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Nr. L»» 21. Jahrg. Fernsprecher: , Rrdaktiön 32723 - Geschäftsstelle 32727 Postscheckkonto: Dresden Str. 14707 Sonntag, 20. August 1022 Redaktion und Geschäftsstelle; Dresden-«. 16, Holbeinstraße 4« voikrenima - . - - tMeUenacbübr: Mr Selvltabholer S bei Ucberiendinig durl > SW r- SSL- -"« »ü lm ,.-da>»°„ellen Teil. SS mm breit. »S X. Für In,erat« mit b«,anderer Pl-Ae-nng,. t'de «e^mn« , -i.lgea^en. «n,e.gen >>^«.u„ni„„.i:—«uk>i na«». NI»!-u.drülM»»urülkderlanatiund l Für undeutli» gelchried«« lowie -UI», u Llll-» nichl übernehmen. Annahme d»n «e,chü,tr<m»»Igen bi» 1» Tagesschau Die erste «erhandln»» der Vertreter der ReParatlonSkow- Mission mit dem Reichskanzler Dr. Wirth wird bereits für Montag angrsagt. Poincarö wirb am Sonntag Paris verlassen, um sich nach Meuze zu begeben, wo er das Gefallenendenkmal einweihen wird. Bcthsen überreichte dem Völkerbünde eine Bittschrift der «ngarischen Regierung, in der um die Zulassung Ungarns zum Völkerbund gebeten wird. Der MieSbacher Anzeiger wurde auf 10 Tage wegen seines Artikels über den angeblichen Umfall der bayerischen Negierung gegenüber den Fordernngen des Reiches verboten. In Gegenwart des Reichspräsidenten wurde Freitag vor mittag in der Hamburger Universität der Internationale Wrlt- wtrtschaftskongreh eröffnet. Tatsachen! Ipounk Nllyis nonvenvlger ,el als stählerne Nerven e Geduld. Geduld, um zur rechten Zeit mit rn Mitteln mchvarten zu können, aber nicht »los nach seinen Gefühlen und Stimmungen, wie Am Rheinland und Auhrgebiet Endlich einmal scheint der Kanzler den »richtigen" Ton ge troffen zu haben! Selbst diejenigen Stimmen, die an dem Kurse unserer Außenpolitik stets etwas auszusetzen wissen, ver mögen diesmal gegen die markanten Worte des Reichskanzler? nicht miznkcunpfen. Endlich habe Dr. Wirth einmal der Welt Tatsachen, bitterernste Tatsachen vorgehalten und er habe aufgehört, „an Recht und Gerechtigkeit" und an „Senti- ments" zu appellieren. Und daraus folgert man in gewissen Kreisen, weil einem das nun einnial ins Programm paßt: End lich der Zusammenbruch der „Erfüllungspolitik", der ja von An- sang an Kampf bis aufs Messer galt, derentwegen man die Regierung bekämpft und herabsetzte. Und heute tritt der ver- antwortliche Leiter unserer Politik selbst vor die Welt und ver kündet klar und unzweideutig: „Was wirtschaftlich unmöglich sei, »nüsse von selbst zusammenbrechen. Erst Brot für unser Volk — und dann Reparationen!" — Haben wir etwa damit unseren außenpolitischen Kurs gewechselt? Hat sich die bisherige Politik der Regierung Wirth, die vielbefehdete Erfüllungspolitik wirk lich als eitler Wahn, als törichter Irrweg erwiesen und schmäh lich bankrott gemacht? Stehen wir heute etwa an einem Wende punkt unserer außenpolitischen Einstellung, wo wir resigniert be kennen müssen, aller gute Wille war umsonst, war Unsinn? Die Tatsachen, die der Kanzler jetzt der Welt und den Feinden borhält, hätten wir schon lange in die Welt hinausschreien müs sen, und es wäre manches anders gekommen. Phrasen und nichts als Phrasen! — Daß unsere bisherige Außenpolitik der einzig mögliche Weg war, beweist schon die Tat- fache, daß die Wort« des deutschen Reichskanzlers an das Welt- gewissen in der Tat heute in aller Welt ernste Beachtung finden. Änd was Dr. Wirth heute der Welt an Tatsachen vorzulegen ver- mag, das sind auch wirklich Tatsachen, an denen kein Jota ent- kräftet werden kann, weil sie der unverrückbare Gang der Zeit geschichte in die Hauptbücher der einzelnen Nationen eingetragen hat. Durch die strenge Befolgung dieses einzig gangbaren WogeS sind die an sich tief traurigen und folgenschweren Ereig nisse der letzten Zeit zu Aktivposten für uns geworden, die wir heute mit Gewicht in die Wagschale der großen Entscheidungen der Ententemächte zu werfen vermögen. Noch vor Jahresfrist hätte man auf derlei „Tatsachen" überhaupt nicht reagiert. Es waren eben damals für das Ausland noch keine Tatsachen, son» dern nur Vermutungen. Möglichkeiten, die eintretcn könnten oder auch nicht, um die man sich wenig zu scheren brauchte, solange man sie nicht tatsächlich am eigenen Leibe zu spüren bekam. Oder gibt es immer noch so gutgläubige Leute, die eben mit Tatsachen nicht zu rechnen verstehen und daher glauben; man könne durch lautes Gekreische oder durch den Brustton der Ueber- zeugung tue verbitterten und verbohrten Hirne der von sicges- berauschten Massen abhängigen Staatsmänner zur Vernunft bringen? Nein, erst muß die rauhe Wirklichkeit mit ihrer eiser- neu Konsequenz den großen Massen jener unbelehrbaren Natio nen die Vernunft abtrotzen, muß durch die bittere Lehre eigener Erfahrungen, die auch kn London uns Paris Scharen von Ar- «eitSlosen die Not am eigenen Leibe verspüren läßt, jedem ein- zelnen und dadurch dem Verstände ganzer Völker begreiflich machen, >va» eS heißt, in sarkastischer Verblendung und Unver- nunft und in trunkenem Siegeswahne den Versuch zu machen, die ganze Welt auf den Kopf zu stellen. — Wenn heute der Reichskanzler vor den Vertretern der bedeutendsten ausländischen Zeitungen seine auf unleugbare Tatsachen gegründeten Ausfüh rungen macht, und wenn heute über den großen Weltzeitungen Englands und Frankreichs in fetten Lettern diese Kanzterworte stehen: „Erft Brot — dann Reparationen!", dann können seine Ausführungen ihre Wirkung nicht verfehlen! Alles zu seiner Zettl Das gilt in besonderem Maße für die Politik. Dr. Wirt hat mehr als einmal in seinen Reden betont, daß gerade für unsere Außenpolitik nichts notwendiger sei als stählerne Nerven und ungeheure Geduld. " ' - - den rechten ziel- und planlos . . , man es gern haben möchte, im Finstern herumzutappen I Nur unserer besonneren Politik ist es zu verdanken, wenn so manche Antipathien neutraler und auch feindlicher Staaten verschwunden, ja zum Teil in Sympathien umgeschlagen sind, und wenn Frankreich mit seiner Europa dem Ruin eniyegenführenden Rachepolitik immer mehr als der eigentliche Störenfried und Hintertreiber des Weltfriedens erkannt wird. Auf das Konto unserer bisherigen, auf den Tatsachen fußenden Vernunftpolitik ist es zu setzen, wenn sich heute in Italien Stimmen für Son. derberhandlungen mit Deutschland rühren. Wir haben vom Ausland kein Mitleid und keine Humanitätsgefühle zu erwarten. Aber wenn der verantwortliche Leiter eines 60-Millionenvolkes der Welt zurufen kann, wir stehen o« Grabe Europas, das die Kriegsmächte ebenso wie die Neutralen zu verschlingen droht — denn hier gibt es reine Neutralitätserklärung mehr — dann muß die Welt aufhorchen. Und wenn nach dem Abbruch der Londoner Konferenz,Wieder, einmal eine furchtbare Krise.heraufbeschworen' Die Antwort der Alliierten Berlin, 18. August. Die britisch- Regierung hat der deutschen Botschaft in London gestern folgende gemeinsame Antwort der Alliierten auf die deutsche Note vom 14. v, M. nntgeteilt: Hinsichtlich der Barzahlungen, die von Deutschland auf Grund der Abschnitte 3 und 4 der wirtschaftlichen Bestimmungen ge chuldet werden, beabsichtigen die alliierten Regierungen die Zahlung ver zwei Millionen Pfund, die am 1. August geschuldet werden, binnen vier Wochen von diesem Tage an zu sordern. Von diesem Tage an beabsichtigen sie das Abkommen vom IV.Jnni 1921 zu kündigen und Schritte zu tun. um einzeln mit der deutschen Regierung Abmachungen über die Regelung aller Salden zu treffen, die ihnen «uf Grund der wirtschaftliche« Bestimmungen geschuldet «erden. Diese Abmachungen sollen der Reparationskommission zur Einverständniserklärung unterbreitet werden. Anmerkung de- W.T.: „Au, der Note ergibt sich, daß auf dem Gebiete der Ausgleichszahlungen usw. weitere Barzahlungen von der deutfche« Regierung bis Mitte September nicht gefordert werden." , , Doch dürfte diese Anmerkung nicht den Tatsachen entsprechen, da die deutsche Regierung am 1b. August für Ausgleichszahlungen nur die Summe von 500000 Pfund überwiesen hat, sodaß an der fälligen Gesamtsumme von 2 Millionen Pfund noch IbMlXXI fehlen, die also bis Mitte September noch von Deutschland ge. fordert werden. Die Verhandlungen der Reparationskommisfion Paris, 18. August. Die Entscheidung der Neparationskmn- Mission in der MoratorinmSfrage wird wahrscheinlich bis l-nd« dieses Monats aus sich warten lassen. Mit der Ab send ung einer Kommission nach Berlin kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit rechnen. Welchen Zweck die Absendung der Kommission nach Berlin verfolgt, läßt sich aber nicht sagen. Genügend Material, um die Finanz- und Wirtschaftslage zu kennen, befindet sich in dem 3000 Seiten umfassenden Bericht des GarantiekomiteeS. Die Pause in den Beratungen der Neparationskommission soll dazu dienen, einem Kompromiß den Wog zu ebnen. Poin- carü läßt erklären, daß er von einein Kompromiß nichts wissen wolle, und man hat sich nun in Frankreich die Anschauung zu recht gelegt, daß dieses Kompromiß von Deutschland vorgeschla- qen werden müsse. Wenn Frankreich und England miteinander in Konflikt stehen, soll Deutschland Vorschläge machen, die ins besondere geeignet wären, dre französischen Bedürfnisse zu be friedigen. Wird aber dieses Kompromiß von Deutschland nicht ln einer den französischen Wünschen geeigneten Weise beantragt werden, so läßt Poincarö heute zum ersten Male rundweg verkünden, daß er das Ruhrgebiet innerhalb 48 Stunden besetzen würbe. worden ist, wenn der Markkurs unter den Famstschlägen inS Antlitz der Vernunft wie rasend abwärts gleitet, so bleibt es dennoch zu bedenken, daß sich Frankreich nicht mehr eins fühlt mit seinem englischen Verbündeten, und daß es in seiner Hand lungsfreiheit zumindest stark beschränkt ist durch die Rücksicht nahme auf sein Verhältnis zu den anderen Großmächten. Was die Zukunft in ihrem dunklen Schoße birgt, wissen wir nicht! Unsere Außenpolitik bat auf jeden Fall ihr T:.> kaz» beigetragen, die unglückselige Atmosphäre des gegenwärtigen Mißtrauens der Nationen zu entgift-n. und n cht imm-r neue Drachensaat zu säen, die fortzeuqrnd Böses gebären muß, wie cs Frankreich noch heute durch sein.e Retorsionen gegen die wehrlose auch die noue Phase des Marksturzes uns die Erschütterung Untergrabung der deutschen Wirtschaft der Unvernunft Einhalt gebieten wird? Die Zukunft liegt dunkel und undurchdringbar vor uns. Dennoch weg mit pessimistischer Verstimmung! Es gibt für uns nur einen einzigen Weg, den Weg der Vernunft, die mit allen den vorhandenen Tatsachen rechnet — mit unserer wirtschaftlichen, sozialen und militärischen Ohnmacht — und man sollte meinen, daß sich darauf das gesamte deutsche Volk zusammenfinden sollte, um unter Verzicht ans alle kleinlichen innerpolitischen Sonderwünsche die Einheit des Reiches zu wahren. Die Politik, die man mit Rocht von unseren Gegnern verlangt, muß erst recht die Grundlage unseres eigenen Staats- Wesens bilden: Die Politik der Vernunft! Deutsches Reich Die Delegierten für Berlin Amtlich wird gemeldet: Wie wir erfahren, werden Sir John vradbuiy, da» erste englische Mitglied der Reparaiion»kommission, und Herr Manclöre. der Präsident de» Carantiekomitee» und zweiter sranzöstscher Delegierter in der Reparationikommisflon, Anfang nächster Woche zu Besprechungen mit de» deutsche» Regierung über die Repa- ratiouSsrage in Berlin eintreffen. Das Reich und Bayern und der Widerspruch der bäurische« «artelen - rb, „ ... , „ litionSparteien gefordert werden, nicht notwendig er weiteren Kenzesssonen könnte sich die Berliner Regier» stehen, im Gegenteil verlangt sie, daß die bauri" ,einen. Zu nicht ver- erordnnng Als Zweck dieser Maßnahme wird angegeben, daß man auf di, deutschen Industriellen einen Druck ausüben wolle. Das ^,our. nal und Echo de Paris verkünden am deutlichsten die Absicht PoincaröS. Wenn er in der Neparat'onsromm'sswn nicht rech, bekäme, oder wenn Deutschland nicht solche produktiven P,ander anböte, die Poincar« genügend erscheinen, so werde kurzerhand das Ruhrgobiet besetzt werden. Hier»», schreckt das Journal, brauche man weder die Einberufung des Parlaments, das der Regierung bereits sein Vertrauen ausgesprochen habe, und man wird auch keine französischen Truppen brauchen, da bereits alle Gruppen, die man zu dieser Expedition benötige, an Ort und Stolle versammelt seien. Im Besitz von Nnyrort und Duisburg sei es leicht, die hauptsächlichsten AnSgangshäfen und Beebin- dnngsniittelpiunkte zu besetze», wobei auch, wie das Journal schreibt, „die Festung der deutschen Großindustrie" in französische Hände geriete. Irgendwelche Beeinträchtigung bei der Kohlenlieferung solle nicht erfolgen, weil Frankreich aus dieser Nutzen ziehen will. Aber durch diese Unternehmung wür- den die Deutschen ersehen, daß die Zeit für kleinliche Abmachun gen mit London vorüber sei und daß die ReparaiionSsrage direkt zwischen Paris und Berlin geregelt werden müsse. In demselben Sinne sind die Ausführungen des Echo de Paris gehalten, das erklärt, daß die militärische Besetzung nicht genügen könne, sondern daß man nunmehr auch an eine wirtschaftliche Besetzung des linken NheinuferS und der Ausgänge des Ruhrgebietes denken müsse. Die WirtschaftSbesctznng müsse die deutschen Indu striellen zu einer praktischen Zusammenarbeit mit den Fran zosen bewegen und das erste Ziel für die Zusammenarbeit sei die Bezahlung der Reparationen. Die Wirtschaftsbesetzung würde erst aufhören, sobald die deut schen Zahlungen etwas regelmäßiger geworden seien. Die Belgier sind in ihrer Weise um ein Kompromiß be müht. Sie erklären, daß es für das große Neparationsproblem nnr eine Lösung gäbe, nämlich eine internationale Anleihe, der aber eine Anullierung der alliierten Schulden vorausgehen müsse. Die Belgier wünschen, daß so bald wie möglich eine neue Kon ferenz zusammentritt, in der diese beiden Fragen erörtert werden sollen. Der englische Vertreter in der Neparationskommission, John Bradbury, dementiert die Nachricht über seine Demiss.ons. abjichten. Der stellvertretende amerikanische Delegierte in ver Re- parationnskommission, Oberst James Logan, nimmt nicht ein mal offiziös an de» gegenwärtigen Beratungen der Reparatckns- kommission teil. Differenz mit dem Reiche wetterzutragen beabsichtigen, und hofft, daß es der bayrischen Regierung gelingt, sich doch durchzusetzen und die Bereinbarungen mit dem Reiche durchzuführen. Reise bayerischer Minister nach Berlin Berlin» IS. August. Wie das Berliner Tageblatt erfährt, treffen am Sonnabend zwei Vertreter der bayerischen Regierung tn Berlin ein, um noch einmal mit der Retchsregterung über das Ber liner Protokoll zu verhandeln. Bet diesen Verhandlungen handelt eS sich lediglich um eine Rücksprache der bayrischen Regterungsver« treter mit den Vertretern des Reiches, nicht um neue direkte Ver handlungen. Sowohl in maßgebenden Berliner und Münchener Krrtsen ist man der Ansicht, daß die Verhandlungen zu etnem günstigen Ergebnis führen und die bayerische Regierung in de» nächsten Tagen di« Notverordnung aufheben wird. Penstonsansprüche ehemaliger Fürsten Bei dem neu geschaffenen NeichSpensionSamt haben auch drei frühere fürstliche Persönlichkeiten sich um eine Militär- Pension bcworbm. Der frühere Herzog Georg von Meiningen Vcanfpvucht eine Pension als Generalinspekteur, das PensionS- amt hat diesen Anspruch aber abgewiesen. Ferner hat der frühere Prinz Oskar von Preußen Beschwerde darüber geführt, daß er sein Gehalt als Brigadekommandeur für die letzten drei Monate des Jahres 1918 nicht erhalten habe. Auch der frühere Kronprinz Rupprecht von Bayern beansprucht eine Pension als Generaloberst. Die Heraufsetzmrg der Betficherungsgrenze für Angestellte beantragt Der Vorwärts berichtet, daß der Zentralverband der Ange stellten mit den übrigen Afa-Verbänden in einer Eingabe an das RcichsarbeitSminisierimn unter Hinweis auf die fortschrei tende Geldentwertung gebeten hat, auf dem Verordnungswege di« Erhöhung der VersicherungSgrenze vorzunehmen. In der Eingccke wird eine Heraüfsetzung der Krankenversicherungspslicht von 72 OVO M. auf 900 000 M. und der Bersicherungspflicht» grenze in der Angestellterckersicherung von 100 000 M. auf eben, falls 300 000 M. beantragt. Franke Schokokadr 1 silrgt fär Qualität > ' Dresdens., Prießnihstraße 44—49 ^