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Er. 70. Torintaft drn Ä4. ÄRärz » srs?. «». »r'ch^nt täglich «nch«. mit Aii-iiahm, d»r Sonn-und FeNtage. Br»i»oSvreiS; Aierleij. I ^ -oh»» Best>-Ug ld>. lürOelier» rnqSItMO». Brta.a.Pvltnustallriik >jkit>l„gSvrctSIisIe K-K». I Kuabhängigrs Tageblatt für Wahrheit, RE «.Freiheit Is wt i dcn die6gckvaU Pkiit^eile o!> der«-» Raum mit II»^, ReNameu mit 80^ die rile tu-n chn doi W ,-d> rh b.dlUt. Rabatt. Buchdrulkrrei, Ncdaktion und Meschäftdftrlle: DreSVcp» Für das 2. Vierteljahr abonniert man auf die „Tächsische Bolkszeitrmg" mit der täglichen Roman- beilage sowie der wöchentlich erscheinenden Beilage „Feierabend" zum Preise v»n 1.8« »It. >»h,t -k»k>,k»> dmch den Boten ins Hau» 2.L. Nie. Die^Arbeit des Blocks. Bier Wochen Reichstagsarbeit liegen hinter uns. Dis Parteipresse läßt diese Revue passieren. Die Kritik aber fällt nirgends günstig ans. Allerwärts zeigt sich ein Ge fühl des Unbehagens. Man fragt sich: Was hat denn der Reichstag in dieser Zeit geleistet? Auch manche alte, er graute Parlamentarier lxrben sich unmittelbar vor Antritt der Osterferien diese Frage vorgelegt und hierauf erwidert, daß ihnen kein ziveiter Zeitraum bekannt sei, in welchem der Reichstag so furchtbar wenig erledigt habe. Wir sind freilich so gerecht, hinzuzufllgen, daß man die Schuld nicht allein auf den Block weisen darf, er konnte nicht viel mehr leisten, denn die Negürung brachte keine Vorlage ein. Darin liegt das Uebel Vier Wochen hindurch ist in den Kom- Missionen so gut wie nichts geschehen, wenn man von der Erledigung der laufenden Geschäfte absieht. Die freisinnige Presse zeigt zwar das Gesicht einer ge wissen Zufriedenheit: so meint ein vielgelesenes Berliner freisinniges Blatt: „Der konservativ-liberale Block hat im Reichstage einige Leistungen aufzuweisen; er hat die Wahl seines Präsidiums aus seiner Mitte dnrchgeseht, er hat dis Kolonialforderungen Dernburgs bewilligt, er hat zum Schluß noch die Kosten für den Neubau der Post in der Französischen Straße genehmigt. Kurzum, in „nationalen" Fragen bis herab zur Bewilligung eines neuen Grund stückes zu Reichszwecken hat sich der Block bewährt. Aber Fürst Bülow wird sich selbst darüber nicht im Unklaren sein, daß zu solchen und ähnlichen Zwecken die Wähler nicht bemüht zu werden brauchten." Wir können diese Zeilen unmöglich ernst nehmen; sie sollen ivohl auch nur ein Hohn und Spott sein. Daß die Bewilligung eines Neubaues in Berlin auch schon eine nationale Frage ist, wußten wir frei lich nicht; sonderbar bleibt dann nur, wie die gesamte Bud- getkormnission die Kosten hierfür erst einstimmig ablehnen konnte. Weshalb? Weit ein Quadratmeter just 1200 Mk. kostet und diese horrende Summe erschien zu hoch. Preußen bat bisher für seine teuersten Bauplätze in Berlin nur 046 Mk. für den Quadratmeter bezahlt, das Reich somit 260 Mk. mehr und nur Liese exorbitante Höhe des Preises hat die Kommission zur Ablehnung bewogen. Der Block freilich, hat nachher die Forderung geschluckt; es hat ihm irgend jemand gesagt, daß es sich um eine nationale Frage handle und sckstrmpp, da lag er auf dem Bauch und betete diesen modernen Tagesgötzen an. Die Aufzählung der Reichstagsarbeiten beweist schon, wie mager die erste Tagungsperiode rrxrr; der Abgeordnete iteht als armer Schlucker vor den Wählern da und kann ihnen nichts bieten Am meisten zufrieden können die Be amten sein; für sie ist wenigstens eine Zusicherung bezüglich der Gehaltsaufbesserung erreicht worden. Aber man darf nie vergessen, daß es der Druck des Zentrumsantrages war, der diese Zusage erreichte. Das „Berl. Tagebl." will dies zwar nicht gelten lassen, sondern es meint vielmehr: „Mit weit größerer Berech tigung könnte man von einem Erfolge der Bemühungen des linken Flügels der neuen Mehrheit sprechen. Denn die zusti rinnende Erklärung des Reichsschatzsekretärs ist nur mr die Außenstehenden — zu denen in diesem Falle aller- dings auch das Zentrum gehört — eine Ueberraschung ge- niesen. Für die Liberalen nicht, denn vorher hatte schon -Herr v. Stengel in einer Konferenz der Parteien der bürger lichen Sänken die Erklärung abgegeben, daß er eine solche Zusicherung im Namen der Neichsregierung im Plenum des Reichstages geben nxmde." Wir danken sehr für diese Neuigkeit und bezweifeln gar nicht die Richtigkeit derselben Diese Feststellung ändert aber nichts an unserer Auffassung, daß nur infolge des Zentrumsantrages diese Zusage er folgte; die Negierung nrußte alles tun, teils um die Be- amten zu befriedigen, teils um den Mehrheitsparteien aus der Sackgasse zu verhelfen. Was wir aber nrit besonderem Danke aufnehmen, das ist die Enthüllung der Nebenregicrung der Freisinnigen. Ein freisinniges Blatt selbst schreibt, daß ein aktiver Staatssekretär in einer Konferenz der drei freisinnigen Parteien erschienen sei und dort Zusage,: der Neichsregierung abgegeben habe. Wir dürfen wohl an- nehmen, daß dieser Bestich im Aufträge des Fürsten Bülow stttttgefunden hat; es ist in der Parlamentsgeschichte wohl kaum ein zweiter Fall bekannt, -aß ein aktiver Staats minister in einer Fraktionssitzung erschienen ist und dort Erklärungen abgab; wir wissen bestimmt, daß in den Sitzungen der Zentrumsfraktion nie ein solcher Gast zu gegen war. In parlamentarisch regierten Ländern ist es freilich selbstverständlich, daß die Minister in den Fraktions- sitzungen erscheinen; aber bei uns? Es wirft sich ferner die Frage ans, ob nicht der Reichskanzler selbst auch schon in solchen Fraktionssitzungen erschienen ist und hier Zusagen machte, die dann später der Reichstag erfuhr! Weiter muß man fragen: war der Neichsschatzsekretär auch in der Fraktionssitzung der Nationalliberalen, der Konservativen, der Wirtschaftlickxm Vereinigung usw. oder haben nur die Freisinnigen diesen Vorzrig erhalten? Wie klein tvar Hier gegen die nicht bsstehcnde „Nebenregicrung des Zen trums"? Hier erscheinen gleich Staatssekretäre in Frak tionssitzungen I Wir sind für diese Offenherzigkeit dankbar. Völlige Unfruchtbarkeit aber ist sonst das Zeichen der neuen Mehrheit. Kein Gesetz von irgend einer Bedeutung wird vorgelegt, und das soll so bleiben bis zum Herbste. Damit die neue Mehrheit nicht zusammenbricht und damit Fürst Bülow nicht seinen Reichskanzlerstnhl rvanken sieht, darf keine Belastungsprobe erfolgen; ganz hübsch diplo matisch. Aber wer zahlt die Kosten? Das deutscheVolk! Es leidet darunter, daß Fürst Bülow eine solche Politik treibt, irxrs wir sofort beiveisen wollen. Längst spruchreif ist die Reform des Unterstützungs- w o h n s i tz g e s e tz e s, das Land ist zugunsten der Städte belastet, die Regierung hat diesen Mißstand anerkannt, in dem sie schon vor zwei Jahren einen Gesetzentwrrrf zur Ab hilfe einbrachte; der Reichstag hat ihn in der Kommission gründlich beraten und heute wäre er wolrl Gesetz, rixmn der Reichstag nicht aufgelöst worden wäre. Jetzt aber ist dieser Entwurf gar nicht mehr erschienen. Ganz ähnlich ist es mit dem Versicherungsvertrag u. a. mehr. Wich tige Reformen bleiben stecken, weil die Regierung der Festig keit des Blocks nicht traut. Also nicht das Landesinteresse ist für diese Reform entscheidend, sondern die Rücksicht ans gewisse Fraktionen. Wir erinnern uns nicht, daß Fürst Bismarck je einen solchen Weg gegangen irräre Was er für richtig ansah, führte er durch, und wenn er seine intimsten Freunde an die Wand drücken nrußte, daß sie quietschten. Das ist die Bescherung der Blockpolitik: vollendete Stagnation! Eine Spielerei des Reichskanzlers, keine Staatsnotwcndigkeit, hat diese unfruchtbare Situation er zeugt. Die Bauerrrunrnhen in Rumänien. Tic Zeitungen sind voll Depeschen über die Banern- unrnhen in Rumänien. Mit offenbarer Absichtlichkeit wird darin mit viel Phantasie gearbeitet, so daß es schwer ist. die Wahrheit von der Lüge zu unterscheiden. Welche Ur sachen liegen den Unruhen zugrunde? Ein soeben in der „Neuen Freien Presse" veröffentlichtes Telegramm des rumänischen Finnnzministers, das wir unter den Depeschen veröffentlicht lxrben. legt der Veivegung einen antise mitischen und einen agrarischen Charakter zu. Das ist auch entschieden richtig, wie wir gleich zeigen irrerden. Ter Bauernstand in Rumänien ist sehr verarmt und verschuldet. Ter Grund liegt in der ungleichen Verteilung des Ackerlandes an die Kleinbauern und die Großgrund besitzer. Das Königreich hat -1171 Großgrundbesitzer; diese haben 47 Prozent der gesamten" anbaufähigen Bodenfläche in Besitz, während eine Million kleine bäuer liche Grundbesitzer auf nur 41 Prozent des Ackerlandes beschränkt sind. Die Großgrundbesitzer (Bojaren) bewirtschaften dis riesigen Ländermassen zum Teil nicht selbst, sondern ver- txrcksten sie an Großpächter. Ta den Juden in Rumänien manche Berufe verschlossen sind, sie auch nicht Grundbesitz erwerben können, w sind sie meist die Großpächter der Großgrundbesitzer. Aber diese jüdischen Großpächter ar beiten selbst nicht und nehmen sich Lauern als Unter- Pächter. Ta nun die Pachtverträge zwischen Großgrund besitzer und Inden kurz sind, so sucht der Jude in den wenigen Jahren möglichst viel aus dem Ackerlände heraus- znschlagen und beutet daher den bäuerlichen Kleinpächter nrit grausamer Härte aus. Jüdische Terraingesellschaften haben sich des Pacht landes bemächtigt, um gegen die Bauern einen Ring zu schamloser Ausbeutung zu bilden. Sie pachten weithin das Land und geben es zu den umnöglickstterr Bedingungen an bäuerliche Kleinpächter weiter, dabei, ohne selbst einen Pflug anznrühren, mit 00 bis 40 Prozent, oft sogar mit Hunderten von Prozenten Gewinn arbeitend. Die jüdische Firma Inster allein hat mehr als 30 000 Hektar Acker landes gepachtet und zahlt dafür nur eine lxrlbe Million Franken Pacht an die Bojaren Die jüdische Firma Brüder Fischer hat heute über 169 000 Hektar in Pacht und zahlt hierfür 3^ Millionen Pacht, schlägt aber durch die Weiter pachtung zu enormen Wucherpreisen mehr als das Doppelte dieser Summe heraus, da sie selbst für den Hektar zirka 21 Franken Pacht zahlt, dafür aber durch schnittlich 60 Frauken einnimmt. Die beiden genannten Firmen allein lxrben ebensoviel Kulturland in Pacht, wie 760 000 Kleingrnndbesitzer Eigentum haben. Ein halbes Hunderttausend Bauernfamilien ist allein der Finna Brüder Fischer als Kleinpächter untertan. Aber diese Aus- beutung tut es nicht allein.' Dem Bauern wird massenhaft jüdische Pofelware und Schnaps aufgedrängt. Wer würde sich da wundern, daß dieser Bauernstand, der den jüdischen Hauptpächtern jährlich bei 20 Millionen Franken an die Juden Reingewinn steuern mutz, ungeheuer verschuldet ist, wie fast nirgends in Europa? Hierin liegt die agrarische Frage, und das ist auch der Grurst für die jetzige Erhebung der Bauern, die ihre eigene Scholle habeir Nwllen. Diesen: Wunsche ist die Negierung schon wiederholt entgegengekommen, indem sie seit dem russisch-türlischen Krieg öfters Staatsländereien parzellierte und zu billigen Preiseir oder Renten überließ. Die Moldau, das Land Mischen Pruth und den sieben- bürgischen Karpathen, ist fruchtbar und hat auch Weinbau. Tie letzte Erirte tvar reickstich und sehr gut. Trotzdem herrscht unter den Bauern furchtbare Not, rvelche den Aus bruch der Unruhen bescksterinigte. Solck>e Bewegungen, wie sie jetzt iir der Moldau Vorkommen, tvaren mich schon öfters gegen die adeligen Großgrundbesitzer gerichtet und es ist so mit klar, daß die jetzige Bewegung ausschließlich wirtschaftliche Ursachen hat. Die religiöse Frei heit der Inden ist niemals beschränkt worden, sie haben so gar ihren Wnnderrabbi in Stesanesti, zu dem sie ivall- fahrten können, wie sie wollen. Trotz beschränkter poli tischer Rechte geht es also den Inden in Rumänien nicht so schleckst, als sie in die Welt Hinausposaunen, und als im Jahre 1902 viele Inden Rumäniens von der Israelitischen Nllianee nach Kanada und Argentinien gesendet iourden, kehrten so manche alsbald in das „grausame" Rumänien zurück, in den: es ihnen besser gefiel, als in dem „Lande 'er Freiheit", das ihnen die Alliance bereitet hatte. PolitFsrHe Rnnd Dresden den 2^ Närz 1WV — Tie offizielle Tagesordnung der am nächsten Diens tag stattsindenden Landtagssitzung in Braunschwcig lautet: I Beratung über weitere Schritte, welche die demnächstige > Gestaltung der Negiernngsverhältnisse des Herzogtums be treffen. — Ter preußische Kultusminister Tr. von Studt ist der Preis geworden, den die Liberalen für ihre Negierungs arbeit vom Fürsten Bülow verlangen, von Studt ist kon servativ, sie wollen einen der ihrigen auf den Ministersessel haben. Wo der Liberalismus sich zu rühren beginnt, legt er die Hand auf das Unterrichts- und Finanzportefeuille; er betrachtet diese gleichfalls als eigene Tomänen. Herr von Studt steht iir hohem Alter. Sein Rücktritt würde sich von selbst nötig machen. Es handelt sich den Liberalen aber um die Besetzung des Postens mit einem mehr links stehen den Manne, daher der Ansturm. Tie Liberalen rühren sich und haben dann Erfolge. Tie „Weser-Zeitg." erfährt, bis jetzt habe Herr von Studt sein Entlassungsgesnch noch nickst eingereicht. Dagegen sei die Möglichkeit nickst ausge schlossen, daß er noch vor Qstern oder unmittelbar darauf von seinem Posten zurücktritt. Als Nachfolger Werder: be reits mehrere Namen genannt, darunter auch Herr von Bethmann-Hollweg. Taß die Kandidatur des mit dem Fürsten eng befreundeten Ministers nicht von der Hand zn weisen ist, wird den: genannten Blatte von mehreren Sei ten bestätigt, dagegen ist ein bestimmter Beschluß in der Frage des Nachfolgers im preußischen Kultusministerium noch nicht erfolgt. Gegen von Studt richten sich die meisten Pfeile. Ein liberales Blatt überschreibt seinen Artikel: „Von einem, der nickst gehen will." Das ist so taktlos, tvie nur irgend möglich. Es ist längst ohne Widerspruch erklärt »norden, daß der Kultusminister nach dem Schluß des Land tages infolge seines hohen Alters den Abschied zu nehmen gedenkt. Wie kann man da von einen: Mann sprechen, der nicht geben will? Taß er jetzt, irrest er den Zorn des Gra sen von Zedlitz erregt hat. die Flinte sofort ins Korn werfen solle, ist dock: nicht zu verlangen. Andere Blätter derselben Richtung stellen den Reichskanzler dst-ekt vor die Alter native. entweder Herrn von Studt abzuichütteln oder sich auf eine liberale Qpvosition gefaßt zu machen. Tie „Leipz. Neuest. Nachr " meinen, wenn Herr von Studt im Amte bleibe, müsse überall das Misstrauen erwachen, daß elxm kein neuer Kurs ernsthaft beabsichtigt tverde, sondern daß es sich lediglich um eine Tändelei bandele. Einstimmig aber sind alle liberalen Blätter der Meinung, die der „.Harm. Conr." ansspricht: „Soll liberal-konservative Politik ge trieben werden nach den Worten des Kanzlers oder klerikal- konsertxitive Politik nach den Taten des Kultusministers? Die Frage lxrrrt jetzt beschleunigter Antwort. Aber nicht mehr durch schöne Reden, sondern durch Taten." Dieses stürmische Draufgängertum hat die Konservativen stutzig gemacht, so daß die „Krenzztg." bemerkt: „Wir haben dar auf nur die Antwort, daß die Liberalen sich leider unter einer liberal-konservativen Politik eine streng liberale Po litik denken und das „konsertxrtiv" nur als leere Redewen dung gebrauchen. Wenn sie ihre Begriffe berichtigen »voll- teir, würden sie sehen, daß ihre Frage schon durch die Tat sachen nrit „Ja" beantwork-t ivorden ist. Wenigstens uns .Konservatirxm erscheint die fetzt betriebene Politik schon reichlich liberal." Endlich ein offenes Wort von der konser vativen Seite. Im Pritxrtgespräch haben konsertxitive Ab- geordnete schon wiederholt erklärt, daß sie die heutige Poli tik bis zum Erbrechen satt haben. Im Abgeordnctenharrse handeln sie auch danach; im Reichstage sind es die Kon servativen auS Sachsen, die nach zäh an der Paarung fest- Wegen des Feste» Maris Verkündigung erscheint die nächste Nummer erst Dienstag de« 86. MSrz nachmittags. *WW