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Verpachtung der Lagerhäuser möge zu einem Pachtpreise erfolgen, der die volle Verzinsung des Baukapitals erzielt. 3. Betriebsmittel sind nicht unter dem üblichen Zinsfüße zu gewähren. 4. Den KornhauSgenossenschaften ist keine weitere Ausdehnung der Geschäftsbetriebe zu gestatten, so- lange sie staatliche Beihilfe genießen. 5. Bei Lieferungen an Proviantämter und andere staatliche Organe ist der Handel in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die Produ zenten. 0. Die Regierung möge sich allgemein für alle diejenigen agrarischen Unternehmungen, welche die Ver änderung anderer Erwerbsstände anS ihrer bisherigen Tätigkeit bezwecken oder bewirken können, jeder Beihilfe oder Vergünstigung enthalten. Diese lange Liste von Wünschen wird in den landwirtschaftlichen Kreisen höchsten Unwillen erregen, namentlich auch Punkt 4 und 5-, die selbst niit der Gewerbefreiheit in Widerspruch stehen. — Die Fusion der Banke» geht nicht ohne Hindernis vor sich; die Berliner Bank ist ja von dieser auf einige Zeit gerettet worden; aber lange halten kann sie sich nicht mehr. Die Berliner Großbanken haben ihr bereits alle tüchtigen Beamten weggefischt nnd diese gingen um so lieber in die Netze, als die drohende Fusion sic vielfach erwerbslos gemacht halte. Tie Deutsche Bank hat nun auch Einblick in die gesamten Verhältnisse der Berliner Bank erhalten, und das wird letzterer nicht znm Vorteil gereichen! lieber kurz oder lang muß deshalb doch die Berliner Bank ins GraS beißen! Die Deutsche Genossenschaftsbank will sich mit der Dresdener Bank fusionieren; aber ihre gestrige Generalversammlung war nicht beschlußfähig; am 24. Juni findet deshalb eine zweite Generalversammlung statt. Mit dem Vorsitzenden der Deutschen Genossenschaftsbank, dem ehemaligen Abg. Dr. Erüger. wurde in der Versammlung sehr schlecht nmgegangen; es wurde ihm vorgehalten, wie diese Fusion den Mittelstand schwer schädige und so dem Prinzip der Genossenschaftsbank direkt zuwiderlanfe. Im weiteren Verlause der Diskussion trat der Widerspruch gegen die Fusion etwas zurück. Im allgemeinen scheinen die Genossenschaften der Fusion nicht nnfronndlich gegenüber zu stehen. Dazu mag beigetragen haben, daß. wie ein Redner aussührte, schon früher die Dresdener Bank Ge nossenschaften besondere Vorteile, wie sie die Deutsche Genossenschaftsbank zu gewähren nicht imstande war. geboten habe. Tie ganz kleinen Darlehnskassen freilich würden sich nie der Dresdener Bank anschließen. Für deren Bedürfnisse aber sei die preußische Zentral-GenossenschaftS- kast'e entstanden. Das.Kaiserpaar soll zu seiner silbernen Hochzeit am 27. Februar INO«! mit der endlichen Vollendung der K'aiser- Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin überrascht werden. Es wird dazu »och eine Million Mark benötigt. Zur Aufbrin gung dieser Summe soll allerorten gesammelt werden. Weiter gedenkt man Spenden für den Ausbau der znm Ge dächtnis an die Kaiserin Angnsta erbauten Gnadenkirche, sowie für den Ban eines ErholnngShanseS auf dem Oel- berge bei Jerusalem nnd schließlich zur Unterstützung von Wobltätigkeitseinrichtnngen für Arme nnd Kranke zu überreichen. — Dir Grgner drs liberalruckonservativen Schnlnn- trages sind in den Reihen der »ationalliberalen Partei im Anwachsen begriffen. In Köln fand eine liberale Ver sammlung statt, die mit der eigenen Fraktion sehr scharf ins Gericht ä>»g, so betonte sofort der Vorsitzende Professor Holdenhaner: „In einer so außerordentlich wichtigen Frage, die unser ganzes Vaterland angeht, von der unsere Partei im Innersten nnd am tiefsten berührt ist, wäre eS die Pflicht der Abgeordneten gewesen, vorher mit ihren Wähler» sich in Verbindung zu setzen nnd nicht nachher erst Ansprachen zu halten, um uns über die große Tragweite der Sache auszuklären." Ter Abgeordnete Dr. Sattler, der dieser Versammlung beiwohnte, mußte hier viele unange nehme Dinge hören, er wurde so sehr in die Enge gedrängt, daß er schließlich zugab, die ganze Sache sei überstürzt wor den; der Antrag sei zu rasch gebracht worden. Schließlich wurde folgende, für die Fraktion recht bittere Resolution angenommene „Die Versammlung ist der Auffassung, daß das Verhalten der nationalliheralen Fraktion des Preußi schen Abgeordnetenhauses beim Schnlantrage den Traditio neu der Partei nnd dem Wähle des Volkes nicht entspricht; die Versammlung erwartet bestimmt, daß die Abgeordneten bei Verabschiedung des SchnlnnterhaltnngSgesetzes eine den Gl-nnhsätze» der Partei entsprechende Stellung nehmen werden, hält es aber für unerläßlich, daß baldigst ein all gemeiner deuticher Delegiertentag der nationalliberalen Partei zu einer Anssprache über den Schnlantrag einbe- rufen wird." Am Tage des Einbringens deS Schnlantrages hatte ein Teil der liberalen Presse gejubelt, nun sei das Zentrum ausgeschaltet, es scheint n»S aber, als sei jetzt schon die Kanone nach hinten losgegangen nnd als müsse das Fentrnm nun erst recht eingeschaltet werden, wenn man überhaupt etwas erreichen will. — Sozialdemokratischer Terrorismus. Zwei Maurer, die sich weigerten, der sozialdemokratischen Genossenschaft beizntrctcn, wurden ans dem Bau von den Genosse» heftig schikaniert und der Arbeitgeber zur Entlassung geirötigt. TaS trug vier Angeklagten je zwei Wochen Gefängnis ein. — Der Rückgang der Sozialdemokratie in Belgien reiht sich ein in den Krebsgang der deutschen Sozialdemo kratie; Hier sind ihr 3 Mandate verloren gegangen, in Belgien sogar rund 10 000 Stimmen, während die Katho liken 7,1000 Stimmen gewonnen haben. Wenn die Libe ralen auch mehrere Mandate erhielten, so ist ihr Stimmen zuwachs doch nur -12000 Stimmen. Dem „Vorwärts" ist dieser Slimmenrückgang sehr unangenehm, zumal die schwankenden Wähler weggelaufen sind. ES geht also auch hier wie in Deutschland; das „Stimmvieh" lauft nicht mehr mit. — Der Zentralvorstaud der natioual-lideralcn Partei wird am 12. d. M. zu einer Sitzung zusammcntreten, um zu dein preußischen LchulddotationSantrag Stellung zu nehmen. Die „Krenzzeitung" fürchtet schon, daß cs für die nationalliberale Fraktion keinen andern Weg mehr geben werde, als das „zu Kreuze kriechen'. Sie knüpft dann hieran die Bemerkung: „UebrigenS ist eS nicht das erste Mal. daß Herrn Sattler vom Rheine her sein Kom promiß mit Nagelschuhen zertrampelt wurde; das geschah bei dem Kompromiß Fritzen-Sattler. da- im Jahre 1899 aus Anlaß der ersten Vorlage wegen der Reform des Ge meindewahlrechts vorbereitet wurde. Damals war aber die Form der Abweisung nicht so herausfordernd wie diesmal. Offenbar dirigieren die rheinischen Liberalen die ganze Partei; eS ist also nicht uninteressant, sestzustellen, daß von den 78 national-liberalen Mitgliedern des Abgeordneten hauses nur zehn Mann auS dem Rheinlands sind, darunter noch dazu die Kompromißfreunde v. Ehnern, Fciedberg und Hackenberg. Von den gesamten 09 Abgeordneten der Rheinprovinz gehören also nicht mehr als 15 Proz. den Nationalliberalen an. Aber diese Minderheit kann schreien und daS ist ja die Hauptsache." Oesterreich - Ungarn. — Der cnmberlandische Hof. der die letzten Vorbe reitungen zur Vermählung der jugendlichen Prinzeß Alexandra mit dem regierenden Großherzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin traf, wird durch den Hintritt der Prinzessin Marl) von Hannover zu Gmunden in tiefe Trauer versetzt. Und auch in Oesterreich, wo mall dem stets treu verbündeten HauS Hannover init achtungsvoller Pietät begegnet, wird man das traurige Schicksal der fünfnndachtzigjährigen Königin-Witwe Marie beklagen, der es beschieden war, in verhältnismäßig kurzer Zeit einem blühenden Enkel nnd einer Tochter das letzte Geleit zu geben. Prinzessin Marp von Hannover, von Großbritannien und Irland, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg, Königliche Hoheit, wurde am 3. Dezember 1849 zu Han- nover als Tochter des letzteil Königs Georg V. von Han nover — aus dein Königlichen Hanse von England — geboren. Ihre erste Jugend verlebte sie in Hannover, bis die Parteinahme des blinden Königs 1800 die Annexion seiner Staaten durch Preußen herbeiführte. Die Königliche Familie begab sich nach Oesterreich und wohnte zuletzt in Gmunden, wo die Prinzessin nun verschieden ist. Der Thronerbe von Hannover führt bekanntlich den ihm als englischen Prinzen verliehenen Titel Herzog von Eumber- land und nennt sich auf Grund alter Erbrechte auch Herzog zu Brannschweig nnd Lüneburg. Die verstorbene Prinzessin war eine am Wiener Hof stets besonders gefeierte Dame von feinster Bildung und hoheitsvoller Erscheinung. Der Tag der Vermählung wurde nicht verschoben, doch lvnrde die geplante Illumination und der für Montag an- beranmte Fackelzng abgesagt. Die Entfernung des Fahnen schmuckes wurde angeordnet, während die Ausschmückung der Häuser aufrecht bleibt. — Zwischen Sozialdenwkraten und den zionistischen Organisationen jüdischer Angestellter Oesterreichs ist ein lustiger Krieg entbrannt. Der zionistische Verband „Poale Zion" hat nnn das Blatt „Der jüdische Arbeiter" zu seinem Zentralorgan erklärt und zugleich wurde auf dem zionistischen Parteitage in Kratze! die Verurteilung gegen über der „seitens der österreichischen Sozialdemokraten ge übten Taktik der Verlenmdnng" ausgesprochen. — Die „Taktik der Verlenmdnng". — Das ist in der Tat das alte Waffengerät der Sozialdemokratie, das gegenüber jedem Gegner zur Anwendung kommt. Warum es die Sozialdemokraten aber auch gegen die „Zionisten" mit Verleumdungen so scharf haben? — Du lieber Himmel, lvas würde dann die Sozialdemokratie anfangen, wenn das zionistische Programm gelänge und die reichen jüdischen Protektoren der Sozialdemokratie mit ihren Geldsäcken answandern würden? Mit welchem Geld sollte dann die Sozialdemokratie ihre Wahlen machen? Italien. — Die italienische Marine. Im Laufe der Marine- debatte in der Kammer gab der Marineminister über den Stand der italienischen Kriegsmarine folgende Aufschlüsse: Der militärische Wert des Geschwaders, sagte er, sei ver hältnismäßig gering. Die Schiffe „Affondatore", „Dnilio", „Lepanto" nnd Italia" nicht eingerechnet, bestehe das Geschwader heute ans 10 taktischen Einheiten, wovon zwei, „Regina Margherita" und „Brin", zu den besten Schiffen der Welt gehören. Die mächtige und einheitlich gehaltene Gruppe der Panzer „Regina Elena", „Vittorio Emmanuele", „Napoli" und „Roma" stehe noch im Bau. Die Kriegs marine brauche dringend Kreuzer von <1000—8000 Tonnen und noch mehr Kreuzer von 9000—10000 Tonnen, deren Ban beginnen soll, sobald es nur irgendwie möglich sein wird. Einer italienischen Elfindnng, dem Blockadetorpedo, haben die Ereignisse der letzten Zeit große Bedeutung ge sichert. Die vorhandenen 18 Torpedozerstörer genügen, weil sie durch die neuen geräumigen Hochseetorpedoboote ersetzt weiden können. Binnen kurzem wird das Kriegs geschwader über 40 dieser neuen Boote verfügen. Dem Abgeordneten di Palama, welcher ein besonderes Geschwader für die Adria forderte, sagt der Minister, die verfügbaren Mittel reichen hierzu nicht aus. man müsse sich also bescheiden. R»»Hl«ud. — Ei« Ueberfall wurde auf den russischen Aeußern- minister Grafen Lambsdorff gemacht. Ein Herr stürzte ans den Grafen zu und versetzte ihm mehrere Faustschläge ins Genick. Der Täter wurde verhaftet und als Fürst Ferdinand Dvlgornkow erkannt. — Der Fürst wurde für irrsinnig erklärt, aber Graf Lambsdorff dürfte von seinem Posten entfernt werden. Fürst Dolgorukow, ob geistig weniger normal als viele andere Mitglieder der Lebewelt. ist ganz nebensächlich, hat als Exekutivorgan einer politisierenden Gruppe patriotischer Russen gehandelt, um ihr gegenwärtig so schwer betroffenes Vaterland an dem für sie Haupt schuldigen. dem Ehef der auswärtigen Politik, zu rächen. Man verargt es dem Grafen Lambsdorff, daß er aus eigensüchtigen streberischen Gründen eine himmelsstürmerische Politik in Ostasien entrierte. für deren äußerste Konsequenzen Rußland — und das war wieder die Schuld der trägen militärischen Chefs — nicht gerüstet war. Die Diplomatie hätte das wissen und sich danach in ihren Handlungen richten müssen. DaS waren die Motive, die den persönlich überdies äußerst zerfahrenen Fürsten Dolgorukow möglicher- weise auf eigene Faust, zu der brutalen Tat veranlaßten. Der Fürst war früher Husacenleutnant, trat dann in den Dienst des russischen auswärtigen Amtes und war u. a. auch Attache in London und Wien. Wegen seine» Geistes- zustande» wurde er au» russischen Diensten entlassen und lebte jetzt, ohne eine Stellung zu bekleiden. Amerika. — Die Mouroedoktrin i» Südamerik«. Präsident Roosevelt, dem die Weltmachtstellung so sehr am Herzen liegt, hielt kürzlich eine Rede von besonderem Nachdruck über die Durchführung der Monroedoktrin in ganz Amerika. Die Aeußerungen de» Präsidenten fanden viel Beachtung. Man betrachtet eS als unvermeidlich, daß die Doktrin bei ihrer Durchführung den Vereinigten Staaten eine Art Aufsicht über die südamerikanischen Staaten auferlegt. Es sind bereits Ansätze hierfür vorhanden und man erwartet auch tatsächlich die Anwendung der Prinzipien in weiterem Umfange als bisher, denn die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse der meisten der südamerikanischen Republiken könnten die ordnende Hand eines gesunden und mächtigen Staatswesens wohl gebrauchen. Eine solche Durchführung der Doktrin könnte die europäische Geschäftswelt und die politischen Kreise Europas mit der viel angefochtenen Theorie anSsöhnen, da dann begründete Hoffnung vor handen ist, daß sich die Handelsbeziehungen der europäischen Staaten mit Südamerika auf eine solidere Grundlage als bisher stellen und deren günstige Entwickelung ohne Rück schläge — wie z. B. in Venezuela — nehmen können. Oewerkschaftsvers«mmlnng iu OlberSdorf. Das Zittaner Gewcrkschafts - Kartell veranstaltete am Donnerstag abend im Kaisersaal zu Olbersdorf eine öffent liche Gewerkschafts-Versammlung. Als Referent war Herr L. Rerhänser ans Leipzig, der bekannte Redakteur des „Korrespondent für Deutschlands Buchdrucker und Schrift gießer" erschienen. Er bekämpft alle von sozialdemokrati scher Seite unternommenen Versuche, die einseitige Partci- polirik in den Verband zu tragen, mit bestem Erfolge. Lei der war die Versammlung schlecht besucht. Das ist zu be dauern, den» die mit scharfer Logik entwickelten AnSfüh- rnngen des Herrn Rerhänser stachen wirkungsvoll ab von de» Phrasen, mit welchen die von der Sozialdemokratie ab- geslempelten Dutzend-Agitatoren in den Gewcrkschafts Ver sammlungen ihr Publikum zu regalieren pflegen, um einen billigen Effekt zu erzielen. „Die Notwendigkeit der wirt schaftlichen Arbeiter-Organisationen" — so lautete das Thema — kann kaum klarer und überzeugender nachge- wiesen werden, als wie das Herrn Rexhänser gelungen ist. Nach einer Kritik derjenigen Elemente des Bürgertums, die für die veränderten Verhältnisse leider kein.Verständ nis besitzen, sondern Vogelstranßpolitik treiben, stellte der Redner den Grundsatz auf, daß das Schwergewicht aller Arbeiterbewegung immer mehr auf die Gewerkschaftsbewe gung zu legen sei, und nicht auf das, was vielleicht einmal Wirklichkeit werden könnte. Immer mehr zeige sich überall die Notwendigkeit, das Schwergewicht in umfassende wirtschaftliche Verbände zu legen. In Deutschland seien die gewerkschaftlichen Organi sationen als Begleiterscheinung von politischen Parteien zu Tage getreten, und das sei ein Hindernis in ihrer Entwicke lung. Wenn die deutschen Gewerkschaften unabhängig von jeder politischen Partei sich entwickelt hätten, dann wäre vielleicht manches nicht so gekommen, wie es gekommen ist. Bei der wachsenden Bedeutung der Arbeiter-Organisationen sei es nur eine Frage der Zeit, daß diese Organisationen auch Einfluß aus die Geschicke des Staates erlangen. Aller dings dürfe man es der Regierung nicht allzu schwer machen, ein Entgegenkommen zu beweisen. Nunmehr behandelte der Redner die Tarifgemeinschaft zwischen Arbeitern und Arbeitgebern. Mit dem beliebten Schlagwort vom Klassen kampfe sei ganz nnd gar nichts zu erreichen, denn nach der lleberzeugniig des Redners müssen die Gewerkschaften auf dem Standpunkt einer friedlichen Verständigung mit dem llnternehmeptnin stehen und nur in den Kampf eintreten, wenn ein anderer Ausweg nicht mehr möglich ist. Sie können heute in einer Resolution die Abschaffung de/ be stehenden Gesellschaftsordnung beschließen, S^ie tonnen aber nicht verhindern, daß Sic morgen frühem.« Uhr wieder zur Arbeit antreten müssen. Und wenn man 30 Jahre lang arbeitet, dann muß man zufrieden sein, wenn es möglich gewesen ist, die Arbeits- und Lebensbedingungen nach Möglichkeit angenehmer zu gestalten. Weiterhin wandte sich Herr Rexhänser gegen das fort währende Herumreiten auf dem Prinzip der Staatshilfe, indem er u. a. bemerkte, das Prinzip könne wichtig sein, aber cs bleibt ein leeres tönendes Wort, mit dem man in der Praxis nichts anfangen kann. Es bleibt nichts weiter übrig, als der Selbsthilfe den gehörigen Nachdruck zu geben. Tie Arbeiter würden nicht gehört' > werden, ehe sie nicht ihr ganzes Schwergewicht auf die wirtschaftliche Organi sation werfen. Die Gewerkschaften werden notwendig sein zu allen Zeiten, selbst in dem sogenannten sozialdemokrati schen Znknnftsstaat; die Arbeiter dürfen sich nicht auf speku lative Theorien beschränken, sondern müssen bemüht sein, sich gewerkschaftlich praktisch zu betätigen. „Unsere Arbeit von heute wird unsere Zukunft von morgen sein!" Es bedurfte erst einer direkten Aufforderung des Herrn Rerhänser, um einen der Gegner zur Debatte zu bewegen. Schließlich erklärte Herr Ernst Schubert, „es gebe keine un politischen Gewerkscklaften." während er noch im vorigen Jahre in der freisinnigen Wählerversammlnng im Linden hof das direkte Gegenteil behauptet hatte! Beim Versuche Herrn Nerhäuser auf das sachliche Gebiet zu folgen, geriet er in allerhand Widersprüche. Zum Schluß kam die übliche Empfehlung der Sozialdemokratie. Herr Rerhänser meinte hierauf, es sei selbstverständ lich. daß sich die Gewerkschaften auch mit Politik beschäftigen müssen, weil wirtschaftliche und politische Fragen ineinan - derfließen. Aber parteipolitische Dinge müßten ausge schlossen sein. Die Theorie der Parteien vertrügen sich nicht immer mit der Praxis der Gewerkschaften. Der Crimmit- schauer Streik sei gerade ein Beweis dafür, daß man die politische Bewegung nicht überschätzen dürfe. Infolge der einseitigen politischen Tätigkeit ist cs in Sachsen möglich, daß Arbeiter 20 Jahre lang einen sozialdemokratischen Ab geordneten in den Reichstag senden und doch nicht imstande sind, das Joch des Elfstundcntages zu brechen. Das zeige deutlich, wo einzusetzen ist. Als nun der Vorsitzende Herr Kirsche die Ansicht ver- trat, daß in den Gewerkschaften nur ein Zusammenarbeiten mit der Sozialdemokratie möglich sei, bemerkte Herr Rex-