerfrauzösich. In der Hamburger Zeitung hieß es kürzlich: Der Engländer sagt wohl „Kindergarten", der Franzose wohl „Bier", der Russe wohl „Butterbrot"; aber dieses Mengen nur dem Fremdwort zuliebe wie beim Deutschen kennt keiner von ihnen. Als Beweis, wie ab fällig der gebildete Fremde über unsere Sprachmengerei denkt, braucht nur angefühlt zu werden, wrs JuleS Huret sagt, dessen Urteil uns die Spalten deutscher Zeitungen wiederholt vor Augen führten. „Und überall furchtbares Französisch.Deutsch wie; „Interessante Toinisten- route". „Probiermamsell", „Cassmamsell" usw. Man glaubt beinahe Negerfranzösisch zu hören!" — Müssen wir uns nicht schämen, gründlich schämen, daß uns solche Vorwürfe noch immer gemacht werden könuenL , Juristischer Ratgeber. Auskünfte über juristische Anfragen werden unseren Abonnenten an dieser Stelle ertetll. Nur bitten wir. der Anfrage 20 Pf. in Brieimarken zur Deckung der PortoauSIagen beiznlegen—gür die Auskünfte übernehmen wi, keine Leraniwoiinng ^ L' Dresden. »Ein Privat.Annestellter b-zichi einen monatlichen Gehalt von lud Mk. cutz-rdeni erhält derselbe »och für Bekleidungsgeld und Woknungözuschuß pro Monat 20 4M. können diese 20 Mk. demselben von e'^em Gläubiger gevkändet werden?" — Ja, die üiierschießen cn 20 Mk. können gcpf-indet werden. -V. <»., Görlitz. »In einer Auktion kausie ich -in neues Fahrrad zum PresteZooa 35 Mk. Ein Bekannte-, dem ich einige Tag später das Fahrrad lieh, stürzte damit so. d.ß eine Karre daiüver fuhr und das Rad vollstärd'g unbrauchbar machte. Der Bekannte will mir nur die 35 Mk., Weiche ich sür das Rad zahlte, vergüten- Muß ich damit zuf jeden sein?" — Nach 8 249 des B. G -B. hat derjenige, welcher zum Schadenersatz verpflichtet ist. den Zustand berzusrellen. d.r bestehen wüide. wenn der zum Elsotz verpflichtende Umstand nickt eingelreten wäre. Sie tonnen also den Geldbetrag verlangen, welcher eisordeclih ist, um ein Rad v n derselben Br: und Güte sich zu beschaffen, «renn Sie also die Marke Ihres F hrrades sich jetzt etwa nur gegen Zahlung von 150 Mk. neu anschaffen können, muß Ihr Bekannter Ihnen diese 150 Mk. bezahlen 2k. N, Leipzig. »Wir haben unserer Kindergärtnerin 14 Tape tze.i.n gegeben. Dieselbe ist nach Hause gereist und cort erkrankt Sind wir verpflichtet die Pslegekosten rc zu trage»— Nach §617 dcS B G.«B. sind S.e unseres Erachtens verpflichtet, die Kosten für die Verpflegung und ärztliche Behandl -ng >»r sechs Wachen zu tragen. Ter Umstand, daß die Erkrankung zu'ällig während der Abwesenheit aus der häuslichen Grmeinschasi (tvä rend der Ferien) eingetreten ist, ändert an Ihrer Haftpflicht nicht?. Katholisches Arbeitersekretariat Dresden - Löbtau, Wernerstraste k» Unentgeltliche Auskunft und Arbeitsnachweis Svrechstundcn von sLI — H Uhr und von K—?*/, Uhr. Leipziger Volksbureau öffentliche gemeinnützige AuskunftS stell« Grimmaischer Eteinweg l 3, H. Wochentags von V bis Lr? Uhr und vou Vzd bis >/,k Uhr. Milde Gaben. Milde Gaben für den Kirchenbau inKönigstein gingen ein (Forts.) von Dr. Willst. Widdersdorf. 3»«, Neger. Vik., Poulhcim, 1 Pfarramt Remnatsricd 5 Grönouw. Pfr, Oppeln. 3 »6, Kloster RoSheim, U.-Etsaft, 2 Stroiix. Deck), Viersen. 5 »2, Pustet. Regensburg. 10 Seemann. Pfr, Bach/Erbach. 1 X. Melder, St Ottilien, 3 Fcanzitzkancrinnen. Höchstadl. 3 Koll, Pfr., Echtz, l Cono. d. Franziskanerinnen, Noggenburg, 1.30 Thuet, Bettendorf, l Ticfenbachcr. Rallhausen Schmid. Pfr.. Unterrott. 3 att. Marianerbrüder, Düren, 3 Frieden,eper, Dck., Pitzling. 1,55 Schult, Oberlehrer Pelplin, 3 Eichbichler. Obcrbeuren, t Thec. Schachncr Ursul. Kl.» Würzburg 2 Achtmann, Damcop.. Bamberg. 2 K. N. Echasny. Planen > V.. 3,05 Iosinski, Gnesrn, 2 »x, Wiede mann, Pfr., Nieder, 100 Iosefinum, Aachen, 3 Wwe. Enzlet. Bamberg, 2 Breidenbend. W ldcnberg, 1 (Fort setzung folgt.) vcrzlichcn Dank! Gott vergelt's den edlen G.bern. Uin weitere gütige Gaben bittet dringend Das Baukom itee. einem gewissen Grade nicht unberechtigt nxir. Von den meisten deutschen Bischöfen konnte man zu Beginn des 10. Jahrhunderts in der Tat sagen, daß sie keine „rechten Bi- schüfe" iriareii und es auch nicht einmal sein wollten, sondern ..weltliche Herren", und nur mit Bitterkeit kann der Katho lik heute den vielleicht übertriebenen, aber sich nicht aus der Lllft gegriffenen Satz lesen, daß sie „weder predigten noch lehrten, noch tauften, noch kommunizierten, noch einiges Werk oder Amt der Kirche treiben wollten". .Heutzutage ist das aber doch ganz anders geworden, die Bischöfe der Gegenwart sind keine Landessürsteii, keine Kriegsherren, die mit Roß und Reißigen in den Kampf ziehen, sondern treue, amtseisrige Diener der Kirck» Gottes. Unter den l»ntigen Verhältnissen hätte Luther daher auch seine „Re formation" sick»rlich nicht zustande gebracht. Was beztveckt nun die ..Lntlverijck» flttmdschau" mit ihrer Ausgrabung? Die Sack» ist sehr interessant, denn was die Bekenntnisschrcibeii gegen die Bisckiöfe sagen. n»n- det sie auf das heutige protestantische Kir- ch e n re g i me n t an. indem sie zugleich gegen die von dem selben ordinierten liberalen Pastoren vorgeht. Das ergibt sich ans der folgenden Mitzaiitveiidimg, die um so deiner- kensn»rter ist, als sie von streng orthodoxer Seite gemacht wird: Das sagt Dr. Martin Lutl»r. Wenn man das liest und vergleicht damit dite Berwüskungen, ivelck» die moderne- Theologie in der Christenheit anrickstet, möchte man da nicht wünsck»n, daß in allen Städten, Märkten, Dörfern, .Häusern, in allen Sälen und Fabriken, ja ans allen Straßen Leute anfständen, gleichviel ob rite berufen oder nicht, welche das liebe, heilige, süße Evangelium von Christo, dein Lanrm Gottes, das der Welt Sünde trägt, mit Posaunenstimine verkündigten, damit die armen, verführten Seelen wieder nüchtern würden aus des Teufels Strick, mit dem sie jetzt gefangen sind? Der Prophet Jonas war auch nicht rite berufen, als er in Ninive Buße predigte. Kein Mensch in Ninive hatte ihm den Anstrag gegeben: Komm her und predige! Und doch war er rite berufen, denn Gott liattL ihm den Auftrag gegeben. Möchte man nicht wünschen und beten, daß heutzutage tausende solcher Jonasse anfträten, von Gott berufen, welck» den Niniviten unserer Tage Buße Predigten, el» die Gerichte Gottes kommen? Und den Ge- meiiisckxiftsleuten sollten wir es verübeln, wenn sie sich einen frommen Bruder kommen lassen, der ihnen in aller Ein falt den Weg zum ewigen Leben weist? Daß das Gemein- sck»stsn»sen eine Geisteserregimg ist, welche gleichsam noch in den Kinderschuhen einherwandelt und darum auch von sckstvereii Kinderkrankheiten heimgesucht wird, ja, daß sich viel, viel ungesundes Wesen in diese Bewegung hinein.pe- schlick»» hat. das gestehen die Führer dieser Bewegung selbst ein. Aber sollte es nicht auch bei dieser Bewegung heiß n: „Verdirb es nicht, es ist ein Segen darin?" Jchchabe Ge- meinschaftsversammlimgen beigewohnt, in welchen von einem, höchstens zivcien stehend gebetet. Gottes Wort in kernfester Weise ausgelegt und aus dem Reichsliederbuch ccht lutherisck» Kirck»nlieder gesungen wurden. Und kann man denn vorher wissen, ob diese Bewegung nicht vielleicht dock) noch so tveit erstarken wird, daß sie das Samenkorn wer den wird, aus toelchem sich Protestgenieinden entwickeln I werden, ähnlich denen, welche sich im Süd- und Nordwcsten Deutschlands bereits vorfinden? Es lxmdelt sich also um eine regelrechte neeakmia in inoiitt-m «neriim, die sich gegen die Landeskirche richtet. Man setzt feine Hoffnung auf die „ christlichen Ge nie i n scha f ten ", welche vorerst noch Konventikel dar- stellen, von denen nian aber erinartet, daß „Protestgemein- dcn" daraus erstehen, in denen allerdings die liberale Theo logie und Lehre keinen Raum haben würde. Es fehlt den Gemeinschaften noch sehr an Wissenschaft- lich gebildeten Theologen, denn nur wenige der seihen haben sich in ihren schleckst bezahlten Dienst gestellt. Darum setzt die ,.Lutl»risck» Rundschau" auf die »venig gebildeten „frommen Brüder" unter den Gemeinsck-aftslenten ihre .Hoffnung, die „in aller Einfalt" den Weg zum Leben wie sen, und vergleicht sie mit dem Propheten Jonas, der auch „nicht rite berufen" sei. Man muß im orthodoxen Lager sehr verstimmt sein und die Hoffnung ans eine Besserung der jetzigen Zustände wohl so ziemlich verloren haben, daß man an einen solchen Ausweg denkt. In den Kreisen des einfachen Volkes lwrrsckst schon lange die Neigung, den landcskirchlichen Pastoren jene „frommen Brüder" vorzuziehen, aber ein angesehenes theo logisches Organ liatte bisher noch nicht dafür plädiert. Für die Katholiken ist es aber von ganz besonderem Interesse, daß dieselben Argumente, welche Luther anwandte, um sich von der Gewalt der Bisck)öfe losznmachen, jetzt unter direk ter Berufung auf ihn wieder angewandt werden, um das landeskirchlichc Regiment kaltzustellen. Ebenso klar wir- hieraus, daß trotz aller Bemühungen des Evangelischen Bundes der Kampf gegen Rom nicht den Kitt bilden kann, der die au seinanderstreben den Elemente des Protestantismus ans die Dauer zusammenhält. Für gläubige Herzen kann die Hetzerei gegen die Katholiken eine wahre Befriedigung nicht sein; es regt sich wieder christlicher Sinn und die Sehnsucht nach jenem Frieden, den „die Welt nicht geben, noch nehmen kann". Nicht durch Schimpfrcden gegen den Nachbarn kann man den Durst christlich-gläubiger Herzen nach dem „Einen, was not tut" stillen, und wenn die Landeskirchen diesen Durst nicht befriedigen können oder nicht wollen, dann wird die Stunde kommen, wo sie eben abdanken müssen. Nach dieser Richtung werden die vorstehenden Darlegungen der „Luther. Rundschau" wie ein Menetekel wirken müssen und wirken. . VI