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oc .0 B r-, G. ,oc» Ä. ,» v. G M G. w B. '.OS. 75 G. ,0v» ». cx» s. 75 <A 00 ». 00 » .75 <». .<>0 N. >0 B. > ZI Zweites Blatt Sia,stM,e Bolkszettuny vom 29. Januar 1^1" Nr. 2l; Der Vorenlwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuchs und der Zweikampf. (ftcrt ctzung.) Das; diese dem (Gesetzgeber zugedachte Nolle seiner un nürdig ist, scheint Kohlrausch selbst zu sichle», denn er pro duziert in Fortsetzung seiner Ausführungen nun doch (Gründe, die de» Borwurf der Widersinnigfeit deS Duells »Urlisten sollen, indem er folgendermaßen deduziert: „Dos Motiv des Duells ist gor nicht in erster Linie, die geschehene Beleidigung ungeschehen zu machen oder auch nur ouszugleicheu. Nur gegen solche Auffassung kann mit Recht der Borwurf der Unvernunft erhoben werden. Die Frage ist hier vielmehr analog der Frage nach dem Grunde der staatlichen Strafe zu stelle» und zu beantworten: Wie der Staat nicht nur straft, »in den ffvchtsbruch ungeschehen zu machen oder auch nur aus- .,iifile!chen das wäre ebenso unvernünftig sondern (Weben anderen Zwecke») um seine Autorität zu be wahren, um den Rechtsbrecher fühlen zu lassen, das; er diese nicht ungeahndet mißachtet, so ist auch das Motiv des Duells in erster Linie, der Wunsch, den Verletzer sich- len zu lasse», das; man nicht ungestraft seine Ehre oder was mau dafür hält, antasten läßt. Durch die Beleidi gung, die Ohrfeige, die Verführung der Frau ist für den, der so fühlt, die Ehre allerdings verletzt insofern, als er m der Handlungsweise des Täters die Meinung zum Ansdrucke gebracht sieht, sich etwas derartiges gegen ihn erlauben zu dürfen, die Meinung, er werde sich einen solchen Einbruch in seinen „Frieden" gefallen lasse». Und diese Ehrverletzung im subjektiven Sinne verwan delt sich in die entsprechende objektive, das heißt in Miß achtung bei Gleichfühlenden, wenn der Friedensbruch in der Tat nngesühnt bleibt, wenn der Verletzte ihn „sich gefallen läßt", nicht seine Person einsetzt, um den Frie- densbrecher zu züchtigen. Sehr richtig sagt .(kaut, daß der KriegSmann, dem Schimpf angetan wird, sich duelliere, um seinen Kriegsinut zu beweisen, als worauf die Ehre seines Standes wesentlich beruht. Einen sol chen Standpnnft mag man billigen oder tadeln, aber er ist nicht widersinnig, nicht unvernünftig. Von ihm aus ldst sich denn auch der angebliche Widersinn, wenn auch nicht die Tragik der krassesten Fälle, in denen der Mann die lln'reue seiner Fra» mit dem Tode bezahlen muß." Der Duellant beruft sich also auf die Abschreckungs- ihiorie die zur Begründung der staatlichen Strafgewalt ausgestellt wird. Als mutiger wahrhafter Mann zieht er leinen Degen und straft, indem er so weit das staatliche Hoheitsrecht der Strafjustiz NN sich reißt, den Ehrverletzer in eigener Person, damit er sich in Respekt setze, damit nie mand sich in Zukunst heransnehine, seinen Frieden zu bre chen. Aber damit ist doch die Sacl-e nicht abgetan. Wozu ist man denn zur Stantenbildung geschritten, wenn man dem Einzelnen erlauben will, sich die (Grenzen seines Rechts gebietes ans eigene Faust festznsetzen? Es müssen weitere Gründe vorgebracht werden, die die in, Staate grundsätz lich verpönte Selbsthilfe ausnahmsweise als Zweikampf- selbsthilfc gerechtfertigt ersck-eineu lassen. Sehr. zaghaft gebt Kohlrausch an diese heikle Arbeit heran, er meint: „Der Gesetzgeber könnte der Meinung sein, daß die Begünstigung einer gewissen Härte und Wasfensreuoig- keit für die Entwickelung des Eharakters, für die Erhal tung eines mannhaft wehrfähigen Volkes zuträgliclx'r sei als die Beförderung eines Verkriechens hinter die Schürze der Staatsgewalt, als die Regelung aller Handlungen »ach den Gesichtspunkten der Vernunft oder einer ner ve »schwächen den Aestbetik. Er könnte umgekehrt in jeder Zurückdrängnng von Privntstreitigkeite», von (Ge fährdungen eigenen und fremde» Lebens einen Fort schritt von Sittlichkeit und Kultur, eine erfreuliche Stär kung des Staatsgedankens begrüßen." Welche dieser beiden Meinungen die richtige ist, ent scheidet .Kohlrausch nicht, er führt aus, daß diese Frage von einer großen Reihe imponderabler Faktoren, über die wir nicht einmal selbst uns Rechenschaft zu geben vermöge», nb- bänge »nd daß die Entscheidung in letzter Linie eine Ge- ssihlsentscheidnng. ''ine Macht- und Mehrheit entjcheidnng sei. Daß das Gefühl deS Verfassers, das Herz des Pro- scssvrs Kohlrausch denjenigen gehört, die sich nicht hinter der Schürze der Staatsgewalt verkriechen wollen, geht dar aus hervor, daß er die Duellprivilegie» verteidigt, aber es ist bezeichnend, daß der Gelehrte davon Abstand nimmt, die AbschrecknngStheorie der Duellanten zu wägen mit den (sie Wichte», die die Logik die Vernunft und das darauf ans gebaute Stantsrecht n» die Hand gibt. MaS .(kohlransch, was die Gesebgeb»»gsko»uuissio» unterlassen hat. muß hier kurz nachgeholt werden. Dei stärkste Triumph, den die Dnellanhänger in der Hand bal len, besteht in dem Hinweise auf den Mut und die Tapfer keit, die dazu gehören, ein Duell auszufechte». Das deutsche Volk sieht, (hott sei es gedankt, in der Tapferkeit die höchste Zierde des Mannes. Diese Tatsache umgibt den Zweikampf mit der (Gloriole der Ritterlichkeit und macht ihn gerade für starke, offene und edle Persönlichkeiten anziehend. Solche Männer von der Verwerflichkeit des Duells zu überzeugen, bildet die schwierigste Aufgabe für die Tnell- gegner, die gar zu leicht in den Verdacht geraten, als ob es ihnen an persönlichem Mute gebräche. Allein auch diese Männer werden nach und nach einsehen, daß man mit edlen Eigenschaften auch Verschwendung und Mißbrauch treiben kan». Seit Aristoteles Zeiten hat man erkannt, daß nicht die in dem Mensckxm ßplummernde Energie als solche die Tugend nusniacht, sonder» daß die Richtung, in der die Energie sich gellend macht, darüber entscheidet, ob eine Tugend oder ein Laster geboren wird. Sparsamkeit am Unrechten Orte wird zum Geiz, Fleiß und Arbeitsamkeit am Unrechten Orte wird zur Streberei, Vaterlandsliebe zum Chauvinismus, gesellschaftliche Gewandtheit zur Possenreißerei, so wird auch Tapferkeit am »»rechten Orte zur Verwegenheit oder zur Brutalität. Tapfer ist der Mann, der im Tosen der Feldschlacht sein Leben dem Pater lande weiht, tapfer derjenige, der den Ertrinkende» aus stürmischer Flut rettet, der den Bergmann den giftigen Schwaden der Tiefe entreißt, tapfer derjenige, der den Schwachen gegen mächtige Unterdrücker zu Hilfe eilt, tap- ser ist der Eroberer der Lüste, der greise Held vom Boden- sie, ihrer aller Brust möge man schmücken mit dein Orden 0er Tapferkeit! Wo aber ist jemals hsi- Fdee ausgetaucht, verwegenen Duellanten ein Ehrenzeichen für bewiesene Tapferkeit z» verleihen" Wer Weib und unmündige Kin- der, die gebrechliche Müller in geistiger oder b-iblicher Not verlassen und im Dnell seinen Tod gesunden bat, hat zwar Mut bewiesen, aber die deutsche Sprache bezeichnet in seiner Nuancierung solchen Mut nicht als Tapferkeit, sondern als eine .(tühubeit, die unsinnig, toll ist. als Tollkühnheit, der vielfach auch eine gehörige Portio» Pslichlvergessenheit und Eitelkeit beigeiuijcht ist. Was ist denn in aller Welt mit dieser Mntprobe erreicht? War der Gelötete unschuldig, so schreit sein Blut zum Himmel, war er schuldig, so wird der Flecken auf dem Schilde seiner Ehre nicht durch be wiesene» Mut getilgt, denn auch Schurken besitzen Mut. Und was hat der lieberlebende erreicht? War er im Rechte, so hat er ein Todesurteil vollstreckt, das nicht unparteiische Gerechtigkeit, sondern seine erregte Eigenliebe gesprochen hat. Möge sein Gewissen ihm gnädig sein. War er aber im Unrechte, so verzerrt sich das Gesicht der Duellinstitulton .'» einer widerwärtigen Fratze. Er, der den traurigen Mut besessen hat, denjenigen uiederzuknallen, dem er unter heim tückische» Mißbrancln' der ilun gewährte» Gastfreundschaft das Fainilienglück raubte, wird in die Gesellschaft wieder ausgenommen als ein Ehrenmann! tSchtntz folgt > Ein Mahnruf zur geschlossenen Einheit unter den Katholiken. (zl»5 dem Filtpr.blrtenbriese des .ciorkNnol E z'NtchoW ron Kö n ) ... . . Nn» habe ich »och eine» Punkt zu besprechen, der mir sehr am Herzen liegt, er betrifft die Einheit unter de» 0 atholike n. Ich befürchte, daß der Zeit geist, der nicht der Geist Fes» Christi ist, auch auf diesem unsere» ursprünglichen Gebiete »ns mit Erfolg schädigen möchte und mit seinem Hochmut, seinem Ehrgeiz, seiner Rechthaberei und seiner Lieblosigkeit in mische eigenen Nei ben Zwietracht, Spaltung und Verderben bringe . . . Der Mahnruf bezieht sich auf alle Gebiete des öffentlichen Lebens, auch das literarische nicht ansgenoininen. Ich möchte aber einen Punkt aus den, sozialen Gebiete besonders herausheben, das ist die umstrittene Frage der sogenannten Gewerkschaften für die Arbeiterwelt.... Es stehen sich in unserem Vaterlande auf diesem Gebiete zwei Richtungen gegenüber. Beide haben die besten Absichten, beide bringen für ihre Anschauungen und ihr Vorgehen ihre Gründe vor: beide werden vom Hei ligen Vater zugelassen. Ich lege Wert darauf, das letztere ausdrücklich hervorzuheben. Ter Heilige Vater hat ». a. namentlich wiederholt eurem Erzbischof gegenüber mündlich und schriftlich schriftlich in eigenhändigem An- schreiben unter dem 21. Oktober lW8 und sodann wiederum unter dein 7. Dezember desselben Jahres erklärt, daß es „Sache der Bischöfe sei, je nach Lage der örtlichen Verhält nisse zu beurteilen, ob gemischte oder konfessionelle Vereini gungen am Platze seien" „wenn er die Vertreter der — :;c. — „Er wird Sic gar nicht vorlassenl" „Und dennoch werde ich diese Stelle nicht verlassen, und wenn ich warten sollte bis morgen! Denn Ihren Herrn muß ich sprechen, koste es, was es wolle!" — ? Der Mann antwortete nicht, blieb einen Augenblick lang sinnend stehen und trat dann rasch auf Renee zu, wobei er ihm ins Ohr flüsterte: „Sehen Sie, mein Herr befindet sich dort hinter dem Lilagebnsth vor d«ni Hause, dorthin geht er jeden Morgen. Sagen Sie natürlich nicht, daß ich Sie gesehen habe." Damit verschwand er nach einer anderen Richtung des Gartens hin. „Renee schritt nunmehr also auf das bezcichnete Gebüsch zu und sah sich bei einer Biegung des Weges einem hageren, etwa siebzigjährigen Greise mit schneeweißen Haaren, adlerartiger Nase und etwas unfreundlich stechen dem Blicke gegenüber. Langsam mit auf dem Rücken gekreuzten Armen durchmaß er den Raum zwischen dem Gebüsche und dem Hause. Auf das Geräusch der Schritte Renees hin wandte er sich hastig um und «og düster seine Augenbrauen zusammen, als er einen Fremden vor sich sah. >cb bade wohl die Ehre, den Herrn Herzog de Villefrcux vor mir zu sehen?" begann Renee, etwas verwirrt durch den Anblick des Greises, der mehr an eine steinerne Statue als einen lebenden Menschen erinnerte. Fa. wa-. wünschen Sie? Wie sind Sie hier hereingekommen? Ich cnips.iuge keine (>siiste! Horn weiß dies!" „Das Gitter stand offen, ich bin hcreingekommen und . . ." „Und Sie sind hier, dies sehe ich Wohl. Noch einmal: was wünschen Sie von mir? Sprechen Sie schnell oder noch lieber, gehen Sie jetzt gleich, denn ich kenne Sie nicht und wünsche nichts von Ihnen zu hören!" Ich glaube, daß Sie irren, denn ich habe Ihnen sehr wichtige Mittei lungen zu machen " ..Mir?" versetzte der Herzog achselzuckend. „Ich glaube wirklich nicht." „Und dennoch handelt es sich nur wichtige Dinge, die pr . . ." „Ich wüßte nicht, ich habe alle meine persönlichen Angelegenheiten ge- >eg"st. Ich will den Frieden, stören Sie mir denselben nicht." „Es handelt sich um Fräulein de la Villefreux. de Penhoel und ihre Kinder," setzte Renee schleunigst hinzu. Der Greis warf Renee einen durchbohrenden Blick zu und sagte: Wirklich?" Schweigend schritt er alsdann auf das Haus zu, betrat ein zur Erde gelegenes Gemach, dessen Türe eben offen stand. Da er es Renee nicht wehrte, so war letzterer ihm lautlos nachgesolgt. Zu seinem größten Erstaunen herrschte drinnen ein Luxus, der zu dem arniseligen Aeußern des Häuschens in seltsamem Gegensätze stand und noch ein Ueberrest längst vergangener Herrlichkeit zu sein schien. Langsam ließ sich der Herzog in einen Sessel sinken, während Renee stehen blieb. Der Empfang, den er gefunden hatte, war freilich nicht sehr herzlich gewesen, indes war er einstweilen froh, daß der alte Herr ihn nicht kurzerhand an die frische Luft befördert hatte. Eine nicht leichte Aufgabe war eS freilich »och immer, eine so zarte Ja- milienfrage zu besprechen mit einem Manne, dessen Herz von Stein und bei dem alles Gefühl erstorben zu sein schien. — litt — Die achtundvierzig Stunden, die er warten mußte, dünkten Renee eine Ewigkeit, die nur durch die frohe Hoffnung gemildert wurde, daß er sich in soweit am Ziele seiner Wünsck)e sehen würde, als er wenigstens jetzt die Namen seiner Ellern kennen würde. Das weitere, so glaubte er, sei mit ge ringer Mühe zu ermitteln. Endlich kam der ersehnte Tag heran. Wie im Triumphe holte er die beiden wichtige» Aktenstücke ab, die er dann in seinem Hotel Wort für Wort durchlas. Es ging ans diesen beiden Aktenstücken hervor, daß er und Klara .(sin der des Lentnanls im 21. Infanterieregiment Louis Renee de Penhoel. da mals 27 Jahre alt, »nd der Anna Desiree de Villetreur, damals 22 Jahre alt. und zwar er selbst in der Tat am 18. Avril 1850 und seine Schwester am b. Januar 185,2 geboren seien. Es war jetzt also kein Zweifel mehr, er hieß Penhoel. er hatte jetzt we nigstens einen ehrlichen Namen, er und seine Schwester waren legitime Kin der, woran er bis dahin noch immer einigen Zweifel gehegt hatte. Ein solcher Makel wäre ja auch für ihn mit Rücksicht darauf, daß er einstenü Karo- line als Gattin heimzuführen gedachte, sehr mißlich gewesen. Ties war also nicht der Fall, im Gegenteil, er gehörte einer angesehenen bretonischen Fa milie an. Weshalb, so fragte er sich, war Klara nicht da. um seine Freude zu teilen? Weshalb hatte seine Mutter ibm von einer solchen Herkunft, die doch nur ehrenhaft sein konnte, niemals gesprochen? Weshalb hatte sie weiter trotz dieser Herkunft in Armut und Verborgenheit gelebt und durch ihrer Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt zu gewinnen gesucht? Dies alles waren ebenso viele Rätsel, angesichts deren sich für Renee die Zukunft wieder umdüsterte. Eine andere nicht minder wichtige Ausgabe blieb ebenfalls noch zu lösen: zu zeigen, daß Witwe Moriisct und Madame de Pen hoel »sin und dieselbe Person seien. Wie aber sollte er diesen Beweis er bringen, und was konnte ihm seine ganze Entdeckung dienen, wenn ihm dieser Beweis nicht gelang? Das einzige, was ibm bezüglich dieser Frage hätte Aufschluß geben können, war und blieb verschwunden, nämlich die Kassette mit ihrem Inhalt. Mit einem Worte: Renee sah sich abermals vor einer Reihe von Un gewißheiten. i Wohl oder übel mußte er also jetzt seine Nachforschungen fortseben, was ihm freilich jetzt um so leichter war. als er wenigstens einen leitenden Faden besaß. Zunächst wollte er sich an die beiden in den Gebnrtsakten angesnhrten Zeugen, einen Kaufmann Namens Morland und einen Künstler Namens Pitois wenden. Zu seiner größten Freude existierte die Firma Morland u. Cie. noch unter der angegebenen Adresse, und ihr gegenwärtiger Inhaber war in der Tat einer der angeführten Zeugen. Nach seinen Angaben waren er und der Leutnant Penhoel Nachbarn gewesen, hatten sich bisweilen i» Gesellschaft getrosten, sonst aber kaum in näheren Beziehungen zu einander gestanden. Bei -er Geburt der Kinder hatte ihn Penhoel gebeten, als Zeugo zu füngiere» und hatte Morland einen Freund Namens Pitois. den Penhoel jedoch nicht kannte, gebeten, zur Mairie zu gehen. Leutnant de Penhoel war in der Tat mit seinem Regiment in die Verstoßen.'