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Zweites Blatt Sächsische Bott«zrit»«g vo« 22. März 1910 Nr. 66 wärts rn Sie ^ ver- nach- ch seit rtränk keinen ME NIttlvI» l.?. rootlts, ^vsid. 904. r. frank nrptstr. raÜs. pril oder räfttgeS hkN. «ip-Ig, i: »»«, Sarntson. ><*» Katholische Andachtsbücher. Jedenfalls sind für yianche unserer Leser folgende Aus" fiihrungen interessant, die wir im Korrespondenz- und Offertenblatt, das zu Regensburg erscheint, vorfinden: „Betr. Verlagsfirma Groh in Dresden. Die Firma ist nicht katholisch. Vor einigen Jahren wurde hier im preu ßischen Anteil der Erzdiözese Prag ein Andachtsbuch dieses Verlages mit ganz minderwertigem Bilderschmuck für 15 Mark durch einen Schwindler vertrieben, der falsche An gaben über den Verfasser (angeblich ein in hiesiger Gegend bekannter Redemptoristenpriester) machte und sich auf die Empfehlungen des Ortspfarrers berief. Ich meldete die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft in Glatz, worauf der Kolporteur bestraft wurde. Dieses hinderte freilich nicht, daß anderwärts derselbe Schwindel versucht wurde. Das Buch von damals — möglicherweise dasselbe wie das fetzt angebotene — war etwa ein Drittel des Preises wert. So weit ich erfahren, mußten damals die Besteller den Bezugs preis bezahlen, da sie sich unterschriftlich verpflichtet hatten Vor derartigen Kolporteuren ist öfters auf der Kanzel zu warnen und eine Ortskolportage einzurichten. Ein Pfarrer aus dem preuß. Anteil der Erzdiözese Prag." Ein anderer Abonnent genannten Blattes macht fol gende Bemerkung: „Ohne das „Katholische Andachtsbuch" aus dem Dres dener Verlage von Groh besonders zu kennen, möchte Einsender dieser Zeilen darauf im allgemeinen hin gewiesen haben, daß nach seiner und vieler anderer Priester Meinung, minderwertige Andachtsbücher in soge nannter sehr guter Ausstattung gewöhnlich in der Preis lage von 10 bis 15 Mack in großer Menge dein Volke dar geboten werden. Und inan muß sich wundern, wie leicht der Agent sie absetzt. Sie liegen dann da, recht schönes rcnes Kalliko, etwas Goldschnitt, drinnen recht rauhes Papier und billiger Text. Bischöfliche Approbation wird oft für Emp fehlung hingenommen. Wie wäre das doch zu ändern! Es erbarmt mich der Leute und ihres Portemonnaies. L." So ist eS leider in der Tat. Viele wissen nicht, daß bi- säwfliche Approbation doch zunächst nur bedeutet: „Es ist in betreffendem Buche nichts enthalten, was der Lehre der Kirche entgegen ist." Durch die bischöfliche Npprobakton wird durchaus nicht bekundet: „Das Buch ist preiswert und vor allem anderen wert, angeschafft zu werden." Man muß geradezu darüber staunen, wie schnell sich manche Leute, besonders Frauen durch einen geschickten Geschäftsreisenden ein Buch aufrcden lassen, das 15 Mark kostet. In vielen Fällen möchte man wirklich sagen: Den Leuten wird das Geld aus der Tasclie gezogen. Es sind „Prachtbücher", dem Inhalte nach vielleicht nicht immer schlecht, die dann aber für gewöhnlich das ganze Jahr un benutzt verstauben dürfen. Kein Pfarrer und kein Lehrer würde cs fertig bringen, den Käufern für so teures Geld gediegenere Ware zu empfehlen, und zwar solche, die wirk lich gelesen würde. Man würde sich wundern, wie er den Leuten solche Geldopfer zumnten könnte. Aber der gerissene Geschäftsreisende bringt es fertig, und wird seine Sachen auch los. Es ist traurig, daß man es sagen muß. Hätten die guten Leute sich die Handpostille von Goff 1 ne ange schafft, die man in guter Ausstattung für wenige Mark haben kann, sie würden dieselbe vielleicht besser benutzen als die teuren „Prachtbücher", die oft auch nur eine recht rohe Ausstattung haben, mrd 10 Mark wären wenig stens gerettet. Man will aber vielleicht in der Bibel selbst lesen. Gut! Warum schafft man sich nicht einmal erst etwas Billiges an und prüft seinen Geschmack? Da ist zum Beispiel sehr empfehlenswert die gu t illustrierte ka tholische Schulbibel von Jakob Ecker, für die christ liche Familie sehr zweckmäßig zu benutzen, gebunden 1,20 Mark, oder auch „Das heilige Evangelium Jesu Ehristi nach Matthäus", von I'. Notzinger mit sehr treffenden Anmerkungen. Gerade das letztere Büchlein, das mau für wenig Groschen haben kann, scheint in Sachsen, zu dessen Klerus der hochw. Dom kapitular Notzinger gehört, noch viel zu wenig gekannt und verbreitet. Oder man benütze die vortrefflichen Ausgaben des Neuen Testamentes v o in Be nediktinerpater Dr. Grün dl, oder vom Jesu it e n p a t e r Arndt. Jeder Buchhändler bestellt sie uns. und wir brauchen keine teuren Spesen für den Reisenden zu zahlen, und irgend einem ganz unbekannten Verlag des Geschäft zu stützen. Man höre nur, was ein dritter Leser des „Korrespondenzblattes" schreibt: „Der Dresdener Verlag von M. O. Groh verschleißt nach seinem Lagerkatalog nach Kolportageromanen gemein ster Sorte auch folgendes Buch: „Ich bin der Weg." Ein wertvoller Hausschatz für jede evangelische Bürger- und Arbeiterfamilie. Ueberall guten Anklang durch die frei religiöse Illustration gefunden. Größe des Werkes ist 21 X 36 Zentimeter. Preis 16 Mark. Ter Verlag M. O. Groh ist also nichts weniger als empfehlenswert und wir bitten alle hochw. Herren Geistlichen, demselben unter kei nen Umständen und Versprechungen irgendwelche Empfeh lung zu geben und jeden Mißbrauch bei der Polizei anzn- zeigen." Und dieser Verlag gibt nun ein „Andachtsbuch" heraus. Tie es kaufen, unterstützen natürlich auch die freireligiösen Instinkte des Verlegers. Möchten doch katholische Verfasser mehr auf die Leute sehen, denen sie etwas zu verdienen geben, bei den meisten „Prachtwerken" gewiß viel mehr als sich selbst. Sie haben ganz gewiß eine Mitverantwor tung, wenn ihre Editionen zu teuer werden. Mehr und mehr wollen wir doch unsere Leute, die nun einmal gern gute Bücher haben wollen - möchten es immer mehr wer den! — auf den Borro in äusverei n Hinweisen. Welch herrliche Sachen kann man da für 6 oder 3 Mark erhalten! Gewiß wird man auf jedem katholischen Psarramte in Sachsen bereitwillige Auskunft über den Borromäusverein erhalten. Gemeinde- und Vecemsnachnchten. 8 Zwickau. Einen Lichtpunkt im Leben der Zwickaner kath. Gemeinde bildete die am Passionssonntage vom Volksverein veranstaltete Katholikenversammlung. Die rührige Tätigkeit es Geschäftsführers Kaufmann Jakob und seiner wackeren Vertrauensmänner hatte den großen Saal des Neuen Hauses tüchtig gefüllt und den Bemühun gen des Herrn Pfarrers Grohinann war es gelungen, zwei begeisternde Redner, Se. Erlaucht Graf von Schönburg- Glauchau und Herrn Reichstagsabgeordneten Becker für den Abend zu gewinnen. Freude und Begeisterung spiegelte sich auf allen Gebieten wider, als Se. Erlaucht, begleitet von seiner hohen Gemahlin und Herrn Hofrat Tammer den Saal betrat und herzlich stürmisch war die Begrüßung, als der Graf auf die Bitte des Herrn Geschäftsführers die Red nerbühne betrat, um so recht volkstümlich das Thema zu behandeln: „Die Pflichten des katholischen Mannes in der Gegenwart." Von einem leuchtenden Vorbilde, dessen Name in diesen Tagen auf aller Lippen schwebte, dem verblichenen Wiener Bürgermeister ausgehend, schilderte er die Auf gaben des katholischen Mannes in der doppelten Pflicht der Gottes- und Nächstenliebe. Besonders ging der hohe Red ner ein aus die Haltlosigkeit der Ideen eines ungläubigen Sozialismus und eine der brennendsten Fragen, den Kampf um die konfessionelle Schule. Se. Erlaucht kam dabei auf seine letzte Landtagsrede zurück und bewies, daß der jetzige Kampf um den Religionsunterricht in den evangelischen Schulen auch unsere Interessen gar sehr berührt und wir im Kampfe um die konfessionelle Schule ganz an der Seite unserer gläubigen Mitbrüder stehen müssen. Seine von tiefgläubioen Herzen ausgehenden Worte verfehlten nicht, tiefen Eindruck zu machen. Voll und ganz löste auch der zweite Redner, Reichstagsabgeordneter Becker, der über die politische Lage der Gegenwart sprach und besonders die Haltung des Zentrums in der Finanzreform als durch die Verhältnisse geboten motivierte. Gern gab er zu, daß die Finanzreform nicht ganz nach dem Wunsche der Zentrums partei war, doch sie war notwendig und eine nationale Tat in dem Augenblicke, wo die Parteien, die sich gern national nennen, das Reich mit seinem Kanzler im Stiche ließen. Reicher Beifall lohnte auch seine Mühen. Herr Pfarrer Grohinann wies nochmals auf die Notwendigkeit hin, in ernsten Dingen wie in der Schulfrage mit gläubigen Pro testanten znsaminenzugehen, und beleuchtete in deutlicher Weise das unedle Gebaren einer hiesigen Zeitung, die in den Laudtagswahlen den konservativen Kandidaten Land richter Krätzer mit einem Spottgedichte bedachte einzig des wegen, weil die Katholiken ihm als dem besten Vertreter ihrer allgemeinen christlichen Interessen ihr Vertrauen schenkten. Herr ErposituS Wenke aus Aue erzählte von treuer Arbeit in der schwierigsten Diaspora des Erzgebirges und gab, da er trotz der fortgeschrittenen Fastenzeit sich noch etwas Faslnachtslinmor bewahrt zu haben schien, der Ver sammlung einen fröhlichen Abschluß. Möge der gute Same, der liier gesät wurde, reiche Früchte bringen, besonders wieder neue Begeisterung für unser Schmerzenskind, die neue Schule, wecken, daß die Opfer, die sie auferlegt, gern getragen werden, aus ihr ruht ja unsere ganze Zukunfts- hofsnimg. 8. TheaLer und Musik. Dresden. ( I. Literarischer Abend des Re st d e n z t h e a t c r s am 20. März: „Die Stimme der II u m ündigen ", Komödie von Sven Lange.) In rer Komödie behandelt der Autor ein mehr psychologisches — 20 — „Laß los!" schrie Bastele, „ich geh über den See. Ich laß mich nicht totschießcn!" Hans Edel gab ihm einen Stoß. „Lauf zu, Hasenfuß, und verkriech dich in ein Mauseloch!" Da rannte der Baste davon. Edel schritt den anderen voran, dem Dorfe zu. Als sie das erste Gehöft erreicht hatten, fingen die Glocken zu läuten an, in raschen Schlägen, als hinge die Freude am Glockenstrang. Durch die Dorfgasse jagte ein Reiter, ein junger Bursche aus dem Nachbardorfe. Er schwang einen Pack Blätter in der Hand und schrie ihnen mit seiner Hellen Stimme zu: „Viktoria! Viktoria!" Dicht vor den Primizgästen hielt er sein dampfendes Roß an und wischte sich den Schweiß aus dem Gesichte. Tafinger faßte die Zügel des Pferdes. „Was ist's?" fragte er und sah den Burschen verwundert an. Der saß barfuß zu Pferde und trug weder Joppe noch Hut. Aber die Freude lachte ihm über das ganze, junge frische Gesicht. „Viktoria!" schrie er. „Die Deutschen haben gesiegt! Viktoria: Sieg! Sieg! . . ." „Erzähle!" drängten die Männer. „Ich Hab jetzt keine Zeit!" erwiderte dieser. „Ich muß an den See. Da — lest!" Und er warf ihnen eine Handvoll weißer Blätter zu, gab sei nem Rosse einen Schlag und ritt ini gestreckten Galopp davon. Tie harten Bauernfäuste griffen gierig nach den Extrablättern, die so frohe Kunde brachten. „Sieg! Sieg!" — Und wahrhaftig — da stand es in großen, fetten Lettern gedruckt: „Siegreiche Schlacht bei Wörth. Mac Mahon mit dem größten Teile seiner Armee vollständig geschlagen. Franzosen auf Bitsch zurückgeworfen. Auf dem Schlachtfelde bei Wörth: Friedrich Wilhelm, Kronprinz." Die Bauern streckten die Hände zum Himmel und riefen: „Dank dir, du gütiger und großer Gott! Sieg! Sieg!" Wie ein Freudenrausch kam es über sie, wie ein Taumel des Glückes. Sie stürmten den Hügel hinauf, dem Dorfe zu und schwangen die kleinen Extrablätter wie Siegestrophäen! „Sieg! Sieg! Viktoria!" Nach den Verlusten fragte niemand. Das deutsche Heer hatte gesiegt -- das war die Hauptsache. Und es war ein großer, glänzender Sieg. Da stand cs in einem zweiten Telegramme: „Genommen 30 Geschütze, 2 Adler, 6 Mitrailleuscn, 1000 Gefangene, 100 Offiziere." — Das war ja unerhört! Wie eine Glorie stieg es empor, wie eine versunkene Krone, die strahlend zur Sonne schwebte: Sieg! Sieg! Dieser Sieg mußte gefeiert werden. Alles drängte sich in das Bräu haus, um womöglich Näheres zu erfahren. Ter junge Lehrer Weller nagelte die Karte des Kriegsschauplatzes an die Wand, bezeichnete die Stellung der Heere mit Stecknadeln und begann zu erklären. Er war dicht umdrängt. Alles lauschte mit atemloser Spannung. „Wo ist denn das — Wörth?" schrie einer. „An der Linie Rastatt— Niederbronn—Bitsch. An einem Flüßchen. daS heißt Selz, hier." Die Nadel bohrte sich knirschend in Papier und Wand. „Ach Wörth, Wörth! Das muß man sich merken. Da steht der Fritz mit der Tüdarmee, nicht war? Der Kronprinz — hoch! — hochl" - 17 - „Ist mir eine große Ehr!" sagte die Frau und knixte. Ter Weberbauer war ein böser Spötter. „Baste," sagte er, „was macht denn dein Buckel? Frau Marjanu hat, schätze ich, einen guten Zug im Arm" Da fuhr die Gekränkte wie ein zorniger Drache auf ihn los. „Was sagst, du Lapp? Auf mein Baste laß ich nichts kommen. Das ist ein Ehrenmann!' „Jawohl — wenn er im Kornfeld steht." Eine ganze Flut von Scheltworten ergoß sich über den Webcrbauern, der sich die Ohren zubielt und lachend davonging. Die anderen folgten ihm. Baste Nichte die Zornige zu beruhigen. „Komm, sei still, Marjann," sagte er. „Ter Kerl ist uns bloß neidig, weil wir so — so — bin so gut zu einander sind." Marjann fuhr auf ihn los. „Still bist! Was stehst da herum wie ein Eselstreiber, Tapp, diiniiner! Marsch hinein ins Hans! Und nachher, wenn die da fort sind, nachher rechnen wir mitsammen ab. Glaubst eben, es sei die geschenkt? — Du wirst dich täuschen!" Da schlich der Baste still davon. Er merkte, daß sein Ehehimmel noch nicht ganz klar sei. Drittes Kapitel. Die (Niste auf dem Seehofe staunten über den Reichtum des Hauses und blickten sich heimlich fragend an: „Wer wird der Erbe all dieses Reichtums sejn?" — Alois, der junge Priester, der gehörte ja nicht der Welt, sondern dem Himmel an — der kam also nicht in Betracht. Und der andere, der Erstgeborene, der Stammhalter des alten Bauern geschlechtes, der Erbsohn — der war verschollen — tot! Daher die große, schwere Frage: Wer wird der Erbe sein? — Es befanden sich manche nahe Anverwandte Tafingers unter den Gäste», und ihre gierigen Augen sprachen deutliche"- als ihre Lippen den Wunsch ans: „Hier möchte ich als Erbe sitzen! Das wäre ein Glück!" Frau Barbara führte ihre weiblichen Gäste durch Haus und Hof, öffnete Schränke und Truhen, zeigte den Linnen- und Silberschatz des Hauses, ging mit ihnen in die Milchkammer und Käserei »nd zuletzt in den Keller, wo die wein- und inostgefüllten Fässer gleich dickbäuchigen Niesen neben einander lagen. Nachdem alles genügend angestaunt, gerühmt und bewundert war, setzten sich die Bäuerinnen breit und behaglich in die gute Stube und ließen sich Wein und Kuchen schineckcn. Dabei liefen die Zungen so hurtig wie Spinnrädchsn. Unterdessen ging Tafinger mit den Männern durch die Ställe. Da standen die Allgäuer Kühe in langen Reihen, und in einem hohen, luftigen, Hellen und reinlichen Anbau befand sich der prächtige Simmentalerschlag, mit Haaren, die wie Seide glänzten, so blank, daß man sich fast darin spiegeln konnte. Ordentlich stolz war Tafinger auf seinen Viehstand. Bei dem Lobe, das ihm reichlich gezollt wurde, begann sich sein ernstes Gesicht etwas auf zuheitern, und das ganze Behagen, das er über seinen Reichtum empfand, kam darin zum Ausdrucke. Vom Stalle weg ging es durch die Felder. Die Bauern redeten von Vieh- und Fruchtpreisen und was wohl dem Seehofbauern die Milchwirt- ÄI