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Bernf.Sprets, Ausgabe -c mit 2 Bettaacn viertcljithrlich S,10 -»c. In Dresden und ganz Deutschland frei Haus S,SS in Oesterreich 1,1t X. AuSgabe 8 nur mit Feierabend vierteljAhrlichl.^Ockc. I» Dresden und ganz Deutschland krei Hnns 2,SS ^ in Oesterreich 1,07 X. — Einzel-Nnmmcr IO ^ Wochentags erscheint die Zeitung regelmäsug in de» ersten Nachmillagsstundeiu die Sonnabcildnumincrcrscheint später. Anabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Unterhaltungsbeilage Dis illriftVievte Zeit und Sonntagsbeilage Feierabend Anzeigen- Annahme vonGeschäftsanzeigeu bis IO Uhr, von Familien- anzeigcn bis I I Uhr, Preis für die Petil-Lpallzeilc SO im ReNameteil SO Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher aus gegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit für die Nichtigkeit des Textes nicht übernehmen, Redaklions-Lbrechstunde: IO bis I I Uhr vormittags. Für Rückgabe cingesandtcr Echriflsl, macht sich die Redaktion nicht verbindlich; Rückwndung erfolgt, wenn Rückporto bei- gesügt ist. Brieflichen Allsragen ist AlUwortsporto beizufügcn. Nr. 293 Geschäftsstelle und tNevatliou Dresden-A« 16» Holbeinstraste 46 Mittwoch den 23. Dezember 1914 Fernsprecher 13. Iahrg porxeUan Lteiaxut 0!L8 «ns Kristall Oebeaucds- u. LlorLexenstLuck« ^nkäuser LSuix^ckod»uu-8lr«cü« Probleme Von allen unseren Gegnern gilt einer dem deutschen Lote als der Feind: der Nänkespinner und Vötkerverhetzec England. Denn nur seiner Habgier verdanken wir das blutige Ringen, das die Welt erschüttert. Um sv natürliches- in es, wenn sich bei uns immer wieder die Frage anfwirst, vb und wie es denn möglich ist, das meerumgürtcte Eng land am Lebensnerv zu treffen, Wohl ist England in seinen Kolonien aufs tiefste zu treffen, aber endgültig bezwungen wird es erst sein, wenn der englischen Hydra der Kopf zer treten wird. Das Nächstliegende ist ja der Gedanke einer Truppenlandung in England. Aber — und ein sehr ge- wichtes Aber — dieser Gedanke ist leichter, als die Tat. Wohl mag es möglich sein, eine verhältnismässig starke Trupvenmacbt an Englands Küsten zu landen, aber schwie rig und gefahrvoll ist auch dies. Man vergesse nicht, das; England über eine Seemacht verfügt, mit der es sein ganzes Jnselreich nianergleich schützen kann. Aber selbst gesetzt den Fall, eine Landung gelänge, dann tauchen sofort neue Schwierigkeiten auf noch schtverwiegenderec Art. Tie Ver proviantierung und die Nachsendnng von Munition wären für ein Landungskorps in England geradezu eine Lebens frage. Und was auf dem Lande schon gerade nichts Leichtes ist, da? mutz bei einem Transport über See auf Schwierig keiten in ungeahnter Grösie stoßen. Doch das sind schließ lich alles Fragen, über die unsere Heeres- und Marineleitnng zu entscheiden und zu befinden hat. Eine andere weit gefahrlosere Möglichkeit aber bietet die Erfahrung, die wir im Verlaufe der vier Kriegsmonatc mit unseren Unterseebooten gemacht haben. Die Erwar tungen, die man an diese neue Waffe seinerzeit bei ihrer Einführnng knüpfte, sind durch ihre Erfolge weit übertroffen worden. Unsere Unterseebootwaffe hat den Engländern bereits empfindlichen Schaden zngefügt und zugleich die Aussicht <inf weitere Verwendungsmöglichkeiten eröffnet. Wir wissen jetzt, daß unsere Unterseeboote des größeren Typs mindestens 11 Tage in Tätigkeit bleiben können, und daß es ihnen möglich war, das ganze englische Jnselreich zu umfahren. Und in Unterseebooten größeren Typs sind wir England überlegen. Das ist von niemand geringerem als Herrn v. Tirpitz konstatiert worden, auch hat er einem ameri kanischen Pressevertreter gegenüber erwähnt, daß Deutsch land HO neue Unterseeboote größeren Typs baut. Daß Eng land die Tätigkeit unserer Unterseeboote außerordentlich empfindlich verspürt, das beweist am besten die Tatsache, daß e§ diese Waffe mit dem schönen Namen „Seepest" be- daäm hat. Möge unsere Unterseebootwaffe wirklich zur See- uesi für England werden. Nicht nur der Kriegsflotte Eng lands möge in Zukunft die nützliche Tätigkeit unserer Unter seeboote gewidmet sein, sondern in gleichem Maße auch der englischen und überhaupt der feindlichen Handclsschiffahrt. Je mehr Handelsschiffe des Feindes durch unsere Unter seeboote auf Meeresgrund versenkt werden, um so schwerer und empfindlicher wird England in seinen Lebensinteressen getroffen werden. Nicht nur sein Handelsgeschäft wird dem Engländer unterbunden, sondern, was noch wichtiger ist, die Lebensmittelversorgung Englands, auf die cs aus seinen Kolonien und vom Auslande angewiesen ist, wird in Frage gestellt. Hier also liegt unseres Erachtens die beste Mög lichkeit, ohne allzu große Opfer England zu Boden zu ringen. Möge man nicht einwenden, daß diese neue Ver wendungsmöglichkeit unserer Unterseeboote doch allzu frag würdig erscheint. Wir können uns hier auf das Zeugnis eines Mannes berufen, dessen sachverständiges Urteil schwer in die Wagschale fällt: des Staatssekretärs v. Tirpitz. Herr v. Tirpitz hat sich dahin geäußert, daß ein Unterseebootkrieg gegen die feindliche und besonders englische Handelsschiff- fcchrt sehr wohl möglich ist. Und im Kriege soll man sich nicht scheuen, jedes zulässige Mittel zu gebrauchen, um den Gegner auf die Knie zu zwingen. Namentlich wenn es sich rinr einen Gegner wie England handelt. England hat ge droht, uns aushungern zu wollen. Es würde ihm also nur mit eigenem Maße gemessen, wenn unsere Unterseeboote England umzingeln, jedes englische Schiff und jedes seiner Verbündeten, das sich irgend einem großbritannischen Hafen nähert, torpedieren lind dadurch die Nahrnngsmittelzufuhr abschneidcn. Jedenfalls dürfen wir zu unseren maß gebenden Stellen das feste Vertrauen haben, daß sie kein Mittel unversucht lassen werden, um Englands frechen Uebermut niederzuzwingen und damit der Welt den Frie den zn geben. Das Wie und das Wenn einer solchen Aktion müssen wir vertrauensvoll unserer obersten Heeresleitung überlassen, uns bleibt nur übrig, durch festes, unerschütter liches Vertrauen unserer Regierung den nötigen Rückhalt zn bieten, und dann wird es trotz aller Schwierigkeiten ge tingen, Englands Herr zu werden. Der wirtschaftlich« Zusammenbruch Frankreichs Die „Neuyorker Staatszeitung" veröffentlicht einc Korrespondenz aus Frankreich, in der es heißt: „Auch wenn Josfre, oder wer immer an seine Stelle treten tonnte, sich auf seinein famosen, von Belfort bis zur Nordsee reichenden „Damm" halten würde, meinetwegen bis Weihnachten oder bis Ostern oder auch bis Ende des nächsten Jahres, für das Kitchener ihm eine neue Million frischer Tommy Atkins zugeschworen hat, so kann sich doch aber das wirtschaftliche Frankreich nicht noch einen Monat länger auf dem Dumm halten. Dieses wirtschaftliche Frank reich verliert zusehends den Boden unter den Füßen. Und um diese furchtbare Tatsache wissen alle Franzosen, mit Ausnahme vielleicht des Heeres oder eines großen Teiles der Armee. Alle Franzosen durch die Bank! Nur sagen darf es keiner in der Oeffentlichkeit. Tie Generalsyndikate, Handelskammern und sonstigen Vertretungen der gewerb lichen Stände haben in bewegten Sitzungen den Klagen des Volkes Worte verliehen und die Negierung ersucht, alsbald Abhilfe zu schaffen, wenn Staat und Gesellschaft nicht elendiglich zugrunde gehen sollen. Wir erfahren aus den Beschlüssen dieser Körperschaften, daß es weite Gebiete gibt, wo der postalische, der Eisenbahn- und der Schiffahrtsver- kebr seit Kriegsbeginn überhaupt nicht funktionieren, daß ganze Städte mit der vollkommenen Hemmung des Ver kehrs in das Mittelalter zurückversetzt worden sind, auch wenn sie die Eisenbahnen vor ihrer Tür liegen haben. Alle Betriebsmittel- und -Kräfte sind ihnen entzogen worden. Die eisenbahn- und postlose schreckliche Zeit können sie nun nicht länger ertragen, und es ist darum an verschiedenen Orten zn Hungerrevolten gekommen. Der Franzose beginnt nachdenklich, skeptisch zn werden. Er ist am Anfang, aber das Ende sieht er schon. Und wenn er es auch nicht sehen wollte, so sagt es ihm sein Beutel mit der furchtbaren Leere, seine Umgebung, die ihn verzweifelt anstarrt, seine Presse, die er verachten gelernt hat. Er hat seine Proteste der Negierung auf dem Instanzenweg vorge tragen. Sie kann nicht helfen. Wer kann ihm überhaupt noch helfen? Wenn Joffre siegen würde, den Feind ans dem Lande treiben könnte — ja dann . . . Aber alle, die aus dem kriegerisch rauhen Norden kommen, erklären sehr bestimmt: Joffre tvird nicht siegen! Es sind Soldaten, Offiziere, Verwundete, die das sage». Sie machen kein Hehl mehr aus der Lage: sie ist kritisch geworden, weil die Reserven fehlen. Joffre fordert von der Regierung neue Mittel. Tie Negierung aber antwortete: Wir können sie dir erst geben, wenn du uns einen Sieg erfochten hast. Joffre wendet ein: Voraussetzung des Sieges ist die Be willigung der geforderten Mittel. Frankreich, das so viele andere Länder mit Geld versorgt, ist jetzt, wo es „Vis-ü-vis de rien" steht, nicht mehr imstande, sich selbe r zu ver sorgen. Mit der Anleihe im Auslande ist cs nichts ge worden. Im Jnlande . . .? Der Opfermut der Bürger in allen Ehren! Sie würden gern ihr Letztes auf den Altar des Vaterlandes legen. Aber die Banken, die Banken rücken keinen Sou heraus. Kein Guthaben, keine Depots, keine Dividenden sind von ihnen zu erlangen. Mit einem Feder zug schreibt die Negierung Staatsanleihen aus. Sie dekre tiert Anleihen für die Städte. Aber ein positives Ergebnis hat bisher weder eine Staatsanleihe (Dsifense nationales noch eine Stadtanleihe gehabt. Es ist ein eigenes Schicksal. - daß Frankreich, der Allerweltbankier, das gerühmte „reichste i Land", jetzt in dem kritischen Augenblick seines Daseins an , her Geldarmut zugrunde geht, wenn es nicht mehr vorher ! schon einen militärischen Untergang findet. Alle fragen sich hier mit Staunen: Ja, warum hilft uns denn Eng- ! land, unser Verbündeter, der doch Geld wie Hen hat, nicht aus der Patsche? Aber diejenigen, die in der Nähe der Front gewesen waren, wissen, daß England keinen Finger rü h r t. Sein krasser Egoismus ist einfach un beschreiblich. Ter amtliche deutsche Schlachtbcricht Großes Hauptquartier, 22. Dezember vorm. Bei Nieuport und in der Gegend von Bpcrn herrschte im allgemeinen Ruhe. Zur Wiedererlangung der am 20. De zember verlorenen Stellungen bei Festubcrt und Givcnchy machten die durch französische Tcrritorials verstärkten Eng länder gestern und heute nacht verzweifelte Vorstöße, die zu- rückgewicscn wurden. In der Gegend von Richebourg ge lang cs ihnen, in ihren alte» Stellungen wieder Fuß zn fassen. Die gestrigen Angriffe der Franzosen in der Gegend von Albert, nordöstlich Eoinpicgnc, bei Souain und Perthes wnrden unter schweren Verlusten für sic abgc- schlage n. Im westlichen Teil der Argonncn nahmen wir einige Schützengräben. Oestlich der Argvnnen, nordwestlich und nördlich Verdun wnrden die sranzösischcn Angriffe zum Teil unter sch w c r st e n Verl n st c n für die Franzosen leicht z nrückgcwicsc n. Auf dem östlichen Kriegsschauplätze ist die Lage in Ost- nnd Wcstprenßeii unverändert. In Polen stehen unsere Truppen in heftigen Kümpfen uw den Bzura- und Rawka- Abschnitt. An vielen Stellen ist der Ilcbergang über diese Abschnitte schon erzwungen. Auf dem rechten User der Pilica steht der Kampf der verbündeten Truppen noch. Wir haben leider erst nach der Veröffentlichung fest- gestellt, daß der gestern bekanntgegebene Befehl des fran zösischen Generals Iossre vom 17. Dezember 1914 fol genden Nachsatz hatte: „Ter Befehl ist heute abend allen Truppen bekcnintzugeben und z» verhindern, daß er in die Presse gelangt." Oberste Heeresleitung. Der österreichische Tagesbericht W i c ». Amtlich wird vom 22. Dezember mittags ge meldet: In den Karvathcn wird in der Nähe südlich des Gclsirgskammes im Gebiete der Flusse Nagh-Ag, Latorcza und llng gekämpft. In Galizien gingen die Russen gestern wieder zum Angriff über, ohne jedoch durchdrungen zu kön nen; namentlich am unteren Tunajcc hatten sic schwere Verluste. Bei Nida und im Raume südlich von Tomaszow entwickelten sich, kleinere Gefechte. Die Kämpfe im Vorfclde von Przemhsl dauern fort. (Nichtamtlich. W. T. B.) Eine gerechte Strafe VerIi n. In Erfurt ist der Schmsider Karl Lier, Ge freiter der Reserve im Infanterie-Regiment Nr. 71, der seit drm 2,9. August als Pvstvrdvnnanz kommandiert war, wegen Diebstahls von Liebesgaben zn 1 Jahr Gefängnis und Ver setzung in die 2. Klasse des Soldatcnstandes verurteilt worden. Tic belgischen Flüchtlinge in Frankreich König Albert von Belgien weilt jetzt in Paris. Beim belgischen Flaggentage am Sonntag wurden Vsi Millionen kleine Fähnchen verkauft, deren Erlös für die belgischen Flüchtlinge in Frankreich bestimmt ist. Abends nahmen alle belgischen und französischen Minister an einer Festtafel beim Präsidenten im Elysee teil. Freilassung des Konsuls Ahlcrs London. Ter frühere deutsche Konsul Ahlcrs ist ans Veranlassung des Home-Office am Sonnabend nachmittag ans freien Fuß gesetzt worden. Ein Lob der Bayerischen Reserven Frankfurt, 21. Dezember. (W. T. B.) Die „Franks. Ztg." meldet: Das Armee-Oberkommando der VI. Armee hat, wie uns mitgcteilt wird, unter dem 8. De zember folgenden Armeebefehl ausgegebcn: Seit einer Reihe von Wochen befindet sich das 1. Bayerische Ncservekorps im langsamen, aber nnnnterbrochen fortschreitenden Angriff auf starke Stellungen des Gegners östlich und nordöstlich von Arras. Schützengraben ans Schützengraben wurde dem Feinde entrissen, alle seine Gegenangriffe unter schwersten Verlusten für de» Feind abgeschlagen und Hunderte von Gefangenen gemacht, dies alles unter schwerstem Artillerie feuer des Feindes, dem eine gleiche Kraft entgegenzn- stcllen bis jetzt nicht möglich war. Nach den hier vor liegenden Nachrichten hat das Vorgehen des Armeekorps auf den Feind einen starken Eindruck gemacht. Ich spreche dem Armeekorps für seine anfopfcrnngspolle Tätigkeit meine rückhaltlose Anerkennung ans und möchte sein Vorgehen allen Teilen der Armee als mustergültig für die kommenden Zeiten empfehlen! Russische Generale vor dem Kriegsgericht B » kare st. Wie „Diminatea" ans Petersburg mel det, werden außer dem General Rcnnenkampf und seinen sechs Leidcnsgenossen noch acht andere Generale wegen der Niederlage bei Lodz und Petrikail vor da? Kriegsgericht gestellt.