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Sächsische Volkszeitung : 20.08.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192208206
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220820
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220820
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-08
- Tag 1922-08-20
-
Monat
1922-08
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.08.1922
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Sonnmg kr» 20. August 1022 Nr. 1VL. Seii« « Aus dem Tagebuch einer Romreife Kore» Ui I'»p.r, Rt. r»,n, >«wl, >emlsee, <-enr»n», t)»»t«l l-nuüolkv, XI>««uer»ev Wn genießen Rom in große»«, licjcn Zügen, denn bald unsere L.i'ridestundr. Als Ickten Ank-ft««g, au dessen Luo- siivrnng nur westen vielseitiger Schwicrlgkcilen gcziveijelt, errei- ,<xn n>ir doch nock) den Mt. Eavo. Ans der Ferne hat er uns ost lixtendgewinkt! Etidlich gehi ce- nun hinauf zu dem Berge im Alvanergebirge, uns dessen Gipset die Latiner im Jnpitertempel snr g!e-rreiche Feldzüge npferlcn! Der etwas trübe Himmel stört unsere Freude nicht. Das Fähnlein bringt uns aus der Stadt durch die ircinbepslanzle Ebene zum Gebirge. Schließlich schtvebt nur nach 2i. Peters K«»ppel am Himmel. Die gewaltigen Bogen der malerisch verfallenen Aqua Claudia ziehen mit uns, denn sie leiteten einstmals das Wasser vom Gebirge nach Rom. Der Zug windet sich hoher. Frascati! Der schöne Sonimercinfenthajlt der vornehmen Römer mit seinen lanb- und wasserreiche» Bil len. Bon hier erreichten wir aus einem anderen Ansflug das uralte Tnsculum, in dessen Amphitheater eine kleine Ruhepause sehr heiter verlief. Mit Silber scheinen die Bcrghänge über» spönnen durch das Blattwerk der Olive. lind diese köstlich frische Berglnsi, di« von den Höhen hcrniedrrstreicht! Immer höher kommen'wir und gelangen endlich mit einer steilen Bergbahn von Grotta Fcrrata nach Rocca di Papa. Ein kleiner Felscnort am Fuhr des ehemaligen Kraters Mt. Cavo. Steile Straßen lind Gäßchen geht es hinauf, und dann stehen wir in der freien Bergwelt und schauen hinab ans den kleinen Flecken und weit über die Ebene, bis unser Ange St. Peter saßt. Es ist klar und frisch geworden. Zufällig gelangen wir auf die Bia Triumphalis. Mit jedem Schritte ans den mächtigen Quadern ersteht die alte Zeit mit den Triumphzügen lebhaft vor »ns. Emporsteigend habe» wir auch einmal einen Blick anf den Albanersee, der klar heransl nchlct. Dichtes Bnschwcrk säumt den Weg. Je höher wir kommen, desto üppiger schasst die Natur. Und dann stehen nur obcnl Das Albancrgebirge verrät sofort seinen vulkanischen Ursprung, llekcrall schieben sich Spitzen und Kegel empor, so dein Blick ein bewegtes Bild gebend. Es ist, als ob inan in einem Bleer stünde und Wellen sich heben und senken. Groß engt Mt. Porzio auf, daun sicht »>au zwischen de» Bergen hin. durch einen Lrt anftanchcn, oder ist cS ein altes Römerkastcll? Tics unten ist ein Teil des AtbancrsceS sichtbar. In gerader Linie zieh! die Bia Nppia von Rom hinauf zu unserem Stand, und am Horizont liegt ein silbcrgraucr Streifen — das Meer. Mail spürt Ewigkeit und Weite und die Naturkräfte dieser Berge und versteht den Römer, der hier oben seinem Gotte diente. Bcrnbigend rauscht zu all dem überwältigend Großen die niäch- lige Korkeiche, die den Gipfel krönt. Ihr Acstedach schützt den Rest der alten Herrlichkeit: den Jnpiteraltcr. Auch Manerrcste -er früheren Einfassung findet man noch. — Anf der entgegen, qesetzlen Seile des Ausstieges von Rocca di Papa geht es hinab durch Wäldcr ton Narzisse». Es gibt immer Neues zum Stau ne». Einige Blumen werden gepflückt, sie sotten die erfreuen, sie all dies nicht erleben konnten. Sogar blühende Pfingstrosen entdecke ich und eigenartige Abarten unseres Knabenkrautes. All dies wüd draußen ans steinigem Boden zwischen Dornen gebüsch. Im Erinnern ist es mir, als ob ich noch seht den zar ten Dust der feinen Frühlingsblumen spüre. Noch eine Weile geh! cs kreuz und quer, dann merken wir, daß wir »»S ver laufe» haben. Wir wollen z» dem Dorfe Nemi. Aber den Weg dorthin z» sind«», ist gar schwer; denn cs gibt keinen. Hirten raten uns gestikulierend, nmzndrchen, aber llnternchmungSlust läßt uns weiterwand'rn. Wir sind plötzlich sehr tief abgcstiegen, die Spitze des Mt. Cavo ist weit ab, und auch den Ncmisee haben wir als DrienlicriiiigSpunkt verlöre». Ja, der Bädeker warnt nicht nmsenst. ohne Führer zu gehen? Durch die Wildnis berg auf, bergab, unter Korkeichen, durch fürchterliches Gestrüpp, über einen Zaun und eine saftig grüne Wiese — das war ein lustiger Weg! Aber mit dem Zaun kam auch die Menschennähe und endlich fanden wir den Weg nach Nein!, lind da tauchte es anf, das mächtige Kastell mit seinem dicken, runden Turm, die Häuser dicht nngeschimcgt. anf dem steilen Seerand emporragend. Die Sonne läßt den Ort leuchlen gegen die dunklen BcrgeS- wäldcr. Ter Ncmisee, ein rund ausgebrannter Krater, hat eine dunkle, wunderbar weiche Farbe und ist umsänmt von sanft ab- sallenden Hängen. Tie Seite, wo das Dorf Nemj liegt, ist ganz schroff. Ein geheimnisvoller Maierwinkel. Spaghetti und köst licher Landwcii! stärken uns von unseren Irrfahrten in einer echle» Lsteria. Ein paar Burschen vertreiben sich die Zeit mit melancholischen Melodien auf ihren Zupfinstrumenten. Frauen mit der blankgeschcnierten Concha. einem geschwungenen Wasscr- gefäß, das geschickt anf dem Kopfe getragen wird, kommen und gehen Wir brechen anf und ziehen weiter und erleben durch das Verschenk.» eines Heiligenbildes an ein Kind den urwüchsig sten Freudena 'Sbrnch der Mutter. Sie umklammert de» Spen der, und als sie auch ein Bildchen bekommen, kreischt sie vor Freude, daß, uns angst und bange wird. Auf einer lieblichen Wiese am Tee gelagert, liest einer der Bekannte» Verse über römische Weine, die so humorvoll sind, wie das köstliche Gewächs selbst, man braucht aber nicht unbedingt ein guter Kenner zu sei», um sie sa lobreich besingen zu können. Unten im See plätschert ein Boot, ein Trüppchen Pinien auf jenseitiger Höhe steht ansdinckSvost gegen den Himmel. Weiter geht es nach Gen- zano, wo wir deutlich das Meer am Horizont sehen. Dann nach Eastcl Gandolfo am Allxincrsce, der ebenfalls ein ausgebrannter Krater ist. Dort erleben wir den köstlichen vino santo und ein N'alnrschauspiel: Ans dem eliptischen Becken, mit kristallklarem Wasser und znin Teil schroffen, hohen Wänden, ersteht nach kur zem Regenschauer ei» doppelter Regenbogen. Selbst der dritte setzt schwach an. Dieses Farbcnspiel! Und dann, als das Ta geslicht schwindet, erglüht der Mt. Cava mit Rocca di Papa mattviolctt. Schneeweiß liegt Frascati und Tusciiliim in sei nen Bäumen. Das Abendrot vergeht und der Himmel über- wannt sich olivgrün. Ein Ster» geht ans. Roeea di Papa mit seinen stuscnförmig m die Felswand gebauten Häusern leuchtet mit seinen Lichtern wie ein WeihuachtSbaiim. Im Raitern der Eisenbahn kommt man zur Besinnung. Fern von den Orte» schöner Stunden wertet man erst das Erlebte. Gerhark Haupkmann Trübe Wetterwolken verdüstern abermals den politischen Horizont und folgenschwere außenpolitische Ereignisse rütteln von außen a» dem schwachen deutschen Wirtschaftskörper. Das deutsche Volk treibt in vcrzweiflungsvoller Erwartung einer immer dunkleren Zukunft entgegen. Der Herzschlag des Volkes ist wieder einmal von Fieberstimmung beschleunigt. Bis in die ärmste Hütte dringt das Wüten und verantwortungsvolle Ge baren der vermeintliche» „Machthaber" der Völkerschicksale. Und in dieses Klagen und die stille Verzweiflung mischt sich eine Freudenstimmung. Das gesamte deutsche Volk nimmt in diesen Tagen im Herzen teil an einem bedeutsamen, zu neuer Hoff» iwng stimmende» Ereignis, das. den Lärm des sorgenvollen Alltags übcrtöncnd, zeigt:TaS deutsche Volk hat noch eine Volks« scele, hat noch den Glauben an ei» eigenes Ich, an deutsche Eigenart und deutsche Geisteskraft. In Schlesiens Hauptstadt jubeln dieser Tage unzählige Herzen einem Manne zu, den man nicht mit Unrecht als den größten lebenden Dichter des deutschen Volkes verehrt. Unter Beteiligung des Reichspräsidenten und mehrerer Vertreter der Reichs, und preußischen Regierung fanden in Breslau die GerlMt-Haupimann-Jesispielc statt, um de» große» Sohn des Schlciierlondes zu ehren, der in diesem Jahre sein 6V. Lebensjahr vollendet, eine Frier, die nicht nur dem schlesische» Dichter gilt, sondern im ganzen dcutschen Vater, lande lebhaftesten Widerhall findet. Wer kennt ihn nicht aus irgend einem seiner weltbekannten Werte? Wer hat nicht voll Begeisterung die bckannlcsten seiner Schöps..:,ge» «Tic Weber", „Der Biberpelz", «Hanneles Him melfahrt" oder „Fuhrmann Hcntschel" milerlcbt'k Mag man auch in den großen Grundfragen des Lebens eine andere Aussai- sung vertreten, jo hindert das keinrcwegs daran, die geniale Ge staltungskraft des Dichters anzuerkenne» und zu bewundern. Versteht es doch Hanptmann, die Sorgen und Nöte und beson ders die Charakiere unserer Umwelt meisterhaft zu erfasse» »nd zu gesteigerter Kraft zu vereinen; es liegt in seiner naturalisti. scheu Art ein tiefer Zug unserer Zeit. — Und nicht zuletzt darum jubeln ihm heute weite Kreise zu, weil er es verstanden hat, das Volk in seinen Leiden nick» Sehnen in den Mittelpunkt der Hand, lung seiner Werke zu stellen! Die Festspiele in der imposanten Jahrhunderthalle in Breslau Ware» immerhin ei» Ereignis be. sonders für unsere Tage, mag auch die kritische Einschränkung nicht unbegründet sein: zuerst ein gesellschaftliches und in zweiter Linie erst ein künstlerisches! Auch in anderen Theatern der alten Oderstadt herrscht Gerhart Hauptmann. Einen besonderen Eindruck hat auf jede» Fall die schlichte Feier im altchrwürdige» Breslauer Rathaus hintcrlassen. Man möchte nur hoffe», daß jener Geist, der ans den Worten des Reichspräsidenten a» Haupt,»an» sprach, überall Beachtung finden möchte. Dan» ! /?eF/'/7Ä- j » » Z 7ÄF/tt/r S (////- a-ck/rek.' « >»» Notel urslenhok ° MMg NU» Ammer mit Kälte uns Warmwalser ZS vilüer kreise MWiA «onserenrtLIe a/Ze/'e/^/r /?a/rFx§ >1/7/'« t//rc/ we/'/e/'s -4Zt>a6Z/o/rck/r l5Z 2090 <>ZS t/H/- /rae/rz/MaFL.' F-L//»/--7ee /7i/r AI /ec/e/r «/rcZ /Te/ZaF.- VoT/ke/rme/- /?SF/'/7S-K«// /(//cZre ///r/Z/(eZZe/- po/r /?ü/Z 2294F, 2294< 229^ würde es in mancher Beziehung anders aussehcn. Oder wollen sich etwa alle Deutschen mit dem Gedanken befreunden, „daß wir so ziemlich alles, was wir sind, unserer Mutter Deutschland trotz alledem und alledem zu verdanken haben. Diese Mutter war immer da. Auch in der Zerrissenheit und politischen Spaltung Deutschlands war sie da, allgegenwärtig und unsterblich. Uno der einzelne ist. gegen sie gehalten, viel zu klein, viel zu abhängig von ihr, als daß er sich an die Brust schlagen und als etwas Besonderes, das heißt Abgesondertes, dünken könnte!" Mögen immerhin einer solchen Riesenveranstaltung wie den Breslauer Hauptmann-Fcstspielen viele Aeußerlichkeitcn und viel Schein anhaftcn. Mag man keineswegs mit allem vollkom men zufrieden sein. Erfreulich bleibt es immerhin, daß weite Kreise unseres Volkes sich auch einmal zu einer Feier zusam- mengefundcn haben, die keinen politischen Charakter trägt und eben ans diesem Grunde geeignet ist das viele Trennende zu überbrücken, Oel in die Wunden unseres kranken, zerfleischten Volkskörpers zu gießen. Heute mehr denn je brauchen wir auch solche Kräfte, die aus dem Volke und für das Volk geboren sind. Und wenn auch die schlimmsten Tage für unser Volk und Land noch vor uns liegen sollten, dann bleibt uns doch immerhin der Glaube an die deutsche Idee, den uns niemand rauben kann, wenn wir unk nicht selbst denseelben verscherzen. Deutsch, land als Idee, das ist Deutschlands Kraft. Eine Brockenfahrt Von Wolfgang Hillmann Noch strahlten die Sterne in vollem Glanze, und der Mond schaute friedlich herab auf die schlummernden Gefilde. Der harte Schall unserer Wanderschuhe allein unterbrach die Stille der Nacht. Der Ort Schierke war durcheilt. Das weiche Mondlicht spielte »m eine alte Mühle mit silbernen Lichtern. Nun noch ein Stück Fahrstraße, dann bogen wir rechts auf den Fußweg über das Eckerloch ab nach dem Brocken. Tiefer Wald nahm uns auf. Immer steiler und steiler mußten wir auf felsigen Pfaden emporklimmen und gute Fahrstraßen, den Bahnkörper der Brockenbahn und unzählige rasenbcwachsene Holzwege über, queren. Aufgescheucht huschen Rehe an uns vorüber. Mond und Sterne verblaßten allmählich. Nun erwachten di« ersten Vogelstimmen und einten sich wie in einer Fuge zum HhmnuS des Morgengebetes der weiten Schöpfung. Käuzchen flüchteten heiser rufend nach nächtlichem Nanbzuge zu ihrer ver, bovgenen Ruhestätte. Der Hochwald trat immer mehr zurück; immer kümmerlicher und zerzauster wurden die Tünnen. Eine kurze Strecke führte uns der Weg durch Gestrüpp und Felsblöcke, und daun standen wir auf dem Gipfel des sagenumwobenen Brockens. - Der wolkenlose Himmel gab »ns Gewähr sür^ einen Herr, Uchcn Lonncnansgang. Schon singertc» einzelne Tuahle» da-- Präludium zu dem vrginnende» Sckmnsi'icl. Rot und röter glül-ic» die Wollen. Immer »ene Soonrnstr-ihlcn strebte» ins lichter werdende Huiunelsblau, immer Heller, stammle» die Wolken, die über den, Horizonte lagerten, die letzten Lchleicr der sinkenden Nacht. Jetzt stieg die Sonne ganz taugjam, aber liegcs<cwij; empor. Die Lichtstrahlen wurde» immer breiter. Ei» brennend roter Fcuecvall stand ste am Firmamente. Noch snllten Morgenncbcl die schlummernden Talcr. Im strahlenden Neulnhl faltete,, sich unsere Hände. ,.1!»d meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande Als flöge sie nach HanS." Nun hielten wir kurze Rakt und schauten uns unsere Um gebung näher an. Tos große Hotel und der Aussichlsiurm ans de», Brockenplalca» erstrahlten in der ersten Morgcnsonnc. Fenchligkeitsincsser verschiedener Konstruktion «nd der surrende Windmesser erzählen »ns von dem Vorhandensein einer Wetter warte. In dem botanischen Gartrn werden Beobachtungen mit der Anpflanzung in- und ausländischer Gewächse in Höhe von 1142 Meter angestellt. Jetzt wolle» wir die Endstation der Brockcnbahn besehen. Ist auch zu dieser frühen Stunde hier noch keinerlei Verkehr, so wolle» wir »ns doch der Tüchtigkeit erfahrener Jngenicure erinnern, die dieses prachtvolle Verkehrs mittel schufen. Voit Hasserode ans erklettert die Brückenbahn in große» Kurve» das Vrockenfeld. Wuchtige Gcbirgslokomolivcn beson ders sinnreicher Konstruktion ermöglichen in völlig gesahrsreicr Weise den Betrieb. Sprengschnsse in irgend einem fernen Stein- brnche verralen, daß tief unter uns Menschen ihr schweres Tage werk beginnen. Aus den Schornsteinen der naheliegenden Ort. schäften steigt leicht gekräuselter Rauch ans. Verschwunden ist der Morgenncbei. Völlig klar und sichtig ist der Fernblick wohl noch nicht geworden. Dennoch lohnt ein Nundgang um den Rand des BrockcnfeldeS. Besonders deutlich sehen wir die allen Städte Quedlinburg, Halbcrstadt, dann Wernigerode und Jlsenburg. Das Berghotel Stöberhäi erglänzt zwischen grünblauen Tannen wäldern. Noch viele hcrzcrhebcnde Schönheiten läßt nnS der junge Tag hier schaue». Dankesgefnhl gegen den gütigen Schöp fer der wonnigen Natur erwacht und das Glncksbewnßtsein, daß wir eine Brockcnfahrt genießen konnten, wie sie nicht jedem Harzrcisendc» beschicken ist. Bergab wandertc» wir weiter aus der Steinernen Nenne nach Wernigerode zu. Der Vater Brocken schwand immer mehr ans unsere» Blicken. Tie Erinnerung a» das Erlebte aber wird wach bleiben und mit ihm die llcherzeugniig: Nichts ist geeig neter. die Liebe zun, Vaterlands und zur Heimat zu entflam men,'als frohe Wanderfahrt mit Gleichgesinnten auf Schnsterz Rappe»! Das große Aerienkind Von A. von Noeder-Hofs (Nachdruck verbalen.) Die Ferien waren gekommen, wie ein schöner Tram» kommt, wenn die Müdigkeit des HalbschlummcrS unversehens ausmündet in friedvolle», Schlaf, der erquickend sich über dich senkt. Eva Unleith stand plötzlich mitten in ihnen. Als sie den braunpolierten Holzdeckel über ihre Schreib- Maschine gestülpt hatte und das schwarzlackicrle harthämmerw'e Ungetüm mit den glänzend-kühlen Nickelleiste» verhüllt und zur Ruhe gezwungen war, als sie mit fraulicher Sorgfalt den klei nen Tisch geordnet hatte, fiel die starr-sachliche Form des Bn- rcaudaseins unmerklich gleitend ab, und als sie dann mit nnge- schäftigcn Schritten durch die blinkende Angnstsonne nach Hanse ging, war ihr der späte Nachmittag wie ein leuchtender Morgen. Zuhause in ihrer Jungmädelstubc saß sie zuerst eine ganze Weile, die Kriege, schmale und weiße Hand still aus dein Schoß, und schaute über die Dächer und Straßen hinaus in den rot- aufbrennenden Abend. Sie war so froh im Herzen und ein wenig im Gemüt angerührt, so als sie auch weinen müsse. Tann zog sie ihr weißes duftiges Kleid an. Jetzt erst sah sie, daß frische Blumen in der Vase auf den, Tische steckten — weiße, üppige Nelken, die duftschwer ihre Blu menseele verschwendeten. Mit stillem Erstaunen ging sie an den feinen Sirauß heran, mit einem ungeglaubtc» glückvollen Wislen. Und das Kärtchen zwischen den blühenden Kelchen grüßie von dem ernsten Freunde irgendwo am anderen Ende der gro ßen, lärmenden Stadt, mit dem ihr Weg sie manch»,al zusam menführte in gemeinsam bekannter Familie. Sprach das Kärtchen davon, daß die Bureaulust ihre Wan gen blaß gemacht und die feine weiße Hand nervös; daß irgend wo im stillen Städtchen eine güterreiche alte Frau — seine Mut ter — ein stilles Zimmer bereitet habe für ein müdes Ferieniind, sprach davon, daß der Frühzug morgen die Ferienreise eröffnen werde, wenn Eva cs wünsche; daß der Freund gerade ans dem Nachtdienste im Krankenhause, gerade aus dem unbehaglichen Aerztezimmer heraus zun, Frtthzug kommen würde, um zu schauen, ob das Ferienkind für ärztliche Vorschriften folgsam sei. Eva Unleith saß auf de», alten Plüschsofa und hielt die Vase mit den lieben weißen Nelken in den Händen. Ihr Antlitz glühte in seliger, herzcnsheiinlicher Freude. Däminermig hüllte sie und ihr Zimmerchen ein. Abenddunkel. Und ihre Jubclfreude stieg in den Eisenbahiizüg, flog in die Stille zu einer güterrcichen alten Frau; hakte hinier den hohen KrankenhauSfcnstern und schaute nach dem ernsten Manne, der in ärztlicher Pflichterfüllung Nachtdienst tat; gncklc crnch mit schelmisch-schadenfrohen Spottblickcn unter den Schutzkasten ihrer Schreibmaschine, aber ganz behutsam, damit das kleine, harte, blitzende Tiec nicht aufwcrche, ja nicht! Ueberall Ferien vom Alltag — Ferien, so Gott will, für eine neue Lebensform! Die Nelken dufteten schwer und süß. Das im Alltag müde gehetzte Mädchenbcrz hämmerte in Seligkeit — FerienI Etwas von den Vornamen Man liest jetzt häufig in Geburtsanzeigen sonderbare Vor- »amc». Ich kann mir nicht helfen: manchmal denke ich, so oder so hätte man ebenso gut ein Pferd oder ein Flugzeug nenne» können. Ich meine, die Eltern, denen Gott ein Kind schenkt, gehen bei der Auswahl des Namens allzu ost von rein äußer lichen Erwägungen aus. Daß man eine gewisse Scheu verspürt auffallende Namen auszusuchen, ist begreislich. Ein Mensch, der HermogeneS oder Pantoleon heißt, wird unwillkürlich ein bißchen neugierig und ein bißchen kritisch betrachtet, und das vcr- trägt nicht jeder. Auch Vornamen wie Aristides oder Siegfried erscheinen uns schon etwas bedenklich. Denkt euch einen biede ren Schneider, der seine Rechnungen als Siegfried Lehmann quittiertI Gewiß, man gewöhnt sich an alles, aber bedächtige Eltern können ihren Kindern viel Acrger ersparen, wenn fi- ihnen Namen geben, die sie in jedem Falle aiuch tragen können, die aber weder eine Last, noch eine Dekoration sind, noch wi« ein schlecht sitzendes Getvand um ihren Träger herumschlappen oder ihn einschnüren. Man braucht auch nicht unbedingt die Namen der Paten wie ein unveräußerliches Recht zu hüten. Es kann ganz hübsch klingen» wenn Großvater. Vater und Nohn denselben Vornamen führen, aber wenn jemand es eintönig oder ärmlich findet, so läßt sich auch diese Auffassung gewiß verteidigen. Mannigfaltigkeit, Abwechslung ist also sicherlich kein Fehler. Man sollte sich nur immer etwas denken, bevor man sich auf den Namen seines Kindes festleyt. Ein Mädchen, das den Namen Cäcilia führt, kann sinnier mit Freude und Ver trauen der Heiligen gedenken, die seit dem christlichen Altertum als Schützer!» der Musik gefeiert wird. Mancher Name aber erinnert weder an einen Heiligen, noch an eine andere große Persönlichkeit, sondern ist nichts als Mode, auch wenn er geteilt oder mit einem Bindestrich ausgezeichnet ist. Es besteht die Möglichkeit, daß eine spätere Generation ihn mit Vorliebe' Rasse hunden oder Rennpferden verleiht. Das ist dann ärgerlich.
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