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Zweites Blatt Sächsische Bolkszeitrmg vom 29. Juli 1911 Nr. 171 Ein Beitrag zur Hygiene-Irage, besonders Dresden-Neustadts. («US dem Loklck-«nzeit>!-r für Dresden-Neustnd!.) Unser V o l k s w o h l - H e > d e v o. r k birgt leider, wie auch noch manch andere Hei de flache, gar viel Glasscherben. Dieselben sind aber nicht nur »nschö», sondern auch gefährlich, besonders für die sich dort tum melnden Kinder. Wie leicht kan» sich ein barfüßiges oder mit schlechtem Schnbwerk versehenes Kind Glassplilter in den Fuß treten oder so fallen, das; es auf Scherben ans- fchlägt und sich infolgedessen schwer verwundet! Ein Arzt, fa znnächst nur ein mit reinem Wasser helfender, ver bindender Laie findet sich oft erst nach großem Blutverluste. Durch Verunreinigung solcher Wunden kann auch Blut vergiftung entstehen. Schon vor Jahren habe ich. im Gehen oft Glasslücke mit Stock oder Uns; an die Baumstämme ge schafft, wo sie doch minder gefährlich sind Täten mir's andere doch nach! Der Parkwächter allein ist dem Nebel natürlich nicht gewachsen, wohl aber eine Schar von 12 bis 20 .Lindern, die unter bewährter Leitung etwa alle zwei Wochen eine bestimmte Parkfläche mit Harken nach Scherben abznsnchen hätte. Ten Lindern würde dies zufolge der verschiedenen Lvrverstellnngen und -Bewegungen gesund heitlich znm Heile gereichen und sie mit dein edlen Be wußtsein erfüllen, Unfällen anderer vorgebcngt zu haben. Die Sckzerben ohne Pechen, also mit de» bloßen Händen beseitigen z» lassen, ist jedenfalls nicht rätlick. Bor den Schaufeln haben sie den Vorzug, denn sie machen ja das Bücken unnötig. Zur Beseitigung der zahllosen kleinen, oft am gefährlichsten Glasscherben drücke inan die Harken zähne in reichlich Pavier, durch dieses »'erden die jener Be gütigung sonst hinderlichen Abstände der Harfenzähne ver dichtet, eine Maßnahme, die sich auch sonst im Hanöhalte und besonders im Garten bewähren wird, ferner wird es sich empfehlen, entsprechende Verbote anznbringrn und kleine Behälter für die Glasscherben anfziistellen. Die Losten hierfür würden sich znm Veil bald decken durch die Unmasse der schließlich eingesaninielte» Flaschen und der einznschnielzenden Scherben. Denn diese ein-,»graben, hieße doch eine Gefahr vergraben. Möchte mein Vorschlag nh den Anstoß geben, auch andere besnchle Waldflächen nf ähnliche Art von Glas freiznhallen! Schnlkinderarbeit kostet ja nichts. Heidefahrten aber könnten okt auch sach lichnützlichen Zwecke» dienen, und lleine Prämien könnten für die ansgeworfen werde», die sich beim Glaseinsammeln hervortun. Jedenfalls aber ließe sich die ganze Irrige, für die ich 03 nnterfchristliche Zustimmungen gewann, recht wohl auch nutzbar mache» für Heranbildung und Belebung des jetzt so darniede. liegenden Gcmeinnnns. Bezeug: wird dessen fehlen z. B. auch durch einen kürzlich erlebten Fall-. Eine Frau gleitet ans. Infolgedessen zerbrechen die in ihre» Händen gehaltenen Bierflaschen: deren spitzige Scherben läßt sie dann ruhig ans der Straße liegen, unbe kümmert darum, daß sie einem Straßengänger oder Bar füßler gefährlich werden könnten . . . Der Scherbcn- gefahr, dir eine viel größere und allgemeinere sei» dürste, als man wohl glaubt, endlich zu Leibe zu gehen, ist Haupt zweck dieses wohlgemeinten Aufsatzes, der den beim und im Heidepark Wohnenden am meisten nützen könnte und erfreulich sein müßte. Karl Theodor Schulz, Dresden-N., Hechtstraße 12. Aus Stadt und Land. «Korlsetzvicg au» dem Hnaptblatt.) —' Wasseruot tu Böhmen. Die anhaltende Hitze und der Mangel an Niederschlägen hat im ganzen Gebiete de» JsergebirgeS eine Wasseruot gezeitigt, wie sie schon viele Jahre nicht mehr bestanden hat, Besonders empfindlich wird durch die Wassernot die auügebreitete Glasindustrie des Gablonzer Bezirkes getroffen. Die vielen Schleifereien, die jetzt reichlich mit Austcägcu vers.chen sind, stehen orinahe den ganzen Tag still, da die sonst so wasserreichen G.-birgs- bäche beinahe vollständig versiegt sind und den Glasschleif-weic» daher jedes Betriebswasser feblt. Auch dft- Flnßlänfe des JsergebirgeS, wie die Iler, Neiße, die Kam-ntz und die Desse sind hhr wasserarm und die an Ihnen hegenden industriellen Betriebe leiden sehr unter der Wassernot. Arnsdorf, 27. Juli. Ein größerer Brand eiilstcmd in der Mühle des Herrn Kühn, doch komiie das Jener durch das energische Eingreifen der Feuerwehr ans seine!. Herd beschiänkt werden. Auerewaldk, 27. Juli. Am Hitzschlag verstarb-n ist hier der Hausbesitzer Fritz Köhler, als er auf den, Felde mit Erntearbeüen beschäftigt war. Bnuben, 27. Juli. Feuer brach heute vormittag >/,10 Uhr, wahrscheinlich durch Selbstentzündung, ans dem Heu boden im Stallgebäude des Gutsbesitzers Biesold, der soge nannten hiesigen Beschälstation, in Strehla aus. Durch ein Kommando der daneben liegenden Hnsarenkaserne, welches sofort zwei Schlauchleitungen nach dem Brandplatze legte, war das Feuer bald gelöscht. Außer dem Verlust von ei» wenig Heu ist kein größerer Schade» entstanden. Durch zu nahes Heranfnhren an eine Lehmgrube in der Nähe der Iägerstraße stürzte ei» schwerbeladener Wagen mit den vorgespannten Pferden in ein i» dieser Grube be Endliches 5 Meier tiefes Wasserloch. Unter größter An strengung konnten die beiden Pferde durch Durchschneiden der Stränge aus ihrer ungewollten Lage befreit werden, - . Am nächsten Sonntag findet hier das Sängersest des Bezirkes Oberlansitz des deutschen Arbeiteisängerbmides statt. - Mit der Verlegung eines Feldartillcrie-Reginientes nach Bautzen ist auch die Errichtung eines Nebenartillerie- devots in der Nähe von Bautzen erforderlich. Zu diesem Zwecke sind znnächst Erörterungen wegen Gninderwerh in Lleinwelka eingeleitet. Bautzen, 27. Juli. Der als geisteskrank iin hiesigen Krankenhause nntergebrachte 33 Jahre alte G ttlt. b Thüme aus Reick bei Dresden ist nachts entwichen. Bereits kinz- lick war er schon einmal abgerückt, wurde aber damals bald wieder in seinem Heimatsorte ansgegrissen. Chemnitz, 27. Juli. Infolge der Hitze hat der Stadt- rat die Einwohnerschaft zur größten Sparsamkeit im Wasser verbrauch ausgesordert. Der Wasservorrat in den Talsperren ist auf weniger als die Hälfte der vollen Füllung gesunken. Löba«, 27. Juli. Bon einem Peisoiieiizngc überfahren wurde aus der Strecke Lübau Oberoderwitz ein Insasse der Irrenanstalt Großschweidnitz. Der Man», ein Missionar aus Nicaragua wurde sofort getötet. Er sollte demnächst aus der Anstalt entlassen werde». Oschay, 27. Juli. Ein Schadensener äscheite heute früh die KvllmSmühle be! Großbohla ein. Der Schaden beträgt ungefähr 10 000 Mark. Nabrustcin, 27. Juli. Vom Blitz erschlagen wurde hier aus dem Felde der 3 l jährige Gutsbesitzer Emil Richter, als er damit beschäftigt war, die vom Sturme umgemorfenen Kornpnppen wieder aufzustelleii. Scdnttz (Sa.), 27. Juli. Eine hier beschäftigte Ver käuferin ist »ach dem reichlichen Genuß schwarzer Johannis- beercu und kalten Wassers gestorben. Wilsdruff, 27. Juli. Ein Grotzfener zerstörte in Unkersdorf di Scheune des Plan gutes, in der bereits die Ernte untergebracht worden war. Der Brand entstand durch Blitzschlag. Bcrnburg, 27. Juli. Eine Windhose richtete in den Dörfern Untcnpeißen n,w Pl-wnitz g offen Schaden an. Am eisten Orre wurden eine Mühle zerstört und sechs Fuder Getreide nmgeworsen. Ter Swaden an ocn Obst- bänmeu und an G-treide in groß. Ans der Kaiigrube Plemnitz der Deutschen Solvaywerke wurde e'n vierzig Meter boher Ivrdertnm umgeworfen. Mcnschenlebcn. sind nicht zu beklagen. Eisenach, 27. Juli. Die neunjährige Tochter des Hand arbeiters Kästner versuchte gestern nachmittag, während sich die Mutter im Waschhaus befand, mit Petroleum Feuer anznmachen. Die Flammen schlugen heraus und ergriffen die Lleider des Lindes, das. einer Feuer-äiile gleichend, hilfeschreiend ins Freie lief. Das Lind ist noch am Abend feinen schweren Verletzungen erlegen. Erfurt, 20. Juli. Hier ist der Wasserverbrauch in den letzte» Tagen derart gestiegen, daß die Stadt die Wasser leitungen sin mehrere Stunden täglich gesverrt har. Grei-„ 27. Juli. Die Zuflüsse ans den Onellengeoioten sind so stark znriickgegangen, daß die Wasserleitung nur früh von 5—7, mittags von ll—1 und abends von 6—3 Uhr geöffnet ist. Nodnch, 27. Juli. Die Frau des Bäckermeisters Fröh lich hat die Unvorsichtigkeit, unmittelbar nach dem Genuß von Gurkensalat Wasser zu trinken, mit dem Tode büßen müsse». Tie in den besten Jahren stehende Frau erkrankte alsbald schwer und starb »ach analvollen Leiden. Gememde- und DEMMnchrsckkr'n. 8 Ane. (Kath. Verein.) Sonntag, den 30. Juli, abends ^7 Uhr ordentliche MonatsversammI: uz mr „Mn'dental". H Neiilcntersdorf. (V o l k s v e r e i n für das kath« Deutschland.) Herr Pfarrer Gruhl eröffnete am 25. Juli jchiO Ehr die von 30 Personen besuchte Versammlung und begrüßte mit herzlichen Worten die Erschienene». Nach dem Nedner dcn Grund dieser Versammlung klargelegt hatte, führte er in seinem Vortrags „Welche Bedeutung hat der Volksverein?" etwa folgendes aus: Ter Volksverein — 48 — eigene Furcht, das nnglücklickw Geschöpf von mir zu geben, ihre Wieder herstellung jetzt »och mehr gefährdet hat. Nun ich aber einsehe, daß meine Hoffnung eine vergebliche war, nnd ihr Zustand sich, statt sich zu bessern, ver schlimmert bat, darf ich keine Rücksicht ans meine eigenen Wunsche mehr nehmen. Einem von Ihnen, werte Herren, möchte ich das Mädchen ander- trauen, »nd ich hasse, daß Sie, im Interesse desselben, den geeigneten Ort erwählen." Es war der Freiherr v, Minkwitz, welcher so sprach. Er saß, nachlässig znrückgelehnt, in einem mit vlaßblauer Seide bezogenen Sessel, ihm gegen über drei Herren, gänzlich von einander verschieden von Ansehen und Gestalt. Ter eine war ei» Mann initiier Größe und behäbigem Aussehens. Er war sehr sorgfältig gekleidet! man sah, daß er gewohnt war, die äußerste Genauigkeit an seiner Person zu beobachte». Sein Anzug bestand aus feinem schwarzen Tuch, zierliche Stiefel zwängten sichtlich den Fuß nicht unerheblich ein. Seine fleischige, wohlgenährte Hand war mit Ringen geschmückt und be wegte unablässig die zahlreichen kleinen .Kostbarkeiten, welche über die Weste berabhingcn. Er hatte den Worten des Freiherrn mit niedergeschlagenen Angen gelauscht, aber verschiedentlich seine Teilnahme für die Angelegenheit durch ei» bestätigendes Kopfnicken bekundet. Ihm zur Rechten saß eine kleine Gestalt in hellgrauem Sonimsranziige. DaS Gesicht ivar weder schön, noch besonders häßlich, »nr aiifsallsnd bleich und spitz es sah pergamentartig aus und war wie dieses starr und unbeweglich. Das stechende graue Auge blickt«! unheimlich unter buschigen, hellblonden Brauen hervor Einen anffallenden Lontrast gegen beide bildete der dritte Mann. Zu nächst war er lang und hager: die Bc-tleidungsstücke, welche noch dazu nicht mit besonderem Geschmack gewählt waren, würden einer Holzfigur gleich gut gepaßt haben, Uebrigens kennzeichnete den Mann eine ganz außerordent liche Lebendigkeit, seine Glieder waren unausgesetzt in Bewegung, nnd sein Mund schien gleichfalls nicht znm Schweigen berechnet. Man sah es ihm an, daß die Worte des Freiherrn ihn nur in eine» Zustand deZ Znhörens zwangen, welchen er möglich schnell zu beenden wünschte, nnd kaum hatte Herr b Minkwitz das letzte Wort gesprochen, als er sich auch schon beeiferte, zu entgegnen: „Zweifellos, gnädiger Herl Wir Männer der Wissenschaft sind cs ge wohnt, in erster Linie die Interessen der »ns anvertrauten Kranken zu ver treten. nnd erst zuletzt kommen wir selbst. Ich leugne zwar nicht daß es mir zur besondere» Freude gereichen würde, dieses ätherische kleine Wesen unter meine Obhut z» nehmen, aber das wird mich nicht abhalten, Ihnen offen zu bekennen, daß ich einen Aufenthalt für die Kleine im südlichen Frankreich für notwendig erachte." „Ich bin davon überzeugt, Doktor Notting," versetzte der Freiherr mit gnädigem Kopfnicken, nnd sich dann zu dem kleinen grauen Männchen wen dend, fuhr er fort: „Sie kennen ja das Mädchen, Doktor Jules Sie hielten auch einen Aufenthalt in einem warmen Klima absolut notwendig, aber die Umstände haben sich seit langer Zeit nicht unerheblich verändert. Die körper liche Gesundheit scheint weniger eine spezielle Aufsicht erforderlich zu machen, Ks gerade die geistige." „Wann saht Ihr sie zum letzten Maie?" fragte er »ach einer kurzen Pause. „Es möge» etwa acht bis zehn Tage her sein." „Und damals hieltet Ihr sie für vollständig gesund?" „Ich hielt sie nicht allein dafür, sie ist es auch. Herr, ich sage Euch, wenn Euch daS arme Mädchen etwas angeht und Ihr etwas für sie tun wollt, so lut es gleich, ehe es zu spät ist. Heute nach mittag sollen drei Doktoren nach Schloß Rotburg kommen, um die junge Dame zu unterftichen. Sie sage», sie sei nicht recht in: Kopse." „Wer sagt das?" „Nun, der Freiherr und Fräulein Erdmann." „Wer ist das — Fräulein Erdmann?" — „Die Pflegerin oder eher die Peinigerin des armen Fräuleins. Es wäre kein Wunder, wenn das arme Mädchen bei dieser Behandlung nicht endlich wahnsinnig wird. O Herr, mir blutet das Herz, wenn ich daran denke!" „Warum wandet Ihr Euch nicht an eine Behörde?" ries Juan voll Ver zweiflung ans, denn im Geiste sah er daS Verbrechen vollfsihrt nnd die Aermste in der Tat wahnsinnig „Herr, ich habe bisweilen daran gedacht," sagte Lenhardt . allein Jhr müßt pigeslehen, daß damit nicht: erreicht war. Der Freiherr v, Minkwitz würde man mir anch nur irgendwie Glauben geich.-ult haben? Nein, Herr, es war besser, ich blieb hier. So wußte das arme Mädchen wenigstens, daß ein menschliches Wesen über sie wachte." Juan ergriff leidenschaftlich erregt die Hand des alten Mannes. .. Sie wußte das? D Dank, tausend Dank! Ja, Ihr l'ubt recht, niemand hätte Euch geglaubt. Aber was wird nun?" „Ja, was 'wird mm! Danach möchte ich Euch gerade fragen." „Ick! bin vorläufig machtlos, ich muß Hilfe haben," sagte Juan nn-hr für sich als zu den Diener gewendet, „Wenn ich Herrn Meiner zur Stelle hätte!" Don» besann er sich anders, „Lenhardt," jagte er, „ich kann Euch vor läufig nur durch Worte danke», daß Ihr meine arme Nichte beschützt habt. Hoffentlich aber wird mir Gelegenheit geboten, Euch durch die Tat zu be weisen, wie unbegrenzt meine Dankbarkeit ist. Kann ich fortaeben? Werdet Ihr das Mädchen nicht aus den Augen lassen?" „Mein Herr, ich will tun, was ich kann. Aber um eins bitte ich Euch zögert nicht z» lange, der Freiherr scheint große Eile zu haben. Er geht sehr rasch zu Werke." „Wir haben auch Eile," versetzte Juan fest. Er fühlte die Kraft in sich, das Mädchen gegen alle Verfolgungen des Freiherrn zu beschützen. „Lebt wohl, Lenhardt, Ihr werdet von mir hören. Geht unverzüglich nach Schloß Rotburg zurück nnd laßt das Mädchen nicht aus- den Angen." „Seid ohne Sorgen, Herr, ich habe an alles gedacht und schlimmsten Falles wäre ich zur Stelle gewesen. Noch eins, Herr. Hier im Hause ist eine alte Dienerin sie will schon bei Ihren Eltern gewesen sein." „Hier im Hanse?" fragte Inan verwundert. „Allerdings, ich habe sie drüben sin Wirtshause gesunde» und ihr hier ein Unterkommen verschafft, da eS meine Meinung war, es sei besser, wenn der Freiherr nichts davon in Erfahrung brächte. Wollt Ihr sie sehen?" „Könnt Ihr noch fragen?" rief Dalesquez aus. ,Ein Kind des Südens? » BI