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Beschluß des Dresdner Amtsgerichts Im Anschluß an die voraufgegangenen Beilagen zur Säch sischen Volkszeitung und im Hinblick auf die Veröffentlichungen in der Wochenbeilage der Germania sind wir unfern Leser» den Bericht über den Fortgang des Prozesses, den der Bürger meister Heß lein gegen den Hcmnptschriftleiter der Sächsischen Volkszeitung Dr. Albert, den Vorsitzenden des Auffichtsrat» der Saxonia-Buchdruckevei, D r> Hille, und den Geschäftsführer der Saxonia-Buchdruckerei, Fohmann, wegen Beleidi gung angestrengt hat, schuldig. Bekanntlich war in dem Flug blatt für „Wahrheit, Freiheit und Recht" der Passus enthalten: Mr sind aber dann gleichzeitig bereit, noch weitere bc- wußte Unwahrheiten, die vom jetzigen LandeSvor- sitzendrn der sächsischen ZcntrumSpartei verbreitet wur den, die aber hier einzeln aufznfiihren wir des An sehens der Partei halber uns versagen müssen, an ge eigneter Stelle darznlegen. Offenbar würde dieser Passus, wenn er nicht ein- gchend mit Beweisen belegt werden könnte, eine der schwersten Beleidigungen enthalten. Das wußte in seiner ganzen Tragweite der Verfasser des Flugblattes. Wiewohl sich also auch der Beschuldigte, Bürgermeister Hetzlein, der Wahrheit der aus- gestcllkn Behauptung hätte bewußt sein müssen, wurde von ihm eine Privatklage wegen Beleidigung eingereicht. Die Ver treter der „Sächs. Volksztg." waren bereit den Wahrheitsbeweis nnzutreten. Nunmehr aber hat daS Amtsgericht zu Dresden diesen Wahrheitsbeweis nicht einmal in einer öffentlichen Gerichts sitzung durchführen lassen, sondern sogar schon die Privatklagc HcßleinS zurückgewiesen. Ausfertigung. Beschluß vom 16. Oktober 1923. Dir Privatklage Heß lein gegen Dr. Albert u. Gen. wird unter Belastung des Privatklägers mit de» gerichtlichen Kosten des Verfahrens und den oen Beschuldigten erwachseiien notweittigen Auslagen zurückgewlescn, weil nicht erweislich ist, daß die Beschuldigten das oen Gegen- stand her privatklagc bildende Flugblatt „Für Wahrheit. Feei- heit und Recht" nicht lediglich gutgläubig in Abwehr der Ausführungen des PrivatklägcrS in dessen voran- aegaugenc» Flugblatt zur Wahrnehmung solcher berechtigter Interessen, zn deren Wahrnehmung sie sich für befugt gehalten haben, versaßt nnd verbreitet haben, uno weil auch ans der Form oder de» Begleitumständen die Absicht der Beleidigung nicht entnommen werden kann. Amtsgericht Dresden, Abteilung IV, gez.: Dr. Gaertner. Nusgescrtigt, den 25. Oktober 1923. Ddr GrrlchtSschreiber des Amtsgerichts, Abteilung IV» - Münchner Platz 3. Finsterbusch. I. Jnip. Weiterhin hatte der Bürgermeister Hehl ein gegen D r. Albert wogen eines Artikels in der „Allgemeinen Rund schau", München, vonl 16. August 1923 ebenfalls eine Beleidi gungsklage erhoben. In dem Artikel stand u. a. der Satz: . „Gleichzeitig ist darin (in dem Flugblatt „für Wahr heit, Freiheit und Recht") festgestellt, daß der heutige Landesvorsitzende der sächsischen ZentrnmSpartei unter Entstellung der wahren Tatsachen gegen die Sächsische BolkSzeitung vorgegangen sei." Auch diese zweite Klage Heßleins ist zurückgewie - sen worden, wie der nachstehend abgedrnckte weitere Beschluß des Gerichtes zeigt: ^ - Ausfertigung. Beschluß vom 16. Oktober 1923. Die Privatklage Heßlein gegen Dr. Albert wird z n r ü ck g c w i c s e». Der Privatklägcr hat die Kosten des Verfahrens zn tragen und dem Beschuldigte» die diesem erwach senen notwendigen Auslage» zu erstatten. <8 5V3 StPO.) Rach dem Inhalt des Artikel „Neuorientierung in Sachsen", der eine Darstellung der Streitigkeiten innerhalb der sächsische» sicntrnmSpartei enthält, und in dem Teile, in denen sich die znin Gegenstand der Privatklage gemachten Wendungen befinden, eine Rechtfertigung dafür zu geben sucht, warum die Beantwortung des Flugblattes des Privatklägers mit dem Flugblatt der Schriftlcnnng der Sächsischen Volkszeitung erfolgt ist, deren Hauptschriftleiter der Beschuldigte ist, erscheint nicht erweislich, daß dieser die frag liche» A»Ssi!hrui:gen nicht ausschließlich gutgläubig zur Wahr nehmung solcher bcvechtietcr Interessen gemacht ha:, zu deren Wahrnehmung er sich im Interesse der ReichSzen- t r » in s p a r t e i nnd der sächs. Z e n t r u m s P a r t e i und damit im eigenen Interesse für berechtigt gehal.cn hat. Es ge», alnr auch weder aus der Form der Aenßernngcn noch aus den Begleitumständen die Absicht der Beleidigung hervor. Hiernach steh: dem Beschuldigten 8 193 StGBs. strafschützcnd zur Seite. Amtsgericht Dresden, Abteilung lV, gez.: Dr. Gaertner. Ansgcscrtigt. den 25. Oktober 1923. ' - Der Gcrichtsschrciber des Amtsgerichts, Abteilung iv, Münchner Platz 3. Finsterbilsch, F. F»s'>.