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1». Jehrg. SeschästSstek* »nd ««»aktton: o.e»Vcn.A. 1«, Holbeinstratze 10 Mittwoch,«. Oktober 1VSV Ferotprech«, KIMS Postscheckkonto: Leipzig Sie 1ß7S7 ch tzs rikaw i«4< »rdch liche«! >ch!r« satio» iobkL' Och esiihkt ! --k>» ' ierloj «eMthrri»! Vlttlkllühkllch in d«r «cschSstSsttll» od«r don d» Poft Äd«»HM ««»gabt t «ü illuftr. votlag« 1«.»04» tlMab« u 0.4» 4-. In Dresden und gaiij Deutschland stet Haus ««»gab» L I0.«i 4». » S.»0 w. — llk SOM-tze BoUszeitmig «scheint -» -ven Wochentag«, nach«. - Sprechstunde her «edullkmc: 11 bt» 1» Uhr da». i.OVY tv«g tM IM IM 8,803 1503 SM SM 8.003 !StI 8,003 0,N 8 8,003 8/03 62!>, Nl'stt an-» e«. ilaiie» bisk,er S jS «utb» >e 2Ss !«S«k gchst-t ««zeigt«, «muchme van Seschästoan,eigen dt« 40 Uhr, von FmnMenao,eigen bi« 11 Uhr voan. — Prei« sür di» Petit-GPalt»eNe 1^0 4». t« «eNmneteil 3.80 4». Fmnilienanzeige» I SO 4t. — Mir undeutlich ^ichrtedene. lon>t« durch Fernsprecher ansgegeden« Uneeizen Ivane« wir dt« «eeontrvorilichte« slie dt, Richtigkeit de» Text,» „ich, übernehme,» Jur R«richsftnai»zrsfsrin Jon einer besonderen Zeith wird un» ge» sksriebem Der Reichi-ftnau,minister Dr. Wtirlh Hai in letzt« Alt im Kabinett sehr folgenschwere Entscheidungen herbeigeführt, Sicht ohne daß er sich des Misten Druckmittel«, da« ihm blieb, ba> biente: der Drohung mit seinem Rücktritt. Daß di« Reichssinanzen jemdezu verzweifelt aussehen, bedarf angesichts der Zahlen, die de« Flnanzminister genannt Hai, keines weiteren Beweises. Um nur da» Unhaltbare d«S bisherigen ZufiandeS hervorzuheben, fei erwähnt, daß allein die Eisenbahn ein Defizit von 16 Milliarden aufweist. Es ist ganz undenkbar, daß ein wirtschaftlicher, wenn auch sozialisierter Betrieb, dmn dar sollen ja keine Gegensätze sein, da» Budget dauernd pii« einer solchen oder auch nur annähernden Summe belastet. Da» hält kein ordentliches Budget au». Mit Recht Ist bei der Betrachtung unseren Finanzlage immer Nieder der Ruf «»hoben worden, daß das Reich selbst nun endlich dazu übergehen müsse,, zu sparen. Ein gewaltiges Beamten- Herr belastet heute das Staatsbudget; Einstellungen sind erfolgt ohne jün Rücksicht auf den Staatssäckel, Hunderttausend« von Menschen sind bei Eisenbahn und Post zu viel beschäftigt, die natürlich ebenso be zahlt werden müssen, als wenn sie wirklich produktive Arbeit leisteten. Puter derartigen Verhältnissen ist eS einem Finanzminister, der weiß, welche Verantwortung er trügt, unmöglich zu wirtschaften. Im All gemein in 1er« sse ist es nur zu begrüßen, wenn der Finanz. Minister verlangt, daß ihm für Ausgaben außerhalb des Budgets ein absolute» Vetorecht zusteht, und daß ex nicht von derMajori. tat des Kabinetts abhängig ist. Wir zweifeln keinen Augenblick, daß diese» Vorgehen dem Reichsfinanzminister vorgeworfen wird, pvMch üöer'die Nützlichkeit dieser Tat gar kein Zweifel bestehen kann. Aber da jede Partei nur darauf bedacht ist, ihr Parteisüppchen zu kochen, so wird man nicht anstehen, auch — trotz besseren Wissens dem Finanzminister Beamtenfeindlichkcit vorzuwsrwn, wie es selten» einz.-lner Angestelltengruppen bereits schon geschieht. Und doch, darüber kann gar kein Zweifel bestehen, gibt das Vorgehen des Finanzministers die einzige Möglichkeit, überhaupt wieder zu einiger maßen gesunden Verhältnissen zu gelangen. Darüber hinan» hat der Finanzminister aber das Recht vom Kabinett erhalten, Staatsbetrieb« und andere Betriebe, an denen der Eluat irgendwie beteiligt oder interessiert ist, auf ihre Wirtschaftlich keit hin durch besondere Staatskommissare zu prüfen. Unter Staatsbetriebe sind hi.r natürlich nicht mrr wirtschaftliche Un ternehmungen, sondern cnrch die Behördenorganisation zu verstehen. Ter Finanzminister hat hier ein« außerordentlich weite Machtbefugnis erhalten, denn es ist selbstverständlich, daß die TtaatSkvmmissare üd.-rhaupt nur arbeiten können, wenn ihnen unbegrenzte Vollmacht zur Einsicht und Prüfung aller Vorgänge gegeben wird. Gerade dieser Vorschlag, von dem wir nur wünschen können, daß er mit aller Energie in die Tat umgesetzt wird, Mick auch besonders in der Industrie freudig begrüßt wertsten, be deutet er doch nichts anderes als die Uebertragung privat wirtschaftlicher Methoden auf die Staatsbe triebe. Jeder Fabrikant, jeder Unternehme« weiß, daß sich all mählich in den Adern eines Betriebes KcM ansetzt, wobet natürlich gerade die b u re a ukr at is ch e Verkalkung besondere Gefahren in sich birgt. Obgleich sich die Verhältnisse geändert haben, obgleich vielleicht «Ine wirtschaftlich bessere Regelung gefunden werden könnte, wird daS Mt« weiter so gemacht wie bisher, weil eS eben bisher sü gemacht worden ist. Der Privatunternehmer sieht sich von Zeit zu Alt seinen Betrieb auf deramtige VerkMingSerschemungen an und beauslragt «inen eigens hierzu angestellten und erfahrnen Mann, ge- tade diese Art deS Betriebes auf seine Wirtschaftlichkeit hin zu prü fen. Was jeder kluge Privatunternehmer lut, will jetzt auch der Staat bin. Bei der an sich besonders konservativen Bureaukratie in großen Betrieben, wie eS die Staatsbetriebe oder Behörden barsiellen, ve,r- spricht eine derartige Prüfung sehr viel. Unseres Erachtens ist damit irgend ein Vorwurf oder ein Mißtrauen gegen die staaMche Burean. Kalis nicht erhoben. Es gilt eben nur, durch vielleicht andere »weck- mäßigere Organisation zu sparen bezw. den Betrieb wirtschaftlicher ,u gestalten. Gerade im Eisenbahnwesen scheint un» eine derartige Prüfung nicht nur sehr wünschenswert, sondern eine absolute Not- Wendigkeit. Die Eisenbahn ist nach der Revolution in den Be sitz des Reiches übergegangen; damit hat sich eine gewaltige Kon- zentration ergeben, bei der eS sehr leicht möglich ist, daß biShor notwendige Zwischenglieder ausgeschaltet werden. Außerdem wird «ine derartige eingehende Prüfung zur Vereinhteitlichung auf vielen Gebieten führen, was unter Umständen ebenfalls eine große Erspar, vis bedeutet. In diesgm Zusammenhang Wirt» natürlich auch di« Frage zu prüfen sein, ob die bisherige Methode der Materialbeschaf fung, der Reparaturen an rollenden wie an anderen Material beibe halten werden soll. Um nur eine Frage anzuführSn: Ist eS Wirt- schasSIch, wenn der Staat in eigener Regie die Reparaturen an rollendem Material dornimmt oder wenn er selbst baut? Wir kön- wen uns denke«, daß ein« Prüfung in dem angeregten Sinn ergibt, daß in Zukunft de« Staat sich lediglich aus dm Betrieb der Eisenbahn beschränkt, im übrigen aber di« notwendigen Arbeiten an Privatunte» nehmer vergibt, und hier durch günstigere Verträge versucht, möglichst sparsam zu wirtschafte»». DaS Ganze ist natürlich eine wirtschaft liche Frage, oder müßt« es doch sein. Als der jetzig« RetchSsinanzminister seinerzeit in Dresden sprach, ließ er mit Recht keinen Zweifel, daß durch die gewaltige Unterbilanz des Eisenbahnbetriebes der Sozialisierungsgedanke unter Umständen eine sehr stark« Erschütterung erfahren könne. Es istf abso. lut nicht gesagt, daß ein sozialisiertsr Betrieb unwirtschaftlicher arbei ten muß wie ein Privatbetrieb, wenn natürlich die Gefahr bei jenem auch größer ist, größer deshalb, weil bei dem Staatsbetrieb nicht nur wirtschaftliche Momente maßgebend sind, sondern auch andere. Die ganze SozialisianingSbewegung, die wir heute erleben, wird zwar mehr oder weniger mit wirtschaftlichen Gründen motiviert, insbesondere mit der Hebung der Produktivität. Nach den bisherigen Erfahrungen sind die Zweifel derer sich« berechtigt, di« durch die Sozialisierung nicht nur keine Erhöhung der Produktivität, sondern echivr eine Ver minderung befürchten. Aber tatsächlich von mindestens ebenso große, Bedeutung ist dsr soziale Gedanke, dein der Staat in seinen Betrie ben besondere Aufmerksamkeit widmen »miß. Auch der vernünftige und sozial denkende Unternehmer wird das soziale Moment heute weniger denn je bei seinen Maßnahmen im Betriebe außer acht lassen können. Aber da» soziale Moment wird ihn nie bestim men können und darf ihn auch nie bestimmen, den Betrieb in dar bisherigen Form fortzuführen, falls er mit Unterbillanz arbei tet, denn er wivd sich sagen müssen: Ich kann einen derartigen Zu stand nur eine kutrze Zeit aushalten; wenn ich keine Reserven mehr erziele, bin ich gezwungen, den Betrieb still zu legen, einzuschränken odbr ihn aus eine andere Basis zu stellen. Auch der Staat kann, Betriebe, di« mit Unterbilanzen arbeiten, aus die Dauer nicht führen, wenigsten« nicht, wenn «s sich um solche Summen handelt, wie bei der Eisenbahn. Auch er wird schließlich zu dem Standpunkt kommen müssen, eine Aenderung so oder so eintreten zu lassen, soll nicht der Schaden aus der Fortführung eines derartigen Betriebes größer sein als der soziale Vorteil ist. Der Finanzminister Dr. Wirth, den wkr mit Stolz zu unserer Partei rechnen dürfen, hat durch sein Vorgehen nicht nur einen außer ordentlich klaren wirtschaftlichen Blick bewiesen, sondern, und das müßte ihn eigentlich allen Parteien sympathisch machen, er ist ein Mann, der größtes Verantwortlichkeitsgefühl hat und sich nicht scheut, den Tatsachen klar ins Gesicht zu sehen. Er wird so gut wie jeder andere ermessen können, daß sein Vorgehen parteipolitisch gegen ihn ansgenutzt wacken wird. Er hat sich deshalb in seinen», Wege bisher nicht beirren lassen, und wir dürfen wohl nur wünschen, daß er der stark Mann ist, der unsere zerrütteten Finanzen wieder einigeSinaßen in Ordnung bringt oder doch wenigstens die Grund lage zu einer gesunden Entwicklung schasst „Landgraf, werde hart!" hat neulich eine Presse, die dem Reichssinanzminister sonst nicht ge rade günstig gestimmt ist, ihm zugyrufen. Ich glaube, die Mahnung ist angesichts seiner Handlungen eigentlich nicht nötig, aber immerhin zeigt sie, wie weitest« Kreise des wutschen Volkes, ganz unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, heute eine entscheidende und zietzbe» wußte Tat auffassen. Italienische Wirtschaftspolitik Die soziale Lage in Italien hat in den letzten Tagen eine eigen artige Gestaltung erfahren. Es war in letzter Zeit viel die Rede von einer bevorstehenden Revoluiioniernng, ja sogar Bolschewisierung Ita liens. Wir haben an dieser Stelle auf Grund unserer unmittelbatren Informationen immer vor übertriebener Bewertung derartiger Alarm- und Sensationsnachrichten gewarnt. Die neueren Mitteilungen, dir nun aus Jtaliekr kommen, liefern den Beweis, daß wir mit nnsc/eer Mahnung zur zurückhaltenden Beurteilung dieser Dinge recht hatten. Was sich jetzt i» Italien vollzog, ist ein großer sozialer Fortschritt, der durch die Tatsache seine überragende Bedeutung erhält, daß er erklin gen wurde ohne innerpolitische und innerwirtschaftliche Erschütterun gen, vor allem ohne Blutvergießen. Be« aller temperamentvollen Nus- tragimg der Meinungen ist inan zu einem schließlich alle Titte bcfrie digenden und der sozialen Ruhe und den wirtschaftlichen Forcschritten des Landes zuträglichen Ergebnis gekommen. Es drückt sich in fol genden wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen aus: In den Faürik- betzAeben Italiens wird eine sogenannte BctriebSkontrotle durch Be triebsräte eingesührt, denen die Ueberwachung des Ankaufes der Rrh- produkt« und des Verkaufes der Fertigsabrikate obliegt. Bei der Preisfestsetzung wirken »lese Betriebsräte ebenso mit, wie bei der Be stimmung der Lohnsätze, die nach dein Gewinn sich richten, lieber die Verwendung der Arbeiter, sowie über ihre Entlassung wirken diese Betriebsräte gutachtlich mit. Eine gleiche hauptsächlich gutachtliche Tätigkeit kommt ihnen zu bei der Ueberwachung der allgemeinen Be triebskosten. Die Besitzer und Direktoren der Fabriken erhalten vom Gewinn eine besonder« Zuteilung, um sie an der ersprießlichen Füh rung der Geschäfte mit zu inte-rssieren Darü- k hinaus haben U« Betriebsräte di« Aufgabe,, den gesainten ProduktionSverhältniffeu de- LandeS durch «ine bis in Einzelheiten hinaus ausgedehnte Organisa tion ihir Augenmerk zu schenken, um Produktionskrise« möglichst zu verhindern oder bereit« sich geltend machende Krisenerscheinungen in ihrer Wirkung aus den gesamten Produktionsprozeß abzuschwächrn. In de>r Hauptsache handelt eS sich bet dieser Funktion um die Regu lierung de» Warenverkehrs, so zwar, daß der Absatz der hochwertigen FabrikationSsrzeugnisse nicht durch billige Massenartikel leidet. In nerhalb verhältnismäßig kurzer Frist ist ans diese Weise die italienische Volkswirtschaft zu einer Entwicklung gebracht worden, wie sle trotz Revolution und trotz umwälzendem Umsturz auch auf wiNschastlichrm Gebiet« bis heute in Deutschland noch nicht erzielt ist. Diese Tat sache ist dem Umstande zuzuschrciben, daß die italienischen Arbeiter sich den Sinn für daS Wirtliche und Erreichbare bewahrt hatten, und' daß sie eS ablehnien, radikalen Phrasenhelden, die auch in Italien die bolschewistische Wahnidee zu verbreiten suchten, zu folgen. Alan muß freilich dabei auch in Bettacht ziehen, daß die industriellen Verhält nisse Italiens noch nicht diejenige hochgradige Entwicklung besitzen, als das in Deutschland der Fall ist. Vieles von dem, was jetzt in Italien durchgeführt ist, würde bei dem um vieles verfeinerten und komplizierteren Systeme der deutschen industriellen Organisation nur störend in deren Funktionen einwirken. Immerhin zeigen uns die heutigen Vorgänge in Italien, daß wirtschaftlicher Fortschritt sehr wohl ohne Zerklüftung zwischen Arbeiterschaft und Bürgertum möglich und erreichbar ist, und daß es nicht, wie wir es in DeMschland schaus- dernd erleben mußten, de» blutigsten Bürgerkrieges bedürfe, um einer sozialen und wirtschaftlichen Bewegung, welche ihre Berechtigung nach zuweisen vermag, zum Erfolge zu verhelfen. Man muß aber auch feststellen, daß das geschickte Vorgehen der gegenwärtigen italienischen Regierung und vor allem Giolittis kluges Verhalten wesentlich mit dazu beigettagen haben, daß dies«, zumal a»S der Ferne sich sehr ernst ansehenden Dinge solcher Art zum Wähle der wirtschaftlichen und damit auch der politischen Wohlfahrt des italienischen Volles geordnet werden konnten, ... . > Politischer Sinn Politischer Sinn ist das aus einem »nmits.lbaren, naiven, l!e- bsndigen Verhältnis zum staatsbürgerlichen Gemeinschaftsleben er wachsende liebevolle Verständnis sür dessen Lebens- bedingungen. Man muß ihn im Geist und Herzen haben, mit ihm die Dinge des Gemeinschaftslebens zu meistern verstehen. Daß er der revolutionären Masse von heute fremd ist, beweisen die Miß handlungen, die st: unserem sozialen und staatlichen Leben wider fahren läßt. Sinn ist da nicht mehr tätig, sondern Unverstand, de>r sich nwr auf die rohe Macht und Gewalt berufen kann. Wenn ich einen Lehrling schulen will in der Pflanzen- und Tierpflege, muß ich ihm das Auge östuen jür den Bau dieser Lebe wesen, für ihre natürlichen Lcbensbcdingungen in Ernährung, Um» gcbung, Gesundheit, damit er in Einklang mit diesen Lebensbedrn- gungen schaffen, di« WachStumsvorgänge unterstützen, ja sie empEr heben kann. Treten Erkrankungen oder Schädigungen ein, so mutz der Lehrling zunächst an der Hand des Lehrmeisters, später von selbst wissen, wo es dein Schützling fehlt, was ihn» fehlt, warum ihn» etwas fehlt; von da begreift er dann, tvelche Heilmittel angebracht, wie sie nnznwenden sind. Mit einem Satze gesagt: daS Leben der Pflan zen oder der Tiere steht in einer Idee lebendig vor seinem Geiste. Nicht wie es im Lehrbuch begriffsmäßig beschrieben ist, sondern wie es naturfrilch, lebenswarm, in seiner tausendfältigen Eigena.it draußen sein Eigenleben führt. In seiner Meisterhand gedeihen Pflanzen und Tiere; die Tiere fügen sich instinktiv seiner Meisttrhand, drangen sich an ihn heran aus dein Gefühl daß sie verstanden werden. Zu ähn licher Meisterschaft muß auch die politische Schulung führen. Weil die Sozialdemokratie jnhrzchntelang sich mit bloßer radikaler Verneinung und Opposition begnügte und noch heute hinter einem Buch herläust, dem „Kapital" von Karl Marx, an dem ihre Schristgelehvten Silbenstecherei und Systcmbaunieisterei treiben, weiß sie heE, zur politischen und gewerkschaftlichen Macht gehängt und vor verantwortungsvolle Arbeit gestellt, mit den Fragen deS lebendigen Lebens in Wirtschaft, Sozialordnuna und Staat nickt fertig zu werden. Ihre geistige Ohnmacht bei politischer Uebermacht liegt in Sonnenklarheft zutage. Politik und Sozialpolitik ist eben eine Kunst, klm sie zu erringen, muß man den praktischen Staatskrmsth sinn besitzen, und diesen Sinn dazu an Hand dctr Wissenschaft und Erfahrung geschult haben. Ohne diesen Sinn, ohne jene Schulung ist man ein Pfuschte» Dieser Sinn vergewaltigt nicht nach den Lehren und Forde rungen von Parteifysteinen das aus iia'.ürlickc» Anlagen und Ge- sehen urkräftig wachsende Leben; er belauscht vielmehr die Natur, ihre Anlagen, Ziele und Gesetzt-, hegt und pflegt sie. Politischer Sinn ist Ehrfurcht vor dem von Natur Gewordenen wie vor dem aus der Schicksalsgeschichte Erwachsenen. Er ist strenger Wirllichkertssinn und läßt sich nicht von den Hirngespinsten phantastischer Utopien als von Irrlichtern narren. Der soziale und politische Sinn findet dann von vornhckvin heraus, daß die Völker ihre Staate» nicht klügelnd erdacht, nicht aus eine Agitation hin als freie Verbände willkürlich geMndet hasten, so daß man nach Belieben sie wieder auflösen oder nach wissenschaft lichen Rvzepien beliebig umbauen kann. Die Staatssormen, die Me thoden der StaatSregierrmg und Verwaltung sind menschliche» Mach- wctrk und können wechseln. Die Staaten selbst als Lebensgemein schaft, aus NattrrÄrang, arrs Gemeinnot entstanden, sind mit den Menschen geboren. Ein staatSlvsts Voll gebt alsbald in Anarchie unter. Der Staat ist von Natur gewollte Lebensgemeinschaft und Schicksalsverbundenheit. Ehrfürchtig hat man mit ihm nmzugehen, seine geschichtliche Entwicklung, die organische Weiterentwicklung so«