Volltext Seite (XML)
Au» Stadt und Land. (Fortsetzung au» dem Hauptblatt.) —* Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1911. Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten wird auf der Ausstellung einen Sonderpavillon errichten und ihren vierten Kongreß im nächsten Sommer in Dresden abhalten. —* Der Deutsche Luftflottenverein zu Dresden teilt unS folgendes mit: Der Lustkreuzer „P 6", dessen erstes Reiseziel bestimmt Dresden sein wird, ist im Bau vollständig ferliggestellt. Wegen der zurzeit herrschenden böigen Windverhältnisse konnte man jedoch noch keine Probefliige unternehmen. Da nun aber die LandeSwetter- warte für die zweite Hälfte dieser Woche den Eintritt ruhiger und gleichmäßiger Witterungsverhältnisse in Aus sicht stellt, so werden aller Voraussicht nach die Probeflüge am Freitag oder Sonnabend stattfinden können. Als Landungstermin deS Parseval 6 auf dem Heller ist der 6. Juli in Aussicht genommen. —* Der König!. SSchs. Verein»sür Luftschiff fahrt wird am 17. Juli aus dem Füllplatze der neuen Radrennbahn in Gruna-Reick (Dresden) die Taufe des neuen Ballons „Elbe" vornehmen. Bei dieser Gelegenheit wird gleichzeitig wieder wie zu Ostern ein Wettfliegen stattfinden. —* Im Anschluß an eine Reihe von Neuerungen im Betriebe der städtischen Straßenbahnen hatte der Rat in seiner Sitzung vom 10. Mai beschlossen, bis Ende 1911 keinesfalls eine weitere Aenderung im Tarif wesen und in der Linienführung der städtischen Straßen bahnen eintreten zu lassen. Mit diesem Beschlüsse hatten sich die Stadtverordneten in einer ihrer letzten Sitzungen beschäftigt und beschlossen, diesem Beschlüsse des Rates nicht betzutreten. In seiner letzten Sitzung hat nunmehr der Rat von der ablehnenden Haltung des Stadtverord netenkollegiums Kenntnis genommen und beschlossen, bei seinem früheren Beschlüsse stehen zu bleiben. —* Anläßlich der Neugestaltung der Auf fahrt zur K ö n i <» - F r i e d r i ch - A u g u st - B r ü ck e auf Neustädter Seite hat der Verein zur wirtschaftlichen Hebung von Dresden rechts der Elbe an die städtischen Kollegien folgende Petition gerichtet: „l. Tie Auffahrt zur König-Friedrich-August-Brücke auf Neustädter Seite so zu gestalten, daß sie von dem Punkte, wo sie auf das künftige KönigSnfer mündet, bis zum Beginn der Hauptstraße und zwar bis zum Brunnen am Plötnerschen Geschäft, min destens aber bis zum Denkmale Augusts des Starken in stetig gleichmäßige»! Falle verläuft: 2. das Narrenhäus- cl)en, wie die übrigen alten unscheinbaren Gebäude recW und links der Brücke abzubrechen, wie das italienische Dörf chen andererseits abgebrochen wnrde." — Bekanntlich hat sich auch bezüglich der Gestaltung der Brückenauffahrt auf Altstädter Seite und insbesondere bezüglich der Gestaltung des Theaterplatzes und der Errichtung des Ersatzbawes für das Jtalieniscln' Dörfchen ein Architektenstreit ent wickelt, dessen Verlauf bis jetzt noch nicht abzusehen ist. Uebrigens gelangt die Angelegenheit auch in der heutigen Stadtverordnetensitzung zur Beschlußfassung, für welche ein Schreiben des Rates vorliegt, in dem er mitteilt, daß er beschlossen habe, auf dem Schloßplatze iu der Nähe der jetzigen Ausmündung der Hilfsbrücke eine provisorische Scl)altstelle in der Form eines einfacl-en Häuschens zu er richten und in dem er bittet, die Vorlage über die Umge staltung des Theaterplatzes noch vor Beginn der Stadt verordnetenferien zu verabschieden. —* Die Lohndisserenzen im Dresdner Brauer gewerbe sind auch jetzt noch nicht beigelegt. Vielmehr sind die Verhandlungen zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern als gescheitert zu betrachten. Die Brauereien waren nicht abgeneigt, eine Lohnerhöhung eintreten zu lassen, doch lehnten sie weitergehende Forderungen deS Brauereiarbetterverbandes ab. Die Braueretarbetter vei> langten u. a. eine Herabsetzung der Arbeitszeit von 9'/^ auf 8 Stunden, eine Forderung, die von den Brauereien als unerfüllbar bezeichnet wird. Wahrscheinlich dürste eS zu einem Ausstand im Dresdner Brauergewerbe kommen. —* Zur Verwendung für die Armen in Dresden- Neustadt hat die am 19. April 1910 in Dresden verstorbene Johanne Friederike verw. Richter geb. Pestel 6 000 Mark Hinterassen. —* An der neuen König-Friedrich-August-Brücke wird anläßlich der bevorstehenden Einweihung eine bronzene Gedenktafel angebracht. Annaberg, 29. Juni. Die Stadtvertretung von Anna- berg und die Gemeindevertretung .von Kleinrückerswalde haben gemeinschaftliche Verhandlungen ausgenommen wegen Einverleibung letzigenannten Ortes nach Annaberg. Glauchau, 29. Juni. In der Nacht vom 18. zum 19^ Juni kletterten zwei Arbeiter aus Gesau im angetrunkenen Zustande auf einen Baum. Dabei siel der eine der Arbeiter herunter und blieb besinnungslos liegen, so daß er in seine Wohnung gebracht werden mußte. Gestern ist er seinen Verletzungen erlegen. Kamenz, 29. Juni. Ein Geschirrsührer kam mit einem Fuß zwischen die Speichen eines Lastwagens. Er trug öadet einen schweren Unterschenkelbruch davon. - j Llliibegast, 28. Jnni. Ter Bismarck-Ehrengarte», den Herr Ingenieur Otto Eugau auf seinem reizvoll au der Elbe gelegenen Grundstücke errichtet hat, ist nunmehr in der Hauptsache vollendet und bietet gerade jetzt zur Zeit der Rosenblüte einen überaus stimmungsvollen Anblick. Ilm die altersgrauen Steine, die Herr Eugau nach jahre- laugen Bemühungen von all den Stätten gesammelt hat, die mit dem Fürsten Bismarck oder seiner Familie in Zu sammenhang stehe», schlingen sich überall blühende Nosen- büsche. Der Plan des Herrn Eugau ging dahin, alle wesentlichen Zeitabschnitte des Bismarckschen Geschlechtes, so weit seine Geschichte reicht, also von l2l>9 bis 1898 be sonders zu behandeln. Zu diesem Zwecke erbat sich Herr Engau Steine aus allen jenen Orten, in denen während eines beinerkenöwerteu Zeitpunktes oder einer denkwürdi gen Begebenheit die Urahnen und Ahnen Bismarcks oder dieser selbst einmal geweilt haben. Tie Idee fand bis weit über Sachsens Grenzen hinaus große» Anklang und es trafen bald Steine im Gewichte von 10, 28, 10 und noch mehr Zentnern iu dem weltabgelegenen Dörfchen an der Elbe ei». Unter Freilegung eines größeren Gartcnteiles konnte nnnmehr das Werk gegründet werden, das den Namen „Bismarck Ehrengarten" mit vollem Rechte führt. Die Steine sind malerisch gruppiert und viele derselben sind mit Wappen, Inschriften usw. versehen. Man sieht hier historische Steine aus Friedrichsruh, Varzin, Kniephof, Kissingen, Schönhausen, Stendal, Göttinge» usw. Beson ders interessant sind drei Steine vom Burgwalle der Stadt Bismarck, wo sich 1201» der Ahuensitz des Bismarckschen Geschlechtes namen „BiScopesinark" befand, sowie ein ge schmackvoller Aufbau von Steinquadern und mächtigen Spitzkugeln, der von den Büsten des Kaisers Wilhelm I. und des Köiiigs Albert bekrönt wird. Jedenfalls bildet diese Bismarckehruug eine Sehenswürdigkeit für Laube gast. In einer mit 42 Illustrationen ausgestatteten Bro schüre gibt Herr Engau eine ausführliche Erklärung der ganzen Anlage und der einzelnen Steine. Leipzig. Bon einem Automobil überfahren wurde in der Delitzscher Straße der 7 Jahre alte Sohn deS Arbeiters Hanke. Der Knabe lief beim ZeitungSaustragen über die Straße und wurde von dem in voller Fahrt befindlichen Auto zu Falle gebracht. Er trug dabei einen Bruch des linken Oberschenkels davon. Lengenfeld, 29. Juni. Die Bäcker-Innung hat den Preis für Brot um 5 Pf. herabgesetzt. Neichenbach t. V., 29. Juni. Mehrere Jungen spielten mit einem geladenen Tesching. Als einer einen Schuß abgab, traf er einen seiner Gefährten in den Unterleib. Die Verletzung ist schwer, doch besteht keine Lebensgefahr. Gera, 29. Juni. Eine Arbeiterfamilie, bestehend aus fünf Personen, erkrankte hier nach dem Genüsse von Kar toffelmus an Vergistungserscheinuugen. Der herbeigerusene Arzt stellte fest, daß das Kartoffelmus statt mit Petersilie mit Schierling zubereitet worden war. Nach Anwendung von Gegenmitteln befindet sich die Familie außer Gefahr. Komotau, 29. Juni. Gestern wollte der 18 jährige Arbeiter Peniatz einen Treibriemen abheben, wurde dabei von diesem erfaßt und geriet in die Speichen des großen Schwungrades, das ihn mehrfach mit herumschleuderte. Der Unglückliche war aus der Stelle tot. Kirche und Unterricht. >< Tic Zahl der Katholiken in den Vereinigten Staaten wird nach den neuesten Berechnungen des „Ofsieial Eatholic Directory" auf 22Ü87 079 angegeben, das sind 111570 inehr als im Vorjahre. Im eigeutticheu Gebiete der Ver einigten Staaten wohnen 11817 027, auf den Hawaii- Insel», Porto Rico und den Philippinen 8 210 052. Die meisten Katholiken wohnen im Staate Neuyork: 2 722 019; in Pennsylvania 1191700; Illinois 1118 752; Massa chusetts 1 878 772; Ohio <,18205; Louisiana 517 181; Wis consin 582 217; Neu-Jersey -190 000; Michigan 189 551; seinen Teilen völlig umgearbeitet worden und dient nicht — 52 Qnkel recht gehabt hat, als er einen kleinen Riegel durch das Ehrenwort vorschob." „O, mein gnädiges Fräulein," rief er i» komischer Verzweiflung, — „mein Onkel und immer wieder mein OnkelI Na warte, dem gönne icb nun nachgerade einen kleinen Reinfall. Jetzt soll er mich wenigstens »ichc mehr daran hindern, zu sagen, was mir schier das Herz abdrückt, wenn ich cs noch länger verschweigen muß. Fräulein Waltraud," sagte er jetzt und sein klopfendes Herz benahm ihm fast den Atem, während er ihren Arni lostieß und ihre kleine Rechte mit seinen beiden Händen erfaßte - „Sie müssen dock! schon bemerkt haben, daß Sie mir keineswegs gleichgültig sind. Gleich, als ich Sie das erste Mal hier an der Seite Ihres Herrn Vaters erblickte, da rief es in meinein Innern laut und verständlich —" „Dummes Beest! Wenn ich nur Sporen und Reitpeitsche hätte, ich wollte dich schon unterkriegen — wirst du wohl stehen?" Otto erkannte zu seinem naineulosen Erstaunen die Stimme seines Onkels, der also fluchte und »vetterte. Gleichzeitig hörte er schnelle Tritte wie Pferdegetrappel, Knacken von Büschen und das Juchen und Schreien von einem halben Dutzend Damen und Herrenstimnien. Im näcUtcn Augenblick wurde ein Teil des Bosketts iiiedergetreten, das den Weg nach der vom Teiche abgewandten Seite umsäumte, auf dem Wal traud und Otto umhergewoudelt waren - und dicht neben ihnen sauste eine pustende, schuaufeude Masse vorüber, von der die beiden Lustwandelnden der bereits vorgeschrittenen Dämmerung und der kolossalen Geschwindigkeit wegen nur die Umrisse unterscheiden konnten und diese Umrisse zeigten für einen Moment einen Reiter auf dem Rücken irgend eines langohrigen Reit tieres mit haarlosen: Schwanz. Aber der kurze Augenblick genügte für Otto und Waltraud, die Identität des Tieres, wie seines Reiters festzustellen. „Hans!" schrie Waltraud, die einen heftigen Schrecken bekommen hatte. „Onkel!" erschallte gleichzeitig Ottos Stimme,, der nicht weniger be stürzt war, als seine Dame. Aber zu mehr als diesem Ausruf blieb nicht Zeit, denn nach einer weiteren Sekunde geschah ein kolossaler Plumps und beide wurden vom aufspritzendcu Teichwasser bespritzt, so daß Waltraud von neuem erschreckt, laut aufkreischte. Otto aber stand einen Augenblick starr, dann aber machte er sich daran, sein schönes modisch Helles Jackett auszn- ziehen, um hier rettend einzugrcifen. Da aber kam in vollem Laufe wieder ein Mensch daher und dieser bemerkte niit raschem Blick die Anstalten, die der Redakteur betrieb. „Bliewcn S' buten!" rief der Mann dem Redakteur zu, „Gefohr is do nich bi — dat Water is man dree Fant dcep un ick krig' dat ganz allein. Da bruken Sei Ehre schönen Kleider nich noch dreckig tau maken." Ohne eine Antwort abzuwarlen, ging er in das Wasser hinein, das ihm in der Lat nur bis zu den Hüften reichte, und gerade auf den Onkel zu, der pustend und schnaubend aus dem Wasser emportauchte. Der Esel »var so im Laufe gewesen, daß er durch das Gebüsch gebrochen und sich nun nicht mehr hatte halten können, als er die Wasserfläche vor sich sah. Aber nachdem er hineingesprungen war, hatte er sich natürlich „gebockt und der Onkel »var hoch, im Bogen über den Hals des störrischen Reittieres geflogen und hatte sich platt mit demjenigen Teile seines Körpers inS Wasser gesetzt, der von der Natur zum Sitzen bestimmt ist. - 49 — „Und dabei gründlichst ausgelacht wird, »vie ich Ihnen auch verraten kan»," warf sie lebhaft dazwischen. — „O, was haben sich die Dame», na,»ent- lich Fräulein Winterhanser, über den ollen „Knopp" lustig gemacht, der jo galant zn ihnen zu sein versuchte und den sie w gründlich an der Naie geführt haben. Nu», mich interessiert die Sache doch ein wenig, und als ich dann mich erkundigte, wie die Herren wohl möchlen geheißen haben - was mußte ich da hören? Ter eine von ihnen »vor ein Redakteur Tr. Eggenburg! und als i h mich nncmfsällig nach seiner Persönlichkeit eltnndigte - natürlich stimmt alles ganz genau. —" „Dabei ist mir aber eines ein Rätsel, mein gnädiges Fränlei»," sagte Otto sehr befremdet, „wie kommt es denn eigentlich, daß ich die Damen noch nie hier gesehen habe?" „Das kommt daher, »veil sie bei Ihrem ersten Besucl-e »och nicht hier waren, selbst meine Base nicht, die nicht zur Genesung, sonder» lediglich znr Zerstreuung hier ist. Als Sie das zweite Mal hier weilten, waren die Damen drüben im Seebade. Fräulein Winterhanser, deren Nervosität nicht all;» hartnäckig ist, gestattet Papa ab und zu gern eine kleine Extravaganz — aber als »vir vor kurzem drüben waren, konnte» wir sie nicht dazu bewegen, mil- ziiküinmen. — Nun, und die beiden andere», das sind einfach ihre Adjntan- tinnen und »vollen kaum etwas anderes sein." „O, ich kann Ihnen gar nicht sage», mein gnädiges Fräulein, »vie ich den Zufall verwünsche, der mich mit diesen Damen ziijämmengesührt hat." „Das schien mir nicht gerade so," entgegnete sie pikiert, „im Gegenteit - Sie schienen sich vortrefflich zu amüsieren. —" „Ich? wann? — Ich wüßte doch nicht " gab er erstaunt znrücl. ,Nun, heute — beim Abendbrot!" „Fräulein Wall»)," sagte er betrübt - „muß ich Ihnen den» erst sagen, daß meine Gedanken ganz Ivo anders —o Gott, verwünjchier Zufall, der mir heute zi sprechen verbietet — und heute gerade hätte ich Ihnen so viel zu jagen gehabt — aber —" „Nun," zuckle sie die Achseln mit gemachter Gleichgültigkeit, „sprechen Sie immerhin.— Was könnten Sie mir wohl zu sagen haben, was sehr wich tig wäre?" „Aber ich versichere Ihnen, es ist sehr wuchtig, »vollen Sie auch dann mich hören?" „Meinethalben!" „O — so hören Sie — aber bitte — bitte, hören Sie mir auch mit eini ger Aufmerksamkeit zu, sonst —" „Sprechen Sie, sprechen Sic doch," sagte sie fast heftig. Sie hatte die Maske der Gleichgültigkeit für einen Augenblick abgeworsen und die natür liche weibliche Neugier, die in solchen Momente» nur allzu verzeihlich ist, kam Poll zuili Durchbruch. ' Er horchte auf, nahin diesen veränderte» Ton für ein günstiges Zeichen, zog ihre Hand, die auf seinem Arme lag, fester an sich und begann: „Mein Fräulein, — Tie werden vielleicht verwundcrt sein, daß ich jetzt schon sage, »vas man sonst erst immer nach reiflicher Ueberlegung und monatelanger Bekanntschaft zu sagen pflegt — aber nicht wahr — Sie nehmen es darum nicht weniger ernsthaft auf?" LS „Schnurrig« Käu-e."