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Nr. TS8 — LO. Jahrgang TonnerSrag den 15. Juni IV1L «rs»»tnt tSgklch «achm. mit «luSnahme der Eonn- und Festtan«. >»--ad« t mit .Die Zeit In Wort und Bild' vierteI>Shrlich 2»IV 41 In Dre-den durch Boten 2,41» 41. In ganj Deutschlnnd ftict Hau» 2 82 41; in Oesterreich 4,4» N. «» >ab« It ohne illustrierte Betlaae viertelsiidrlich I,»H> 41, n Dredden durch Boten 2,10 41 In annz Deutschland srei -»« 2.22 41; t» Oesterreich 4.«» L. - tiuzel-Nr, 10 4, Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden die "gespaltene PetiUetle oder deren Raum 18 4,isiellamen mit m» 4 die Zeile berechnet, dcl Wiederholungen cnilprechendeu Üiabalt, vnchdrnikrrri, Nedaktion a»d IkteschästSstelle: Dresden, Pillnitzer Ltrafte 4». — .rerusprecher INSU JürRSitgabe nnverlang». Cchriftstückeleinriverliindlichkri« Bedakliond-Sprechslunde: l l bi« 12 Uhr, Drot« »ocb »io cls^ovegonor Uaktev - Deuerunj? kostet unser be liebter, vorrüx-liclier kÄmilien-^afkee nur ISO pk. das k>kund. kerli'iix L Koclc8troli, vresäen. blivllorlgßvn in s»en Ltaclttvilen. porrellan Ltein^ut Kristall Qebrsucbs- u. lluxus- Ovxenstäiule Köni^i, btollivlerant r^nkäuser Oresclen, Kvni^oiisnn-8tr, Fronleichnam. Run ziehst du wieder durch unsere Strichen, durch blu mige Wiesen und schattige Wälder, du lieber Herr Jesus Christi Die gnadcuvolle Zeit scheint nochmals angebrochen zu sein, wo der Meuscheusoh» über die Erde ging, Wohl taten spendend. Das stille Kämmerlein des Tabernakels hat er verlassen, die Engel, die anbetend Wache gehalten, sind ihm oorausgceilt, streueil mystische Rosen ans seinen Weg, Lilien und taufrische Maien. Wiederum drängt sich das Volk um den Meister wie einst in den Sonnentagen des .'lwklichen Jerusalems. Tie grotzciy wunderbar tiefen Augen des ewigen Erlösers ruhen wie still glänzende Sterne über dem weiten dunklen Wald der Beter reine heilige Festesfreude liegt sichtbar über der Gemeinde der Ehr»!-,,. L ic sind alle ^'kommen tl .en Heiland zu sehe» und ' ine L-cbe zu beäugen. Wer wollte fehlen wenn anfs neue er- tüllt wird: „Tochter Sion, freue dich, sieh', dein König kommt zu dir." Doch was sagen wir? Das alles ist nur Erinnerung, sind verklungene Lieder, Bilder einer fernen Heimat, Die katholische Kirche Sachsens hat kein Fronleichnam in des Wortes vollster Bedeutung und nach der Väter Sitte, lieber unserem Fronleichnamsfeste liegt die Wehmut der Ver bannung, der Druck der Fremde und die Not der Diaspora. „An den Strömen Babylons sahen wir und weinten, da wir Sions gedachten." (Ps. 13(>, 1.) Man muh katholisch und katholisch bis aufs Herz sein, wenn man unsere Gedanken und Gefühle erleben will. Doch mn die Ungerechtigkeit zu erkennen, die »ns widerfährt jahraus jahrein, gehört nur ein wenig gerader Sinn und klarer Verstand, Dem idealsten Gottesdienste, jenem Kul tus, der die Menschen adelt und zu einer Höhe und Voll endung des Geistes und Gemütes führt, die ohne Beispiel ist auf dieser Welt, Schranken setzen, ein Volk, das dem Herrn aller Herren dienen will, zurückdrängen und mit Paragraphen zu ernüchtern suchen, gehört zu jenen geschicht lichen Verblendungen, deren Schicksal es ist, erst eingesehen z» werden, wenn es zu spät ist. Die Kirche des lebendigen Gottes kämpft nur mit geistigen Waffen. Wenn es ihre Pflicht ist, gegen jedes Un recht zu protestieren, so wird heute ihr Widerspruch um so flammender sein, je gröher und glühender ihre Liebe ist zu dem Gotte ihres Herzens. Was sie will und verlangt, ist nichts Unbilliges und Unerhörtes. — „Vara cki^uuin <>t in5itum . . ." Unsere heili.ge Religion kennt anher der wirklichen Kommunion noch eine geistige. In analoger Weise niag es erlaubt sein, von einer geistigen Fronleichnamsprozession zu sprechen. Wie wir das meinen? Unsere Seelen in die Heimat schicken, dorthin, wo die Kirche ihre Feste freier und fröhlicher begeht, in Gedanken teilnehmen an dem Triumphzuge des verborgenen Gottes, einstimmen in den alten Choral: „Duntum or«;o ttuerauwntnm . . ... . . Leer- pmum ^Vv^vlorum . . . das Haupt neigen, das Knie beugen o Heimat, o Vaterland, o Glaube unserer Jugend — » iwlutarw baut in! Die Worte: „Das ist mein Leib" haben nicht ihres gleichen. ausgenommen die Worte: „Es werde Licht." ') Es ist etwas ganz Wunderbares um das allerheiligste Sakrament. Kein Wort, kein Lied, kein „<>I,>riu in »xcu-l- !°i»," kein „D,- I),-»,u" und Alleluja kan» es würdig loben. Tie Theologen, dis über sein Geheimnis geschrieben, die Maler, die es dargestellt, die Komponisten, die es in Tönen verherrlicht, haben alle in der Tiefe ihrer Seele das Ge fühl für ein Licht und eine Liebe gehabt, die alle Begriffe übersteigt. So zieht denn hinaus in die Laude, Genossen unseres Glaubens, bereitet dem Herrn einen Triumph mit allen Ehren, die Menschen bieten können! Es wölbe sich über eurer Wallfahrt der blaue Baldachin des himmlischen Ge- zcltes, die Sonne sende ihre schönste» Strahlen, wie leuch tende Cherubim mögen sie das Sanktissimum begleiten, und wenn aus zitternden Opferflammen im süßen Dust des Weihrauchs eure Gebete zu Gott steigen, dann gedenkt der Brüder in der Fremde! Im Geiste sind wir bei euch. „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott," „Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi?" Der ganze Lebensgang der Kirche hicnieden ist wie eine große Fronleichnamsprozession. Aus dein Abend mahlssaale geht der Zug in die Welt hinaus iiber Golgatha, durch die Katakomben, durch Not und Tod — Jahrhunderte, Jahrtausende lang. Wir sehen immer neue Scharen nach- *) Kardtoal Manntngi »Da- ewige Priestertum ' drängen, sehen müde Streiter ans Ziel kommen und durch das goldschimmernde Tor cingehen in die ewige Ruhe. So pilgern auch wir der Heimat zu. Ueber uns leuclp tet der heilige Gral, „die Wegzehrung der im Herrn Ster- benden," in »ns lebt Hoffnung, Liebe und weltüberwinden- der Glaube. Und wenn der letzte Wanderer heimgefunden, überwunden und gesiegt hat, werden zum ewigen Fronleich nam die Harfen klingen. Gott selbst wird seine Stadt schmücken, tvird zubereiten das neue Jerusalem wie eine Braut und in ihrem Licht und ihren Blumen werden wir wandeln und frohlocken bis in die selige Ewigkeit. Oesterreich-Ungarn und die Vorgänge in Albanien. (Von unserem Mitarbeiter.) Konstanlinopel, den 12. Juni 1911. Als die Jungtürken ans Ruder kamen, versprachen sie den nicht mohammedanischen Völkern der Partei dieselben Rechte wie den Moslims einzuräumen. Hierdurch ge wannen sie mit einem Schlage die Sympathien dieser Völker und das Wohlwollen der fremden Mächte. Im Nu 'logen der jungen Türkei die Glückwünsche der ganzen Welt zu. Wir waren stets den hochtrabenden Versprechungen der jnngtürkischen Machthaber gegenüber skeptisch und gaben der Befürchtung Ausdruck, daß am Bosporus nur das Re- gime ausgewechselt worden, das System aber das gleiche geblieben sei. Die Ereignisse gaben uns recht. Tie soge nannte freie, liberale, jungtürkische Aera begann mit einem brutalen, rücksichtslosen .Kampfe gegen alles, was sich dem Halbmond nicht unbedingt fügen wollte. Völker, die unter Abdul Hamid ihre Nationalität und ihre Religion frei und offen bekennen durften, wurden von den Jungtürken mit Feuer und Schwert gezwungen, diese, ihre höchsten Güter, zu verleugnen. Völker, die unter dein alten absolutistischen Regime ihrer Sprache sich unbehindert bedienen dursten und tausendjährige Privilegien genossen, wurden von der neuen liberalen Regier»» des Rechtes auf ihre Mutter sprache beraubt, ihrer Privilegien für verlustig erklärt. Unter Abdul Hamid kamen politische Morde vereinzelt vor, unter den moderne» ..human und liberal gesinnten" Jungtürken kamen offiziell der Strang und das Blei, in offiziell Dolch und Gilt » erhaupt nicht zur Ruhe. Bru talität dem Schwache», F.igheit dem Starken gegenüber. Verrat und Intrige, da:- lind die Begleiterscheinungen der jungtürkischen Politik. Daß eine solche Politik früher oder später Schiffbruch leide» mußte, haben wir des öfteren prophezeit. In ihren Hoffnungen getäuscht, in ihren heiligsten Gefühlen gekränkt, ihrer natürlichsten Rechte beraubt, gaben die Völker der Türkei den Machthabern, die in Saloniki ihren Schlupfwinkel haben und von dort auS durch will fährige Minister in Konstantinovel das ganze Reich zu grunde regieren, die verdiente kräftige Antwort. Es ver- ging in den letzten Monaten kein Tag, wo nicht der Draht über eine Revolte, über Meuterei, über blutige Kämpfe zu melden gewußt hätte. Diese Nachrichten wurden von der Cligue der Machthaber stets ebenso prompt wie feierlich dementiert, wodurch die Leichtgläubigen „von freundichast- liehen Gefühlen beseelten" Diplomaten Europas eine Zeit laug getäuscht werden konnten. Auf die Dauer waren die Jungtürken freilich außerstande, den Aufschrei der be drückten Nationen nicht nach außen dringen zu lasse», da sie eben nicht imstande waren, ihn zum Schweigen zu bringen. In Arabien, in Mazedonien, an der bulgarischen Grenze, in Kreta und in Albanien rissen die Brutalitäten der neuen liberalen Herren das Volk in die Revolte. Jeder, der nur halbwegs Waffen tragen konnte, ichwur den Tyrannen in Konstantinopel blutige Rache und gelobte, nicht früher zu ruhen, bis die Ermordung oder Schändung geliebter Angehöriger blutige Sühne erhalten hätte. Besonders Albanien, jenes Land, weiches seit Jahr tausenden der Pforte die sichersten und verläßlichsten Mannen gestellt hatte, mußte unter dem neuen Regime leiden. Das tapfere, stolze Bergvolk, das den Jungtürkeu bei der Niederringung des Absolutismus tatkräftig geholfen hatte, wurde von eben denselben Jungtürken in der schänd lichsten und unerhörtesten Weise betrogen. An der Aus übung seiner Religion gewaltsam verhindert, seiner Privi legien für verlustig erklärt, obdachlos und halb verhungert, mußte das katholische albanesische Volk die Heimat verlassen und iir die Berge ziehen. Protest über Protest.wurde von hier aus den Jungtürken übermittelt. Diese aber, anstatt Vernunft anzunehmen und ihre Fehler gutzumachen, ant worteten mit einer Strafexpedition. Unter dem Kommando Torgut Paschas wurde das arme Land von einer Horde blutdürstiger mohammedanischer Hyänen heimgesuchl, wehrlose Greise und Kinder wurden abgcschlachtet und ver stümmelt, schwache Frauen und unschuldige Mädchen ge schändet und gemartert. Angesichts dieser Greueltatei, stand ganz Albanien auf und erklärte den Machthabern den Kampf bis aufs Messer. Und so wogt seit langen Wochen ein blutiger Kampf zwischen dem tief verwundeten Berg- Volke und seinen Peinigern hin und her. Lange, allzulange sah Europa diesem Morden ruhig zu. Es fehlte zwar nicht an freundschaftlichen, höfliche« Ermahnungen an die Adresse der Türkei, in Albanien end lich Ruhe und Lrdnung zu schaffen. Wir haben bereits Vor kurzer Zeit geschrieben, daß besonders Lesterreich- Ungarn des öfteren bei der hohen Pforte vorstellig wurüq in dem Sinne, es möge im Interesse der Türkei selbst den Albanesen gegenüber eine versöhnliche Politik betrieben und die ohnehin schwierige Lage am Balkan durch unzweck mäßiges Drangsalieren und Blutvergießen nicht noch mehc kompliziert werden. Mit der Ausrede, ein „einheitliches ottomanisches Reich" aufbauen zu müssen, ließen jedoch dis Jungtürken diese gutgemeinten Ratschläge unbeachtet und fuhren in ihrem Vernichtungskriege mit erhöhter Grau samkeit fort. Tie Folgen dieser widernatürlichen, rücksichts losen Politik blieben nicht aus. Schwere Komplikationen, gefahrvolle Wendungen drohen am Balkan einzutreten. Lesterreichs Diplomatie hat angesichts der gefährlichen Situation und eingedenk dessen, daß am Balkan aus dem kleinsten Fünkchen das größte Feuer entstehen kann, wiederum ihre Stimme er hoben und an die Adresse der Pforte eine ebenso freund schaftliche wie engerische Mahnung ergehen lassen, der un vernünftigen Politik ein Ende zu machen und mst bei« Albanesen eins Verständigung zu suchen, damit der Frieds am Balkan nicht gefährdet werde. Die besonders Eigenart der albanesischen Stämme er heischt eine besondere Behandlung. Das Volk in den Ber gen darf nicht gebeugt, sondern es mutz versöhnt werden. Konnte sich die Konstantinovler Regierung im Vorjahrs nicht den Triumph des Schwertes in Albanien versagen, so wäre es ein Gebot der Klugheit und der Selbsterhaltung gewesen, wenn sie diesen kriegerischen Triumph mit den« L-elzweige kultureller Fürsorge geweiht und gefestigt hätte. Die Hebung des wirtschaftlichen Wohlstandes, die Errich tung von Schulen und die Pflege einer nationalen Kultur sind die besten Waffen, durch die Albanien an das osma- niscbe Reich geschmiedet werden kann. Diese Sprache wird in Konstantinovel wohlverstanden werden müssen, will die Türkei nicht Verwicklungen Hervor rufen, welche ihr und zlvar ihr allein schaden werden. Noch ist es Zeit zur Einkehr. Die Aspirationen einer gewissen Seite können mit einem Schlage zuschanden ge macht werden, falls die junge Türke: de» gutgemeinten Rat der befreundeten österreichisch - ungarischen Monarchie! ernstlich beherzigt. Die Wahlen in Oesterreich gingen am Dienstag vor nch und am 20. Jnni folgen die Stichwahlen. Etwa 2200 Kandidaten bewerben sich un« die äli) Mandate. Das Interesse beim österreichischen Publi kum ist für die diesmalige.» Wahlen in allen äroniänderi, ganz auffallend gering und man sieht dem Ansgange des! Wahlkampfes an: Dienstag mit nicht allzngrotzer Spannun« entgegen. Die Erklärung ist wenig schmeichelhaft nir dm poiitiuheii Parteien in Lefterreich und die Männer, denei« deren Führung anvertraut ist: das hervorstechendste Mo ment der Wahlbewegiing ist das Juriicktreien aller priuzi- mellen Fragen und der Parteiprogramme, dagegen benierkl! man überall ei» starkes Hervortrelen persönlicher Rivali täten, In Bezug auf die nationale Verteilung der Man date werde» die Wahle» nicht die geringste Veränderung herbeisübre», und damit ist das wesentliche Moniem >uSgv- tchieöen, da-o in Lefterreich. wie die Dinge nun einmal lie gen, die politischen Leidenschasten entslammen laim. Die Verleitung der nationalen Lager mutz dieselbe bleiben, dc, durch Äahlkreiseinteiluiig und Wahlordnung die Trennung und cionservierung des nationalen Besitzstandes fast überall nach schwer verschiebbaren Matzstäben gesichert ist. Nach ivie vor werden von der Gesamtzahl der Mandate die Deut- scheu, mit Eiuschlutz der Sozialdemokrale», etwa cin Dutzend i weniger als die Hälfte einnehmen. Von den ans Böhmen und Mähre» fallenden IbO Mandaten werden die Tschechen wieder mindestens drei Fünftel in Besitz bekommen und in > den >00 Wahlkreisen Galiziens behaupten auch im neuen Parlamente die Pole» ihre Dreiviertelmehrheit gegenüber de» unterdrückten Rutheneii. Wie es de» Deutsche» unter sich geht, ist »och zweifelhaft. W i e » . 13. Juni, In dem 20. Wiener Bezirke kam eS nach Verkündung deS Ergebnisses zu großen Ausschreitun gen. Die Sozialdemokraten griffen zwei Pvlizeibeamte an und warfen sie zu Boden. Die eiuschreitende Wache wurde vo» der Menge mit Steinen beworfen, worauf die Beamten blank zogen. Im Handgemenge wurden vier Pvlizeibeamts verletzt. Einer erhielt einen Messerstich. Von den Demon- WM" Wegen des Fronleichnamsfestes erscheint die nächste Nummer erst Freitag de» 16. Juni nachmittags. *WW