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Sächsische Volkszeitung : 23.12.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190512232
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19051223
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19051223
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-12
- Tag 1905-12-23
-
Monat
1905-12
-
Jahr
1905
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.12.1905
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daß alle Angriffe ungerechtfertigt seien. Er habe nach Lage der Dinge nicht anders handeln können. Seine Kriegfüh rung lxtt übrigens von maßgebender Seite nachträglich im allgemeinen Billigung gefunden. Auch der Reichstag in seiner erdrückenden Mehrl-eit wird auf der Seite des Gene rals von Trotkia stek-en, wenn auch der Sozialdemokrat Lede- bour noch einige Knallschüsse abgeben wird; selbst in seiner Fraktion ist man überzeugt, daß General von Trotl)a gar nicht anders lxmdeln konnte! Tic internationalen Beziehungen des Deutschen Reiches zeigen wenigstens den Scl-ein der Besserung. Was zunächst das deutsch-englische Verhältnis betrifft, so hat der leitende Minister in London ans einen entgegenkommenden Beschluß der Berliner Kcuifinannschaft in freundlichster Weise geantwortet und in der britischen Presse werden Töne angeschlagen, wie man sie seit lange nicht mehr zu hören gewohnt war. Ein Teil der Blätter vergißt auch über den inneren Fragen die cuislnärtigen. Es ist klar, daß die be rufsmäßigen Hetzer den Betrieb eingestellt haben, weil sie ihre Rechnung nicht niebr dabei finden. Zn wünschen wäre nun freilich, daß auch die deutschen Liebcsgrüße nach Eng land hinüber eingestellt oder doch wenigstens gemäßigt Nor den und nicht eine Form annehmen, als wollten wir nun plöhlich den hohen Herren da drüben „die Eonr machen". Damit würde man ganz andere, als die beabsichtigten Resul- täte erzielen, Dckion seht machen sich auswärtige Blätter über die deutsche Liebedienerei lustig. Ter Worte sind ge nug gewechselt. Man mag seht die Taten des neuen briti schen Kabinetts abwarten. — Tic Gehaltserhöhung der mecklenburgischen Pfarrer lehnte der Landtag des Großherzogtuins Mecklenburg- Schwerin ab. Der Großherzog bat zwar erklärt, der Landtag würde nicht eher geschlossen werden, bis die Vor lage genehmigt sei; da aber die Stände auch für eine veränderte Vorlage nicht zu haben wiren. wurde der Landtag geschlossen. Die Negierung erklärte, sie werde in der nächneu Zession eine entsvrechende Verlage nochmals einbringen. — Tic Zwecke hessische Kammer vertagte sich bis znm Februar nächst--» Favres. Tie Hibrrnia Assäre schwebt immer noch vor den Gerichte». Vor dem Obcrlandesgericbt zu Hamm sind die Feinde der Verstaatlichung im wesentlichen unterlegen. Es wurden nämlich die Beschlüsse der Generalversammlung vom "7. Anguß 1901, so weit sie sich ans die Kavitalscr- böbnng von l>'-.> Millionen junger Aktien beziehen, für nich- tig erklärt. Nur durch den Trick der Aktienausgabe aber war damals der Negierung die Mehrbeit entrissen worden. Wenn das Reichsgericht das Urteil der Vorinstanz bestätigt, iß die Niederlage des Trotztrnstes gesichert. „Ostpreußen in Preußen voran!" Ein bißchen viel gesagt! Aber der Bund der Landwirte will es so. An den Reichskanzler iß nämlich folgendes Telegramm gesandt wor den.- ..Lensbnrg, 19. Dezember 1909. Eine in Lensbnrg, Ostpreußen. tagende Versammlung des Bundes der Land wirte svricl't Ein. Durchlaucht vollstes Vertrauen zu der von Ew. Durchlaucht einge'cblagenen äußeren und inneren Poli tik ans. Preußen in Deutschland voran. Ostpreußen in Preußen voran, v. Biberßein-Bosemb." Diese Depesche leidß gewiß nicht an »'angelnder Selbßeinschätznng! Aber Dßvrenß-n gar in Deutschland voran! Damit kommen wir nicht weit! Dßvrenßen ist die ärmste und rückständigste Provinz: würden die Verhältnisse derselben überall vor herrschen. wäre Deutschland nicht jene Großmacht, die es beute iß. Die oßprenßuchen Funker dürsten schon ein klein wenig bescheidener anstreten! Um den Frlinstnndkiitag in der Dcrtilindnstric ist angenblictlicb unter den Arbeitern dieser Industrie in der Niederlaiißh eine Bewegung im Gange, die immer weiter nin sich greift und den ernßeßen Ebaratter anznnelnnen drobt. Zwar datiert diese Bewegung nicht von heute und gestern, aber die Form, welche sie seht angenommen bat, gibt zu großen Bewranissen Veranlassung. Bisher versuchten der Dent'che Tertilarbeiterverband sozialdemokratisch) und der (Hirsch Dnnkerscbe) Gewerkverein der Deutschen Stnbl- arbeiter getrennt, durch die verschiedensten Mittel, dem ge steckten Ziele näberznkommen. Feder natürlich ans leine Weiß'. Erßerer berief große Volksversammlungen, es wurde eine Newlntion gefaßt, in der als soziale Notwendig- keit der Zehnnnndentag, womöglich noch eine Lohnerhöhung gefordert wurde; diele sandte inan dem Fabrikantenvcrein und erhielt teils einen ablehnenden, teils überhanvt keinen Bescheid. Der Gewerkverein wieder ließ cs in den meisten Städten bei theoretischen Erörterungen über die Notwendig keit des .''el'nßnndentages. Daß man dadurch nicht wetter- kam, liegt anl der Hand. Neuerdings beginnen sich aber die Tinge anders zu gestalten. Angeregt durch die gegenwär- tige Fleischuot und Herrn von Stengels Stcnerbnkett, das ja nbert-auvt für die Sozialdemokratie als vortreffliches Agitationsmittcl ansgennht wird, wurden in allen größeren Zentren der Niedcrlansiber Tertilindnstrie Versammlungen abgebalten, in denen in ziemlich energischer Weile von den Fabrikantenvereinen der Zebnßnndentag und außerdem im Hinblick auf die allgemeine Verteuerung aller Lebensmittel eine t'O vrozentige Lolmerböbnng gefordert wird. Inzwi schen iß vom Fabrikantenverein Spremberg die Antwort be reits eingetronen. die. wie voransznseben war. ablehnend lautet. Es beißt darin, die Tertilindnstriellen seien zur Zeit nickck in der Lage, den Zebnßnndentag und die Lohner höhung zu bewilligen, um nicht ihre Konkurrenzfähigkeit ans dem Weltmärkte anfzngebcn. Ties twranlaßkc tvobl den Tertilarbeiterverband. dem Genxwkverein die -Hand zu bie ten. um mit Nun in der Frage des Zelnsttiincottages gemein sam vorzi'geben. Was wird man nun erreichten? In Ge- werklchaftskreisen. wenigstens in denen der Vorstände, ist inan sich darüber klar, daß man mit einer Forderung gegen- über den Unternehmern nichts erreichten wird, sondern daß nur friedliche Verhandlungen' znm Ziele führen werden. Tie blutige „Rosa". Von Revolution und Rebellion spricht der „VoruHrts" unter seiner neuen Redaktion fast täglich, in der Hoffnung, daß der Teufel, den er an die Wand malt, recht kild auch über Deutschland kommen wird. So böbnte das Blatt unlängst über „Deutschlands Monar chisten". Durch Englands Machtstellung genötigt, müßten sic dem Reichte einen Kriegsetat aufbürden, „der entweder' zur Verkrüppelung oder zur Rebellion des Landes führen muß . . . Der Bogen der Rüstungen wirb überspannt und bricht. Das ist ein historisches Gesetz." Was die Sozial- demokratie will, ist eine schwache Neichsregierung mit Miliz truppen, die auf das Kommando des Parteivorstandes hören. Eine solche Rüstung würde das Deutsche Reich seinen Fein den ausliefern und zur Rebellion führen. Deshalb verlangt sie der „Vorrvärts" und erklärt jede andere Rüstung für überspannt, ohne Rücksicht darauf, daß England und Frank reich einen erheblich höheren Kckiegsetat aufzmoeisen haben als das Deutsche Reich. Belzerzigenswerte Worte über den wirtscl)aftlich)en Wert einer starken Heeresrüslung sprach Kaiser Willw'lm der Große vor 40 Jahren, als die Fort schrittspartei seine Heercsreorganisation, die den Grund zur Größe des Reiches und zu seinem wirtsckiaftlichen Aufblühen legen sollte, so erbittert und kurzsWig bekämpfte. „Was hilft aller augenblicklicher Reicküum, aller Segen der In dustrie, was helfen alle Güter, die Gott uns geschenkt hat," sagte er, „wenn kein Schutz dafür vorhanden ist, wenn sie be droht werden? Eine gedeihliche und sichere Entwickelung der Industrie ist nur unter dem Schutze der Armee zu er warten. Das sozialdemokratische Zentralorgan weiß es besser. Ter deutsche Kriegsctat muß nach seiner Versicke rung zur Verkrüpelung oder zur Rebellion des Landes füh ren. Tie Erfahrung leck bisher in Preußen und Deutsch land das Gegenteil gelehrt. Gerade eine starke Rüstung wird das Reich bewahren vor Verkrüppelung und auch vor Re bellion. Inzwischen wehrt sich der „Vorwärts" ganz ge waltig, daß mau ihm seine blutige Rosa Luremburg nehmen könnte. Ein Blatt machte den Vorschlag, die jüdische (Ha- lizierin doch über die Grenze zu expedieren. Stolz entgegnet der „Vorwärts", daß dies nicht gehe, denn Rosa Luxemburg sei dent'che Neichsbürgerin. Na, freilich! Sie bat sich in der Eile mit einein geistig ganz unbedeutenden Schriftsetzer ver heiratet. den allerdings die „Ehefreuden" seit dem Tage der Vermählung nach Zürich getrieben haben, während seine „bessere Hälfte" in Berlin weilt. So ist sie vor jeder Aus- NX'ißing geschützt und kann vom sicheren Nedaktionstisch ans künftig in das Nevolntionsfener blasen. Sonderbare Nntivnnllibernlc gibt es in den Berliner Vororten. So hielt kürzlich der nationalliberale Verein Schöneberg eine Versammlung ab, auf der recht kuriose An sichten vertreten wurden. Als erster Diskussionsredner meinte Tr. Richter, die drei Millionen Sozialdemokraten, seien dem Vaterlande nicht verloren; auch sie seien in erster Linie Patrioten. (Obo!) Gegenüber dem Schulgesetz müsse der Liberalismus die schärfte Opposition üben. (Wider spruch.) Der nationalliberale Abgeordnete Fritsch meinte: „Es iß ein Jammer, wie gering noch das Verständnis dafür ist, daß die Liberalen zusammen gehören, daß zumal die klei nen linkslibcralen Parteien noch nicht erkannt haben, was sie sein könnten, wenn sie sich dem Nationalliberalismus an schlössen, dann wären wir die stärkste Partei nächst der So zialdemokratie. Was bedeuten heute die freisinnigen Abge ordneten numerisch im Landtage? Machen wir dieser Zer rissenheit ein Ende, dann braucht die Regierung auch nicht mehr mit dem Zentrum zu paktieren!" In seinem Schluß wort äußerte dagegen Negicrnngsrat Tr. Leidig Zweifel gegenüber der Frage der großen liberalen Partei. Alle Agitationen dafür batten bisher immer nur zur Gründung einer neuen liberalen Partei geführt. (Heiterkeit.) Auch er hoise aut eine Annäherung der liberalen Gruppen. Aber die Freisinnigen müßten anfhören, die Wehrmachtsfragen als Parteifragen zu betrachten. Sonst bleibe die große libe rale Partei ein Phantom. Ein Direktor Rostock schoß Wohl den Vogel ab mit folgendem Satze: „Ans eine Einigung des Liberalismus hoffe auch ich. Das Schulkompronnß war ein großer Fehler. Wir müssen unseren deutsch-Protestan- ti'chcn Standpunkt aists schärfste betonen gegenüber dem Ullramontanismns! Die paar sogenannten „liberalen Katholiken" werden wohl ungemein erfreut sein ob dieser Schmeichelei. Wir haben ihr nichts beizufügen. Ein großes Strafgericht über die e»tlassencn„Vvr- wärts"-Redciltci,re kündigt der Vertreter für Berlin 0. Reichstagsabgeordneter Ledbonr an. Der Parteitag, so führte er in einer Versammlung seines Wahlkreises aus, werde sich mit den Sechs eingehend beschäftigen müssen. Es sei nicht richtig, daß die Sache durch die Gradnanersche Er klärung erledigt wi. Zurückgenommcn hätten die Sechs nur die Einleitung non dem Epilog, der tatsächliche Inhalt des Gründliches sei aber nicht zurückgenommen, und dieser ent halte w schwere Beschuldigungen gegen verdiente Parteige nossen. daß der Parteitag sich unbedingt mit der Affäre be schäftigen müsse. Ledcbour legte auch dar, wie der soge nannte Zwischenfall Stöbel-Eisncr in die Presse gekommen ''ei. Danach bat Eisncr die Geschichte während des Partei tages in Jena an einem Tische in der Unterhaltung so laut erzählt, daß die in unmittelbarer Nähe sitzenden bürgerlichen Berichterstatter es hören mußten. Durch diese sei es dann in die Presse gekommen. Was in der Sozialdemokratie verpönt ist. Der Redakteur des sozialdemokratischen „Volkswillen" in Hannover hatte ein bürgerliches Blatt schwer beleidigt; er nannte es n. a. einen „Zeitnngsstrolch". Der Redakteur dieses Blattes erhob sofort Beleidigungsklage. Nunmehr gab der sozialdemokratische Redakteur klein bei und richtete ein Schreiben an den: Beleidigten, in welchem es beißt: ..Mit diesem Schreiben wende ich mich an Ihre persönliche Nobleß'e. indem ich Sie herzlich bitte, die gegen mich er hobene Klage, wie die sonstigen Schritte in dieser Sache unter geil. Berücksickckigung des oben Gesagten rückgängig zu machen, und ich erkläre mich für diesen Fall bereit, eine Er klärung zu veröffentlichen, die Ihnen' in vollem Umfange Genugtuung gibt, und zugleich 100 Mark der dortigen Armenkasse zu überweisen, ferner die Ihnen aus der Sache erwachsenen Kosten zu erstatten. Ten Wortlaut der Er klärung festzusetzen, würde ich Ihnen bezw. Ihrer» Anwalt überlassen. Sickxw würde dieser Modus Ihnen zn größerer Genugtuung gereichen', als eine noch so empfindliche Be strafung meiner Perwn. Indem ich nochmals mein leblraftes Bedauern über die Art unserer Veröffentlichung zum Aus druck bringe, bitte ich ergebenst, mir Ihren, wie ich hoffe, entgegenkommenden Bescheid gcfl. an untenstehende Adresse zukommen zu lassen. Hochachtungsvoll, ergebenst E. Tho- maser, Redaktion des „Volkswille", Hannover." Jedermann wird diesen Schritt begreiflich finden und man wird sagen müssen, daß dies ehrlich und anständig gehandelt ist. Nur die sozialdemokratische Presse vertritt einen anderen Stand- Punkt. Der „Vorwärts" schreibt sogar: „Wir stehen nicht an, zu erklären, daß in dem obigen Brief ein auffallender Verstoß gegen das vorliegt, was in der Sozialdemokratie bisher als Sitte galt. Daß ein auf Grund unzutreffender Informationen veröffentlichter Artikel offen und freimütig »evoziert wird, dagegen läßt sich nicht ein Wort sagen. Im Gegenteil ist es seit jeher in der Soizaldemokratie als Ehrenpflicht betrachtet worden, als unhaltbar erwiesene Be schuldigungen auch gegen bürgerliche Gegner bereitwilligst zurückzunehmen. Allein auf den Weg privater Bittschriften begibt mau sich dabei nicht. Erst recht nicht, wo man nick Leuten von solchem Kckliber zu tun hat, die mit wahrer Wut mit Steinen um sich werfen, wenn sie noch so sehr im Glas Hause sitzen." Eine nette Moral, die hier der schöne Arthur Stadthagen und die holde Rosa Luxemburg miteinander lehren! Ist dies bereits eine Blüte sozialdemokratischer Reinkultur? — Tie Komplimente vor der Sozialdemokratie! Es wird nachgerade im Reichstage leider Sitte, daß den sozial demokratischen Führern gelegentlich von anderen Parteien Weihrauch gestreut wird. Wir halten ein solches Vorgehen für vollkommen zwecklos und durchaus unangebracht. Der Größenwahn der sozialdemokratischen Führer ist ohnehin so groß, daß er künstlicher Förderung wirklich nicht bedarf. Es ist aber kein Wunder, daß er tatsächlich gesteigert wird, wenn beispielsweise ein nationalliberaler Redner nicht etwa iro nisch, sondern allen Ernstes von „einem so hervorragenden Mann wie Bebel" spricht, und wenn ein konservativer Un geordneter dem Redner Bebel die Zensur In ausstellt und gewissermaßen um Entschuldigung bittet, daß er nach ihm das Wort ergreife. Mit Recht bemerkt hierzu die „Deutsche Tagesztg.": „Derartige Tinge, mögen sie auch.Kleinigkeiten sein, soll man unterlassen. Daß Bebel ein befähigter Mann ist, soll nicht bestritten werden, diese bekannte Tatsache aber zu wiederholen ist nicht nötig und muß den Eindruck be wußter Schmeickzelei machen; solche Schmeichelei weckt aber berechtigten Hohn. Uebrigens ist Bebel zwar ein ganz guter Redner, aber so hervorragend und so ungewöhnlich und so ausgezeichnet ist seine Rednergabe tatsächlich nicht. Was seine sonstigen hervorragenden, Eigensckxttten anlangt, so muß es einen eigentümlichen Eindruck machen, wenn von nationalliberaler Seite diese Eigenschaften gerühmt und ge priesen werden; während Genosse Kurt Eisner in einem Briefe an Bbeel selbst schreibt, er sei überzeugt, daß die deutsche Sozialdemokratie keinen politisch fähigen Führer habe. Wir sind durchaus Gegner der an manchen Stellen beliebten Art, die Sozialdemokraten persönlich herunterzu reißen: aber wir sind ebenso Gegner der Umschmcichelung, die mehr und mehr Mode zu werden scheint." Eine Ueber- schätzung der eigenen Kräfte muß hierdurch unbedingt bei der Sozialdemokratie hcrvorgerufcn werden. Saubart hat deshalb auch teilweise recht, wenn er schreibt: „Mir scheint, daß an Ucberschätzung der eigenen Kraft vor allein die deutsche Sozialdemokratie kranke. Die große Stimmenzahl, die sie bei den Neichstagswahlen erzielt, bat sie irre geführt, sie hat in ihr eine Vorstellung von der eigenen Bedeutung im Staatslcbcn erzeugt, die weit über die wirkliche Macht stellung hinaüsgeht. Zahlenmäßig läßt sich die Stärke einer Bewegung ganz gewiß nicht feststellcn. Und es ckxire ganz und gar falsch, anzunehmen, der Sozialismus bedeute etwas in den einzelnen Ländern im Verhältnis zu der Zahl der abgegebenen Wahlstimmen, so daß er dann am meisten in Deutschland bedeuten würde. Ich glaube iin Gegenteil, daß er nur in wenigen Kulturländern eine schwächere Posi tion hat als in Deutschland, trotz seiner drei Millionen so zialdemokratischer Stimmen. Das hat Jourds in Amster dam in beredten Worten klar ausgesprochen. Und nicht zu letzt stammt diese Ohnmacht der deutschen Sozialdemokratie von ihrem Pochen auf die eigene Kraft, von ihrer Geneigt heit, sich durch große Worte über die tatsächliche Bedeutungs losigkeit hinwegzutäuschen . . . Aber für jedes Land. Australien vielleicht ausgenommen, bedeutet heute und für absehbare Zeit der Sozialismus doch nur das Glaubensbe kenntnis einer kleinen Minderheit. Testen sollten sich die Führer wenigstens stets bewußt bleiben!" Wir stehen in der Mitte zwischen- Uebersebätzung und Unterschätzung; am meisten hilft, die noch nicht sozialistischen Kreise vor dieser Versuchung zn behüten durch Aufklärung einerseits und tüchtige Sozialreform andererseits. Oestcrreich-Nnjiar». Tic ungarische Krise. Der Kaiser hat die Demission des Kabinetts nicht angenommen, und ztnar, wie das Hand schreiben kantet, „derzeit". Nach Ansicht der „Reichspost" bedeutet das, daß die Demission nach dem 1. März verschoben sei. Die nächsten zwei Monate bringen die Erledigung der Zoll- nnd Handelsverträge und die Zollgemeinsamkeit mit Oesterreich und zwar auf absolutistischem Wege ohne Parla ment. Fejervarp soll auch den Sprung über die Barrieren der ungarischen Verfassung nehmen, nnd dann den entfessel ten Elementen des Chauvinismus als Sündcnbock über lasten bleiben. Nach ihm kommt ein Koalitionsministerium nach der 1867 er Basis. Man wird also die »netteren Kämpfe der Koalition gegen Fejervarh nicht zu ernst nehmen dürfen, Scheingefechte, die über den 1. März binwegtäuschen und binübergleitcn sollen, nichts anderes. —- Tic Entchristsichung des Staates durch die Behörden wird fortgesetzt. Ter Marineminister Thompson ordnete mittels Runderlasses an, daß nach dein Beispiel der Justiz- und Kriegsverwaltung auch die Flottcnvcrwaltung aus Kriegs- und Handelssecgerichten die Kruzifixe, die religiösen Gemälde und andere Abzeichen eines bestimmten Glaubens bekenntnisses entfernt. England. — Der Prcmierminifter hielt in Alberiball eine Rede und sagte darin u. a : llnssre Beziehungen zu den anderen Mächten sind freundschaftliche. Wir halten fest an dem Einvernehmen mit Frankreich Bezüglich D -utsckilauds sehe ich in keinem einzigen der I tteressen beider Vö'ker irgend welchen Grund der Entfremdung. Ich begrüße die kürz- lichen inoffiziellen Frenndschaftsbezerwnnger'. Was die jetzige schwere Prüfung Rußland- betrifft, so haben w"
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