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die Bodenbenutzung, Beschaffung von Saatgut und Dünger, möglichste Freigabe von Kunstdünger, Erhaltung und Hebung der Viehzucht, insbesondere auch durch ange messenen Ausgleich der Höchstpreise zwischen Zucht-, Milch- und Mastvieh, Zuweisung von Arbeitskräften unter mög lichster Beurlaubung im Felde entbehrlicher bäuerlicher Betriebsleiter. l») Maßnahmen zur Verteilung der not wendigsten Lebensmittel bei gerechter Berück sichtigung des täglichen Bedarfs in Stadt und Land und besonderer Aufwendungen bei der Eigenproduktion von Vieh und Fleisch, wozu der Ansporn erhalten werden muß. Bei der Bednrssfeststellung sind vorhandene Vorräte nach Möglichkeit restlos zu ermitteln und zu berücksichtigen. Diese Erhebungen müssen auch die Privathaushaltungen erfassen. <) P r e i s o r d n u n g e n, welche möglichst auf alle «Gegenstände des täglichen Nahrungs- und Haushaltungs- bedarfs auszudehnen sind und den ganzen Versorgungs- aang und die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der betreffenden Bedarfsgegenstände erfassen müssen. Die Preise (einschließlich der notwendigen Zuschläge) sind tun lichst vor der Ernte und für die ganze Verbrauchszeit so fest- zusetzen und festzuhalten, daß einem künstlichen Zurück balten der Vorräte vorgebeugt wird. Neben angemessener Rücksichtnahme ans gesteigerte Produktionskosten müssen «uch die Lebensnotwendigkeiten und die Kaufkraft der brei ten Masse der Konsumenten die Norm für die Preishöbe ab- «leben. Der Anreiz zur Produktion darf nicht durch Preise geschaffen werden, die auf die Dauer für die große Masse der Bevölkerung unerschwinglich sind. Dazu gibt's andere Mittel und Wege. Die Regelung der unter a, >> und <- geforderten Maß nahmen muß von reichswegen nach einheitlichen Grundsätzen s ü r m ö g l i rl, st große Ve r s o r g n ngs- « ebiete erfolgen. 2. Z u r b esse r e n D u r ch f ü hrnng der Brot - erso r g u n g der GesaintbeVölkernng ist eine Beschrän kung der Zahl und der Befugnisse der Selbstversorgnngs- körper im Sinne einer schärferen Zentralisierung der Ver- wrgungsordnung zu bewirten. Tie Verträge zwischen der Reichsgetreidestelle und den Mühlen bedürfen einer Nach prüfung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Be- iriebstechnik der Groß- und Kleinmühlen. 3. F ü r die B e r e i t st e l l u ng der ebenfalls 7 m M a s s e n kons u m u n entb e h r l i ch e n K a r - tofse! u muß rechtzeitig und ausreichend gesorgt werden. Der heute schon zu überschauende Bedarf ist auf die mit Kartoffeln besetzte Anbaufläche unter Zugrundelegung einer mittleren Ernte umzulegen, vor der Ernte ist über die Zu teilung dieses Bedarfs unter Vermeidung unnötiger Trans porte und mit Ausschluß der freien Bewegung des Handels zu disponieren. Tie Einlagerung wäre Sorge der Konsu menten, also der Privaten und der («Gemeinden. 4. Zum Zwecke der so dringlichen Milch-, Fett- i! n d F l e i s ch v e r s o i g u n g muß die Entwicklung der Viehzucht, der Milchwirtschaft, wie der Viehmast iu glei cher Weise gefördert werden. Die Preise des Milch viehs und Fettviehs (Mastviehs) sind in ein angemessenes Verhältnis zueinander zu bringen, durch Aufhebung oder eventuelle Milderung der Sperrvvrschriften für die Aus fuhr von Milchvieh aus den Zuchtgebieten, durch Förde rung ausländischer Einfuhr, wenn notwendig auch durch Enteignung zum Zwecke der Zuteilung an die Bedarf- luzirke. Zur Enteignung und zur Festsetzung der tteber- nahmepreise sind Schälzungstommissionen einzusehen. Die Milchproduttion und Mast ist möglichst zu fördern durch Zuteilung von Futtermitteln. Tie vorzeitige Abschlachtung > on Weide- und Ztallvieb während der Weidemonate ist zu verhindern. Wenn nach der Weideperiode die stärkere Anlieferung von Schlachtvieh wieder einselzt, ist für zeitige Herstellung von Dauerware und für fachgemäße Aufbe- ,'ihrung unter gleichzeitiger Festsetzung angemessener Höchstpreise Sorge zu tragen. 0. D i e B e r e i t st e l l u n g d e s H e e r e Sbedarfs ist nach Möglichkeit in den gesamten Versorgungsplan mit- aufzunehmen. Lieferungen für den Heeresbedarf müssen auch den HöchslpreiSbestimmungen unterliegen. 6. Bei der Beschlußfassung über die zu treffenden Maß nahmen sind die Organisationen der Produzenten, des Han dels und der Konsumenlen — freie und auf gesetzlicher Grundlage errichtete hinzuzieben unter der Bedingung, daß dieselben Organisationen dann auch die Durchführung der getroffenen Maßnahmen mitverbürgen und sich bei ituen Mitgliedern und in ihren Organen dafür einsehen. 7. S ch ä rfcr e Nt a ß n a b m e n z u r T u r ch f ü b - > ii n g aller auf die Lebensmittelversorgung hinzielenden Verordnungen sind gegenüber böswilliger Umgehung uner läßlich. 3. Um ein freiwilliges Eingehen aus diese unvermeid- .Üchen .Kriegsmaßnahmen zu erzielen, ist eine zweckent- .sprechende volkstümliche Aufklärung in Stadt und Land erforderlich. Der Ausschuß der Rheinischen Zentrumspartei hält eine derartige Regelung der Lebensmittelversorgung von reichswegen für außerordentlich dringlich und rächtet des halb an die Volksvertretungen die nachdrückliche Bitte, mit «Ulen Kräften auf das Zustandekommen einer solchen Orga nisation unserer Lebensmittelversorgung im dritten Kriegs jahre hinzuwirkeu. Deutscher Reichstag Berlin, 12. Mai. Abg. Tr. Herz seid (Soz.) bat folgende kurze An frage über ein deutsch - türkisches Bündnis eingebracht: Ans dem Bankett der Jungtürken zu Ehren der deutschen -Parlamentarier in Kcmstantinopcl Ende April dieses — Sächsische Volkszeitung — Seite 2 — Jahres hat der türkische Minister des Aeußeren Halil-Bei bekanntgegeben, daß Deutschland und Oesterreich mit der Türkei seit vier Monaten über ein Bündnis zu gleichen Rechten und von längerer flauer auf der Grundlage gegen seitigen und gleichwertigen Beistandes gegen jede Gefahr verhandelt, daß bis auf einige Einzelfragen ein endgültiges Einverständnis erreicht sei und daß die Ratifikation dieses Vertrages durch die Souveräne binnen kurzem bevorsteht. An den Reichskanzler wird die Anfrage gerichtet, welchen Inhalt dieser Vertrag hat und ob er dem Reichstage vor der Ratifizierung zur Kenntnis gegeben wird. Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amte Z i m m e r - m ann : Nach der amtlichen französischen Uebersetzung seiner Rede hat der Minister zunächst von dem langfristigen, auf der Grundlage völliger Gleichberechtigung anfgebauten Tefensivbündnis gesprochen, das deutscherseits der Türkei zu Beginn hes Weltkrieges angeboten, von der Türkei an genommen und bald darauf vor beiden Mächten unter zeichnet worden ist. Dieser Bündnisvertrag wurde als bald nach seiner Unterzeichnung ratifiziert. Ueber seinen Inhalt kann noch nichts gesagt werden. Es folgt der Etat für den Reichstag. Vizepräsident Dove teilt mit, daß zu diesem Etat ein Antrag Bernstein (Soz. Arbeitsgem.) eingegangen ist. Dieser Antrag ersucht, Vorkehrungen zu treffen, daß Redner bei der Ausübung ihrer parlamentarischen Rechte nicht behindert werden und daß verhindert wird, daß Presseberichte über die Reichs tagsverhandlungen durch den Präsidenten beeinflußt werden. Der Berichterstatter Tr. Paasche stimmt dem Vize präsidenten zu, daß die Anträge bedenklich seien und.auf keinen Fall zu einer Kritik der Tätigkeit des Präsidenten führen dürften. Er gibt dann einen Rückblick auf die Vorgänge, die zu dem Antrag Anlaß gegeben haben (Fall Liebknecht) und bestreitet, daß der Präsident eine unzu lässige Zensur an den entsprechenden Berichten ausgeübt habe. Abg. L e d e b o u r (Soz. Arbeitsgem.): Ter amtierende Präsident hat von der eventuellen Unzulässigkeit des An trages gesprochen. Eine absolute Verweigerung der Kritik der Tätigkeit des Präsidenten läßt sich gar nicht ansführen. Auch der Berichterstatter hat mit einer milden Kritik der Tätigkeit des Präsidenten begonnen. (Heiterkeit.) Der Redner schildert unter großer Unruhe dos Hauses die Vor gänge vom 3. April. — Der Präsident ließ dann eine Be sprechung einiger Abgeordneter stattfinden, an der Staats sekretär Tr. Helfferich und ein Vertreter des General kommandos und der Zensnrbehörde teilnahmen. Dann er schien ein offizieller Bericht, der dem Wolffschen Bureau mit dem Bemerken znging, das Präsidium wünsche diese Fassung. Infolgedessen hat ein Teil der Zeitungen den Abdruck der wahrheitsgetreuen Berichte unterlassen. Der Reichstag muß im Prinzip solchen Beeinflussungen der Presse entgegentreten, aber die Presse selbst darf sich nicht lcrart beeinflussen lassen. Abg. Scheid einann (Soz.): Meine Partei legt selbstverständlich das größte Gewicht auf die Erhaltung der Rechte des Volkes und des Parlaments und möchte sie eher ei weitern als verkürzen. Tie Rede des Abg. Liebknecht durfte eigentlich nicht zu den Szenen vom 8. April Anlaß geben, aber das Haus war bereits sehr nervös. Das in der Verfassung gewährleistete Recht, wahrheitsgetreue Berichte in der Presse zu bringen, darf in keiner Weise beeinträch tigt werden. Die Macht des Präsidenten in diesem Hause ist groß genug, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. F ü r den Antrag können wir nicht stimmen. Abg. Liesching (Vp.): Das Vorgehen des Abge ordneten Liebknecht hier im Reichstage hat vielfach große Entrüstung erregt, aber mit Recht zu keiner weiteren Ver schärfung der Geschäftsordnung geführt. Den Antrag lehnen wir ab. Berichterstatter Dr. Paasche verwahrt sich gegen die Darstellung des Abgeordneten Ledebour und weist die an der AmtSsührung des Präsidenten geübte Kritik zurück. Es handelt sich nur um die sogenannten Stimmungsberichte der Presse und auch des Wolffschen Burcans. Es wurden nur einige vom Präsidenten nicht gehörte Zwischenrufe herausgestrichen. Abg. Stadthagen (Soz. Arbeitsgem.) tritt der Darstellung Paasches entgegen, als ob nur sogenannte Stimmungsberichte zugestuht worden wären. Diese unter lägen schon heute der Zensur. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Bernstein und Dittmann (Soz. Arbeitsgem.) schließt die Erörterung. Der Antrag wird in allen Teilen abgelehnt. Damit ist der Etat des Reichstages erledigt. Die Beratung des Vereins gesetzes wird fortgesetzt. Abg. Büchner (Soz. Arbeitsgem.)-sucht darzulegen, daß der Gesetzentwurf noch durchaus unzulänglich sei. Abg. Freiherr v. Heyl (b. k. Frakt.): Die Gewerk schaften beschäftigen sich weit mehr mit der Politik wie alle anderen Berufsvereine. Es handelt sich hier um ein Aus nahmegesetz für die Gewerkschaften und gegen die staats erhaltenden Arbeiter. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Die Neuorientierung der inneren Politik ist schon im Gange. Die Negierung führt selbst die Jugend in den Massenkampf. Ministerialdirektor Lewald weist diese Behaup tungen zurück. Darauf wird ein Schlußantrag angenommen und die Vorlage einer Kommission von 28 Mitgliedern überwiesen. Nächste Sitzung: Mittwoch nachmittag 2 Uhr: Fort setzung der Etatberatnng (Etat des Neichsamtes des Innern, des Reichsschatzamtes, der Reichseisenbahncn und der Neichspost). Schluß 7 Uhr. Der Weltkrieg! Oesterrrichisch-ungarischer Kriegsbericht Wien. (W. T. B.) Amtlich wird verlautbart den 12. Mai 1916: Russischer Kriegsschauplatz. Die erhöhte Gefechtstätigkeit an unserer wolhynischen Front hält an. Keine besonderen Ereignisse. Italienischer Kriegsschauplatz. Tie Artilleriekämpfe dauern in wechselnder Stärke fort. Zwei feindliche Angriffe auf den Mrzli Vrh wurden abgewiesen. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Unverändert ruhig. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: v. Höfer, Feldmarschall-Leutnant. Der türkische Kriegsbericht K o n sta n t i n o p e l, 12. Mai. (W. T. B.) Bericht des Hauptquartiers. An der Jrakfront keine Veränderung. An der Kaukasusfront konnte der Feind, der im südlichen Abschnitte vom Tschornk zurückgeschlagen wurde, seinen Rückzug teilweise 6—8 Kilometer östlich von seinen alten Stellungen zum Stehen bringen. Ein Gegenangriff des Feindes, den er gestern auf seinem rechten Flügel in der Stärke von 2 Bataillonen ausführte, um seine alten Stel lungen wiederzunehmen, wurde für ihn verlustreich zurück- geschlagen. r Keine wichtige Bewegung auf den anderen Abschnitten j der Front. — Ein feindlicher Torpedoboot zerstörer, der an der Küste der Insel Keusten am 11. Mai kreuzte, mußte sich infolge des Feuers unserer Artillerie entfernen. Keine wichtigen Ereignisse ans den anderen Teilen der Front. Vom westlichen Kriegsschauplatz Was der Besitz der Höhe 304 bedeutet. Der „Züricher Tagesanzeiger" meldet: Mit dem Besitz der Höhe 304 sind die Deutschen in den eigentlichen Schlüssel der französischen Anßenlinie im Nordwest-Sektor von Verdun gelangt. Im Lager von Mailly traf der vom Zaren mit einer Sondermission beauftragte General Fürst Orbiliani ein. Vom russischen Kriegsschauplatz Das an der schwedischen GreiiH gelegene russische Ulcaborg ist in verschärften Belagerungszustand erklärt und mit starken russischen Truppenkontingenten belegt worden. Gleiche Maßnahmen werden von den übrigen Teilen der rnssisch-schwedischen Grenze gemeldet. Der Petersburger „Rußkojc Slowo" schreibt, die Er nennung eines eigenen Generalstabschefs für die russische Kriegsmarine beim Hauptquartier deS Zaren in der Per son des Generals Konzerowski sei dahin zu deuten, daß die russische Flotte vor ihrem aktiven Eingreifen in den Welt krieg stehe. Vom Balkan-Kriegsschauplatz Die Franzosen besetzten das griechische Fort Dowa Tepe, nördlich Temir Hissar, trotz des Protestes der kleinen Besatzung. — Mc-n betrachtet die Krisis, die das Verlangen der Verbandsmächte, die griechische Eisenbahn zur Ueber- fiihrung der serbischen Truppen nach Saloniki zu benutzen, heraufbeschwor, als überstanden. Die Haltung der grie chischen Regierung hätte demnach einen sehr guten Erfolg gehabt. Nachdem Nvrdepirus gemäß der griechischen Verfassung bereits in zwei Departements, Koritza und Argyrocastro, eingeteilt worden ist, hat nunmehr ein neuer königlicher Erlaß die Gouverneure beider Departements zu Präfekten ernannt, was den' administrativen Anschluß an Griechen land vervollständigt. ' Deutsches Reich — Der Hauptvorstaud des Zeutrumsvcrcins für das Königreich Sachsen sandte an den Reichskanzler folgendes Telegramm: Sr. Exzellenz Herrn Reichskanzler v. Beth- inann-Hollweg, Berlin. Wir bitten Ew. Exzellenz im Interesse unserer Volksernährung die Ausfuhr von Spar gel und Nahrungsmitteln aller Art nach dem Auslande nicht zu gestatten. Der Hauptvorstand des Zentrums vereins für das Königreich Sachsen, Emil Hanisch, 1. Vor sitzender. — In der letzten Sitzung des Steucrausschusses wurde die Tabak- und Zigarettenstener abgelehnt. Zu dem Ar- tikel I des Entwurfes (Tabak- und Zigarettensteuer) lag der Antrag Müller-Fulda (Ztr.) vor, den ganzen Artikel zu streichen. Die Fortschrittliche Volkspartci erklärte, sie werde diesem Anträge zustimmen. Die Konservativen wollten die Regierungsvorlage aufrechterhalten. Ein Zentrumsredner erwiderte, infolge der gewalkgen Preissteigerung für Rohtabake aller Art sei auch der Wert zoll enorm in die Höhe gegangen und dadurch die Zigarre im Gegensatz zur Zigarette außerordentlich vorbelastet. Im übrigen stehe das Zentrum einer Höherbesteuerung des Tabaks nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, allein es mache seine Zustimmung von der Einigung der Parteien unter sich und mit der Regierung ab hängig. Es glaube diese Verständigung am besten zu för dern, wenn die Tabak- und Zigarettenstener vorläufig falle. Für die Vorlage stimmten nur die Konservativen und die Deutsche Fraktion. Damit ist Artikel I (Zigarren- und Tabaksteuer) abgelehnt. — Bei der Gegenprobe stimmten die Sozialdemokraten, Polen und die Fortschrittliche Volks partci gegen den Entwurf, während das Zentrum und die Nationalliberalen Stimmenenthaltung übten.