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Sächsische Volkszeitung : 27.07.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192207277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220727
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220727
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-07
- Tag 1922-07-27
-
Monat
1922-07
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 27.07.1922
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Donnerslag dc» 27. Juli 1022 Nr. 171. Seite 2 Bauernbundes, also über 77 Stimmen von 158. Denkbar ist also eine Mindcrheitökoalition mit Unterstützung der 21 Mittelpartei- ler gegen die 48 Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktionen, so dag die Stimmcnzahl 07 betragen würde. Die Mittelpartei würde dann mit ein bis zwei Sitzen vertreten sein (Justiz- und eventuell Handelsministerium). Der Münchener Stadlrat gegen die bayerische Negierung München, 2». Juli. Die Mehrheit des Münchener Sladt» rateS nahm gestern gegen die Stimmen der Bayerischen Volks» Partei und den Vertreter der Deutschen VoUspartei einen Dring, lichkeitsantrag an, der die Stellungnahme der bayerischen Regie rung bedauert und verurteilt und ihre Zurücknahme verlangt, weil durch diese Stellungnahme ernste Gefahren politischer und wirtschaftlicher Art hervorgerufen werden, die den Volkskörper erneut gefährden und in ihrer «Zorn, die Reichseinheit gefährden. Matznahme« der Neichsregierung gegen Bayern Bcrlln, 26. Juli. Die Aussprache im Ncichskabinett ergab die übcreinstiinmeude Auffassung sämtlicher anwesender Minister. Ai» eine Anwendung der ReichSexekutive denkt die Neichsregie» rung nicht. Sie wird vielmehr den» Vorgehen der bayerischen Re» gievung verfassungsrechtliche Maßnahmen entgegenstellen und hierzu stehen ihr drei Wege offen und zwar 1. Aufhebung der Verordnung durch den Reichspräsidenten, 2. Einberufung des Reichstages und Beschlußfassung über die Notverordnung der bayerischen Negierung und 3. Einberufung des StaatSgerichts» Hofes. Unter diesen drei Möglichkeiten wird sich das ReichSkabi- »eit wahrscheinlich die letztere wählen. Von einem Rücktritt des RcichSernahruiigSmiiiisters Fehr, der für das Gesetz stimmte und gegen besten Willen der Bayerische Bauernbmch die bekannte Resolution gefaßt hat, kann keine Rede sein. Die Entscheidung des Kabinetts ist, wie der sozialdemokratische Pressedienst mit» teilt, nicht vor Herste nachmittag zu erwarten. Der Erzbischof von Köln und die kqtholischen Beamten Es ist eine bedauernswerte Tatsache, daß auch der einst so hochwertige deutsche Bealnteiistand von de» gemeinschaftsfcind- licheu modernen Zeitideen nicht unberührt geblieben ist. Das ist für unser zerklüftetes deutsches Vaterland, dem eine feste Stühe, wie sie ein gediegener, bernfstreuer, staatsbewußter Beamten» stand darslellt, bitter not tut, ein besonders großes Unglück, kann sogar seinen Bestand ernstlich gefährden. Ein Bollwerk gegen alle weitere Standcsvergiftung, eine Schule zur beruf liche» Veredelung sind die katholischen Beamtenvereine. (Gencral- sekretariat Köln, Gcreonskloster 14). Gelegentlich einer großen Kundgebung des Stadtverbandes Köln, die von Tausenden kathol. Beamten besucht war, hielt der Protektor des Gesamtverbandes, Kardinal Schulte eine Ansprache, die gerade heute ernsteste Be achtung der Beamtenschaft »nd der ganzen katholischen Oeffcnt- lichkeit verdient; der Kardinal führte u. a. aus: Vor zwei Jahren in dem großen Festzug des Kölner Katho likentages (ich vergesse das nie) da habe ich Ihre imponierende Schar zum ersten Male gesehen und da weckte es in meinem Herzen eine große Dankbarkeit, als alle Beamten mir, dem damals neuen Erzbischof, zu meiner Wohnung hinauf den Gruß katholischer Treue entboten. .Heute erwidere ich abermals mit einem Herzen voll innigster Dankbarkeit Ihren Gruß und das feierliche Gelöbnis, das mir von Ihrem verehrten Generalpräses entboten wurde und das in der inhallreichen Festrede so wahr haft katholisch und so echt deutsch und patriotisch unterstrichen wurde. Dieses feierliche Gelöbnis hat meinem Herzen wirklich wohlgetan. Ich akzeptiere dieses Gelöbnis als ein Manneswort, das aus Ihrer aller innigster Ucberzeugnng ausgesprochen wurde, als ein Manneswort, das in diesen unzuverlässige» Zeiten zuver lässig scststchcn soll, wie die deutsche Eiche in Stnrm und Wetter am deutschen Rhein. Es ist mir auch ein tiefes, innerliches Bedürfnis, Ihnen als Mitglieder des katholischen Beamtenvereins öffentlich meinen Glück^nsch zu sagen zu solch männlicher Uebcrzengungstreuo solch männlichem Bekeuntnismut inmitten einer immer mehr ans den Fugen gehenden Welt, die eben, weil sie nicht hören will, fühlen muß, daß ohne Gott kein Heil hicnieden möglich ist. Gott sei es gedankt, daß in der uns so beruhigenden um- rauschenden Gegenwart mit ihren himmelschreienden Notständen und ihren haßerfüllten Wirtschaftskämpfcn so viele tausende katholische Beamte furchtlos und aufrecht Hand ans Werk gelegt haben, um dafür emznstehe», daß über all den Wirtschaftsnöten und Wirtschaftskämpfen nicht schließlich noch, die eigenen Güter des Lebens, vor allem die ewigen und unveränderlichen Grund sätze der täthol. Glaubens- nnd Sittenlehre preisgegcben werden. Die Konferenz der deutschen Bischöfe in Fulda, die sich alljährlich sorgenvoll Rechenschaft geben muß über die Forderungen der Zeit und über den Stand der Dinge im vergangenen Jahre begrüßt in dem Düster der Gegenwart als einen verheißungsvollen Licht strahl die Gründungen und das Aufblühen der katholischen Be« anitciivercinc. Die katholischen Bcamteuverciiie, die mit außer ordentlicher Schnelligkeit in vielen Städten Deutschlands, be sonders im Weste», sich ausgcbreitct haben, und die, wie ich höre, bereits 80 Zweigvcreine zählen, davon 14 allein in der Stadt Köln, wo ja auch die Wiege der katholischen Beamtcn- vercinc sich befindet, haben nach meiner und nach aller deutschen Bischöfe Ucbcrzcngung unter den verschiedenen katholischen Organi sationen, die praktische Arbeit leisten, die in ihren eigenen Reihen die Schlafenden auswccken, die Schwankenden stützen, die Lauen, ermutigen, überhaupt zur geistig-sittlichen Erneuerung des Volks- ganzeu Wertvolles beitragen, eine besondere Berechtigung und eine besondere Wichtigkeit deshalb, ivcil ein Volk wie das unserige, daS auf der schiefen Ebene der Gottlosigkeit, der Unzucht und der Auflehnung gegen jede Autorität so rapide herabgeglitten ist, für vollkommen verloren erklärt werden muß, wenn sogar der Geist der Bcamtcnschast von der gleichen Korruption nicht ver schont bleibt. Die deutsche Beamtenschaft steht heute mitten in der Revolution jd«S VcauitengeisteS. Wer ein Einsehen dafür hat, in welchem Grade das Volkswohl von dem Geiste eines aus allen sozialen Schichten zusammengesetzten Beamtcnstandes ab hängig ist und wer ein Einsehen dafür hat, was heute in diese« Hinsicht bei uns ans dein Sviclc steht, jetzt nach Krieg und Revolution, jetzt in diesen uuerhörtcn Nöten und Teuerungen, der muß sich mit den Bischöfen freuen über das Entstehen und Aufblühen von katholischen Bcamtenvereinen, die bestimmt, gewillt und bestrebt sind, den Stand der Reichs«, Staats- und Kommunal» beamten trotz allem auf der Höhe zu halten, auf die Höhe zu bringen von Treue und Wahrhaftigkeit, von Disziplin »nd Zuver lässigkeit. Wer die Zeichen der Zeit versteht, der muß begreifen, weshalb der Episkopat all den Seelsorgsgeistlicheu besonders dankbar ist, die unbekümmert um die bereits sonstige erdrückende Vereinsarbeit den gutgesinnten katholischen Beamten freudig und freundschastlich zur Seite stehen, um durch den segensvollcu Ein fluß des katholischen Gedankens, der katholischen Berussausfassung allmählich jener furchtbaren Gefahren Herr zu werden, die dem Geist des deutschen Beamtenberufes heute nachstellcn. Bei dieser Gelegenheit möchte ich der Geistlichkeit in unserer Erzdiözese, in der doch die katholischen Beamteirvereine zuerst ins Leben gerufen wurden, mein Vertrauen bezeugen, daß sie beseelt von dem selbstlosen Paulinischen Verlangen, allen alles zu wer. dc» und eingestellt mit ihrem Oberhirten auf die Forderungen der Zeit und den Stand der Dinge, die besondere Berechtigung und Wichtigkeit der katholischen Beamtenvereine anerkennen und ohne Säumen an ihre Förderung Herangehen wird. Und nun noch ein Wort der Anregung, der Ermunterung und der Er mutigung! Kein Berufsstanü hat heute so die wirtschaftliche Armut und Not unseres Vaterlandes zu kosten bekomme» wie der Veamtenstand. Die Gehaltserhöhungen konnten der Not nur immer unvollkommen abhelfen, weil sie von neuen Teuerungs wellen sogleich wieder verschlungen wurden. Der ans Unzu» friedenheit und Erbitterung geborene Radikalismus hat diese Stunde gründlich ausgenutzt, er hat auch im Veamtenstand seine Anhängcr gefunden und bereits Gelegenheit genug gehabt, um die politischen, gewerkschaftlichen, religiösen Gegensätze in unserem armen, innerlich zerrissenen Volke noch schlimmer zu verschärfen. Ihre Mitgliedschaft im katholischen Beamteuverem bürgt mir dafür, daß Sie die Schicksalsstunde, die mit einer solchen Situa tion gekommen ist, verstanden haben, daß Sie gewiß Ihre berech tigten Forderungen vertreten wollen, aber ohne gleichzeitig den sozialen und religiösen Irrlehren der Gegenwart sich auSzuIie» fern und eben dasjenige mit über Bord zu werfen, was Sie allein aus dieser notvollen, kranken Zeit herausführen kann. Der katholische Bcamtenverein, dem der Schwur Ihrer Treue gilt, wird Sie vor dein Verhängnis bewahren, ein zwie spältiges Doppelleben zu führen, eines als Christ und das an» dere als Beamter und so zu denken und zu handeln, als ob diese beiden Leben nichts mit einander zu tun hätten. Der katho lische Bcamtenverein wird Sie vor der großen Täuschung unserer Zeit bewahren, als ob jene das wahre Wohl der Menschheit för derten, die ihr Sinnen und Sorgen ganz auf diese enge Erde und das kurzfristige Menschenleben beschränken und darüber ihr Bestes, ihre Seele und ihr Gewissen, preisgeben. Der katholische Bcamtenverein wird unbeirrt den Finger auf di« Wunde legen und zeigen, daß der Fluch und das Verderben von unserem armen deutschen Volke nicht weichen wird, so lange der Geist des Klas senkampfes, der Geist der rücksichtslosen Selbstsucht, der unsitt lichen Genußsucht, der allgemeinen Autoritätslosigkeit nicht über wunden ist. Dieser Geist ist es, des alles verdirbt und alles vergiftet, der auch die bestgemeinten und glücklichsten Reformen wieder zu nichte macht. Diesen Geist gilt es zu bannen und unser katho lischer BeamtenVcrein weiß, daß er nur gebannt werden kann durch den Geist der christlichen Gerechtigkeit und christlichen Liebe. Gesetzgeberische Maßnahmen können wohl das äußere Gefüge für eine Neuordnung und Besserstellung schassen; aber der innere belebende Geist kann nur vom Christentum, vom praktischen Christentum der Gerechtigkeit und Liebe kommen. Nur auf dem Boden des Christentums wird nach katholischer Ueberzeugung unser morsches StaatSgefüge wieder gefestigt, unser sittlich ange- faultes Volk wieder genesen, mir auf christlichem Boden wird vcr endliche friedliche Ausgleich der sich versöhnlich gegenüber- stehenden Berufs- und Standesinteressen erreicht werden können. Wie wächst von solchem Standpunkte aus betrachtet die Bedeutung des katholischen Bccmiieiivercins, wie wächst aber da auch die Gewissenspflicht seiner Mitglieder, um die allein heilenden und veredelnden Kräfte des Christentums und der Kirche möglichst wieder zur Geltung zu bringen. Aus dem Ausland Ein Brief des Botschafters Dr. Mayer an Poincare Paris, 26. Juli. Ter Jiitransigeant veröffentlicht an, Diens tag abend einen an den Ministerpräsidenten Poincare gerichtete» Brief des vcntscheu Botschafters in Paris vom 16. Juli, der ui» eine Reduktion bezw. Stunonng der deutsche» Zahlungen an di« interalliierten Konipensationsbüros nachsucht. Deutschland habe nach dem Abkommen vom 21. Juli 1921 bisher eine monatliche Abzahlung von zwei Millionen Pfund Sterling an die inter alliierten Kompensationsbüros zu entrichte», um die bei Kriegs ausbruch bestandenen Privatfordernngen an deutsche Staatsange hörige zu tilgen. Der deutsche Botschafter verlangte gestern im Namen der deutschen Reichsregierung und unter Hinweis ans den Marksturz eine Herabsetzung dieser Raten. In seinem Brief führt er aus, daß au das gemischte Schiedsgericht eine Reihe von Klagen gelangt seien, welche unverhältnismäßig hohe Forde rungen an deutsche Staatsbürger geltend machen. Täglich liefen neue Klagen ein, deren Aburteilung noch zu erwarten sei. Dis amtlich festgesetzten Forderungen sollen bekanntlich in erster Linie auS dem Erlös deS beschlagnahmten deutschen Eigentums in den alliierten Ländern gedeckt werden. Darüber hat Deutschland mit einzelneii Staaten Soliderabkommen geschlossen. Der Fehlbetrag der Forderungen sei jedoch in bar zu erlegen. Die deutsche Re gierung stellt das Ersuchen, baß von Deutschland während der Dauer des nachgcsuchten Moratoriums keine neuen Barzahlungen verlangt werden sollen. Die Vertreter der interalliierten Koinpen- sationsbüros haben gestern über den Inhalt des Briefes eine Beratung abgehalten. Der Standpnnkt ging dahin, daß nicht das Deutsche Reich, sondern die deutschen Privatleute die Schuldner seien und daß diese sehr wohl im Stande seien, ihren Verpflich tungen gerecht zu werden. Das Deutsche Reich habe ans diesem Willen erklärt, es werde künftig an die Stelle dieser Privat- schuldner treten. Deshalb ist es wenig wahrscheinlich, daß sich die interalliierten Kompensationsbüros den Standpunkt der deut schen ReichSregiernng zu eigen machen und die Herabsetzung oder Stundung verfügen werden. Harding Vermittler im Bergarbeiterstreik Paris, 26. Juli. Aus Neuyork wird berichtet, daß Präsident Harding persönlich die Leitung der Verhandlungen übernehmen will, die zwischen den Arbeitern und den Besitzern der Eisenbah nen und Grubengesellschaften zu einer Einigung in der nächsten Zeit unternommen werden sollen. Gleichzeitig hat der HandeiS- minister Hobe angckündigt, daß er selbst durch Vermittlung der Handelskmnmission die Verteilung der K.'lilcnvorräte in den vom Streik betroffenen Gebieten übernehmn a ill. Eine „Angora-Konferenz" bei Poincare Paris, 25. Juli. Fethi Beh, der Minister des Aenßercii der Regierung von Angora konferierte in Begleitung des Ferid Vey, Gesandten Angoras in Paris, mit Poincarä am Sonnabend nach mittag. Internationales Arbeitsamt Jnteriaken, 26. Juli. Heute beginnt die 18. Sitzung deS ausführenden Rate» des Internationalen Arbeitsamtes in Jnterlaken. Vertreter von 11 Ländern werden an der Tagung teilnehnien. Außerdem werden 6 Arbeitgeber und Arbeitnehuier-Delegierte und eine Anzahl von Hilfsarbeitern teilnehmen. Internationaler Lnftschiffahrtskongretz Paris, 26. Juli. Echo Parisien schreibt, daß in London gegen Ende Juni 1023 ein Internationaler LllstschüsahrtSsongieß stattfindeu werde unier dem Vorsitz des Herzogs von Uork. Kein englischer Sympathiestreik Washington, 26. Juli. Die Nachricht, daß die englischen Bergleute auf Ersuchen der amerikanischen Bergleute mit ihnen in einen Sympathiestreik eingetreten sind, entbehrt jeder Bestätigung. Schweden gegen die Moskauer Blntnrteile Stockholm, 26. Juli. Schweden hat im Namen der Sozial, dcmokraten bei der russischen Negierung gegen die über Revolutio nären gefällten Todesurteile flammenden Protest eingelegt. Deutsches Reich Graf Brockdorff-Nantzau russischer Botschafter Berlin, 26. Juli. Wie die T.-U. zuverlässig ersährt, sieht die Ernennung des Grafe» Brockdorff-Rantzau zum Botschajter in Moskau in einigen Tagen bevor. Aufdeckung einer Geheimorganisation Hamburg, 26. Juli. Der Altonar Polizei ist cs gelungen durch Ausdeckung einer Geheimorganisation mehrere Personen zu verhaften, die sich mit putschistischen Plänen befahlen Umfangreiches Aktenmaterial ist durch den Oberstaatsanwalt in Altona dem Staats- gerichtShof übergeben worden. In Rom und in Italien Bon Dr. Adrian, Erfurt , (Fortsetzung.) Nun muß ich noch etwas vom altheidnJchrn Rom erzählen. Es liegt mehr in den südliche» Bezirkei» der Stadt, wähcend das mittelalterliche und n<"ae Rom sich immer mehr »ach Nordcn hin ansgelninr hat. Vom alten No», in Trümmern besucht man zuerst das Forum, wo das Staatslebc» sich abspiclte. Wer Härte nicht schon das Bild vom Forum gesehen mit diesem Wold von Säulen, von denen nur noch wenige trümmcrhast erhalten sind? Es ist schwer, sich i» dem Gewirr zurechtzufindcn. Ich bin drei mal eigens zur Besichtigung dagewesen, zu zweie», zu fünfcu und dann wieder zu zweien. Erst allmählich wird cs einem klarer. Vor allem darf man nicht denken, das Forum oder der Markt sc! ein großer freier Platz, ohne Gebäude. Nein, Forum steht im Gegensatz von .zu Hause". Alles Nicht-Private, Oeffent» liche. Gemeinsame gehörte auf das Forum. Kaufen und Ver kaufen — ja; Geldgeschäfte — ja; aber auch das ganze staat liche und religiöse Leben. Achnlich wie wenn bei uns Rathaus. Hauptkirche, VoltshauL nnd VerkaufShallen nahe beieinander wären. Denken wir uns in Erfurt die Strecke vom Warenhause am Anger bis zum Kaiscrplatz. Das ist etwa die Länge des römi sche» Forums. Da, wo das Warenhaus liegt, denke man sich hoch mi, Abbang des Kapitols das jetzige römische Rathaus, nach den. Plane Michel AngcloS erbaut: viereckig, in rotem Backstein, mit einem hohen vierkantigen Turm. Vo» da würde man nach unten schauen ans das Trümmerfeld des Forums, daS auf dem .Kaiserplatze seinen Abschluß fände in der fast 56 Meter hohen -iiesenruinc des Kolosseums, das einst 00060 Menschen faßte. Nun das Trümmerfeld des FonnnS. Wir beginnen am Ko-* pitol, dort, wo daS jetzige römische RoihanS sieht (in Erfurt daS Warenhaus). Ganz oben am Abhang des Hügels stand der ge waltige Bau des Staatsarchivs, daran ansckstießend nach unten zu drei Tempel nebeneinander, einer der zwölf Haupigöiter RomS (rechts), der Tempel deS Bcspasian (Mitte) nnd der Tempel der Konkordia (Eintracht, links). Daneben der schon genannte Ma« mcrtinischc Kerker für die Staatsgefangenen, t Daran anschließend, etwa in der Flucht Hcnrpipost—Kom mandantur, die große siebciischifsigc Basilika Julia, von Julius Cäsar erbaut, 100 Meter lang, 50 Meter breit, dem öffentlichen Derkcbr dienend lLage der PoiN, daneben die Mostra oder Ned- ncrbnhne der Kaiscrzeit, geziert mit den Schiffsschnäbeln er oberter Schiffe, daneben der Triumphbogen des Septimius Se verns, davor als freier Platz das Konsilium für die Volksver sammlung. Den Abschluß links bildete die Curia Julia, die von Julius Cäsar erbaute Versammlungshalle für den Rat der Alten, den Senat (auf deren Fundamenten sich jetzt das Kirchlein des hl. Märtyrers AdrianuS erhebt). An dieser Stelle ist man mlt den Ansgrabungen wieder in die Tiefe gegangen und man findet da noch fünf Pflaster unter dem houtigen. Das mittelalterliche Travertinpflastcr von ciiva 800, darunter das aus der Kaiscrzeit von 300, darunter ein Marinorpflaster aus der Zeit Christi, viel leicht von Julius Cäsar, darunter die älteste Travertinpflasterung ans der Zeit der Republik. Noch tiefer in der Erde ist ein schwarzes Marmorpflaster (lapis niger). Hier, sagt man, sei das Grab des Gründers »nd ersten Königs von Nom, des Naniulus, verehrt worden. Also eine Spanne Zeit von 753 vor Christus bis 1022 nach Christus in einer Schichtung von gut zehn Metern übereinander! DaS ist Rom. Links, etwa von der Erfurter Kommandantur bis zur Bahnhofstraße, lag die Basilika Aemilia, eine genniltige Wandelhalle mit Ladenlokalen mit hinterliegen» dem, drcischiffigcm Jnnenraum, von dessen Marmorpracht die er haltenen Neste des Fußbodens ein anschauliches Bild geben. Gehe» wir auf de», Anger weiter, dann würde Ecke Anger- Schlösscrstraße, der Post gegenüber, der Tempel des Castor und Pollux liegen, von dem noch drei einsame Säulen mit aufliegen- dem Gesims in die Höhe ragen. Kleine Nachbildungen in Mar mor findet man in der Regel in allen Kunsthandlungen. Rechts weiter schließen sich an der runde Tempel der Vesta, jetzt mit allerhand Blumen und Rosenstauden überwachsen, wo im alten heidnischen Rom daS heilige Feuer imiterhalten wurde, von dessen Nichterlöschen der Bestand des Staates abhing. Unter halten wurde dieses hl. Feuer von den vestalischen Jungfrauen, die nebenan im Atrium Vestae ein gemeinschaftliches Leben füh- tcn. In dem Hofraum de? großen Baues ist jetzt noch ein kleiner Teich mit stets sich erneuernde,n Wasser. Neben dem Vestatempel sind die Ueberreste vom Tempel des MarS, dev KricqSgotteS: Jungfräulichkeit, Frauentugcnd und Gebiet der Frauen allein tuen cs nicht, cs gehört auch die staatserhaltende Kraft todesmutiger Männer dazu . Weiterhin rechts bis KM» Monnmentalbrunnen ziehen sich große Mauerrcste hin, die wohl von den gewaltigen Spcicherräiimcn herrühren, in denen die Vorräte für die Ernäh rung des Volkes und des Heeres aufbewahrt wurden. Wie wichrig solche Vorräte sind, haben wir selbst in den Kriegsjahren gefühlt. Nun verfolgen wir die linke Angerscite von der Bahnhof- straßc an. Zunächst muß ich noch bemerken: über das ganze römische Forum zog sich di« sogen. Via sacra, der hl. Weg, auf dem die Triumphzüge stattfanden. Dieser Weg ist aber nicht ,m entferntesten so breit wie der Anger, sondern etwa so breit wie die Stiftsgasse oder Vorngasse, so daß man sich wundern muß. wie der Zug sich hindurchbcwegen konnte. Denkt man sich also an der Stelle des Museums an, Anger den Tempel des Kaisers Antonius Pius und seiner Gemahlin Faustina nnd daneben den Tempel des RomuluS, des Sohnes des Maxentius, der nachher aber dem Siegerkaiser Konstantin geweiht wurde, dahinter den „Tenrpel der heiligen Stadt" und der »Friedenstempel", in dem Kaiser Vespasian die Beute aus dem Tempel von Jerusalem unterbrachte (letzt steht hier ein Kirchlein der heiligen Kosmas und Damian), dann wurde dir Breite des Angers auSgesüllt durch den Triumphbogen des Kaisers Augustus, der die Via sacra überwölbte, und durch den Tempel des Julius Cäsar, der an der Stelle im Jahre 44 vor Christus nach seine« Ermordung verbrannt worden war. Hinter diesem Tempel des zur Gottheit erhobenen Julius Cäsar, also auch gewissermaßen mitten auf dem Anger, stand die Regia, d. i. das AmtShauS des Pontifex Maximus („Oberster Brückenbauer"), des Hohenpriesters des römischen StaatSwcsens. Ihm lag die öffentliche Wohlfahrtspflege und die ReligionSübuilg ob. Die Kaiser selbst waren Inhaber dieser hohen Würde. Kaiser AugustuS hat hier im Anfänge feiner RegierungSzeit selbst ge wohnt. Später, als er sich oben auf dem Palatin feine herrliche Kaiserburg erbaut hatte, schenkte er die Regia den vestalischen Jungfrauen. Bekanntlich tragen jetzt noch die Päpste der kacho» lischen Kirche den Titel Pontifex MaximuS (P. M.) oder einfach Pontifex cP.), z. B. Pio, XI. P. P., PiuS XI., Papst, Pontifex. Der Papst betrachtet sich also als in die pricsterlichen und sozia len Würden und Pflichten des alten heidnischen Hohenpriesters eingetreten, sie aber mit neuem, christlichem Geiste erfüllend. Die ganze weitere linke Angerseite bis zum Monumentai- brunnen würde ausgefüllt sein von den gewaltigen Ruinen d,r Basilika des Kaisers Konstantin, 96 Meier lang, 64 Meter breit. Sein Gegner Maxentius hatte den Bau begonnen, der Sieger Konstantin hat ihn vollendet. Dort, wo in Erfurt der Häuserblock hinter dem MonumeNB talbrnnnen steht, denke nian sich in der Ausdehnung von 120 zu 100 Meter den Tempel der Venus und der Roma, auf besten Trümmern sich jetzt, etwas größer wie die Wigbertikirche, ein christliches, altehrwürdigcS CloitcshauS erhebt, ursprünglich der hl. Mutter Gottes geweiht, jetzt der LieblingSheiligci, von Rom. der HI. Witwe FranciSca Romans. Ringsherum ist Rasenfläche mit Säulenstümpfen und Trümmerhaufen.
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