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Nr LL« LS. Jahrg. Sonnabend den 13. Mai 1916 Sächsische Geschäftsstelle und Redaktion, Dresden »A. 16, Holbcinstrahe 4G Fernsprecher 21860 Postscheckkonto Leipzig Nr. 14797 «»«-ab« X mit iliustr. BeUage vierteljährlich 8.10 In Dresden und ganz Deutsch land frei Haus S.L8 X! ui Oe 4.4» >c. «»»gab« a Dresden beslcrreich S dierteljSbrlich 1.8« In ^ und ganz Deutschland frei Haus !, «n Oesterreich 4«7 <. Linzel-Nummer 1V Z. LI« SüchMche BoltSzettuna erscheint an allen Wochentage» nachmittags. Uolksreitung Anzeige» > Annahme von MetckilUiSauzeiaen bis Familienauzeigc» bis I I Uhr von tOUHr vorm. Preis sür diePctit-Svalizeiic S« 4. im Rekia- mcteil «0 Z. gür undeutlich geschriebene, sowie durch Fern- sprccher ausgcaebenc Anzeige» können wir di- ^ Verantwortlichkeit siir die Richtigkeit der repe- nicht übernehiucn. Lprechstuiide der Redaktion; 11—18 Uhr vorm. Organ der Zentrumspartei. Einzige Tageszeitung für die katholische Bevölkerung im Königreich Sachsen. Ausgabe cX mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe k nur mit der Wochenbeilage. ZMmsi'Irl S und pnsgei» Slnsllv 2^ Uvstv IkoroxstinvIIs! VonLÜglivk« nsus »n<s gsdrauobto, slls II0I2- uuä Ltilnrtou, sovis riLoll 2siokourij- N^NMoitlUMIS von 60 Ltarlc an RlSLißsS ^us^vrrttl, KÜN8ti>-s 2»I>Ivi'siss. knkor Üns8si,rabntt! Rial-t'isnoai , onesoei« lolliann-Laongen-thIt«« 12 25 Jahre Arbeiter-Enzyklika 15. Mai 1891-1916 Ein Vierteljahrhnndert ist vergangen, seit^Leo XIII., - der grobe soziale Papst, sein Rnndschreiben über die Arbeiterfrage erlieg. Tie christliche Arbeiterschaft der gan zen Erde wird diesen Festtag begehen. Es ist doch das Rnndschreiben über die Arbeiterfrage zweifellos das wich tigste Dokument der Arbeiterbewegung überhaupt. Für die christliche Arbeiterschaft war das Rnndschreiben Leo Xtll. die Geburtsurkunde, wie die Entwickelung der selben in den wichtigsten Staaten scharf beweist. Wenn man das herrliche Tokninent sozialer Fürsorge für den Arbeiterstand liest, dünkt einem, die Weisungen des hoch seligen Papstes seien erst gestern oder vor einer Woche er schienen und doch arbeitet bereits der zweite Nachfolger auf dem Throne Petri an der Verwirklichung der Wei sungen Leo XIII. Der große Papst kannte die Lage des Arbeiterstandes genanestens, aber auch die falschen Lehren des Sozialis mus, der damals üppig in die Halme schoß. Deshalb zeigte der Arbeiterpapst die Jrrtüiner, die bei der Lösung der Arbeiterfrage zn beachten sind, aber auch die Heilmittel, die angewendet werden sollen. Leo XIII. bekämpfte jene Lehre, die jedes Privateigentum verwarf und begründete das Recht des Privatbesitzes, auch Grund und Boden. In der gänzlichen Abschaffung des Privateigentums erblickt er keineswegs das Ende der sozialen Not und warnte die Arbeiter, all ihr Glück und ihre Hoffnung ans diese eine Karte zn setzen. Hilfe versprach sich Leo XIII. von vier anderen Faktoren, von der Kirche, vom Staat, von den Arbeitgebern und von den Arbeitern selbst. Ein Heil mittel ist „die christliche Wiederherstellung des öffentlichen und „privaten Lebens". Alle Fortschritte in der Technik, in der Verbesserung der Produktion allein sind nicht im stande, die Menschen besser, zufriedener und glücklicher zn machen. Ohne Beobachtung der christlichen Sittengesetze versinkt die Gesellschaft immer mehr in den Mammonis- mns, in die rücksichtslose Genußsucht, in die schrankenlose Sinnengier und wird noch unglücklicher. Das vollständige Absehen im Wirtschaftsleben von der Uebernatnr macht die Arbeiter noch mehr vom Kapital abhängig, liefert sie einem materialistisch gesinnten Unternehmertum ans und macht sie selbst geistig und materiell noch unglücklicher. Schätzung der Arbeit, Sparsamkeit, Nüchternheit, Nächstenliebe — das alles ist der Ausfluß einer religiösen Weltanschauung. Wer sich vom Christentum losreißt, macht sich zum Sklaven der Natur. Daher ist der kein Freund der Arbeiterschaft,' der den Arbeitern die Religion nimmt. Ans die Mit wirkung der Kirche, als der Lebrerin und Verbreiterin der christliche» Grundsätze, kann daher bei der Lösung der sozialen Frage nicht verzichtet werden. Eine wichtige Auf gabe fällt dom Staate zn durch Arbeiterschntzgcsetzgebnng und Arbeitcrversichernng, Leben, Gesnndbcit, Sittlichkeit der Arbeiter zu schützen, ihn in den Tagen der Krankheit, des Alters, der Arbeitsunfähigkeit vor der äußersten Not zu bewahren. Leo XIII. erinnert aber auch die Unter- nehiner an ihre Pflichten. In den schärfsten Worten wendet er sich gegen jegliche Ausbeutung und Ausnützung der Notlage der Mitmenschen. Schließlich gilt sein Mahnwort den Arbeitern, sich z» Vereinen znsammcnzuschließen und durch Selbsthilfe ihre geistigen und wirtschaftlichen Inter essen zu vertreten. Katholischen Arbeiterver einen i st damit ein reiches Feld für ihre Ar - b e ick eröffnet. Das Rundschreiben Leo XIII. wurde so zu einen, Merkstein im Kampfe der Arbeiter um Licht und Freiheit. Einige wenige Ziffern an? der Entwickelung der Bewegung werden dies beweisen. Die katholischen Arbeitervereine in Deutschland hatten Mitglieder: 1891 75990. 1915 109 099. Die großen Arbeitervereinsvcrbände Süd-, West-, Ost- Deutschlands sind seit Jahren im Kartellverbande katho lischer Arbeitervereine Deutschlands vereinigt. 1891 bestand keine einzige christliche Gewerkschaft, 1911 dagegen bestanden in Deutschland 21 Zentralverbände mit 1599 Ortsgruppen, 218 197 Mitgliedern und 9 727 858 Mark Vermögen. 32 christliche Arbcitcrgewcrkschaftsblätter sonne weit verbreitete Verbandsorgane der katholischen Arbeitervereine bilden die publizistische Vertretung. Das Neueste vom Tage N «liA lieEA MMW. (W. T. B. Amtlich.) Großes Hauptquartier, 13. Mai 1916. Westlicher Kriegsschauplatz Zwischen Argonnen und Maas fanden an einzelnen Stellen lebhafte Handgranatenkämpfe statt. Versuche des Feindes, in den Wäldern von Avoconrt und Malanconrt Boden zugewinnen, wurden vereitelt. Ein feindlicher Nachtangriff südwestlich des „Toten Mannes" erstarb in unserem Jnfanterieseuer. Auf dem östlichen Maasufer erlitten die Franzosen bei einen, mißglückten Angriffe am Steinbruche westlich des Albain-Waldes beträchtliche Verluste. Ein deutscher Kampfflieger schoß über dem Walde von Bourguignon (südwestlich von Laon) einen feindlichen Dop- peldecker ab. Südöstlich von Armentieres wurde durch unser Abwehrfeuer am 11. Mai ein englisches Flugzeug zum Absturz gebracht und vernichtet. O östlicher Kriegsschauplatz Nördlich des Bahnhofes Selburg wurde ein russischer Angriffsversuch gegen die kürzlich genommenen Gräben durch unser Artilleriefeuer in, Keime erstickt. Mehr als 100 Russen wurden gefangengenommen. Balkan-Kriegsschauplatz Keine besonderen Ereignisse. Ober st e Heeresleitung. Ucbc, eine Unterredung mit de», Landwirtschastsministcr v. Schorlcmer berichtet ein Mitarbeiter der „Voss. Ztg." über die Ergeb nisse der Viehzählung: Ter Minister habe geäußert, daß nach bisherigen Feststellungen verschiedene Viehhandels verbünde den an sie gestellten Anforderungen nachgekommen seien und daß sich von den übrigen dasselbe in der Folge gleichfalls erwarten lasse. Die Fleischversorgiing werde sich daher in Zukunft wieder günstiger gestalten. Bei den günstigen Ernteanssichten könne von einer Aushungerung gar keine Rede sein. Deutschland und Holland Berlin, 12. Mai. Wie das Achtnhr-Abendblatt init- teilt, äußerte sich der niederländische Gesandte i» Berlin über seine bevorstehende Reise nach dem Haag, daß diese keinerlei politischen Zwecken, sondern lediglich der Erledi gung privater Angelegenheiten diene. Die Beziehungen zwischen seiner und der deutschen Regierung seien freund schaftliche, ^a sogar herzliche. Auch die Volksstinnnnng in den Niederlanden sei Deutschland günstig. Es sei nicht wahr, daß zwischen der deutschen und seiner Regierung irgend welche Differenzen in der Tnbantia-Frage beständen. Sommerzeit in Schweden Stockholm, 12. Mai. Durch Negiernngserlaß wurde in Schweden die Sommerzeit cingcsührt und zwar für die Zeit von, 15. Mai bis einschließlich 39. September. Justiz in Irland London, 13. Mai. Amtlich wird geweldet: Jaiiies Cbonnoll») nnd John Modcrmott, die letzten beiden Unter zeichner des Manifestes der provisorischen Regierung in Dublin, sind heute morgen vom Kriegsgericht verurteilt und erschossen worden. Zur englischen Wehrpflichtsragc London, 13. Mai. Nach einer amtlichen Meldung empfing der Präsident der Lokalperwaltnng Long mit Bonar , Law und Artur Hendcrson heute vormittag eine Abordnung des Erckntiv - Ausschusses dos Bergarbeiter- Verbandes zwecks Besprechung mehrerer Fragen bezüglich des Wehrpflichtgesetzes, insbesondere der Frage des Ar- beitszwanges in der Industrie. Drein,al hat der große „Deutsche Arbeiterkongreß" die Interessen aller christlichen Arbeiter, Angestellten, Dienst personen nsw. in mächtige» Tagungen vereinigt gesehen. Ter Ausschuß dos deutschen Arbeitertongiesses vertritt die Gesamtheit der nichtsozialdemvkratischen Arbeiter Deutsch lands in ihren Forderungen. In Oesterreich bestanden an katholische«, Arbeiler- vcreinen: 1891 2 Vereine (Wien und Steyr), «915 3l5 Ver eine im Reichsverbandc. Dazu kommen noch 1l politische christliche Arbeiter vereine, 25 katholische Arbeite,innenvereine, 166 katho lische Gesellenvereine, Tonristenvereine. Die Mitgliederzahl dieser Vereine ist trotz der Fliegs- Verluste mit mindestens 19 900 anznnehmen. 1891 bestand in Oesterreich keine einzige christliche Ge- werkschaftsorganisation. 1916 sind der Zentralkommission der christlichen Gewerkschaften 23 Zentralverbände für alle wichtigen Berufe und außerdem 5 Ortsverbände ange schlossen. Trotz der Kriegsverlustc wurde die Mitglieder zahl der christlichen Gewerkschaften pro 19>5 mit rund 21999 angegeben. 19 christliche Arbeiterblätter in deutscher Sprache er scheinen als Sprachrohre der Bewegung, die durch ihre maßgebenden Führer in den gesetzgebenden Körperschaften, in vielen Stadtparlamenten, Beiräten der Regierung ver treten ist. Welche Wandlnng durch Gattes gütige Fügung. Die katholische Arbeiterbewegung, die die Lehren Leo Xlll. zur Grundlage ihrer Tätigkeit gemacbt hat, kam, mit der Entwickelung der Organisationen seit 1891 zu frieden sein. Tie Schwarzseher haben Unrecht behalten, die Zuversichtlichen. Hoffniingsfreiidigen können sich beim Jiibiläilmsfeste der Arbeiter-Enzyklika von Herzen freuen. Gewiß geziemt es sich nicht, in dieser ernsten Zeit den >,sichtigen Gedenktag in den Kreisen der katholischen Ar beiter so zn feiern, wie es der große Papst verdient, aber wir meinen, der 15. Mai sollte nicht voriibergehen, ohne daß alle katholischen Arbeiter den festen Entschluß faßten, im Sinne Leos XIII. für die gemeinsame Sache z» ar beiten nnd ihren Vereinen die Treue zu bewahren. Die katholischen Arbeitervereine haben sich auch in Sachsen sehr gut entwickelt, in manchen Orten herrscht ein recht reges Leben, weshalb ihnen von ganzem Herzen ein weiteres Blühen nnd Gedeihe» zu wünschen ist. Das Andenken an Papst Leo XIII., den Arbeiterpapst, wird dadurch in der notwendigen Weise gepflegt und gefördert. X Die rheinische Zentrumspartei zur Er nährungsfrage Ter vom Provinzialaiisschnß der Rheinischen Zen- trnmspartei eingesetzte Ausschuß sür Angelegenheiten der Lebensmittelversorgung beschäftigte sich in seinen Sitzungen vom 1. und 6. Mai 1916 mit der Frage der Lebensmittel versorgung im dritten Kriegsjahre. Er beantragt, an zu« ständiger Stelle die umgehende Aufstellung eines Ge- s a »1 t p l a n e s der Verso r g 1, n g mit den wichtigsten und unentbehrlichen Lebensmitteln für das ganze nächste Ernteiahr und Maßnahmen zur strengen Durchführung eines solchen Planes. Der Ausschuß ist der festen Ueberzengnng, daß Deutsch land und die ihm verbündeten Länder, auch wenn ihnen gegen Wunsch nnd Willen ein drittes Kriegsjahr anfge- zwnngen werden sollte, bei normaler Ernte nnd rechter Verwaltung sehr wohl imstande sind, ihre Heere und ihrq Bevölkerung z» ernähren. Voraussetzung ist allerdings die möglichste Beseitigung der vielen verhängnisvollen Mängel, die in der Organisation der Lebensmittelver sorgung in den ersten beiden Kriegsjahrei, zn beklagen waren. Zur möglichsten Vermeidung von Ncbelständcn im dritten Kriegsjahrc erachtet der Ausschuß der Rheinischen Zentrnmspartei folgende Maßnahmen als »nnmgänglicH notwendig: 1. Die Aufstellung eines Gesamtplanes der Versorgung mit den notwendigsten Lebensmitteln im dritten .Kriegsjahre durch die verantwortliche Reichsbehörde. Dieser Plan würde zn umfassen haben: n) d i e F n r s 0 r g e f ü r d i e E r z en g n 1, g d i e s e r Lebensmittel, soweit die vorgeschrittene Jahreszeit eine solche noch ermöglicht, etwa durch Anordnungen iib'eil