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Sächsische Volkszeitung : 28.06.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192106283
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210628
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210628
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-06
- Tag 1921-06-28
-
Monat
1921-06
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 28.06.1921
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Berlin. 27. Juni. Im Hauptausschusse des Reichstages er klärte der Reichsminister des Innern Dr. Gradnauer, daß das Reichsverkehrsministerium eine Bedrohung der ostpreußischen Grenze kaum sür möglich halte. Der Kanzler habe sich dafür ein gesetzt, daß baldigst der Abbau des Ausnahmezustandes erreicht werden möge. Die Regierung sei dadurch gewillt, an dieser Zu sage festzuhalten. Aber es lasse sich nicht verkennen, das; der Weg schwierig sei. In der Provinz Sachsen stehe der Oberpräsident zum Beispiel auf dem Standpunkte, daß in gewissen Teilen der Provinz völlige Beseitigung des Ausnahmezustandes noch nicht empfehlenswert sei. Die Regierung habe immer darauf gehalten, in dieser Frage mit den Landesregierungen einig zu gehen. Man müsse mit ihnen zu einer Verständigung gelangen. Es sei richtig, daß gewisse Meinungsverschiedenheiten »och beständen. In Bay ern sei die Belastungsprobe sehr schwer gewesen. Aber auch hier werde man, sobald die Entwasfnungs- und Auflösungsfrage ge regelt sei, zu einer normalen Lage zurückkommen können. Hinsicht lich der Orgesch sei es auf Grund des Ultimatums selbstverständ lich Pflicht der Landesregierungen, die nötigen Schritte zu tun, um zur Durchführung der Bestimmungen zu gelangen. Tie Straf bestimmungen beruhten auf dem Gesetz vvm 22. März. Der Mi nister betonte dann nochmals, daß von der Reichsregierung in Württemberg überhaupt nichts veranlaßt worden sei und der Ausnahmezustand dort nicht mehr bestände. Gras v. Mirbach-Torquitten P Königsberg, 27. Juni. Der bekannte Politiker und Parla' menta ler Gros Julius o. Mirback-Soquitten ist nach Mtl' teilung des Abendblattes kurz vor Vollendung seines 82 Lebensjahres in Sorg Ulten gestorben. Scharfer Meinungsstreit im Obersten Naie London 27. Juni. Wie der diplomatische Mitarbeiter des „Daily Telegraph" meldet, werde sich im Obersten Rat ein scharfer Meinungsstreit in der Frage der im Rheinland angewandten Zwnngsmoßnah men erheben. Die britische und die französische Regierung seien beide darauf bedacht, die Stellung des Kabinetts Wirth zu starken. Beide Negierungen seien jedoch verschiedener Meinung hinsichtlich der Mittel. Die britische Regierung dränge am Aufhebung der Sanktionen. Briand wolle davon nichts wissen. D e italienische Regierung neige in dieser Frage dem britischen Standpunkt zu. während sie sich in der oberschlesischen Frage mehr der französischen Ansicht zuneige. Dem „Daily Tele, graph" zufolge wünsche Italien die finanzielle Neparationsfrage von einer maßgebenden Konferenz aller Finanzininister behandelt zu sehen, und nicht durch eine rein beratende Körperschaft von Sachvei ständigen, Die Räumung Oberschlesiens (Eigener Drahtbericht der „Sachs. Volksz-itg.') Berlin» 23. Juni Der Sonderberichterstatter der Deutschen Tageszeitung berichtet aus Oppeln folgendes: Bereit» in früheren Verachten ist darauf hingewtesen worden, daß die Mel dungen über den Abschluß des SäuberungSabkommenS den Tat sachen nicht entsprechen, da das Abkommen immer noch nicht ver- fechtdac w>r. rrotzdem die ganzen Linien schon längst zwischen General L öfer und General Hcnneker vereinbart waren. Erst vor gestern in d r Abschluß erzielt und find die Unterschriften geleistet worden. Gestern sind die ersten Abbaubefehle an die Selbstschutz- formal on gelangt. Das Abkommen sieht folgende Räumungs. etap ei, vor: am 28 Juni geben die Polen Gleiwitz und Hinden- burg frei a n 29. räumt der Selbstschutz das von ihm besetzte Gebiet, außer kur Nordwsst- und Südwestecke, am l. Juli ist Ruhetag. An den beiden folgenden Tagen räumen die Polen staffelweise das Jndustn gebiet bis Beuthen einschließlich. Am 4. Juli ist wieder Ruheia« und am 6. Juli erfolgt beiderseits der völlige Rückzug bis über dw Grenze des Abstimmungsgebietes. General Höfec hat also wenigstens das sine erreicht, daß der oberschlesische Selbstschutz nicht auf eine Stufe mit den Korfantyschen Insurgenten gestellt worden i't Dagegen ist eine Gewähr seitens der interalliierten Kommnsion daß die Polen die befohlene Räumung augenblicklich vor nehmen w ,d n, nicht übernommen worden, so dringend dies auch von Gener l Hörer verlangt worden ist Er ist lediglich festgesetzt, daß der polni ch Rückzug durch englische Kommissionen nachgeprüfl werden soll. Anderseits hat General Höfer die ihm von Lerond zngeinutete . Verpflich »ng abgelehnt, daß der Selbstschutz einseitig, auch wenn die Polen nicht vorschriitsmäßig räume», versprechen sollte, die ihm an den einz-lnen Daten zugewiesenen Linien unter keinen Umständen zu übeischre ten. General Höfer hat vielmehr den Standpunkt gewahrt, daß die Räumung Zug um Zug ersolgen müsse und daß der Selbstschutz nicht taten los mit ansehen wird, daß etwa die Polen über das vom Selbstschntz geräuinteGebiet herfallen. Englnche Offiziere um ihre Ansicht befragt, ob die Polen wirklich räumen würden, haben geantwortet, wir hoffen und wünschen es. Ans cie Fra e, was die inleralliierten Truppen tun würden, wenn die Polen »ch nicht an das Abkommen halten würden, erklärten die Engländer, dann kann wenig geschehen, denn um Gewalt anznwenden, seien sie zu rchwach. Auch lassen englische und italienische Offiziere ganz srcrmütig erklären, daß sie Oberschlesien satt haben und mög lichst rchneil nach Hause kommen wollen, soivie keinen ihrer Leute mehr sür Polen oder Deutschland auss Spiel setzen möchten. Die Frage ist nun, ob cs de» Polen vorteilhaft erscheint, sogleich einen neuen .Nonflut anzuzetteln, oder ob sie sich noch etwas Zeit lassen wollen, um den vierten Aufstand vorznbereiten, darauf werden die nächsten Tage die Antwort geben Es ist wahrscheinlich, daß die Poien auch aus beide Möglichkeiten gleichmäßig und vollständig eingerichtet sind. Ein Fest des Völkerbundes London, 2?.. Juni. Aus Anlaß des zweiten Jahrestages der Gründu g des Völkerbundes fanden im Hydepark große Kund gebungen Natt. Alle 48 Nattonen des Völkerbundes waren m m eten. In Massenversammlungen wurden von den Rednern aller Länd r Anspmchen über den Völkerbund gehalten. An dem grogen Um-ug, der zur Verherrlichung des Völkerbundsgedankens diente, anmen dte Vertreter der Nattonen in ihren Nmional- kostüimr, wil. Den einzelnen Zügen wurden dte Nationalflaggen vorangeirxg n. Zahlreiche Must kapellen mit den verschiedensten Musiltnilru-nenten vervollständigten das Bild. Eine Botschaft des Präsidenten der britischen VölkecbundSunton Lord Grey gelangte zur Verl luug. in der darauf hingewtesen wird, daß dte einzelnen Völker machtlos find, wenn es gilt, einen Krieg zu vermeiden, daß aber der Völkerbund ihnen diese Macht gebe. Vertrauensvotum für Giolitti Rom, 27. Juni. In der Kammer brachten nach Abschluß der Debatte ü er die Antwort auf die Thronrede Tur ati und Genossen folgende Ta eSordiiung ein: Die Kammer erklärt sich entschieden als Gegner des Programms und der Haltung der Regierung sowohl in der Außen politik w e in der Innenpolitik, in der Wirtschaft«-und Sozialpolitik und geht damit zur Tagesordnung über. G otilli lehnte diese Tagesordnung ab. Ihr erster Teil bis einschlieyttch der Worte „in der Außenpolitik" wurde mit 234 gegen 200 Stimmen bei 6 Stimmenthaltungen, der zweite Teil mit großer Mehrheit durch Handaufheben abgelehnt. Rücktritt des italienischen Ministeriums Rom, 27. Juni. In der Diskussion der Kammer über die Thronrede geißelte der Sozialistenfuhrer Treves die schwache auswärtige Politik Italiens, die das Instrument absur, der französischer Gewaltpolitik gegen Deutschland sei. In Oberschlesien werde das Resultat der Volksabstimmung gefälscht. Statt Polen aufzufordern, friedfertig zu sein, hätte Sforza diese Aufforderung an Frankreich richten sollen. Die Deutschland aufgezwungenen Reparationen schädigten nicht nur Deutschland, sondern auch Italien. Nach Treves ergriff zum ersten Male nach dem Weltkriege Salandra in der Kammer das Wort, um rm Namen der Rechten die auswärtige Politik Sforza- anzugreifen. Er wurde jedoch nach einer Replik Sfor» zas von der Kammer und den Tribünen niedergeschrien. Die Tagesordnung über die auswärtige Politik, die ein Miß- trauensvotum gegen Sforza enthielt, wurde mit 234 gegen 200 Stimmen abgelehntj weil die Klerikalen für die Regierung stimmten und die neue soziale Gruppe sich zwar gegen Sforzas Politik erklärte, aber trotzdem dem Ministerium Giolitti ihre Stimme gab. Rom, 27. Juni. Infolge des Ergebnisses der gestrigen Kainmerabstimmung hat das Ministerium beschlossen, zu rückzutreten. Der Rücktritt wird heute noch der Kammer und dem Senat bekanntgegeben werden. Rom, 27. Juni. Nach dem „Giornale d'Jtalia" soll Gio litti den Auftrag zur Bildung des neuen Kabinetts abge. lehnt und dem König als geeignete Persönlichkeit den jetzi gen Schahminisler Bonomi genannt haben. Rom, 27. Juni. In der Deputicrtenkammer erklärte Gio litti, nach dem Proportionalsystem müßten die Ministerien aus Männern mehrerer Parteien zusammengesetzt sein. Zweimal habe er in der Vergangenheit die Sozialisten aufgefordert an der Regierung teilzunehmen. Wenn in der Zukunft ein Ab kommen mit den Sozialisten zustande käme, so würde es ans einer festiimschriebcnen Grundlage sein. Was die äußere Po litik anbelangc, so schließe er sich den Ausführungen des Gra. fcn Sforza an. Er glaube, man müsse die in den angeglieder ten Provinzen in Kraft befindliche Autonomie beibehaltcn. Die Negierung werde die nationale Produktion fördern, indem sie ihr Absatzmärkte im Auslande suche. Eine oriecknsckw Riederla, e (Eigener Draht bericht der „Sächs. V o l k s z e i t g.") Paris 28. Juni. In bvlomatiichen Kreisen glaubt man, daß trotz der Ablehnung durch Griechenland die griechische Reaierung zu gewissen Entgegenkommen bereit ist so z B. zum Berückst auf die politischen Vorrechte in Smyrna, die Griechenland lt. Friedens vertrag doch nur vorübergehend zuerkannt waren. Mst einer Aevdernng der Grenze in Ostthrazien.als Gegenleistung für gewisse wirtschafil'che Zugeständnisse. Pars, 27. Inn!. Wie die Havisaaeistur ans Konstantinopel meldet, sind die griechischen Truppen bei A'wbazar und Sa- banda geschlagen worden un>> 'ab n sich auf Jsmid zu ückciebcn müssen. Auch JSmid sei am Abend des 24. d. Mts. von den Türken besetzt worden. Die Bewohner von Jsmid sind von einem englischen Kreuzer an Bord genommen worden. Abkommen mit den Kemalisten Paris, 27. Juni. Der Chicago Tribüne wird aus Konstan- tinopel gemeldet, daß in Angora, wo sich gegenwärtig eine englische, eine italienische und eine iranzösische Delegation auihalien und wo sich auch unauffällig griechische Unterhändler befinden, der A b i ch luß eines Abkommens mit den Türken bevorstehen soll. Englischerseits seien folgende Bedingungen gestellt worden: Erstens Annahme des von Bekir Sami-Bei Unterzeichneten sranzösisch- italienisch-türkischen Vertrages, zweitens Freigabe der englischen Gefangenen, drittens Oeffmmg ver anatolischen Häfen für die britische Schiffabrt. viertens Genugtuung sür die Durchsuchung eines brit sehen Schiffes iünftens Attederheistellung der englische» Rechte in der Türkei. D r erwähnte von Bekir Sami-Bei abge schlossene Vertrag soll bi» auf zwei Punkte bereits angenommen worden sein. Ein Staatsstreich Mustafa Kemals? Pari», 27. Juni Nach Meldungen aus Angora plant Mu stafa Kemal einen Staatsstreich, um in «onstantlnovet eine Regierung zu bilden, die dann sofort dte Offensive gegen Griechen land aufnehmm soll Mustafa Kemal schält angeblich Unter stützungen und Munitionsnachschübe vcn den Bolschewisten und Italienern Die Italiener sollen ihm bcshcr 2000 amerikanische Maschinengewehre geliefert haben. Auch treffen russische Truppen oerstärkungen über den Kaukasus ein. Ein Dreibund siegen die Westmächte London, 27. Juni. Wie die Morning Post aus Konstan tinopel meldet, wurde die erste offizielle Flagge über der afghanischen Gesandtschaft in Angora gehißt. Anwesend waren die bolschewistischen Delegierten und das Gesamtkabinett. Mu st apha-Pascha hißte selbst die Flagge und hob in einer Rede die Bedeutung des Dreibundes zwischen Ruß land, der Türkei und Afghanistan gegen die West- müchte hervor. Er versprach, seinen eigenen Gesandten nach Kabul zu schicken. Mustapha Kemal-Pascha erklärte, in einein Augen blicke, wo die Imperialisten des Westens versuchte», die Reste der Türkei zu stehlen, werde das türkisch-russijch-afghanische Bündnis genügen, um die Pläne derjenige», die ihre Rechte angrissen, zu vereiteln. Kemal-Pascha erklärte weiter: Wir sind vielleicht nicht so stark wie die Westmächte und nicht so fähig zur Weltvertei digung, wir haben jedoch eine religiöse Macht, durch die wir un sere Unabhängigkeit gewinnen werden. Das Bündnis mit Ruß land wird sich vielleicht als Rettung aller Völker des Orients erweisen. China gegen das englisch-japanische Bündnis (Eigener Drahtbericht der „Sachs. Volkszeitg.") London, 28. Juni. Nachrichten ans Tokio zufolge, hat die javanische Regierung dar Ericheinen eines amerikannchen Blattes »ad mehrerer anderer ausländ ff der Zeitungen in Tolio ve boten, w-ffl sie Nachrichten über die Erneuerung des anglo-japaniichen BündnffseS veröffentlicht hat. London, 27. Juni. Wie die Blätter aus Neuyork melden, griff der chinesische Geiantte in den Vereinigten Staaten aut einem Bankett des Veibantes der Banken in N>uyork in einer Rede den englisch-javanischen Bündnisvertraa tiestig an. Der Gesandte nannte diesen Bert ag eine Kriegemaßiiahme, die den Zweck verfolge, die Interessen Gioßbcitanniev» und Japans im leinen Osten zu sstützen. China habe guten Grund, sich der Ermueiung des enalilch-japanilchen Bcinonffs s zu widersetzen. Er betrachte die Lage als unerträglich. Wenn China und die Veieiittglrn Staat n nicht an diesim Uebereinkommen beteiligt würden, dann könnte d r Frieden im feinen Osten nicht gesichert wer en. Al WUW MM!«N WWW WkllSki Der Besuch des deutschen Vertreters des Heil. Vaters in Rom, Er. Exzellenz Eugen Pacelli, in der katholischen Wende! glich einem Triumphzuge, wie ihn der „schwarze Fleck" in der Lausitz kaum jemals gesehen hat. Schon die Fahrt durch die gesegneten Fluren der „Klostergegend" — der fünf bis acht Kilometer breite Landstrich zwischen Bautzen und Kamenz — und zu einer Zeit, da die Natur ihren Höhepunkt erreicht hat, entbehrte nicht eines besonderen Reizes. Dazu schlugen dem hohen Kirchcnfürsten überall glaubensfrohe Herzen ent gegen, allenthalben betätigte sich die ungeteilte Liebe uns Anhänglichkeit zum Gesandten des römischen Stuhles lind so wird sich in ihm die Hoffnung gestärkt haben, daß der Volksstamm der katholischen Wende», der stets in unwandel barer Treue znin Felsen Petri gestanden hat, auch zu seinem Teile zur religiösen und sittlichen Erneuerung der Menschheit beitragen wird. Wie sehr erfreute den hohen Gast die freund liche Aufnahme in dem kleinen, an der Staatsstraße gelegenen Dörfchen Siebitz, wo Se. Exzellenz zum erste» Male Hali machte, in» im Hanse des Gutsbesitzers Zilnmermcmn die kirchlichen Gewänder anzulegcn. Schon hier festigte sich in ihm die ttcbcrzcugung, das; im Lande der sorbischen Nachkommen der treue Sinn noch fortlcbt. Hier verließ Hochderselbe das Auto und setzte die weitere Fahrt im klösterlichen Wagen fort. Eine zwölf Reiter starke Kavalkade gab ihm das Geleit bis Klo ster M a r i e ii st e r n, vor dessen Toreingang, geschmückt mit Girlanden und an weißen Masten wehenden Fahnen, die klöster liche Beamtenschaft und Vertreter der umliegenden politischen Gemeinden Aufstellung genommen hatten und in deren Namen Geineindevoritand Büttner in Rcnbau den päpstliche» Le gaten untertänigst begrüßte. Zwischen dem Spalier, gebildet von Schulkindern, Mitgliedern der Marianischen Kongregation und Insassen des Instituts, schritt Se. Exzellenz seaenspendend, am Portal der altehrwnrdigc» Klosterkirche ömpfing ihn in Gegenwart der Klostergeistlichkeit der hochwürdigc Prälat von Osscgg, Theobaldus Schornagest, Gcncralvikar der böh- misch-lansitzischeu (österreichischen) Zisterzienser-Ordensprovinz und entbot dein geistlicbe» Würdenträger ehrfurchtsvollen Gruß „Salve in nomine Domini". In seinen Begrüßnngsworten bob Sprecher insbesondere Hervox, daß seines Wissens das erste Mal der Sendbote des Papstes seinen Einzug in das weltenilegenc Kloster hält, was in besonderen Lettern in die Annalen det Stiftes eingetragen wird und wünschte Hochihm, daß er die besten Eindrücke aus dem Wendcnland in seine Residenz mit- nehmen möchte. Nach Absingen der Sexta durch den Chor dcr geistlichen Jungsranen und den Vorbercitungsgcbeten hielt de» hochwürdigste Herr Nuntius stille hl. Messe, wobei ihm die Klostergeistlichkeit assistierte. Nach dem Evangelium bestieg Wochwürden Herr Pater Watzl die Kanzel und legte in kurzen Worten den Gläubigen den geschichtlichen und religiösen Wert der Neucrrichtung des Bistums Meißen dar und verrichtete nach dcr Ansprache die Ablaßgcbete. Unter den mächtigen Klän- gen des wendischen Tedciims verließ Sc. Exzellenz die festlich geschmückte Klosterkirche und stattete nach kurzem Frühstück in der Propstei dem St. Josephs-Institut, höhere Lehranstalt für katholische, zumeist schon der Volksschule entwachsene Mädchen, einen Besuch ab. Durch Gesang und Wort empfangen, über- reichte eine Insassin dem hohen Gast einen duftenden Blumen strauß. Wegen der Kürze der Zeit — durch ein kleines Ver sehen war bereits in Siebitz eine Verzögerung im Programm entstanden — konnte er dem Konvent, an seiner Spitze die gnä dige Fra» Aebtissin Anna Lang, nur wenige Minuten wid men und schied erst gegen 10 Uhr von dieser Stätte des Frie dens und Heiles und fuhr dem Kirchorte dcr Parochie — Crojt- witz — zu, an deren Ortsgemarkungen in Alte Ziegelschenne an der Ehrenpforte an 30 Osterreiter Sr. Exzellenz harrsien und ihm das Geleite bis ins Dorf gaben. Hierselbst die Kir- chenfahnen, das Kreuz und die Statue des anferstandenen Hei landes in Empfang nehmend, setzte sich die bunte Reitcrschar, ganz nach Art — allerdings ohne Gesang, den dafür die Män- nervereine ciusführten — des alljährlich in den katholischen Kirchorten der Wendet stattfindenden Osterrcitens air die Spitze des endlosen Trachtenzuges, der den südlichen Gast — Se. Exzel lenz stammt aus Nom — auf das angenehmste überraschte und ihn zur größten Bewunderung hinriß, welcher er bei seiner Umgebung unzweideutig Ausdruck verlieh. Da defilierten an dem zu einem Baldachin ausgebauten Ehrenplatz inr Dorf- innern, das in Bälde ein Kriegerdenkmal zieren soll, Hunderte und Aberhunderte Wcndinnen in den verschiedenen Abarten der Nationaltracht als Festjungfranen, deren man fast an 100 zählte, in ihrem Gold- und Silberschmuck, ein teures Familiengut, das sich von Geschlecht auf Geschlecht vererbt, in der Kleidung der Hochzcitsgäste, wobei die Bram in ihrem malerischen Aufputz nicht fehlte, weiter Firm- und Taufpaten, Frauen in großen, weißen Tüchern als Trauer, aber auch Kommuniontracht, Mäd chen im Sonntagsstaat und wie ihn die Wcndinnen bei beson deren Anlässen im fanliiiären und kirchlichen Leben anfweisen. Alles dies wie überhaupt der ganze lange Zug, der durch die Ortsvercine Jednota (Männcrgcsangverein), Serbostaw und Katholisches Kasino, sämtlich mit Fahnen, seinen Abschluß fand, wirkten geradezu überwältigend auf Se. Exzellenz, insbesondere auch der fromme Sinn, der aus der ganzen mustergültigen Ver anstaltung sprach, wobei die Mitglieder des Militärvereins hier und in der Kirche aus strengste Ordnung hielten. Was Wunder, daß einem alten weiidischeii Patrioten beim Anblick dieses denk würdigen Festznges Tränen der Freude in die Augen traten, daß noch hier, in der wendischen Metropole, dcr Väter Sitten treu bewahrt werden und zur Ansrcchterhaltung des vor 7«'0 Jahren an Stelle des Heidentums eingeführten christlichen Ge dankens beigetragen haben. Leider muß man sehen, daß mit Ablegung dcr Tracht bei manchem Mädchen auch die gute katho lische Gesinnung eine Abschwächung erfährt. Der Ort, der im Festtagskleid prangte, von den Häusern wehende Fahnen in nationalen und staatlichen Variationen, die Dorfstraße frisch bestreut, eingefaßt von grünenden Birkenrei- sern gleichsam als Spalier schnurgerade ausgestellt, die Häuser bekränzt und geschmückt, wies eine unzählige Menge Zuschane. auf, auch viele Andersgläubige, für die infolge seiner Frie densbemühungen im Jahre 1917 und durch Verkündigung des päpstlichen Breve über die Neucrrichtung des allen Bistums Meißen geschieht lieh gewordene Persönlichkeit dcS Münchener Nuntius, der über kurz oder lang seine bisherige Residenz mit der in dcr Reichshanptstadk wechseln dürfte, eine begreifliche An ziehungskraft bot. Zu dem zahlreichen Besuch trug ja auch das denkbar günstige Svmmerwcttcr bei, eine besondere Festgabe des Himmels. Unter dem ehernen Klang der Glocken und mächtigen Akkor den der Orgel betrat Se. Exzellenz das geräumige Gotteshaus, das trotz der erst vor Jahre» borgenommenen Erweiterung die Gläubigen und Fremde» kaum.faßte. Nachdem das Ee-e iacer- dos magnns verklungen, zelebrierte der iienernannte Dom dechant von Bautzen, der apostolische Protonotar H.i'yw. Jakob Skala sein erstes (Primiz-) Pontifikalamt und — wie es dcr Zufall wollte — i» seinem Geburts- und He'inatS dorfc. Nach dem Evangelium hielt Herr Kaplan Ziesel) von dcr Kanzel ans eine Ansprache, wobei er ans die Bedenniug de? Tages hiimnes. Dem Wcndenlandc sei die Ehre zn-eil gewor den, das; der Abgesandte und Vertreter des Papstes in unserer Mitte weile. Er bringe uns den Segen dcS Heiligen Vaters, des obersten Hirten, dcr sich bemüht hatte, dem aransamen Blnr- bergicßen ei» Ende zu machen. Der hochwürdigste Herr Nun tius wird dem Stellvertreter Christi auf Erden erzählen vom Wendenlandc und seinen Bewohnern, wo Glaube und fromme Sitte einen sicheren Hort haben und wo unwandelbare Trenc. zur Kirche noch lebt wie einst vor Jahren. Nach der Ansprache wurden ebenfalls die Ablaßgcbete verrichtet und vom ganzen Volke mitgebetet. DaS wendische „Großer Gott w r loben dich" und ein Maricnlicd brausten durch die weiten Räume und unier dem Klange des letzten Liedes bewegte sich der Zug mit dem hohen Gaste nach der Pfarrei, wo Audienzen stattfanden. Die Kirchenväter, dcr Kirchenvorstand und Vertreter des wendischen katholischen LehrervercinS wurden Sr. Exzellenz durch den hoch würdigsten Herrn Domdekan vorgestellt, wobei er sich u> leut seligster Weise mit ihnen unterhielt, was ein wesentlicher Zug seines Charakters ist. Während der Tafel, an der gegen 20 Herren teilnahme», unter ihnen, außer den bereits Genannten Se. Durchlaucht Erbprinz Vorderglauchau-Hartcnstcin, Prälat .Klein, die Kanonici Resak und Dr. Hartmann ans Dresden, der Prälat von Osseg, der Propst von Marienstern u. a. in., hielt Herr Kaplan Ziesch noch eine kurze Begrüßungsansprache. Schulkinder, wie Gcsangsabteilung des Jnngfranenvereinö und die Jednota erfreuten den hohen Gast durch mehrstimmige wen dische Volksweisen, und ein Mitglied des Jungfraurovcrcni» überreichte ihm ein sinniges Geschenk mit Widmung, worüb-i er,, wie auch über das Gehörte, sich dankbar und äußerst lobend aussprach. Alles wurde ihm verdolmetscht und so war es ihm gestattet, einen Einblick in die wendische Sprach- und Seelen- kultur zu gewinnen. Gegen 3.46 Uhr verließ der päpstliche Legat unter Glocken klang und Böllerschüssen den Kirchort der größten Parochie in der katholischen Wendei, begleitet abermals von der Reiterschar bis an die Grenzen der Tochtergemeinde Storcha. Dankbaren Herzens werden die katholischen Wenden de» hohen Besuches
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