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Sächsische Volkszeitung : 13.06.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192106132
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210613
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210613
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-06
- Tag 1921-06-13
-
Monat
1921-06
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 13.06.1921
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Sir. ISS. Seit, > Montag den 18. Juni 1021 Auch im katholischen Vereins leben hat sich Lambert Lcniing ^ühinlichst bervorgetan. (5s ist nach bekannt, wie er im Jahre 1800 aus Anlaß des damaligen Dortmunder Katholikentages die zu einem Verbände vereinigten katholischen. Vereine Dortmunds in einem großen Fcstzuge zur Eröffnung des Festtages persönlich durch die Straßen der Stadt leitete- Diesen Verba-D hatte er selbst im Jahre 1880 gegründet und ist noch heute Vorsitzen der desselben. Die umfassende Tätigkeit, der sich Lambert Lcnsing nicl i nur auf seinem Arbeitsgebiete, nicht nur im Zeitungoweseii, andern auch im katholischen Ver« einsleben und im Leben der Partei mit großer Liebe und Hin gabe, mit Energie und Zielbewußtsein gewidmet hat, hob ihn weit binaus über den Kreis seiner Vaterstadt. Sein Name steht eingeschrieben ni der Geschichte deS Zentrums und es ist nur zu f 'bstveritandlich, daß auch beute noch Lambert Leasing, trotz seines hoben Alters, eine frische und elastische Persönlichkeit, tat kräftig an den Geschicken der Partei mitarbeitet und seine per sönlichen Erfahrungen in den Dienst der Zentrumssache stellt. So siebt er in der Provinzcalorganisation der Zentrumspartei Westfalens mit an leitender Stelle, er ist Mitgliü des Landes- ansschusses, NeichsanSschusses und Rcichspartcivorstandes deS Zentrums, er ist Provinzia'abgeordnctcr und Vorsitzender der Zcntrumopartei in Dortmund, er ist zweiter Vorsitzender der kommunalnolitischcn Vereinigung und seit dem Tode Dr. Hüs- gens im Jabre 1012 erster Vorsitzender des NugustinusvereinS lür die katholische Presse. In seiner letztgenannten Eigenschaft letzt er auch beute noch leine ganze Kraft ein, um die Auf» wärlsbeweaung der katholischen und der Zentrumspresse erfolg reich zu fördern. Was eines Mannes Pflichtgefühl und Ar- beitsfreudiakeit zu leisten vermag, das zeigt so recht das Leben dieses Jubilars, der auch beute noch berufen ist, trotz seine» hoben Alters unter den ersten für große und vielseitige Auf klärung zu wirken. Die Partei, die Fraktionen, sein engerer und weiterer Freundeskreis uird vor allem die Zentrumspresse wird dieses seltenen Mannes an seinem Ehrentage mit Stolz und mit Dankbarkeit gedenken. Gesien die rheinislben Sekbständkgkeiis- besirebrnigen. Köln, 11. Juni. Den Bestrebungen de» Rheinländer nach pich';, rer Sctbllörstioleit im Rabmen de» Deutschen Reiche», ent- lvrcch'vd der wirtlchastlichcn, polt ischen und kulturellen Bedeutung k-s Rbeinlande?. soll bekanntlich durch Art 18 der Relchsversossung N'chinitig getragen werden. In den Kressen der rheinischen Politiker, die in diesem Falle sicherlich die Mehrheit de» rheinischen Vo'keS vertreten, war man nun aut Grund der estrig'« französischen Pro- paaauda aus Ablösung de» Rbeinlande» von Preußen und Deullch, land zu der Überzeugung aekommen, wenn eine Abstimmung über die SelbstSndiekeit der Rheinprovinz vorerst unterbleibe, daß die? dem deutschen EinbeitSgedanken förderlicher und dienlicher sei. Der Eindruck, al« bestände im Rheinland der Wunsch, sich von Deutsch land unabhängig zu machen, könnte der französischen Propaaanda, rein äußerlich genommen, eine gewiss« Berechtigung geben. Darum haben die Demokratische Partei, di« Deutsche Volkspartei, da» Zentrum und die Deutschnatt analen sowie die sozialistischen Parteien de» Rheinländer folgende ln Königswinter in gemeinschaftlicher Tonung am S. Juni gefaßten Erklärung zu veröffentlichen be. schloffen: Wir erklären in Uedereinstimmung mit der von unseren Parteivertretern im rheinischen Provinziollandta« eingenommenen Stellung, daß für dir Dauer der Besetzung de» rheinischen Gebietes jede Abstimmung auf Grund des Art. 18 der Reichsoerfassung, auch nach Ablauf der im Art. 167 vorgesehenen Sperrsrist im Rhein lands nicht stattfinden darf. Wir erwarten, daß auch in anderen Landcstellen mit Rücksicht auf die Lage de« besetzten Gebietes Avstimmungsvestrebungen bis zu diesem Zeitpunkle ruhen, wenn nicht überhaupt die Sperrfrist aus gesetzlichem Wege ver. längcrt wird. Die pfälzische Industrie unter den Sanktionen Ludwigshasen, 12. Juni. Die fortgesetzten Klagen über schlechten Geschäftsgang infolge de» immer drückender werdenden Rheingrenzzolle» häufen sich von Tag zu Tag. Ganz besonders sind die Textilbronchen und die Papierindustrie sowie die verwandten Branchen hart betroffen. Aber auch andere Industrien der Platz haben schwer zu leiden. So beispielsweise auch die Tonindustrie der Grünstädter Begrub, die Ziegel- und Dachsteinsabrilen u. a m. In der letzten Zeit werden auch da» Tranöportnewerbe, die Speditionsbetriebe zu Wasser und zu Lande hart betroffen. Einzelne Betriebe mußten schließen, andere werden sicherlich folgen Nnler diesen Umständen ist mit großen Arbeiier- emlaslungen durch die Schließung von vielen Betrieben zu rechnen. Der entstehende Schade», der nicht wieder gutzumachen ist, greift tief in das pjäizische Wirtschaftsleben rin. FranzSfische Vorbehalte für da» Zusammenarbeiten mit England London, 11. Juni. Die .Time»* berichtet, das die französische Regierung jetzt aut da» Ersuchen det br t'ichen Sicherung, sich Eng» lanv anzuichließen, und die alliierten MiUtäibesehlrhaber (die französischen und die uotiennchtn) zu ermächtigen, ihre Truppen wo und wann duS lür notwendig befunden »mrd, gegen die poimschen In« snrgrnteu einzusetze», gean1wort«t -atr Di« französische Regierung rrklört, daß General Lerond Weisung «hatte« habe, mit den Engländern und den Italiener» g«sa»«en,«wirke», st« mache jedoch gewisse Vorbehalt«. Dt» «uuüheouug au »««tschland Loud»«, ILJunl. ObferderschreiLtzurRedeThurchNlg in Manchester, kei« vernünftiger Mensch wolle, daß sich England und Frankreich entfremden, um Deutschland zu versöhnen. Ls gebe eine größere Politik, nichts andere» lönne di« alte Welt wieder in Ordnung bringe» al» die Zusammenarbeit England«, Frankreichs und Deutschland«. Da* vlatt betont, daß dt« Stellung der französische« Presse zur Rede Churchill« nicht feindlich gewesen sei, und erklärt, daß «an sich in Frankreich schon seit Wochen mit der Frage einer Annäherung an Deutsch- lau d befasse. Die Franzosen begännen einzusehen. daß dies der wahr« Ausweg sei und daß kein anderer Ausweg bestehe. Dem Observer zufolge sei nicht daran zu zweifeln, daß Churchill in seiner große» Rede di« unvermeidliche Linie angezeigt hat, auf der sich di« mastige englisch« Politik bewegen wird. Der Aktionsplan der Interalliierten Kommission London, 11. Juni. Di« Time» meldet aus Oppeln, daß die Interalliiert« Kommission einen Aktion-plan entworfen habe, der sofort zur Anwendung kommen soll. Die deutschen Streit« kräftr, die sich südlich von Gleiwitz befinden, sollen sich von der Oder zurückziehen und di« Polen bt» zu der Grenz« zurückgehen, dt» die Distrikt« Rybnik und Rattbor von einander trennt. Di« Deutschen und dt« Polen sollen ihren Rückzug tn den beiden ent gegengesetzten Richtungen verfolgen, bi» di« neutral» Zone von beiden Armeen vollkommen geräumt kein wird. Dt« Lime» führt noch dt« Tatsache an, daß kürzlich ein U n t er- »f ft zier der englischen Garde von chnem Unbekannten ge tötet worden sei. Damit hätten dt« englischen StreitkrSfte in Ober- schlesien den ersten Verlust zu beklagen. — In englischen dtvlomatischen Kreisen erklärt man. General Henaeker sollen alle Vollmachten er teilt worden sein, um dt« prlmschen Insurgenten aus gewissen Ge- bieten zu vertreiben, die st« sich noch weigern, zu verlassen. Nötigen falls würden auch 'neu« englisch» Verstärkungen nach Oberschlesten entsandt werden. Die Slot l« Kattowi- Vreolau, 11. Juni. Di« Lebensmittelnot in Kattowih beginnt katastrophal zu werden- Die vorhandenen Bestände reichen vielleicht noch 1s Tage. Volllommen fehlen bereit» Kartoffel», frische» Fleisch, sowie Fett und alle Artikel de» täglichen Bedarse». Ausreichende» Mittagessen» da» vor dem Auistand im Restaurant 7,KO Mk. kostete, ist jetzt unter 28 Mk., nicht mehr zu haben. Di« Wasserleitung tropft nur „och. La» Wasser wird daun mühsam gesammelt, reicht aber nicht im entferntesten sür den täglichen Bedarf. Geschütze und Minenrverfer gegen Kattorvktz Kattomi-, 1t. Juni. Im Südpark sind von den Aufstän dischen. wie einwandfrei feftgestellt werden konnte, mehrere Geschütze und Minenwerfer oufgrbau t worden. Das Au»hrbcn von Schützengräben im Südpark dauert an. Im Stadtteil Bogut- schütz steht rin Panzerauto, da» nach allen Seiten hi« den Patrouillen» dienst wahrnimmt. In der Uniform der arünen Apo haben Banditen in der letzte« Nackt die Einbrüche und Plünderungen bei den Ge- schästsleuten und Bürgern sortgeletzt. Di« Insurgenten erhebe« die Fakrprcise nach dem neuen vrrtencrte« Tarif; seit vorgestern werde« auch Monatskarten au»gcgcbcn. In den Städten und Dörfern be» von den Insurgenten be setzten Gebiete» werden die Bev obner durch Androhung schwerer Streuen gezwungen, die polnische weiß-rote Flagge zu hisse«. Sind die Straße» dann geflaggt, so erscheinen Photo graphen, um Aufnahmen zu machen, die d,m AuSlande, der Juier- alliierten Kommission und dem neuteaien Pressevertretern al» Beweis sür die polnische Gesinnung Obcrschlesien» dienen sollen. So prangen Bstmeirckhüite und Zaienze seit den letzten Taren m den weiß-roten Farben. Beide Orte Haren bei der Abstimmung eine große deutsch« Mehrheit ergeben. Erneut« Beschießung RanborS Berlin, 12. Juni. Die Polen haben di« Stellungen bei Rattbor nicht geräumt. Planta bei Ratibor wurde im Laufe des Tage« mit Artillerie stark beschossen. Der entstandene Schaden ist noch nicht festgestellt. Birawa wurde heut« von den Franzosen besetzt. Trotzdem werden die Deutschen weiter mit Maschinengewehren aus dem Walde südöstlich Altcosel und nörd lich und südöstlich Birawa beschossen. Zwischen Kandrzin und Medarhiitt« machten die Polen einen starken Feuerüderfall mit Maschinengewehren und Infanterie. Dir Polen haben dt« Gegend nördlich von Rosenberg geräumt. Südlich Rosenderg und Gutken- tag haben sie sich verstärkt. Die Polen richteten auf Zembowitz vier Angriffe, .unterstützt von Geschützen. Die Polen haben Bozitsch besetzt. Äon der Bevölkerung in Bozitsch kommen an dauernd Hilseruse. Die Stadt Ratibor wurde von den Insurgenten mit Maschinengewehren und Artillerie beschossen. Die Brücke bei Lnpatsch wurde von den Insurgenten durch Sprengungen vollständig zerstört. Von Bcnkowitz bis zur Grenze lebhajle Tätigkeit der Polen. Oppeln, 11. Juni. Englische Truppen haben bei Ujest die Orte NieSdrowitz, Rudzinitz und Latscha besetzt. Französische Krlegsverbreche« . Elreslau, 11. Juni. Die Breilauer Blätter bringen ein, Reihe von Beispielen, in welcher Weise die Deutschen in Ober- schlesien nicht nur von den Polen, sondern auch von den Franzosen drangsaliert werden. Di» deutschen politischen Parteien und Ge. werkschaften von Beuthen haben der Interalliierten Kommission Ane Beschweroeschrist überreicht, die mit zahlreichen eidesstattlichen Erklärungen Mißhandelter, sowie mit ärztlichen Attesten versehen ist. Au» dem einwandfreien Material geht hervor, daß eine An- zahl deutscher Bürger von den Franzosen beschimpft, mit Faust, schlagen und Fußtritten traktiert und ungerechterwei!« lange, obwohl sich die Unschuld der verhafteten nach dem ersten Verhör heracksftellte, gefangengehalten wurden. Di» Gefangenen wurden beim Verhör „Boches", „Deutsche Schweine" und „Deutsche Hunde" genannt. Selbst französisch« Offizier, mißhandelten di, Gefangen«» mit Reitgerten und Spazierstöcken. Einem Deut schen wurde das Band de» Eisernen Kreuze» au» dem Knop toch gerissen, auf die Erde geworsrn und mst den Füßen zertreten. Ständig wurden die Gefangenen bedroht, ringeschüchtert und ihnen eröffnet, daß st« am nächsten Tag« erschaffen werden würden. Umerika, Finanzherrschast London, 11. Juni. Au« Washington wird vom 11. Juni gemeldet, e« verlautet, daß «ine Gruppe von internationalen Banken der amerikanischen Regierung die Versicherung gegeben hat. daß die Genehmigung der amerikanischen Behörden bet aUe^ tünftigen Geschifften, di« die Weltfinanzlag« berühren, «ingeholt werde» wird. König Konstantin» Afienreis« Athen, 11. Juni. Nach einer Hava»«eldung ist dl« Abreis« de» König» Konstantin nach Smyrna endgültig aus heul« nachmittag festgesetzt- In Begleitung de» König» werden sich di, beiden Prinzen Nikolau» und Andrea», der Ministerpräsident GunanS. der Krieg», und Marineminister, sowie der Ehef de» Genrraistabe» befinden. London, 11. Juni. Laut »Daily Telegraph bat Köniz Konstantin die Absicht, di« Leitung de» griechischen Heere» in K>ftn- asien zu übernehmen. Die Zahl der griechische« Trupp«« in Smyi», wird auf »0 000 Mann angegeben. Eröffnung des italienischen Parlaments No«, N. Juni. In seiner Thronrede bei der Eröffnung de» Parlaments wie» der König darauf hin. daß e» darauf anlomme, die öfsrntltchen Finanzen wieder aufzmtchtenundBeanncu- tum, Armer und Marine zu reorganisieren. Gefördert meid n müsse ein« in weiser Selbstzucht gelertet« Mitarbeit der Vertreter der Klaffen. Di« geistige und moralisch« Vollserziehung müsse ge fördert werden. Alle Bürger müßten sich tn der Einigkeit ,u,amme,i> finden, von der die Größe de» Vaterlandes abhängr. Die Thron, rede wurde an vielen Stellt« von allgemstnrm Betfall unterbrochen. Der König schloß unter begeisterten Kundgebungen, an denen sich auch die Zuhörer beteiligten. Buch der Königin, dem Kronprinzen und den Prinzessinnen wurden begeistert« Huldigungen dargebracht. Die Kundgebungen setzten sich auch nach d»r Rückkehr der königlichen Familie zum Ouirinal fort. In der Diplomatenloae saß der deutsche Botschafter z'nscheii dem englische« und französischen Kollegen Die Abgeordneten bc, neuen Provinzen wurden duich Zuruse: »ES lebe Tri ul", ,Es left, Dalmatien!"» »Es lebe GörzI" begrüßt. Als Giolitte bei« Namensaufruf dcx Abgeordneten den Namen Togge„bürg au;- rief, rief der Abgeordnete Gtunta, der bekanntlich geschworen halte, Toggenburg zu ohrieigen, wenn er daS Parlament beliclev tollte: „Nieder mit Ocsterreichl" Der Zwi chenrus inj Zlichen und Bewegung hervor. Während die slaiv.lchr» Berliner erschienen waren und in den Unken Bauten ihre» P-ay ge>niio,,r hatten, waren Wider Erwarten und gegen die ursprüngleche Avsient die Vertreter Südtirols nicht erschienen. Sie harten Zu sicherungen verlangt, daß die Haltung des Tr>est>iiec Avgcoidi:.: „ Gmnta gegen Toggenburg zu leinen ZwffchcuiäUcu jühr.n w>-e-c. Da diese Zusicherungen mcht gegeben wurden, zogen sie es vor, der Sitzung fern z» bleiben. Di« «lrtjchaftliche» Beziehungen Autzlands zum üuslande Paris, 1L. Juni. Eine Mitarbeiterin des „Petit Pariift-u' hatte in London eine Unterredung »nt Krassin. Ter V e. tretcr der russischen Sowjetregierung sprach sich unter ander n auch über die Konzessionsfrage aus. Bis jetzt, sagte er, hätten die wirtschaftlichen Beziehungen Rußlands zum Ans- lande ausschließlich in einfachen Käufen bestanden. Er jchmzt die Abschlüsse mrt England auf b Millionen englische Psuno. mit Schweden auf 60 Millionen Kronen, mit Deutschland auf ö Milliarden Mark und mit Amerika auf 10 Millio nen Dollar. Aber die russischen Goldreserven seien nicht unerschöpflich. Rußland ziehe es vor, sich aus den Weg der KonzessionSyeschäfte zu begeben. Die russische Ausfuhr seigerst in ganz kleinem Maßstabe wieder aufgenömme» wor den. Die Zerrüttung der Transportwege verhindere die M> förderung der Rohstoffe nach den Häfen. Es bleiben also nur die Konzessionen übrig. Von einer Wiederherstellung des Privateigentums könne nicht die Rede sein, und darauf komme es auch nicht an. Der Kapitalist, der durch Rußlands Reichtümer angciockt werde, müsse begreifen, daß er Sächsische Volkszeitung — Nr. 138 — 13. Juni 1921 Der Gänsebub Fränkischer Dorfroman von Di na Ernstberger (32. Fortsetzung.) 8. Kapitel Seit mehrere» Wochen weilte die Flickschusterin nun schon bei Joseph. Ob es Haunis Ilcberrcdungskuust gelungen war. die alte Frau zu diesem Entschlüsse zu bewegen, oder ob auch noch andere Beweggründe eine Nolle dabei spielten, wußte nie mand so recht genau, am wenigsten die Flickschusterin selbst. Hanui hatte sich allerdings eine unendliche Mühe gegeben. Tage lang balle er dann gegrollt und iss"' :i.e menschnhe Undankbar keit philosophische Betrachtungen gehalten, als er eines LageS Plötzlich erfuhr, die Flickschusterin Hüfte in, Begleitung ihres SmniS Peter die lange besprochene R:,>e zu Joseph umer- nonim, u. So oft hatte er ihr seine Begleitung großmütig angetra. gen. nun dankte sie ihm seine Hochh'rz.gk.ut damit, ohne ihm auch mir ein Sterbenswörtchen davon zu sagen. We re nicht die Sache mit der Schur Vre is'i'ge.,'Kun.l.' und die de mit eng verknüpfte Bürgermeistrc ve-hi ge.neten, er hält« der ganzen Flickschusterfamilie samt dem Jo e ih Naehe geschwo ren! so glaubte er, daß es besser sei, vorlüu'g noch die Fanst in der Tasche zu machen. War er nur -inmcl Bürgermeister, daun wollte er schon die Beleidigungen alle zurückzahlcn Mit der Flickschusterin hatte er shon verschiedene Make bei seinen häufigen Besuchen die Heica:S.a.iq:Icgenhe,r bes.'ro- chc» Sie hatte sich der Sache gar nicht lo abgeneigt gezeigt. Im Gegenteil. Der Gedanke, daß J>,ev'i be seiner Herzens- web! eine von den Töchtern des Dorfes beglücken könnte, war auch ihr schon öfter gekommen, und immer hatte sie sich mit snller Befriedigung solchen G-dan'en htngegeden. Sie war allerdings mehr für die Vürgermeisteik-Kundl eingenommen. Der große Geldsack der SckneiderS-Kundl sch'en ihr zu zweifel- Haft. — Hanni war im großen ganzen ein ehr'icher Eharakler. So oft ihm die Frau Bürgermeister ein Stück Dörcsleisch oder eine große Wurst oder ei» Fläschchen Schnaps und dergleichen mit den bedeutungsvolle» Morten: „As kommt scho niebra noch, Hanni!" in den Arm legie, fühlte er schwere Gewissensbisse ob seiner Handlungsweise. Schließlich aber mußte er sich dann immer wieder zu seiner Beruhigung sagen, daß sich jeder doch selbst der Nächste sei uiw die Bürgermeisterwürde solch kleinen Verrat wohl wert ist. In den nächsten Wochen wollte er such gleich mal aufmachen zu ei»er Reise in die Stadt, um mit Io- ieph und seiner Mutter das Nähere zu besprechen. Er meinte, ine bange Scheu, die ihm der erste Besuch bei Joseph verur sachte, würde diesmal nicht wiederkehren, denn was sich die Flickschusterin getraute, das durfte er erst recht wagen: fühlte er sich doch, was Wissen und Bildung anbelangte, hockerhaven über diese Frau. Was hatte er doch ,n dieser Beziehung durch den Verkehr dereinst mit seinem ehemaligen Feldwebel und jetzt im Umgang mit den verschiedenen Herren „Bezirks" schon alles ge- lerntl Nein, was Anstand und Bildung betraf, brauchte er sich vor pem eingebildeten Portier und auch nicht vor den schwarz befrackten Faulenzern zu fürchten. Während Hanni so sich seine Pläne für den bevorstehenden Besuch zurechtlegte, saß die Flickschusterin an, Fenster eines elegant eingerichteten Zimmers im Hotel „Bellevue" und sah hinab auf das bunt bewegte Straßenleben vor ihr. Statt der bunten fränkische,. Kleidung trug sie ein einfaches, schwarzes Kleid und an Stelle des scheckig geblümten Kopftuches lag au den weißen, dünnen Haarsträhnen ein kleines Spitzenhäuveben. Niemand vom Dorfe würde ist der ehrwürdigen, alten Dame Wieder die arme Flickschusterin erkannt haben. ES war ihr anfangs nicht leicht geworden, die heimatlichen Kleider abzulegen. So oft sie anfangs ihr Bild im Spiegel er blickte, prallte sie zurück; sie konnte sich gar nicht so sehen. Scheu blieb sie anfangs den ganzen Tag in ihrem Zimmer sitzen; sie kam ordentlich in Verlegenheit, wenn da» Hotelpersonal so lie- benswürdig und zuvorkommend z» ihr wgr und sündhaft er- schien ihr das, wenn man sie so bediente. Ost, wenn sie am Tisch« saß und alle möglichen Leckerbissen vor ihr standen, kam-n ihr die Tränen in die Augen: — sie mutzte der Zeit ge denken, wo sie und ihr verstorbener Mann sich nicht einmal am trockenen, schwarzen Brot sattessen konnten, damit die Kleinen nicht Hunger leiden mußten. Damals gab e» oft Tage, wo sie nicht fünf Pfennige ihr eigen nennen konnte. — Hunger und Not lernte sie schon in den Tagen ihrer frühesten Kindheit ken nen; wie sollte sie sich nun, am Ende eines langen Lebens, plötzlich an solchen lleberfluß gewöhnen können? Joseph war ängstlich bemüht, ihr daS Emleben in die neuen, so völlig fremden Verhältnisse möglichst zu erleichtern. Jede freie Minuten verbrachte er auf ihrem Zimmer. Er konnte gar nicht müde werden, sie immer wieder mit neuen Ucber- raschuiigen zu unterhalten und zu zerstreuen, — sie aber kennie trotz allem die Heimatsehnsucht nicht zum Schweigen bringe.,. Ost saß sie in der Dämmerstunde am Fenster und ihre Blille suchten sehnsüchtig daS Streifchen Himmel ab, das zwischen den hohen Häusern sichtbar war, nach einem Sternchen, das ihr auch in der Heimat schien und aus dem Auge rollten schwere, heiße Tränentropfen. Dann dachte sie des stillen, kleinen Heimatdörf- chens, und Heimweh nach der trauten, niederen Hütte zog durch ihre Seele, im Geiste suchte und grüßte sie dann all die teuren, heimatlichen Stätten. Von der Straße herauf drang der Grenz stadt wildes, hastiges Treiben, sie aber hörte nichts; ihre Ge danken weilten weit, weit — fern von hier, und durch das lau e Stimmengewirr und durch das Näderrasseln von unten hörte sie ein leises, süßes Klingen — der Heimat Abendglo.kcnklnng! Wie doch ganz anders lebte es sich dort. So frei, so u». gebunden und trotz Not und Armut dennoch auch zufrieden. — Hier hat sie alles, was ihr Herz sich wünscht; was je bei anderen ihr als Mück erschien, ward ihr zu teil; doch seltsam I Jbre Seele fühlte sich krank, sie kann, wie sie auch ringt, die alle Armut und des Dorfes Stille nicht entbehren. Wie sie als Braut einst einzoy in das künftige Heini, da nahm sie vom Grabe der Mutter eine Blumenpflanze mit, die wild, ganz ohne Pflege, an der teuren Stätte wuchs und die das Grab mit reichem Blütenschmucke schmückte. Sie pflanzte davon einen Zweig in ihren Garten und pflegte ihn und sorgte ängst lich. daß er weiter wuchs und blühte. Er wurzelte auch in der neuen Erde und trieb junge Zweige, doch waren seine Bläticr klein und spärlich, und als er Blüten tragen sollte, trauerte di« Krone und starb ab. — Weinend zeigte sie damals den welken Stock der Nachbarin; ihr schien da» eine trübe Vorbedeutung sür die Zukunft, der Stock hatte ihr das ferne Grab ersetzen sollen. Tröstend erklärte ihr die Nachbarin, der Gartenbodcn sei zu gut und fett gewesen für die Pflanze, die könne nur in san diger. dürrer Erde gut gedeihen. Sie mußte jetzt oft an diese Blumenpflanze denken. Nicht nur der alte Stamm ist es. der, nochmal» verpflanzt, nimmer mehr festwurzeln kann, auch junge Pflanzen kränkeln oft t» fremder Erde. DaS ist wohl wahr, da» Gebirge trägt ander» Blumen wie der Tiefensand und nur in heimischer Erd« lan» die Pflanze voll und ganz gedeihen. Sie fühlte es wohl an.ch sie kann hier nicht feste Wurzel schlagen; hält auch dt« Stamm, es trocknete Blatt um Blatt! Mrffetzung solgt.1
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