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eingehakten wurden, ist selbstverständlich: im übrigen ent halt der Vertrag teils Zollermäßigungen, teils Erhöhungen gegenüber dein seitherigen. Deutschland hat sich das Recht gewahrt, den russiscl-cn Zucker unter bestimmten Voraus setzungen mit einem Zollzuschlag zu belegen, was unsere deutschen Rübenbauer sehr gerne hören werden. Der rumänische Vertrag lehnt die von Nu- mänien gewünschte Veterinärkonvention ab: seinen hohen Zoll für Jndnstrieprodukte hat Rumänien nicht wesentlich ermäßigt: aber Deutschland blieb ebenso hart in den land wirtschaftlichen Zöllen. Wir haben hier einen Vertrag vor uns, der zwischen zwei Staaten mit hochgespanntem Tarif abgeschlossen wurde. Der Vertrag mit der Schweiz bringt in erster Linie eine Neuregelung des Veredelnngsverkehrs, cs sind alle jene (Gegenstände anfgezählt, die zum zollfreien Veredelnngs- verkehr zngelassen worden sind. Tie Einschränkung des Veredelnngsverkehrs znm Zivecke des Vestickens von Ge weben, die ans der Schweiz und nach bestimmten süddeutschen Bezirken zngelassen werden soll, entspricht einem dringenden Wunsche der sächsisclxm Stickerei-Industrie, Für Käse ist der seitherige Tarifsatz beibehalten: die deutsche Konfektions industrie muß etwas höhere Zölle übernehmen: dagegen ist es gelungen, die hohen Sätze des schweizerische» Tarifes für Lederwaren rcrht erheblich zu reduzieren! Heber den serbischen Vertrag, der schon beim Abschluß wenig Schwierigkeiten machte, ist nur wenig mit- geteilt: in den .Kernsrngen handelt es sich nin die Beibe haltung der bestehenden Sätze. LrtzrerBertxied im, S«chsen. Drkodrn. tim 11. d. M. hielt der hiesige katholische Lehrerverein seine Janiiarsitznng ab. Ter erste Vorsitzende gab einen anssührlichen Bericht über die Vertreterversanim- lung des katholischen Lchrerverbandes vom 2!). Dezember 1W1. Verschiedene innere Angelegenheiten wurden noch er ledigt. Am 21. Januar feierte der Verein im Saale des Hotel Neibeholz sein 17». Stiftungsfest. Hatten die Vercins- sitznngen des Jahres de» Zweck, die Mitglieder im beruflichen Wissen und Können sortznbilden, so galt es hier, dem Ernste des Lebens ans einige Stunden Valet zu sagen. Gesangs und Jnstrnnientalvorträge wechselten mit einer Reihe humo ristischer Vorführungen, und nur gar zu schnell neigte sich der Abend der Freude znm Morgen der Arbeit. l'. Leipzig. Tie katholische Lehrersclmst Leipzigs ist im glücklichen Besitz einer eminent sozialen Einrichtung, näm lich einer Krankenkasse und einer Sterbekasse. Diese Ein richtung sah mit Ablauf des Jahres 1W1 ans eine Ist jäh rige Vergangenheit zurück. Mit sichtlicher Genngtnnng blickten am Tage der Generalversammlung die Organisato reil ans die mit Gottes Hilfe so glänzend verlansene Ent Wickelung ihrer Schöpfung zurück. Ans dem Legat einer unvergeßlichen Wohltäterin wurde die Krankenkasse be gründet, ans deren Ueberschnß der Sterbesonds, die Sterbe kasse ins Leben trat. Ans dem Jahresberichte sei folgendes mitgeteilt: Gesamtvermögen: 171 l!,17 Mark. Krankenkasse davon: 2X12.W Mark, Sterbekasse Mark. Ueber- sckmß pro Iltlil: :! Ik),2l> Mark. Ans dem Ueberschnß erfolgt nun jährlich die gleichmäßige Stärkung der Krankenkasse, sowie der Sterbekasse. Bezüglich der Mitgliederzahl ist zu erwähnen, daß noch lange nicht alle werten Kollegen sich der Kasse angeschlossen haben, sich also der Wohltat dieser so zialen Einrichtung begeben. Geb's Gott, daß sie selbst nicht einmal in Selbstvorwürfen es bereuen. Wie viel Tränen sind erspart geblieben, wie viel lähmende Sorge brauchte nicht verkostet werden, als vor Jahren das Schicksal einmal tief im Kollegium einschnittl Das ist eben sozial, nicht Egoismus, sondern Altruismus zu üben. Wären alle Mit glieder an der Kasse beteiligt, so wäre Aussicht — schwere Krankheits- und viele Sterbefälle abgesehen — die Leistun gen der Kasse wenigstens um 50 Prozent zu steigern. Der diesjährige Ueberschnß, so günstig wie nie zuvor, beweist eben, daß durch Gottes Gnadenbeistand sich alle Mitglieder guter Gesundheit zu erfreuen hatten. Ter Jahresbericht schließt darum mit der zuversichtlichen Hoffnung, daß auch im kommenden Jahre die göttliche Vorsehung über die Kasse und deren Mitglieder gnädig walten möge. Aus den Beschlüssen der letzten Generalversammlung sei noch mit- geteilt, daß man im Hinblick auf den Stand der beiden Kassen an eine zeitgemäße Erhöhung des wöchentlichen Krankengeldes wie des Sterbegeldes hcrantreten will. Die definitive Beschlußfassung über letzteres bleibt einer in Bälde einznbernfenden neuen Generalversammlung Vorbe halten. Noch eines Gedankens sei hier Ausdruck gegeben: ..Möchten doch die verehrlichen Lehrerkollegien, bei denen etnxis ähnliches nicht besteht, die Gründung dieser sozialen Einrichtung ins Auge fassen." Wer hätte heutzutage so etwas nicht nötig? In Fällen dev Not aber tritt die Frage heran: „Wie hast du vorgesorgt?" Nack) fremder Hilfe rufen ist leicht. Nein, „Hilf dir selbst, so Hilst dir Gott!" Und eine .Krankenkasse und Sterbekasse, ans einer Gemeinschaft bervorgegangen, ist Selbsthilfe. Vermischtes. V ueber dieAnkunft des Generals Stös - s e l mit seiner Frau und mehreren Offizieren in Saigon wird gemeldet: Eine große Menschenmenge war bei der Ankunft zugegen und begrüßte sie mit Shmpathiekund- gcbnngen: besonders herzlich war die Begrüßung Stößels durch den Kommandanten des russischen Kreuzers „Tiana". Ans der Zeit der Belagerung Port Arthurs erzählten die rnmschen Offiziere folgendes: In den beiden letzten Mo naten konnte der Festung kein frischer Proviant mehr zn- gesührt werden: der Fall Port Arthurs ist dem Mangel an Lebensmitteln. Munition und Medikamenten znznschreiben: znm Verbinden der Verwundeten mußten sogar Tansasern verwendet werden; ein Huhn kostete 20, eine Gans 00, ein Schwein 300 Rubel. General Stößel wurde nur einmal verwundet, und zwar durch eine Kugel am Kopf. Der General, der dem korrekten Verhalten der Japaner bei der Uebergabe der Festung volle Anerkennung zollte, äußerte, er sei voller Zuversicht, daß die Rußen in dem Kriege schließ lich doch obsiegen würden; er hält eine Verständigung zwi schen den Kriegführenden für möglich. Ans den Aenßernn- gen der russischen Offiziere scheint hervorzngeben, daß zwi schen den Führern der russischen Land- und Seestreitkräfte in Port Arthur tiefgehende Meinungsverschiedenheiten be standen. io wurde erzählt, daß eine Ausfahrt des Geschwa ders ohne Stößels Zustimmung stattgefnnden habe. Tie Seele der Verteidigung, so äußerte Stößel, sei General Kondrateuko gewesen. Unter den Truppen habe Skorbut in schrecklicher Weise geherrscht; etwa 17 000 Mann seien davon befallen worden. Zur Zeit der Kapitulation sei die Festung von unerträglichem Geruch erfüllt getvesen. 30. J«n. Ur«4«>4e»Pretse in Dresden. Wetter: Regnerisch. Stimmung: Ruhig. Weizen, weißer, alter 180—183 brauner, alter 78—78 les . branu.-r, neuer 78—78 icg; 174—178, russischer, rot 10« bis 187. d». weißer 185-800 amerikua. Kansas , argentin. 181—800. Roggen, sächsischer, aller 74—76 !rL- , do, neuer 74—78 «iß 140-142, do preußischer, neuer >40—145, do. russischer Gerste, sächsische 165—173, schlesische und Pasener 165 bis >80, böhmische und mährische 185 2<>5, Furlerzerste 128—140. Hafer, sächjncher. alter —, neuer 147—tül, schlesischer . russischer 141—141, Mais. Einquaniine 175- 180. La Plata, gelber 130 —133, «meritem mixed 137 — 140, Rüdöl pr» 106 lcg nett» mit Faß. raffiniertes 40.00. Rapskuchen pro 100 Dresdner Marken, lange 12.50, runde 12,00. Leinkuchen pro lOO srx: Dresdner Marken I. 16.50, 11.15,50. Weizenmehl pro 100 tr,-netto ohne Sack iDresd Martens: Kaiserauszug 30,50—31,00, GrieslerauSzug 28,00 bi» 20.50. Semmelmehl 28,<)0—28,50. «äckermuiidinehl28.50-27,00, GrieSlermundmehl 18 50- 20,00, Pohlmehl 15.56-16,00, Roggen mehl pro IlX) tcx netto ohne Sack IDreSdner Martens: Nr. 9 22,00 -22 50, Nr, 0 1 21.00—21.50, Nr, 1 20.00 -20,50. Nr. ti 17,00 -18,00, Nr. 3 15,00—16.00. Futtermehl 12,80-13,40. Weizem> kleie grobe 10,80 -11,00 feine >0,60—14.30. :8oggenkleie 11,60 bis 11,80. Die für Artikel pro >00 notierten Preise verstehen sich für Geschäfte unter 5000 1c>- Akte andern Nolierungen gelten für Geschäfte vo» mindestens 18000 d»-. Feinste Ware über Notiz. Mehlpreise verstehen sich exklusive der städtischen Abgabe. ' Dr-G-N, 30. Zan. «chl»cht*t,tz»reise «,f be« Vieh. Hofe z» DreAbe» am 30. Januar 1905 nach amtlicher Feststellung. ! «i,f. Mittlien-i? für .70 dl- gutrunk trieb 0e»e»»-l«chlucht« Gewicht -:>u.7 «k -vtk ! Ochsen , . . 27» I) ». »,>slei>ch«,e. «n3,em«<t,te hüchflen Lchlichiwerte« »i» zu 1 I»h:en . . !«- >7-5» 30—7« ! d. Oeslerreicher »elileichen 21 Ju,t»e Neilchize. nicht »i«,»mästete, — liiere »li«,emLstel» 1/ «ähi, ,rnährre jun,e. — ,ut ,»„ährte :«»-ll «it>-7. VI—76 k3-§7 ltter- »0 t - Vt-Vl-Il IN!- 11 Ger,,,, ,e»ätzr«e je»-,, «lircS .... I> H)Iti"ichi,e. ,„4,,«Ss>ereA.>l!»e,! -Sch nell »chi,chn»erie4 2- t,»sle,lch!,e, »u«,emäs!eie tMiiie hüch- 25-27 Kühe . . . 2'., :-o—Wi 5»- ne s!-» Schl«chi»er,»4 »il j» 7 Jahre» . », Nettere «u»,rmäs!e«- Kühe un» »eaig gut e»r>,i«k,lie jüngere Aithe und M»I»e» »I -II NN-57 1) Nahi, ,»nährte «ithe »»» t»,I»eu . . 27-2« sa-L! Bullen ... i) Germ, «»nährte Kühe nn» K«ll»-ii 1) »»Ufteiichige htchslen Schlichtwene« . 21 Ma,,g ,e»ühr!« jü,!,ere »»» z:,I ,e- — « 2S« «»-«in nthrle liiere 12-31 5-t-or S) Oering »en5hr:e I> geiiis'.e vtast- !l»Imüch««s!, ,,»» Iieste Siugkütder ,-7-rc» .'.r-c>5 »älber. . . . .725 1.-17 «7-7V 2> Müller» v!al! >,»» ,me s»»^lül»er . «2-11 tlt-NN »I Gerinie «»»Ak5l»er -11 iiO-NS «ch.i».... 1> »eitere ,erin, ,e»>ihr!e «grejsicj. . . — — 1025 l> MmuLmmer 71—77 <N' 2) Jü»,»re L>i»s>h,»,»el »ellere I^ailhimmet ,13 «10-70 7« - 32 NS-N4 11 »»nähne P,«,iel „„» SH«se «Mürilch»fe, 11 ». »«»fleischt,» »er seine: »,, 2t«slen und 27-SO nq-ni Gchwetue . . ISOO »eren chre,i,un«en im »lier »iS pi eiliun»etn»i-rte! J«hren na-no - ». Fetisch»»,ne 21 Fleisch»,e 5> Germ, eni»i<elte. !«»ie s»uen . . . 17 -40 41 17 «0-61 57-58 «0 12 53-50 släuder. 1, »utitiidische ... ... - - 7211 Geschäftsgang: Bei Ochse«, .R«lben und Rühen. Bullen, Schafen und Schweinen langsam, bei Kälber» sehr langsam. Von dem Austriebe sind 207 Rinder österreichisch-ungarischer Hertunft. — .'X — „Also die swöne Unbekannte hcßt du endgültig verabschiedet?" „Das habe ich." „Tut mir leid, und wenn ich nicht Grund hätte, es zu unterlaßen, so würde ich dich wirklich bitten, mir eine Enipfehlnngskarte an die Dame zu geben und wollte dann meinen Mann stellen, dich zu vertreten." „Wenn du Nullst," sagte Dorneck, indem er sich znm Scherze zwang. „Nein, ich will nicht; denn wie ich dir sagte, so habe ich Gründe, die es mir verbieten, und damit du siebst, daß ich mehr dein Freund bin, als du der meine bist, sv werde ich dir vvn mir gestehen, was du von dir selber nicht zn- gcben willst: Jcl> bin verliebt, jawohl, ehrlich und rechtschaffen verliebt. Nicht nur sv obenhin für ein Par Tage oder Wochen, sondern mit deutscher Gründ lichkeit für Lebzeiten, und ich hoffe, daß es mir gelingen wird, meinen Vater nir die Wal'l günstig zu stimme», und dann Hurra, wird frisch darauf los- -wl,eiratet. Siebst du, das- sage ich dir, und ich will dir noch inehr, ich null dir alles verraten. Diejenige, der es gelungen ist, meinen ganzen inneren Menschen in Aufruhr z» bringen und für sich zu gewinnen, das ist die Tochter eines ein fachen Mannes, unseres genieinsanien Bekannten Stark, den du im Tisknssions- klnb gesehen und gesprochen hast." „Wie. seine Tochter?" wiederholte Dorneck überrascht. „Ist denn das Mädchen darnach, bat es denn Bildung und Erziehung?" „Sie ist ein sehr intelligentes und entwicklungsfähiges Kind, das cm mich gl,i,ihen gelernt bat, und das ich nur vollständig erziehen werde," Dorneck stiegen die Tränen in die Augen ob so viel Aufrichtigkeit seines Frennd 's. Sein Herz war voll bis znm Uebersließen und drängte die Zunge znm Reden. Balthasar erschien mit großen Schritten, wie er sie einstmals von Be- rnfswege» zu machen batte »nd brachte den Champagner. Er hatte dabei eine feierliche Miene angenommen. Es lag für ihn etwas in der Lust. Er wußte nur zu seinem Leidwesen noch nicht, was es war. Fritz ließ die Pfropfen knallen und stieß mit dem Freunde an. „Ans das, was wir lieben." Dann rief er. bevor der Alte binansging, noch Balthasar heran, schenkte ihm ein Glas voll Cbainvagner ein »nd sagte: „Nimm das mit dir hinaus, altes Möbel, »nd denke, wenn du es trinkst, daß dein Herr heute cwoße Freude erlebt bat." ^(altba'ar hätte für sein Leben gern ein „Vivgt" ansgebrcicht, wie er es tansendnial bei Festlichkeiten auf der Bühne zu tun gehabt batte, wenn dort das Waßer an Stelle des Cbanivagners in Strömen floß. Aber der Respekt hielt ihn ab. in solcher Art den Kammerdiener mit dein Künstler zu ver wechseln. und er begnügte sich, mit einem herzlichen Schmunzeln den Rückzug anzntreten. Die beiden Freunde hatten ihre Gläser einmal rasch geleert und ihre Laune war dadurch nicht trüber geworden. „Ich gratuliere dir herzlich zu dem, was du mir gesagt hast," meinte Dorneck. „Du weißt, daß ich mich darüber freue." „Und ick> möclste wünschen," erwiderte Bernhard, daß ich recht bald in der Lage wäre, die ganz gleiche Gratulation auch dir darbringen zu können." „Hältst du es denn für möglich," meinte Torneck, „daß ein liebes, be gehrenswertes Wesen mich haben wollte?" „Aber, Edi, du bist doch ein so vortrefflicher Mensch, warnm sollte nicht — 7!» — ein braves und gescheites Mädchen an dir Gefallen finden und dir die Hand znm ewigen Bunde reichen? Du wirst dir gewiß bald eine Stellung schaffen, welche die Gründung eines Haushaltes erlaubt. Wenn ich irgendwo dein Freiwerber sein kann, dann soll mit tausend Freuden es geschehen." „Fritz," sagte der Freund in tiefer Bewegung, „deine Worte sind wahr haftig schon voraus in Erfüllung gegangen. Ein herrliches, reizendes Mädchen hat mit mir einen Herzensbnnd geschlossen und nur eins macht mich besorgt, ob auch die Eltern und der Bruder desselben die Wahl gutheißen werden." D," j mg,- Doktor nmar«te seinen Frennö in völlig ehrlichem Entzücken „Nun also, jetzt ist es heraus, ich habe es ja gewußt, und jetzt darf ich dir also auch gratulieren, rascher, als ich gedacht habe. Was aber die Eltern mrd den Bruder betrifft, kann ich sie ans mich nehmen, soll ich mit ihnen sprechen? Du weißt, daß ich Doktor der Philosophie bin, und als solcher kann ich alles beweisen und alles abstrciten," setzte er mit gutmütigem Humor hinzu. „Schicke mich hin zu der Familie nnd dn wirst sehen — es gelingt mir, sie für deinen Herzenswunsch günstig zu stimmen." Torneck suchte mit Mühe nach den geeigneten Worten. „Den Bruder," sagte er endlich, „kann ich dir bald zeigen nnd er nahm seine» Freund beim Arme und führte ihn zu einem Spiegel. „Das ist der Bruder," sagte er. Mit der größten Spannung wartete er ans die nächsten Worte FritzcnS. Der war zunächst im höchsten Grad betroffen. „Wie. Helene ist es, meine Schwester? Du sollst mein Schwager werden? Freund, das ist die beste Idee, die du in deinem Leben gehabt hast und die herrlichste Rolle, in der ich dich mir vorstellen kann. Mein Schwager bist dn schon von diesem Momente an. Aber ich bitte dich, lasse mich dafiir sorgen, daß die Eltern dich bald auch als ihren Schwiegersohn begrüßen." Die beiden Freunde umarmten sich herzlich wie zwei Brüder, die sich nach langen Jahren wiedergefnnden, nnd wie sehr sie auch dagegen ankämpften, einem jeden von ihnen kanien die Tränen in die Augen. „Das war ein schöner Abend," sagten sie beide in voller Ueberein- stimmnng. 18. Der Streik in der Maschinenfabrik Elsner batte so unglücklich geendet, wie die meisten anderen Ansstände, welche im Laufe der Jahre von der sozial- dcnwkratßchcn Partei direkt oder indirekt angezettclt worden waren. Das Resultat konnte nicht Wunder nehmen; denn die bloße Leidenschaft allein bat noch niemals und nirgends in der Welt ernste Fragen zu einer dauernden Lösung gebracht und notwendige Reformen dnrchgesetzt. Wo der Verstand ans dem Hanse getrieben wird und das anfgestacheltc Gefühl allein wirtschaftet, kann ein Erfolg nicht erzielt werden. Im Falle Elsner hatte die wichtigste Voraussetzung einer erfolgreichen Lohnbewegung gefehlt, nämlich die Organisation. Von einem Streikfonds, der die Ausständigen eine Zeitlang über Wasser gehalten und ihnen den Wider stand ermöglicht hätte, war keine Spur vorhanden. Der innere Zusammen- halt, welcher große Massen Zusammenhalten kann, nämlich die klare Cr- kenntnis ihrer Lage und die daraus entspringende echte Brüderlichkeit, die sich nicht in VcrsammlungSreden erschöpft, fehlte ebenfalls. Die Arbeiter natürlich hatten das eine und das andere nicht bedacht und