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Ließ««», 22. August. Von einer Erdwand verschüttet wurde aas dem hiesigen Bahnhofe der Handartetter R. Richter au» Lhemnttz, als er beim Abgraben von Erbmassen beschäftigt war. Der Mann war sofort tot. Kirche und Unterricht. k Montabaur (Nassau). Bei Anwesenheit des hochw. Herrn Bischofs Willi von Limburg fand in der Klosterkirche der Barmherzigen Brüder Hierselbst am verflossenen Sonn tage die erhabene Feier der Aufnahme von zwanzig Postu- kanten und Novizen in die Schar der Mitglieder dieser Ordensgenossenscl>aft statt. Eine stattliche Reihe von Brü dern legte in die Hand des hochw. Bischofs die ewigen Ge- lübde ab. Möge es diesen opferfreudigen Seelen allen ver gönnt sein, noch recht viele Jahre im Dienste der leidenden Menschheit zur Ehre Gottes wirken zu können. Wir wün schen der Genossenscijaft der Barmherzigen Brüder ein immer gröberes Wachstum. lc Die Jesuiteumiffion am Sambesi wird von der Stehler Mission in den nächsten Monaten übernommen wer den. Da Portugal die bisher geleistete Unterstützung ab lehnt, so müssen die deutschen Katholiken den Ausfall von 40 000 Mark aufbringen. Fräulein Schynse in Pfaffen dorf bei Koblenz, Leiterin der so ungemein eifrigen Mis sionsvereinigung katholischer Frauen und Jungfrauen, ist bereit, Gaben entgegenzunehmen. Sport. SP Dresden. Sonntag den 27. August veranstaltet der Gau 2lb Dresden de» Deutschen Radfahrer-Bunde» eine Wanderfahrt nach Neustadt, von dort über den Unger, Gebnitz nach Schandau. Die Wanderfahrten de» D. R.-B. erfreuen sich mit Recht der gröhten Beliebtheit bei allen Radlern. Die Organisation ist stet» mufterglütig und da» Tempo dabet so eingerichtet, daß jede», ohne sich anzu strengen. mitkommt. Abfahrt ist früh 8 Uhr in Weitzig bei Dresden am Gasthofe. Für die Kraftfahler de» Bünde lst di» Tour etwa» gröber, damit die Mahlzeiten usw. zugleich eingenommen werden. Vermischtes. VDer Ausbrnchdes japanisch enVulkans Jsana nimmt immer mehr an Heftigkeit zu. Die Villen der Ausländer am Bergesfuße sind bereit* mit Lavaaschc bedeckt und ernstlich gefährdet. Auch wälzen sich die Lava ströme bereits gegen mehrere Ortschaften. Die Zahl der Menschenopfer wird bis jetzt mit 48 angegeben. v Ein ergötzlicher Ehescheidungsprozeß spielte sich, »vis dem „Tag" berichtet wird, kürzlich vor der vierten Kammer des Seinetribunals ab. Ein Bankbeamter hatte im Jahre 1908 beschlossen, mit seiner Frau nicht zu spreclxm, sondern ihr seinen Willen in Form von Ukasen, die er an die Wand des Wohnzimmers anschlug, kundzutun. Ein Hauptmanifest enthält sechs Paragraphen. Der erste lautete: „Jeder Ehegatte lebt aus eigenen Mitteln." Ein anderer verordnete: „Ich bezahle die Hälfte der gemein samen Auslagen, ineine Frau die andere. Gemeinsame Ausgaben sind nur solche, die ich genehmige." Weiter hieb es: „Zur Vermeidung unnützer Schreibereien und Uebervorteilung zahle ich nur gegen Rechnung." Ferner: „Ich werde fast stets außerhalb speisen und, falls ich zu Hause essen sollte, Nahrungsmittel selbst kaufen und zube- reiten" usw. — Die Gattin fand ähnliche Erlasse über die verschiedensten Angelegenheiten vor. Einmal heischte eine gebieterische Verordnung von ihr rosa Socken, ein andermal Marseiller Seife, dann verfügte der Gatte das vegetarische Regime für die Küche. Auch Drohungen mit Schlägen er folgten schriftlich, gelegentlich mit philosophischen Erörte rungen iiber die Pflichten der Ehefrau abwechselnd. Den Schluß bildete eine an die Tür geheftete Bekanntmachung: .Adele, ich gehe fort!" Das Gericht sprach die Scheidung zugunsten der geplagten Ehefrau aus. Literatur. „?k»toi- donus." Zeitschrift für kirchliche Wissenschaft und Praxis, herausgegeben von Dr. Chr. WillemS, Pro fessor am Pricsterseminar in Trier. Monatlich erscheint ein Heft in der Stärke von vier Bogen. Preis halbjährlich 2,50 Mark. Druck und Verlag der Paulinus-Druckerei (G m. b. H.) in Trier. — Inhalt des 12. Heftes pro 1910/11: Die 55. These des „Kacrae Uowuuue et Universal!« lnguisitittlli« Deoretum keria IV, ckie I. ckulii 1907". (Kaplan Heinrich Wiedemann.) — „Priester. Liturgen und Mysten." (Religionslehrer Hein.) — Mlltterseelsorge auf dem Lande. (Lrispinianus.) — Konfessionelle Erziehung und konfessioneller Schulbesuch. (Chefredakteur Dr. Kruecke- meyer.) — Bedeutung des Auswendiglernens für das geistige Erfassen und den bleibenden Besitz der Religions kenntnisse der Kinder. (Pfarrer Dr. A. Dold.) — Das ger manische Eigenkirchenwesen. (Professor Dr. Christian Schmitt.) — Das Missionswerk der kathol. Kirche auf dem Lande. (!'. I. Drüding. 8. ck.) — Das Archidiakonat im Trierer Erzstift im allgemeinen und das Dietkircher Archi diakonat im besonderen. (Domkapitular Dr. Kilian.) Kunst. Wissenschaft und Vorträge. Dresdner Kunstgenoffenschaft. In der Kunstausstellung im Künstlerhause hat jetzt eine Neuaufstellung von Kunst werken stattgefunden, so daß die vornehmen Räume ein neues Bild dieten. Die bisher verkauften Kunstwerke find entfernt und dadurch Platz für eine Reihe neuer Bilder und Plastiken geschaffen worden; es sind dies eine Kollektion von Joh. Walter-Kurau, ferner Bilder von Elisabeth Andrae, W. Witting, Gertrud Geißler, Anna Tittelbach, Johanna Zschille, Plastiken von Georg Gröne, Fred. Völker- ling, Architekturen von H. Thüme, Graphik von E. Schilde und kunstgewerbliche Arbeiten von F. Voretzsch. Dux. Am vergangenen Sonntage ist ein Denkmal für den größten deutschen Minnesänger, Walther von der Vogelweide, feierlich enthüllt worden. Die Feier wurde mit einem Festspiele „Herr Walther von der Vogelweide", Dra- molett von Marx, eingeleitet, das vom Künstlerpersonal des Teplitzer Stadttheaters aufgefllhrt wurde. Der Mor gen brachte überaus zahlreiche Festteilnehmer aus allen nordböhmischen Städten und aus Sachsen. Gegen 11 Uhr bewegte sich der Festzug zum Denkmal, das sich an dem Ufer des schilfbewachsenen Barbarasees erhebt. Nach einem Weihechor erfolgte die Uebergabe des Denkmals an die Stadt und die Ueberreichung des Ehrenbürgerdiploms an den deutschböhmischen Geschichtsforscher Hofrat Dr. Hall wich, der bemüht war, in seinen Schriften den Nachweis zu führen, daß Walther von der Vogelweide nicht, wie lange geglaubt wurde, ein Tiroler, sondern ein Deutschböhme au» Dux war. Das in Bronze ausgeführte Denkmal ist ein Werk des Bildhauers Heinrich Scholz und zeigt den Sänger in der durch die Manessesche Handschrift bekannten Stellung. Aus Anlaß der Enthüllung des DenkinalS erschien eine Festschrift, die Beiträge von Felix Dahn und vielen Dichtern und Schriftstellern enthielt. I Dresden. Kgl. Schau sptelhau». Dte Abonnement». Vorstellungen beginnen mit dem 11. September und erstrecken sich wie bisher auf dte Tag« Montag, Dten»ta«. Mittwoch. Freitag und Sonnabend. Jeder Abonnent verpflichtet sich auf 40 Vor stellungen. Der AoonncmentSbetrag ist in vier Raten zu je zehn Vorstellungen an der Kaffe de« Kgl. Schauspielhaus«» zu entrichten. Auf Wunsch können jedoch auch mehrere Raten auf einmal bezahlt »erden. Da» Abonnement wird auSargeben auf dte unten auf- geführten Plätze zu beistrhenden Preisen für eine Borstellung: 1. Rang Amphitheater (8. und 4. Reihe) 8 I. Rang Balkon (8. und 4. Reihe) 2.SV ^. H. Rang Settenbalkon (Nr. v bi» 1V) 2 de«gl. (Nr. 1 bi» S) 1,k>0 II. Ran« MWel-alert« (1. und 2. Reihe) 2^. II. Rang Mitteigalerte (8. Reihe) t.bo^r. HI. Rang Balkon (Nr. > bi, lv. 44 bi» 62) 1.2k HI. Rang Mtttelgalerte (4. bi» 6. Reihe) 7V 4. I. Parkett (k. di» 8. Reihe) 8 Mittel- Parkett (2. und 8. Reihe) 2H0 II. Parkett (2. bi» s. Reih«) 2 de»gl. (7. und 8. Reihe) l,KO. Di« bi»herigrn Abonnenten können da« neue «bonnement entnehmen unter Entrichtung der ersten Rate (zehn Dorstellungen) an der Kaffe de« Kgl. Schauspiel- Hause» von Freitag, den 1.. bi» mit Dienstag den S. September, in der Zeit von vormittag» 10 Uhr bi» nachmittag» 2 Uhr. Dom ». September an gelangen wieder fretgewordene Abonnrmentbillett« zur Ausgabe I Dr«»de«. Im Restdenztheater geht Donnerstag, Sonn abend und Sonntag abends 8 Uhr die erfolgreiche Posse »Polnische Wirtschaft« in Szene. Morgen, Frettag, abend wird dte Posse .Bummelstudenten« gegeben. Sinzetchnungen für die Winter- abonnement» können vormittag» »on 10—2 Uhr an der Abonnement»- kaffe erfolgen. Spiel»!«» »er Theater i« Dresde«. Röntgt. Opernhnn«. Bleibt bi» S. September geschloffen. König». Schauspielhaus. Bi» ». September finden Opern-Vorstellungen im König! Schauspielhause statt Mittwoch: Boccaccio. Anfang >/,8 Uhr. Donnerstag: Der Aüvfuhrtee «nfaug Uhr. Restdenztheater. Mittwoch: Der Her rgottschnitzer von «mmergau. Anfang 8 Uhr. Donner«tag: Polnische Wirtschaft, «nfaug 8 Uhr. Aralral - Theater. Mittwoch: Der Meisterdteb. «nfang 8 Uhr. Donnerstag: Di« SchrtduagSretse. «nfaug 8 Uhr. Konzerte. König! Belvedere «nf. 8 Uhr. Internat. Hygiene - AoSstellnog (Damm, Hellriegel) 4 Uhr. «r. Wirtschaft (Schmidt, Böhler, Lange) 4 Uhr Zoologischer Garten Auf. 8 Uhr. Spiel»!«« »er Theater i« Leipzig. Neue» Lbeater- Mittwoch: Der Troubadour. Donners tag: Wie Minister »allen. — Alte» Theater Mittwoch: Glaub« «ud Heimat Donnerstag; Ein Salzertraum. — Schauspiel»««». Mittwoch: Die SchmrtterttugSfchlacht. Donnerstag: Di» Schiff brüchige». — Reue» Operettea-Lheater (Zeutral-Theater). sich bi« Montag: Me keusch« Susanne. Saldschlöbchea - Terrasse (Küpe- nack) Aas. '/,8 Uhr. Gartet«». Alora-Bartetö (Hammer» H.) '/.» Königthof (Sttehlen)«nt.V.8 U. ötetch»hof.«.(Waiseuhau»str.)'/,«. — 38 — troffen von der Seite anblickte, um dann mit einein ängstlichen Ausdruck die Augen rasch zu schließen. Erik erschrickt. Was ihm bereits damals nebelhaft vorschwebte — jetzt überfällt es ihn mit pernigerrder Gewißheit: die merkwürdige Aehnlichkeit zwischen Lorenz und jener scheußlick)en Fratze, die Jngeborg in ihren nervösen Anfällen stets verfolgte. Soeben wendet der junge Jespersen dem Mädchen sein volles Gesicht zu. Etwas Komisches muß ihm durch den Kopf gehen; ein zynisches Lachen verzerrt seine durch den reichlich genossenen Wein bereits rotaufgedunse- nen Züge. Erik sieht, wie Jngeborg mit ihrem Oberkörper zurückweicht; wie ihre weit aufgcrissenen Augen angstvoll auf das grinsende Faungesicht starren; tvie sie sich mit zitternder Hand ein paarmal über die Stirn fährt, als wolle sie »ine fiirchterlickie Vision wegwischen, und wie sie schließlich den Kopf senkt und krampfhaft auf ihren Teller niedcrblickt, während die Zähnchen fest auf einander beißen. Eiskalt iiberläust es ihn. Diese fatale Aehnlichkeit! Wenn nur daS Diner erst vorbei wäre! Auch Sigrid scheint sich nicht recht behaglich zu fühlen. Sie kürzt die Unterhaltung möglichst ab und hebt die Tafel sofort nach dem Nachtisch auf. ohne den Kaffee abzuwarten; man könne ihn nachher rm Salon trinken — meint sie. Ist auch ihr Jngeborgs Unruhe aufgefallen? .... Als die drei Damen den Speisesaal verlassen haben, gilt Eriks erste Frage seiner Braut. „W,e geht es ihr? Wann hast du sie zuletzt gesprochen?" „Gut. Vorigen Montag." lautet die bündige Antwort. „Hier ein paar Zeilen von ihr." Er greift in die Rocktasche und zieht ein nickst mehr ganz sauberes Brief chen hervor. „Vielen Dank und tausend Grüße meiner kleinen Gerda!" ruft Erik innig. Indem er das Kuvert öffnet und die wenigen LiebeSzeilen überfliegt. Lorenz hat sich in seinem Stuhl zurückgelehnt und die Beine überein ander geschlagen. Leise einen Gassenhauer pfeifend, belanciert er eine Orange auf dem Rücken seines Messers. Plötzlich stellt er das Pfeifen ein, wirft Messer und Orange auf den Tisch nnd schlägt sich geräuschvoll auf die Schenkel. „Hol'S der Kuckuck! Du bist ein Glückspilz! Hast dir hier ein verflixt molliges Nest zurechtgemacht >" „Ich fühle mich wohl in meiner Stellung." erwidert Erik, unangenehm berührt durch den frivolen Ton des anderen. „DaS will ich glauben — hahahal Wenn die Schloßherrin ander» wäre, würde ich sagen: du hast das große L00S gezogen!" Erik zieht die Stirn kraus. Fast widerstrebt e» ihm, zu dem rüden Menschen von dieser edlen Frau zu sprechen. „Fräulein Arnoldsen scheint nicht deine Sympathien zu besitzen," be- merkt er voll Unmut. — 39 — „Nee," erwidert Lorenz mit brutaler Offenheit. „Dein Fräulein Ak- vollsten ist mir unangenehm. Sie ist die erste Person, die mir imponiert, und das geniert mich. Ich glaube, der Böse selbst würde vor der seine Krallen einziehen. Total" Unwillkürlich muß Erik lachen, obgleich er dem zynischen Burschen da vor ihm am liebsten eine gelinde Ohrfeige versetzen möcÄe. „Die Kleine —" fährt Lorenz gemächlich fort, indem er die Orange wieder aufnimmt und sie zu schälen beginnt — „die Kleine scheint mir ein nettes Ding zu sein, nur scheußlich verliebt in ihre greuliche Tante. . . . Ich verstehe sie nicht recht. Sie ist sehr hübsch, klug und liebenswürdig, aber —" ..Aber?" „Ich wette, sie ist verrückt; nicht etwa bloß nervös oder exaltiert, wie du Gerda schriebst, alter Junge — nee, direkt verrückt." Erik steht auf und beginnt, unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen. Er weiß nicht, waS er sagen soll. Zum Glück schlägt es jetzt vom Kamin her drei Uhr. „Schon drei!" ruft Erik, erleichtert aufatmend. „Um fünf Uhr fährt die „Skandinavia". Wenn du also heute noch abfahren willst' —" „Möchtest mich wohl gern los sein, altes HauS, was?" spottet Lorenz, sich schwerfällig vom Stuhl erhebend. „Bist übrigen- heute verflixt öde — die reine Trauerweide! Na, da komm!" Langsam schlendern die beiden jungen Leute nach dem Salon, in dem die Damen bereits ihren Kaffee trinken. Sigrid Arnoldsen scheint ihre Antipathie gegen ihren Gast überwunden zu haben, oder sie zwingt sich wenigstens dazu, sie nicht zu zeigen; denn mit liebenswürdiger Grazie dankt sie ihm für die Mühe, deren er sich ihret wegen unterworfen. Ebenso liebenswürdig, wenn auch mit weniger Grazie, erwidert er, daß es ihm keine Mühe, sondern ein Vergnügen gewesen sei, noch Schloß Sand»» gaard zu kommen, er habe sich vortrefflich unterhalten. Während dieser kurzen Wechselrede sitzt Jngeborg auf einem niedrigen Schemel zu Füßen ihrer Tante. Ihr Gesichtchen zeigt einen müden, abge spannten Ausdruck. Soeben will Lorenz sich auch von ihr empfehlen, als Madame Worse vom Klavier her ruft: „Sie leben in der Großstadt, Herr Jespersen. und haben gewiß off Ge- legenheit, die Oper zu besuchen. Kennen Sie Eugen d'AlbertS „Tiefland"?" „Natürlich, meine Gnädige." „Ich suche schon lange nach einer Melodie, die ich absolut nicht finden kann. Möchten Sie mir vielleicht helfen?" „Aber gern." Und schon ist Lorenz Jespersen am Klavier. Ein paar Melodien vor sich hinsummend, sucht er sie auf den Tasten zu vervollständigen. Bei jeder schüt telt Madame Worse den Kopf. Endlich ist er auf der richtigen Fährte. Auf lebhaften Wunsch der alten Dame nimmt er qm Klavier Platz und beginnnt, die Melodie auS dem Kopfe Iv spielen. Nach vielem Suchen und wiederholtem Daneben greifen hat er