Volltext Seite (XML)
ZiiGscheUolksreitulm Ve,»,»pre1», 8^»tWsÄZ^ t" den «sten Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Unte»haltr»ng»dettage Die illustrierte Zeit I Annahme Anteilen, von S-schLstranzeiaen bi» IO Uhr, von 8<nntUen-1 anjeigen bi» 1> Uhr. , dt« P-tii-Spaltz-Ue so tm R-Nameteil oo 4 1 ür undeutUch geschrieben-, sowie durch Fernsprecher rn^-1 Igegcb-»- I FLr Rückgabe «inaesanbter Gchristst, macht sich die Redaktion I nicht verbindlich! Rücksendung -rsolgt. wenn Rückporto bet» I gefügt ist. Brie suchen «nftagen ist AutwortSporto beipifügen. Nr. 268 «ttchSftSft-0- u»d Redattt»» DreSde«-«. 1«. HolLeiuftrahe 4« Montag den 22. November 1915 Fernsprecher 218«« 14. Jahr, Ai «kW MW Varbarenwut Der sechste Monat seit dem Beginne des Krieges mit Italien geht seiner Vollendung entgegen. Am 23. Mai war es. da der verräterische Bundesgenosse sich selbst die Heuchel- maste vom Antlitz ritz und unseren Bundesgenossen meuchlerisch anfiel in der Hoffnung, im ersten Ansturm seiner an Zahl übermächtigen, unverbrauchten Armeen den Grenzschutz durchbrechen und ins Herz der Monarchie vor» stoßen zu können. Sechs Monate, ein volles Halbjahr ist seitdem verflossen und noch immer stehen die italienischen Truppen hart an der Grenze des uns befreundeten Reiches, »och immer versuchen sie vergeblich die Hauptverteidigungs» linic zu durchstoßen. Soeben ist der vierte große Anprall gegen die Jsonzofront unter den schwersten Verlusten des Gegners zusammengebrochen. Viermal hatte Cadorna alle ihm verfügbaren Kräfte aufgeboten und sie mit einer selbst die russische Schlächtertaktik Ubcrtreffenden Rücksichtslosig keit in das Feuer der Verteidiger getrieben. Immer größere Massen wurden aufgeboten, um wenigstens an einem Teile der Front einen größeren Teilerfolg zu erzielen. Ter Hauptschlag war nach gründlicher Vorbereitung und Er» gänzung der Truppenbestände für Mitte Oktober geplant gewesen, nachdem die beiden ersten Offensivvorstöße an der Jsonzofront im Juli und Ende August gescheitert waren. Tiefe große Offensive richtete sich nicht nur auf einen Teil der Front, sie erstreckte sich auch auf Südtirol, um die öfter- reichische Heeresleitung davon abzuhalten, etwa von dieser Front Truppen zur Verstärkung der am heftigsten ange- grissenen und gefährdeten Jsonzofront heranzuziehen. Be kanntlich hat auch diese vom 18. bis 31. Oktober dauernde Ostensivschlacht mit einem völligen Mißerfolge des An- greifers geendigt, der zumindest 15,0 000 Mann an blutigen Verlusten erlitt. Nachdem in den ersten Novembertagen an einzelnen Teilen der Jsonzofront namentlich bei Zagora und San Martina in heftigen Teilangriffen die dritte Offensive Eadornas ebenso erfolglos ausgeklungen war wie der Hauptstoß, hatte einige Tage selbst an der Jsonzofront verhältnismäßige Ruhe geherrscht. In dieser Gefechts pause wurden seitens der italienischen Heeresleitung von der Grenze Südtirols Verstärkungen herangeholt, die man zu einem nochmaligen verzweifelten Versuch eines Durch bruches ini Raume von Görz und nördlich und südlich dieses Brückenkopfes von Plava bis zum Monte dei Busi einzu sehen gedachte. Derselbe erfolgte auch am 10. November und führte in den nächsten fünf Tagen zu erbitterten Nah- kämpfen in diesem etwa 60 Kilometer langen Frontstück. Aber, schon die ersten Tage scheinen den Gegner belehrt zu haben, daß auch diese vierte Offensive keineswegs anders verlaufen werde wie die vorhergehenden Aktionen. Diese Erkenntnis löste augenscheinlich in Kreisen der italienischen Heeresleitung maßlose Wut aus, die sich nunmehr in wirk lich barbarischer Grausamkeit und Vernichtungsdrang aus zutoben begann. Als man einzusehen begann, daß selbst ein Teilerfolg, wie es die Eroberung der Stadt Görz und ihres Gebietes gewesen wäre, auch durch die verzweifeltesten An strengungen, durch die Aufopferung von Zehntausenden nicht zn erzwingen sein, da faßte man den Entschluß, in sinnloser Weise das zn vernichten, was nicht zu gewinnen war. Man vergaß ganz darauf, daß man bei Beginn des Krieges sich gleich den anderen Gegnern vor der Welt die Pose des Beschützers und Retters europäischer Kultur und Gesittung vor dem rohen Barbarentum der deutschen Hor den zurechtgelegt hatte und unter dem Schutze dieses in unserer heutigen modernen Welt der Scheinkultur und Scheinhumanität äußerst dankbaren Vorgebens den Raub zug angetreten hatte. Man hatte ganz darauf vergessen, daß man in flammenden Aufrufen, die freilich von Lüge und Heuchelei strotzten, der Bevölkerung der italienisch- ivrechenden Grenzgebiete Befreiung und Erlösung von der Tyrannei und dem Barbarentum, dem sie bisher unter tan fein mußten, verheißen hatte. Nun sieht man diese Beschützer der europäischen Kultur und Bringer der Frei heit so recht in ihrer eigentlichen Gestalt, sieht sie am Werke, all das zu zerstören, was wahre Kultur und wahre Freiheit in den letzten Jahrzehnten geschaffen und emporblühen ließ. Schon im früheren Verlaufe des Krieges war inan sich nicht lange darüber unklar gewesen, welch inneren Wert die Phrasen von der Kulturrcttung auch bei dem südlichen Gegner in Wahrheit hatten. Die Verwüstung jener Grenz- streifen, die den „Erlösern" von den österreichischen Trup pen freiwillig gleich zu Beginn des Krieges geräumt wor den waren, die Greuel an der Bevölkerung, das planmäßig durchgeführte Zusammenschieben der Ortschaften hinter der feindlichen Front und vor allem die völlige Mißachtung des Zeichens des „Roten Kreuzes", die sich in der absicht lichen Beschießung der Hilfsplätze und Feldspitäler kundtat, bewies zur Genüge, daß die Italiener als Gegner ihren Verbündeten auch in dieser Kultnrschande nicht nachzustehen Tie bevorstehende Besetzung Neuserbieus Berlin, 22. November. Alle Morgenblätter sagen, daß, nachdem das alte Königreich Serbien vollständig im Besitze der Verbündeten sich befindet, auch die vollstän dige Besitznahme Neuserbiens durch die Ver bündeten in eikiiger Zeit zu erwarten sei. Ter serbische Generalstab soll sich nach Genfer Blättermeldungen auf dem Rückzuge nach Prizrend befinden, wo bereits die Negierung eingetroffen sei. Das Werben um Griechenland Im „Berl. Tagebl." weist Theodor Wolfs darauf hin, daß Politiker wie Journalisten der Ententevölker im Wer ben um Griechenland sich erschöpften. Die weißen und schwarzen Ententesoldaten hätten die Aufgabe, die Griechen in alle Verlegenheiten und wenn möglich, in militärische Verwickelungen hineinzuziehcn. In der „Tägl. Rundschau" schreibt Rippler: Daß der neueste Gewaltakt gegen Griechenland die Griechen zu willfährigen Diener» des Vierverbandes mache, sei mehr wie unwahrscheinlich. Die griechische Politik werde von einem Manne bestimmt, von König Konstantin, der seine Truppen sicherlich nicht gegen die Bulgaren und gegen die Mittelmächte marschieren Kassen werde. Kitchencr bei Skuludis London, 21. November. Reuter meldet ans Athen: Die Unterredung Kitchencrs mit dem Ministerpräsidenten Skuludis dauerte 1s^ Stunden. Hierauf wurde ein längerer Ministerrat abgehalten. Kitchener reiste am Abend ab. Für Kriegsbeschädigte Unter starker Beteilgung hielt gestern der Verein Deut scher Ingenieure in Berlin seine 56. Hauptversammlung ab. 50 000 Mark wurden bewilligt zur Förderung des Gliederersatzes für Kriegsbeschädigte. Vom Schncesturm überrascht Brieg Schweiz), 21. November.» Eine Militär patrouille, die aus einem Offizier und fünf Soldaten der Gebirgsinfanterie bestand, ist im Simplomgebiet von einem Schnee sturm überrascht worden. Eine Rettungsabteilung hat nunmehr einen Stock und einen zer brochenen Ski gefunden, sodaß angenommen werden muß, daß die Patrouille verunglückt ist. Die Nachforschungen haben bis heute morgen zu keinem weiteren Ergebnis geführt. Brieg, 21. November. Von der verunglückten Mili tärpatrouille wurden fünf Soldaten als Leichen geborgen. Eine Erklärung Briauds Lyon, 21. November. „Progrds" meldet aus Paris: Im Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten gab Briand im Namen der Regierung Erklärungen über die Be sprechungen mit der englischen Regierung im Pariser Kriegsrat ab und teilte mit, welche Beschlüsse im beider seitigen Einverständnis gefaßt wurden. Von versenkten Dampfern Paris, 21. November. «W. T. B.) Wie der „Temps" aus Marseille meldet, ist dort der Postdampfer „Mossoul" aus Saloniki, den Piräus und Malta eingetroffen, der Offiziere und Mannschaften der drei englischen Dampfer „Sir Richard Awdry", „California,," und „Lumina" an Bord hatte, die im Aegäischen Meere von Unterseebooten versenkt worden waren. Die Offiziere und Mannschaften werden nach England weitergeschafft. Eine englische Ente Die durch den englischen ZLitungsdienst von Poldhu am 10. November verbreitete Nachricht, daß in Spanien das Gerücht gehe, 2 deutsche Unterseeboote seien vor Gibraltar durch englische Kreuzer verseift worden, ist frei er funden. gesonnen waren. Was aber gegcMvärtig geschieht, was in den letzten Tagen von dem verräterischen Bundesgenossen von einst ins Werk gesetzt wurde, die planmäßige Zerstörung der Stadt Görz stellt sich als ein Akt barbarischer Roheit dar, wie ihn selbst die Geschichte dieses an kulturwidrigen Taten keineswegs armen europäischen Weltkrieges an keinem zweiten Orte aufzuweisen hat. Selbst die russischen Kosaken horden, die in der Kunst der Vernichtung und Zerstörung fast unübertreffbar erscheinen, haben ihre Wut zumeist nur an unansehnlichen Bauernhäusern und Dörfern erwiesen, die Städte mit ihren Kunstbauten und Kunstschätzen wurden aber auch von den Russen fast ausnahmslos geschont. Nun bleibt es den Italienern, die sich doch immer als Nach kommen der alten Römer für das erste .Kulturvolk Europas gehalten haben, Vorbehalten, in ihrer grenzenlosen Wut über das Mißlingen all ihrer sechsmonatlichen An strengungen und Mühen, die ihnen nichts als ungeheuere Blutopfer eingetragen haben, eine ganze Stadt in Grund und Boden zu schießen und so die grausamste und kultur widrigste Tat im bisherigen Kriegsverlaufe zu begehen — in echter Barbarenwut. Die Verblendung, in die sie die grenzenlose Enttäuschung über das völlige Versagen ihrer wiederholten Anstürme gegen die österreichische Grenzver- tcidigung versetzte, läßt sie nicht die Tatsache erkennen, daß gerade dieser barbarische Roheitsakt der sprechendste Beweis ist dafür, daß sie nun selbst jegliche Hoffnung auf einen zukünftigen Erfolg, insbesondere auf die Eroberung von Görz anfgegebcn haben, ist das klarste und nnwiderleglichste Eingeständnis der Schwäche. X Der Feldzug gegen Serbien scheint allmählich dem Ende entgegen zu tzehcn. Ganz Alt serbien ist von den drei Verbündeten besetzt und nur noch kleine Teile des übrigen Landes sind im Besitz unseres Feindes. Wie wir am Sonnabend in dem größten Teile unserer Auflage mitteilten, wurden tagsvorher die Städte Nova Varos, Sjenice und Raska von den Deutschen und Oesterreich-Ungarn besetzt. Die beiden erstgenannten Orte sind nicht weit von der serbisch-montenegrinischen Grenze. Ihre Besetzung rückt die Möglichkeit eines Abschneidens des serbischen Heeres näher. Gewiß sind noch nicht alle Rück zugslinien besetzt. Es stehen noch Wege nach Montenegro offen, aber diese Wege sind keine breiten Heeresstraßen, sondern nur Saumpfade, die einen Abtransport der schweren Geschütze nicht zulassen. Ein Heer ohne Artillerie-Material ist nicht schlagfertig und ob über Montenegro in dieser Jahreszeit eine Erneuerung des Materials möglich ist, er scheint noch nicht gewiß. Mittlerweile sind die deutschen Trnppen so weit vorgerückt, daß sie laut Heeresbericht am Sonnabend Novibasar besetzen konnten. Bei dieser Gelegen heit wurden 4000 Gefangene gemacht, und weiter wird be kannt, daß die Zahl der Gefangenen vom 19. November sich auf 3800 erhöht. Augenblicklich kämpfen die Armee des Generals v. Gollwitz und der rechte Flügel des Generals Bojadjeff um den Austritt in das Lab-Tal nördlich von Pristina. Der serbische Widerstand ist demnach noch nicht an allen Stellen vollständig gebrochen. Weiterhin teilen die Blätter mit, daß die Bulgaren Monastir besetzt hätten. Eine amtliche bulgarische Meldung oder eine sonstige Bestätigung liegt bis zur Stunde zwar noch nicht vor, doch ist anzu nehmen, daß die Bulgaren der wichtigen Stadt mindestens sehr nahe gerückt sind und zwar von allen Seiten, sodaß hier eine Vernichtung eines Teiles des serbischen Heeres bevor steht. Schließlich wird gemeldet, daß am Eingang des Amselfeldes heftig gekämpft wird. Von Zusammenstößen zwischen Bulgaren und Franzosen — die Engländer halten sich zurück — sind keine neuen Nachrichten eingelaufen, auch über die Stärke des Landungskorps verlautet noch nichts Bestimmtes. Neuerdings wird die Zahl 85 000 angsgeben, sie ist ebenso unzuverlässig, wie die früher angegebenen Ziffern. Wie schon zu Anfang gesagt, geht der Feldzug gegen Serbien dem Ende entgegen, womit aber keineswegs das Ende des Balkanfeldzuges ansgedrückt sein soll. Man kann noch nicht wissen, was der Vierverband tut. Auch Serbien selbst glaubt immer noch an eine Rettung durch seine Bundesgenossen. Ein Kronrat hat zwar den Ernst der Lage zugegeben, er hat auch der Ententö sehr unfreundliche Worte gewidmet, aber er hat in seinen Telegrammen an die Fürsten der mit ihm Verbündeten Staaten energische Hilfe verlangt. Jedenfalls meint der Kronrat von Montenegro aus die Wiedererobcrung des Landes vollziehen zu können. Das wird wohl ein Luftgebildc bleiben. Vierverbands- blättcr melden, daß die Rettung Serbiens aufgegeben wor den sei, dagegen sei ein Winterfeldzug auf dem Balkan be absichtigt. Man scheint damit zu rechnen, daß Griechenland sich im letzten Augenblick gezwungen fühlt, von der Neutrali tät abzuweichen. Der schwere Truck hat begonnen. Die Entente hat nach Londoner Blättern eine wirtschaftliche und kommerzielle Blockade Griechenlands beschlossen. Sie wird