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Sächsische Volkszeitung : 29.07.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192107293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210729
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210729
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-07
- Tag 1921-07-29
-
Monat
1921-07
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 29.07.1921
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«Lchstt»« ««!»»,,11«», ßke. ITU.Geil« » Slimmungsumschrvung in Polen? Kürzlich brachte der „N'euwe Rotterdamsche Courant" »inen Bericht seines Reisekorrespondentc», der in mehr als einer Hinsicht bemerkenswert und interessant ist. In diesem Artikel „Was Warschau wünscht" reilt der Korrespondent mit. daß er aus Grund eingehender Gespräche mit führenden Persönlichkeit te'n eine ticsgehende Veränderung der Stimmung in Polen habe keststellen können. Außer auf verschiedene Minister beruft er sich in diesem Arcikil auf den llnterstaatssekretär Dum Ski. der zugleich die stärkste Partei im Parlament führt und von außerordrötlichem Einfluß ist- Polen sehne sich nach Ruhe, um nach innen seinen Eiaat auszubauen und die vielen schweren V erwaltnngsaufgabt >. und w,r allem die Finanzen seines noch so jungen StaatSloöcns znu- Teil in Ordnung zu bringen, zum Teil überhaupt erst nuszubaucn. Und da ist eZ vor allem, was not tut, eine feste Grenze zu wißen. Diese Erkenntnis hat sich auch in Vo--n al'mähiich so Bahn gebrochen, daß das Verlanget, nach eiar: erlich 'csten, endgültigen Grenze so groß ist. daß die leitr-oen Männer in Warschau rund heraus sagen, jede Grenze sei bester als keine Grenze. Und auch, was Oberschlesien anlangt, so soll sogar in diesem Punkte den Polen weniger wich tig geworden sein, wie Obcrschlcsien verteilt wird, als daß end lich dir Verteilung überhanpt stattfindet. Polen hat praktisch seine Ansprüche auf tschccho-slowakisches Gebiet bereits fallen gelosten und sei» Hauptstrcbcn mehr der vernünftigen Aufgabe zugewandt, in ein erträgliches Verhältnis mit der Tschccho- Slowakei zu kommen, zunächst einmal auf Grund eines Han delsvertrages. Der gleiche Wunsch gewissermaßen »ach Versöhnung führt die polnischen Männer nun auch immer mehr einer Verständi gung mit Deutschland entgegen, und zwar zunächst auf Grund einer wirtschaftlichen Uebereinkunft. Die amtliche polnische Statistik zeigt deutlich, wie sehr Polen wirtschaftlich vom Deut- scheu Reiche abhängig ist und wie es im eigensten Interesse vesser daran täte, eine wirtschaftliche und politische Verständi gung mit Deutschland anzubahnen, als auf dem Wege der bis her üblichen chauvinistischen Art in bitterster Feindschaft Deutsch land und alles Deutsche zu verfolgen. Nach dieser Warschauer Statistik wurden allein im Jahre 1920 von Deutschland nach Polen 2,8 Millionen Tonnen Waren, von Polen nach Deutsch land aber nur 0,2 Millionen Tonnen Waren ein- bezw. ausge führt. Bei dem niedrigen Stande der polnischen Valuta ist natürlich der Wert der Einfuhr sehr hoch. Zahlen spreche» ja immer die beredteste Sprache und eine solche Bilanz mit den enormen Schulden Polens im Hintergründe ist wohl geeignet, realpolitisch denkenden klugen Männern die Augen zu öffnen. Sc ist es leicht verständlich, daß viele Polen allmählich einge sehen Haber., welche Folgen die Feindschaft Deutschlands auf die Dauer haben kann und diese Einsicht führt selbst die leitenden Männer t-:-- polnischen Regierung und der polnischen Parteien zu dem B-o'enntniS gegenüber dem Korrespondenten, daß, wer im Sinne einer Versöhnung mit Deutschland eine vermittelnde Nolle auf sich nehmen will, den in Warschau herrschenden Män nern einen größeren Dienst erweist, als diejenigen, die den Konflikt verlängern und versuchen, den Gegensaß nnüberbrück- ba-' zu »icchen, indem sie Pellen das ganze oberschlesische In dustriegebiet zusi'reche» wollen. Von deutscher Seite ist wuderholt betont worden und auch durch praktischen guten Willen gezeigt worden, daß wir einer Verständigung mit Polen nicht abgeneigt sind und daß wir in Verfolg dieses Strebens manches getan haben, was unS leider sofort von polnischer Seite als Schwäche auSgelcgt wurde, lind auch Deutschland hat, das darf man offen zugesteben, ein großes Interesse daran, mit Polen in ein erträgliches Verhältnis zu kominen, nicht nur l in der Handelsmöglichkcitcu m't Polen selbst willen, sondern vor allem, weil Polen zurzeit ja auch ge wissermaßen die Brülle »ach Rußland wie auch nach dem fernen Osten öu'der. .t« !>'!>.r Dßmtea, 'daß mög- l.chst bald über Oberschlesien eine Entscheidung getroffen wird weil gerade Oberschlesien den großen Hemmschuh bei einer bei derseitigen Annäherung bildet. Ist erst hier einmal eine Ent scheidung getroffen, die allerdings, das muß vorauSgeschillt wer den. den berechtigte» Ansprüchen Denlschlands einigermaßen gerecht wird — und das ist noch lange keine so große Selbst verständlichkeit bei den französischen Plänen in und mit Polen —. so wird auch die politische und vor allem die handelspolitische Verständigung nicht mehr lange ans sich warten lassen. Aller dings ein völliges Nebergehcn der berechtigten deutschen An sprüche in Oberschlesien könnte den Gegensah zwischen Deutschs land und Polen leicht verewigen, wobei Polen naturgemäß stets den kürzer».'', ziehen würde. DeSbalb liegt es auch im Inkeresss von Polen, selbst, die Wünsche in Oberschlesien stark herab-,.> sä rauben, und die? vor alle»,, so lange es noch Zeit ist, den mächtigen, mit kolossaler Wärme für Polen eintretenden B n- dcSgenoslen nnzweid"!ntig zu erkennen zu geben. Was es über haupt für ein Land heißt, sich in die finanzielle Abhängigkeit eines anderen zu begeben, das wird Polen noch lange am eige nen Leibe zu spüren haben, und mancher Fluch des Zornes und der Erbiticrnng wird d i e treffen, die in nationalistischem lleber- eiicr Pol?» in die Heere'gefolgschaft Frankreichs stürzten und mil französischem Gelbe polnisches Blut eintanschien. Derartige finanzielle Abhängigkeit haben nie gut getan «nd auch Polen wird eS sicherlich noch 6neS Tages bereuen, sich mit einem ge wissen phantastischen, größenwahnsinnigen Heber- und Erobe. rungSeiser so tief in di» goldenen Kette« Frankreich» verstrickt zu haben. Leider kommt die polnische Erkenntnis arg spät, vielleicht fü' die Entscheidung in Oberschlesien zu spät, denn Frankreich hi sich zu sehr in die für Polen günstige Teilung Oberschlesi.-nS verrannt, um so schnell seine diesbezüglichen Wünsche und Lo - derungen zurückschrauben zu können. Außerdem würde mar in Frankreich auch aus derartige wirklich ernsthaft gemeinte polnische Stimmen — und bisher sind sie ja leider noch nicht in überzeugendem Maße in die Oefsentlichkeit, besonders in die ftanzösische Oefsentlichkeit gedrungen — nichr hören, denn Frankreich ist ja verblendet in puncto allem, wo eS heißt, ein Entgegenkommen gegen Deutschland zu zeigen, und wenn das Entgegenkommen noch so berechtig: und verständig ist. Ist aber erst einmal mit Hilfe der Hanzösischen Machtpolitik Deutschland eine neue Ungerechtigkeit zugefügt, so wird es selbst den polni schen Staatsmännern schwer werden, hier eine vernünftige 'kor- rekmr zu vollziehen, selbst wenn sie den besten Willen hätten, denn das würde die Hetzpropaganda im eigenen Lande sofort untergraben, ganz abgesehen davon, daß aber auch selbst die Po'en in polnischen Hauptfragen wohl schwerlich etwas zu sagen oben. Es ist aber immerhin ein günstiges Zeichen einer lang, amen Einkehr auch im Osten Europas, wenn überhaupt scheu solche Stimmen der Vernunft von seiten der Polen in die Oefsentlichkeit dringen. B. M. Ralhenau über dle pariser Verhandlungen Berlin, 28. Juli. In der gestrigen neunten Sitzung des Re« parationSausschusses des Vorläufigen NeichSwirtschaftsrateS führt« Reichsminister Dr. Mathenau n. a. aus: Die Verhandlungen sind seit meinem ersten Bericht ununterbrochen gefördert worden. Eine Hauptfrage ist di« Frage der Finanzierung. Für den Fall, daß die jährlichen Sachleistungen an Frankreich denjenigen Betrag überschreiten, den Frankreich bereit oder ln dkl Lage ist, sich auf Reparationskonto anrechnen zu lassen, müssen Wege gefunden werden, um Stundungen zu ermöglichen, die dahin zielen, daß solche überschießende Beträge auf spätere Annui tätsleistungen an gerechnet werden. Die zweite Frage ist die Frage der Preise. Es wird nötig sein, eine PreiSgrund^ läge zu finden, die für einen bestimmten Zeitraum genau über sehen läßt, welches der Wert einer Ware ist, dir geliefert und an gerechnet werden soll. Wir haben sodann gesprochen über die Frage der Errichtung einer französisch deutschen Organisation zur Aufnahme von Lieferungen. Wir haben die entschiedene Absicht, den freien Handel ge währen zu lassen, ja ihn zu unterstützen, soweit wir können, auch dann zu unterstützen, wenn er nicht zu Barleistungen zwischen Bestellern und Lieferanten führt, sondern zu Gutschriften auf Re parationskonto. Zurückgetreten ist während dieser Verhandlungen das Gebiet der Arbeitsleistung an Ort und Stelle. Ich hoffe, daß sobald zwischen Frankreich und »ns ein gewisses Handelsvcrhältnis etabliert ist, auch diese Art der Zusammenarbeit sich ermöglichen läßt, ob in sehr erheblichem Umfang, möchte ich schon deswegen bezweifeln, weil ans den französischen Berichten in Kammer und Senat hervorgeht, daß die Gesamtzahl der frem den Arbeiter, die Frankreich aus verschiedenen Nationen znsam- mengcrusen und anf seinen Territorien versammelt hat, nicht grö ßer ist, als 25 000 Mann. Man hat geltend gemacht, daß eS sich doch wohl nur um ganz geringfügige Lieferungen handeln werde. Ich rechne nicht damit, daß man etwa au? be sonderer Rücksicht für uns oder unsere Wirtschaftslage die Absicht hat, uns enorme Lieferungen zu übergeben. Ich glaube aber, daß die Geschädigten selbst eine beschleunigte Lieferung wünschen. Die französische Regierung Hai den Wunsch, das Wiederaufbangeschäft in wenigen Jahren zu beenden. Ich möchte mich jedes Optimismus enthalten, aber ich glaube, daß dieses ganze VerhandlunflSgeschäft für die deutsche Volkswirtschaft von entscheidender 'Bedeutung ist. Tenn einmal ist die Umwandlung von Goldleistiiiigcn in Sach leistungen für uns »nentbchrlich. Auf der anderen Seite ist von Bedeutung, wenn wir neben den schwersten Lasten, die wir in den nächsten Jahren z» tragen haben werden, nicht mit Beschäfti gungslosigkeit zu kämpfe» haben. Ich pertrete den Stand punkt, daß mau jeden Versuch machen muß, die Leistungen, die u»S auferlegt worden sind, tragbar zu machen, da wir dann den entschiedenen Anspruch haben, die Abänderungen durchzusetzen, die möglich sind, wenn wir mit Unerfüllbarkeit nicht etwa einen Man gel an gutem Willen entschuldigen. Ich glaube also, daß man die Gegensätze hier im Lande nicht so hoch zu spannen braucht, daß man von vornherein nicht daran zweifeln darf, etwas Erhebliches leisten zu können. Nehmen wir an, daß unsere Sachleistungen zwar nicht phantastisch hoch seien, sich aber doch in sehr erheblichen Grenze» bewegen werden, nämlich in solchen Grenzen, die der Grüße des Ausbanproblems in Frankreich entsprechen, so wird ein Strom von Waren ans Deutschland nach Frank reich. ein Strom von Bestellungen von Frankreich nach Deutsch land geleitet und aufgenommen werden. Das zweite Prinzip ist da« rlner gerechten und verständigen Verkettung. * TS muß eine möglichst gleichmäßige Berteilung der nach Ländern sowohl, wie nach Berufsständen erfolgen. Dies iß aber eine außerordentlich schwierige Aufgabe, die sich von allen früheren Aufgaben erheblich unterscheidet, die wir während de« Krieges und nach dem Kriege zu bewältigen hatten. Der dritte Grundsatz ist der der unbedingten prompten geschLstslundigen und raschen A»S- führung eines jede» Auftrages. Es wirb kaum möglich sein, einesokche Aufgabe durch einen behörd lichen Apparat zu lösen. Eine Möglichkeit, die ich dabet auch aus- zuschließen wünsche, ist die der K r i e g S g »s el l s ch a f t e n oder eines Gebildes, das einer Kriegsgesellschaft ähnlich sieht. Ter Weg, den nur keschritten haben, zielt in erster Linie darauf hin, dem Reichskommissar diejenigen Garantien z» schaffe», die er braucht, um überhaupt als verantwortlicher Unterhändler und Lieferant aufzutreten. Wir haben diese Garantie dadurch zu schassen gesucht, daß die bekannte vom Reichstag im Juni geneh migte Verordnung zustande kam, die die Errichtung von LeistungSverbänden enthält. Die Umwandlung eines Fach verbandes in einen Leistungsverband wird einfach sein. Ich möchte glauben, daß die Zahl der LeistungSverbänbe, hie enlstehen wer den, nicht etwa nach Hunderten, sondern wohl nur nach Zehnern zählen wird. Was die Preise anbelangt, so müssen wir auf den Teil ge- saßt sein, der auf großen Gebieten de» französische« Preisniveaus uns unzulängliche Preise bietet. Aber dann wurde der deutsche Lieferant an sich noch in keiner Weise geschädigt sein, denn di, LeistungsverbandSordnung sieht vor, daß den deutschen Lieferanten angemessene Preise zugebilligt werden. Stellen sich also die denk Reiche gewährten Preise nicht als angemessen heran», so wird der Lieferant den Anspruch haben, »inen anderen Preis ztz" erhalten,al»drnjenig«n,dendaSR»1chbekom mt.' Da» kann unter Umständen für da» Reich »in hartes Geschäft sein, da» zu einer erheblichen Schädigung führt. Aber «in härtere» Geschäft ist es unter Umständen für da» Reich, wenn «S, wie' jüngst geschehen, gezwungen ist, dem amerikanischen Dol-. larbesttzer auf^eden Dollar^ den e» kauft, Lg ItpreiS zuzuzahlen. Gouteabeö binsichtlich der LieferungSmöglichkett sö diese Lieferung nur unter schweren Op« ft Mark über den Marktpreis zuzuzahlen. Sollte abeö rin Gebiet für Deutschland " unlohnend erscheinen, daß bd fern erfolgen kann, so hoffe ich, daß wir Wege finden werben, daß in diesem Falle Deutschland die Lieferungen ablehnen ko»»,' Auch für den Gegenfall, nämlich daß irgendwo günstiger^ Preise gewährt werden und dementsprechend übermäßige G e > Winne entstehen, muß Borsorge getroffen werben. Wir werdeik stungsverbände zu einem Selbstverwaltungskörper zu^ sammenzuschließen, der alle Leistungsverbände sowohl der Länder wie gewerbliche Verbände zusammenschließt. Dieser Verband wllrdr 'elbst die Aufträge zu übernehmen haben, die ihm zuslicßen. Er elbst würde derjenige sein, der die Ansirahmeorgantsatioiieii in Frankreich schasst. Bei ihm würden die Aufträge zusammenlmisem Er würde sie verteilen und unter eigenem Recht und ctqciicii Sicherheit effektnieren. Dann würde der Neichskommtssar nur noch die Stelle der Ueberwachnng sein. Wiederholt ist in der letzten Zeit in der englischen Presse dis Besorgnis cmfgekaucht, es möchten die Son'bcrverhandlmigen zwi schen Frankreich und uns das Ergebnis haben, daß die englischen Interessen oder die anderer alliierter Nationen zu kurz kommen. Soweit die Verhandlungen bisher mit Frankreich stattgeßindci, haben, sind sie nicht derartig gewesen, daß die Rechte irgend einer Nation zu kurz gekommen wären. Aber ich möchte wiederholenz Wir in Deutschland haben das wesentlichste Interesse an der all gemeinen Umwandlung von Goldleistungen in Sachleistungen, und zwar nicht nur Frankreich gegenüber. ES wäre für die Lände» nicht erträglich, die gesamten Märkte der Welt mit einer krank haften Ueberprodnktton an deutschen Produkten überschwemmt zn sehen. Diese Erkenntnis bricht sich Bahn und damit bricht sich auch Bahn die Erkenntnis, daß die Abmachungen in irgen b einer Form für uns tragbar gemacht werden müssen, daß ihre Tragbarmachung nicht weniger und nicht mehr bedenk-t, als die Ueberwindung der gegenwärtigen Konsums- und Prodnk- tionskrise der Welt und die Ermöglichung eines gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Aufbaues. Die Auslandsgeireidekredite Berlin, 28. Juli. Neber den Abschluß eines Getreide« ftnanzierungSvertrage» mit einer Gruppe englischer Banken über drei Millionen Pfund Sterling ist vor kurzem bereits berichtet worden. Obwohl der Bedarf an ausländischem Getreide für die ersten Monale des neuen Wirtschaftsjahre» so gut wie gedeckt ist und die inländische Ernte erwarten läßt, daß gröhece Mengen ausländischen Getreides in nächster Zeit nicht mehr not. wendig werden, sind doch weitere Kreditmöglichkeiten gesichert worden, um eine Inanspruchnahme des Devisenmarktes für Getreidekäufc gegebenenfalls zu vermeide». Durch Vermittelung de« Bankhauses M. M. Marburg u. Co. in Hamburg ist mit der unter Führung der International Acceptance Bank und der LcmkerS Trust-Company in Neuyork stehenden amerikanischen Banken- Sächsischc Volks,'.citnng — Nr. 173 — 29. Juli 1921 Aschenbrödel Originalroman von Erich Ebenstein Copyright 1019 by Greiner u. Comp.. Berlin W. 30. (Nachdruck verboten) (4. Forcsetzung.) ..Wirklich! Ich glaube, ich habe Brigitte in der Tat ver streichen, sie mitzunehineii. Aber nun geht es nicht, Kleine," Wandte sie sich an ihre Eonsine. „Sie erwarten dich nämlich schon ungeduldig in der Küche. Wo warst du denn übrigens so lange?" „Tn hast nur doch eine Menge Außräge gegeben, Isolde. Ich konnle wirklich nicht früh'.r — „Bah, die paar Kleinigkeiten. Inzwischen war Dr. Haiban da und bedauerte sebr, dich verfehlt zu haben." Brigitte zuckte die Achseln iu.d nahm eine noch abweisendere Miene an. „Ach, tu doch nicht so," bemerkte ihre Cousine spöttisch. „Im Krnnde Int eS dir ja doch furchtbar leid." „Nein. In, Gegenteil. Ich bin froh, nicht daheim ge wesen zn sein." Damit raffte Brigitte ihre Pakete zusammen, neigte stumm den Kopf und verließ das Zimmer. Fritz Heitzmann, der ans Fenster getreten war, wandte sich heftig nin. „Was soll das mit Halban, Isolde?" fragte er unwillkür lich, wieder die kameradschaftliche Anrede von früher gebrau chend. „Schon mehrmals in der letzten Zeit machten >Ne ihn und Fräulein Eckardt betreffende Bemerkungen. Sie denken doch nicht . . ." „Daß Dr. Halban sich für Brigitte ernstlich interessiert? Gewiß, denke ich das. Das Mädel hat mehr Glück als Verstand. Er will sie heiraten und Pova ist hcidenfroh darüber, denn so wird er die Sorge um sie endlich loS." „Das ist Ihr Ernst? Dieser steifleinene Fünfziger und das dlutsunge, zwaiizigjäbkige Ding?" „WaS wollen Sie? Brigitte hat keinen Heller Vermögen, und wenn ich heirate, sitzt sie ans der Straße. Denn Papa will mir die Villa Carmen als .Hochzeitsgeschenk geben und sich selbst dann in der Stadt nur eine Iunggesellenwohnung rinrichten. Es fällt ihm aar nick» ein, BrinilieS wegen dann etwa noch ein HanS zu machen. Sie kann also sehr froh sein, noch beizeiten unter Dach und Fach zu kommen." .Würden Sie denn das Herz haben. Ihre Cousine einfach »n di« Luft zn setzenr" „Soll ich sie etwa zn mir nehmen? Fällt mir gar nicht ein. Wir sind nicht blutsverwandt und sympathisch war sie mir erst recht nie. Reden Sie ihr also lieber zu, Halban zu nehmen." „Das werde ich bleiben lassen. Abgesehen davon, daß inir ein solcher Handel widerstrebt, finde ich das Mädchen auch viel zn gut dazu. Sie kann ganz andere Partie» machen." Isolde lachte hart ans. „Wissen Sie eine solche?" „Vielleicht." Isolde stand ans. „Es hat keinen Zweck, über Brigittes Schicksal zn streiten. Fahren wir lieber nach den Schützengrä ben. Oder ist Ihnen meine Gesellschaft dabei vielleicht zu wenig?" Ein lockender Funke blitzte in ihren Nixcnangcn auf. Aber er prallte wirkungslos an HeitzinannS kühlem Blick ab. „Wenn Sie befehlen, begleite ich Sie natürlich. Sonst wäre cs mir eigentlich lieber, wir warteten, bis Fräulein Bri gitte einmal Zeit hat, mitznkoinmen. Einen so gransainen Schlag halte Isoldes Eitelkeit noch nie erhallen. Seltsame Gedanken bestürmten sie. Das wagte der Mann ihr ins Gesicht zn sage», der ihr zwei Jahre lang von seiner glühenden Liebe gesprochen? Den sie verlacht, der ihr ei» Nichts erschienen war gegen Elert? So rasch hatte er sie vergessen? Cie empfand besonders dies wie eine Schmach. Aber eS war ja gar nicht möglich, er verstellte sich wohl nur. „Wenn eS Ihnen so sehr um Brigitte? Gesellschaft zn tun ist. war Ihr Kommen heute eigentlich zwecklos. Denn daß es mir unter diesen Umständen kein besonderes Vergnügen sein kann —" Fritz Heitzmann stand auf und schlug die Hacken zusammen. „Wie Sie befehlen, Gnädigste. Dann bleibt mir selbstver ständlich nur übrig, zu gehen. Sie verständigen mich Wohl gütigst. wenn der beabsichtigte Ausflug gemacht werden soll." Immer noch das harmlös vergnügte Lächeln auf den Lippen, den neuest,'» Gassenhauer vor sich hin summend, ver ließ er Villa Carmrn und schlug die Richtung nach der Straßen bahnhaltestelle ein. Isolde aber stand noch immer sprachlos in mitten des Gemachs und starrte nach der Tür. Er ging. Er g.ng wirklich. v. Kapitel. Als Heitzmann den Vorgarten des väterlichen Hause» durch schritt, sah er im ersten Stockwerk links, wo seines Vaters Ge- mächer lagen, Licht. „Papa ist hier?" fragte er den Portier. „Ja, vor einer Stunde ist der gnädige Herr angekommen." Der alte Heitzmann war eigentlich seit dem vor zwei Jah ren erfolgten Tode seiner Frau immer nur Gast in seinem schö nen behaglichen Haus. Meist wohnt er draußen in Gnßnach oder Theresienhütte, den zwei großen Gewerkschaften, die sein Vater gegründet und die er selbst auSgebant hatte. Sowohl in Gnßnach als in Theresienhütte gab es ein hübsches Herrenhaus etwas abseits anf einer Anhöhe gelegen, damit der Lärm der Maschinen und Hämmer und der Rauch aus den Schloten mcht allzu störend wirken konnten. Nach der Hauptstadt kam Jakob Heitzmann nur, um qe- legentlich wieder einmal seinen Sohn zu sehe», oder wenn Ge schäfte seine Anwesenheit für ei» paar Tage erheischten. Zu diesem Zwecke hatte er sich ein paar Zimmer vorbei il ten. Alle anderen Räume waren nach Frau HeitzinannS Tode verschlossen worden. Fritz bewohnte im Erdgeschoß eine sehr ele gant ansgestattete Iunggesellenwohnung für sich allein. Als er nun von seinem Besuch in Villa Carmen heimkmn, vertauschte er die ihm stets unbequeme Uniform mit einem be quemen Zivilanzug und eilte dann hinauf zu seinem Vater. Er freute sich immer, wenn sein alter Herr da war, und heute aar er in besonders guter Stimmung Aber der alte Heitzmann war nicht allein. Ein junger Mann, dem man den Ausländer auf den ersten Blick an sah. sah rauchend und plaudernd mit ihm im Salon. „Mein Sohn Fritz — Sennor Juan Percz aus Mexiko." stellte der alte Heitzmann vor. „Sennor Percz bereist Europa zu seinem Vergnügen und wird sich einige Zeit hier ansbainm Tu kommst wohl direkt vom Dienst, Fritz? Geht es den» sclio» mit dem Reiten oder macht dir dein Bein noch zn schaffen." „Danke, Papa, eZ geht so leidlich. Der Regünentcarzt meint, ein paar Monate würde es immerhin noch dauern, ehe die Sehnenzerrung sich ganz gibt. Solche Sachen sind lang wierig. NcbrigenS komme ich nicht vom Dienst, sondern aus der Villa Carmen? „LH, du warst bei Oppachs?" „Ja. Wir wollten einen Ausflug machen, aber Fräuleiq Oppach gab eS dann auf." Sr lächelte still vor sich hin »Oppach? Wo habe ich den Namen nur schon gehört." sagte der Mexikaner nachdenklich. Plötzlich schlug er sich vor die Stirn. »Ah, nun weiß ich eSl Meine Mutter beauftragte mich ja, nach einem gewissen Alfred Oppach zu forschen, der vor 1» Jahren Mexiko verließ und dessen Aufenthalt sie nachher nie mehr ausfindig machen konnte." „Dann sind Sie bei mir zufällig gerade an die richliae Schmiede gekommen," bemerkte der alte Heitzmann lächeln». „Alfred Oppach ist seit vielen Jahren mein Freund, und mein Sohn ist dort wie das Kind im HauS. Fritz kann Sie jcderzeij be: Oppachs einsühren Oder haben Sie Empfehlungen an ihn?" (Fortsetzung ftlgt
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