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Sächsische Volkszeitung : 21.11.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192311216
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19231121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19231121
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-11
- Tag 1923-11-21
-
Monat
1923-11
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 21.11.1923
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2V Iah« KaWWr staiikiidMli Der Katholische Deutsche Frauenbund wurde am 16. Ko ber 1903 tu einer konstituierenden Sitzung im Caritashause KSlu gegründet. Dort ist er auch wurzelfest geblieben, und von Köln aus hat er seine werbenden Gedanken in alle Gebiete unsere» deutschen Vaterlandes hinansgetragen. Heute geht kein Geltungsbereich von Konstanz und Neichcnhall bis Ham burg und Danzig, von Trier und Aachen bis Königsberg und Beuthen. Tr hat Massen-Zwetgvereine, etwa im rh.-inisch-siiest- fültschen Industriegebiet oder in Großstädten wie MUnche», Stutt gart, Köln. Berlin, Breslau; aber er sitzt auch in kleinen, treuen Stämmen in der Diaspora des mittleren und nördlichen Deutschland und in den ländlichen Gemeinden.Bayerns, Würt tembergs, Schlesiens, Hannovers, Westfalens. Und diese Hundert- tausende katholischer deutscher Frauen richten "heute im Geiste ihre Blicke nach Köln und grüßen das deutsche Nom am geliebten Rhein niit seinen ragenden -Nrmen und großen Erinnerungen: und grüßen ihre Zentrale in der Noonstraße 36 nnd gedenken voll Liebe der organisatorischen und geistigen Gemelnschast, die sie alle verbindet. Die ersten Vorsitzenden waren Frau Hopmann, die jetzt noch als Ehrenvorsitzende in Godesberg lebt, und Frau Backum-Sieger tn Köln. Neben ihnen traten in der Gründungsgeschichte des Bundes folgende Namen hervor: Frau Trimborn, Frau Nen- haus, Frau Gordon, Frl. Herber, Frau Gnauck-Kühne und Freiin v. Carnap. Die Kerntrnppe war klein, aber sie fühlte die Größe ihrer Aufgabe und begann mit tapferer Entschiedenheit ihren Weg. Der Episkopat billigte ihre Pläne, die katholische Presse nahm — man kann fast sagen: lückenlos — eine freund liche Haltung ein, andere Organisationen, insbesondere Volks- Verein, Caritasverband und der Verein katholischer deutscher Lehrerinnen, traten dem jungen Buna nachbarlich fördernd zur Seite. ES war in einer äußerlich glänzenden, aber innerlich ent wicklungsschweren Zeit: als der politische und wirtschaftliche Auf schwung Deutschlands noch in fieberhaftem Zeitmaß sich voll zog, als ein Problem das andere gebar und die Flut der Be wegungen immer rascher und wilder um diese Probleme kreiste. Ter Rhythmus des Weiterschreitens war nicht immer glück lich, nicht immer geistig bde'ngt und sittlich unterbaut. Die inner politische Wirrnis und die Erbitterung der Wirtschasts- und Weltanschauungskämpfe von heute sind ja in mancher Beziehung die herbe Frucht jener Jahrzehnte. Für die Frauen hatte der heute fast geschichtlich gewordene Zwang zur Umstellung stattgesunden. Es ist die alte Formel: Verdrängung von der Familienarbeit, Aufmarsch zum öffent lichen Arbeitsmarkt. Hier brachen Verhältnisse zusammen, die in ihrer Gebundenheit an traditionelle Pfltchtenkreise für die Ewig keit gemacht schienen, dort entstanden neue soziale Lagerungen und wirtsck-astlickM Zwangsläufigkeiten. Und mit dieser materiellen Umstellung ging jene deS Geistes Hand in Hand: mit ihren tausend Fragen nach dem Sinn des äußeren Werdens, mit ihrem Streben »ach allen Möglichkeiten der Bildung, mit ihrem Hineiugerissenwerdcn in alle' geistigen Entwicklungen und alle Strömungen des öffentlichen Lebens. Tce Frauenbewegung! In ihrer damaligen Form wird die Geschichte sie wahrscheinlich als eine der interessantesten Erschei nungen der Wilhelminisch,«» Periode und der vorangegangcnen Jahrzehnte buchen. Zuerst verlacht, dann langsam ernst ge- nominen, schließlich anerkannt und gefördert oder leidenschaftlich bekämpft, ging sie ihren Weg; zweifellos mit Irrungen und falschen Einstellungen, aber als ein notwendiges Produkt ihrer Zeit und von starken inneren Kräften geführt und getragen. Ans verschiedenen Weltanschauungslagern kommend, war sie in ihren Auswirkungen verschieden: in Problemstellung und Problemlösung, in Methode und Stoßkraft. In mancher Beziehung kann man sage», daß sie Leben und Tod für echtes Frauentum in ihren Händen hielt. ES ist da» große Verdienst jener tn Köln am 16. November 1903 zuscim»>engetretenen Frauen, daß sie im Katholischen Deut schen Frauenbund eine Organisation der Frauenbewegung schufen, die, auf dem Boden der katholischen Kirche erwachsen, nicht nur der Abwehr des Gefälschten und Sinnwidrige» dienen, sondern darüber hinaus posicioe Mitarbeit an der Gestaltung des Frauen lebens entsprechend den neuen Verhältnissen leisten sollte. Für diese Mitarbeit waren alle Werte der katholischen Kirche lebendig zu machen: die Klarheit und Folgerichtigkeit ihrer Lehre, die nach Ewigkeitszielen gerichtete Schönheit und Strenge ihrer C'hik, die Fülle ihrer Geschichte, d'e sie durch Jahrtausende als Erzieherin der Völker zeigt und eine Kette wundervollen Frauentums, von der heroischen Kraft einer Katha rina von Siena bis zu der sich selbst auszehrenden Güte und Oplerseligkcit einer Elisabeth von Thüringen, vor uns auf- leuchtsn läßt. Nebergenng des Reichtums, um mit ihm und durch ihn Maßstäbc aufzurichten und das katholische Frauenideal zu gleich in der Umrißlinie des Gottgewollten zu erhalten und mit der Farbigkeit deS unmittelbar flutenden Lebens zu erfüllen! Das bedeutete mehr als Selbstbehauptung, sei e» im kleinen Kreis des Alltags, sei cs in den größeren Gemeinschaften des öffentlichen Lebens, weit mehr als Ringen mit andersartigen Strömungen. Es war Forschen und Erkennen; Ausbau a»S innersten Wurzelkcästen; sittliches Reisen zu neuen Rechten und Pflichten. Für diese Erfüllung des Wesens einer katholischen Frauen bewegung waren außer dem Katholischen Deutschen Frauenbund natürlich auch noch andere Faktoren verantwortlich. Zu ihnen zählen in erster Linie die übrigen katholischen Frauenorganisa« tionen, mit denen er gemeinsam die Geschlossenheit der katho lischen Weltanichauung ln der Frauenbewegung repräsentiert. Die meisten dieser Organisationen sind ihm angeschlossen oder haben in einer anderen organisatorischen Form die Verbindung mit ihm gesucht. Den Gemeinschaftsgedanken, in letzten Zielen aus religiöser Ueberzeugung, will der Katholische Deutsche Frauenbund über haupt zur bewegenden Kraft seines Wirkens machen. Deshalb hat er — wenn es not tat, auch gegen Strömungen im eigenen Lager — es durchgesetzt, die Frauen aller sozialen Schichten nnd Stände, die Frauen der Familie und die unverheirateten Frauen, die Frauen von Stadt und Land und aller Altersstufen in einer Organisation zu vereinigen. Aber d>e äußere Organisation soll zugleich innere Gemeinschaft sein nnd in gegenseitigem Lernen voneinander, in gegenseitigem Sichschätzen nnd Sichtragen mithelfen, Ausgleiche zu schaffen und durch einen geschlossenen Frauenwillen Zerrissenheiten der Gegenwart zu. überwinden. Es würde zu weit führen, im einzelnen die Arbeiten des Katholischen Deutschen Frauenbundes auszuzühlen. Er hat in einem umfassenden, bis in den kleinsten Ztveigvercin hineinreichenden Bildungswerk versucht, die katholischen Frauen über die ocingenden Fragen der Gegenwart zu unterrichten und für neue Aufgaben zu schulen, einerlei, ob diese in der Familie, im täglichen Arbsits- leben oder auf dem Gebiete irgendwelcher össentlichrn Betätigung liegen; er hat Kräfte eingc'etzt, um Forderungen der katholischen Weltanschauung durch den Willen vieler Nachdruck zu geben und die Interessen der Katholischen Frauen im bürgerlichen Leben zu vertreten; er hat an der Lösung von Problemen wissenschaft lich mitgearbeitet, Verbindungen im Ausland angcknüpft, Zu sammenschlüsse geschaffen, Ausbildungsmöglichkeite» für neue Ar- bcitszweige ins Leben gerufen. Er hat die katholischen Haus frauen nnd die Landfranen in besonderen Abteilungen zur wirt schaftlichen Mclterbildung und Interessenvertretung zuiammenge- schlossen, er hat einen Teil der weiblichen Jugendbewegung organisatorisch sich eingegliedert und wandert m«t ihr aus glei chen Pfaden zu gleichen Zielen. Er steht in einem Netz von sozialearitativer Arbeit, und im Krieg wie in den letzten unend lich schweren Leidensjahren hat er —und es gehörte ihm zum Wesen echten Frauentums und damit zum Wesen der katholischen Frauenbewegung — all seine Kräfte in den Dienst s:in:S Volkes gestellt. Ter Gedenktag seines zwanzigjährigen Bestehens ist kein Feiertag. Die Lasten eines Volkes liegen häufig schwerer auf den Schultern der Frauen als der Männer. Ter Katholische Deutsche Frauenbund leidet noch ganz besonders unter dem Um stand, daß ein großer Teil seiner Kerntrnppe» sich im besetzten Gebieie befindet. Der Gedanke, daß in der Stunde der größten Gefahr sich die Reihen nicht lockern dürfen, und daß die Frauen gegenüber dem drohenden Zu^amnvebVuch besondere Pflichten und Verantwortungen haben, erfüllt ihn und läßt seine Mitglieder innerlich fest und treu zu ihrem Bunde stehen. Und gerade die Opfer, die damit verbunden sind, stählen die Kraft und adeln die Treue. Hedwig Dransfeld.? Glicht das? Aus Bayern wird uns geschrieben: Wir haben bereits von der unerhörten Hetze gegen die Ka tholiken an dieser Stelle Mitteilung gemacht, die im Anschluß an den Zusammenbruch des Hitler-Ludendorff-Putsches von den Nationalsozialisten und ihrer Gefolgschaft inszeniert worden ist. Die Szenen, die in der katholischen Hauptstadt eines katholischen Landes gegen die katholische Kirche und ihre Diener und Ein richtungen sich abspielten, spotten tatsächlich jeder Beschreibung. Jeder Kenner der Dinge konnte hier die raffinierte Taktik der alten „Los-Von-Rom"-Bewegung erkennen und wer mit den Dingen näher vertraut ist, wird sich darüber gar nicht wundern, denn Hitler selbst ist aus dieser österreichischen „Los-von-Nom"- Bewegung hervorgegangcn und viele seiner engsten Mitarbeiter haben sich in Ermangelung eines Tätigkeitsfeldes in Oesterreich ausgerechnet das katholisch« München zum Tummelplatz auscr- sehen. Durch eine heute mehr noch als jemals zuvor unbegreif liche Politik, die gerade auch von manchen katholischen Kreisen den völkischen Elementen und ihrem Treiben gegenüber in einer verblendeten Verkennung der wirklichen Lage und Tendenzen ge. übt wurde, sind diese Dinge förmlich groß gezüchtet worden. Man muß jetzt die Blätter der verschiedensten Parteirichtungen in die Hand nehmen, um zu erkennen, was den Bayern und was den deutschen Katholiken blühen würde, wenn diese Kreise ein mal zur Herrschaft kämen. Die ungeheure Wut, daß ihre Pläne jetzt durchkreuzt worden sind, hat sie zu der Unvorsichtigkeit ver anlaßt, ihre wahren Auffassungen vorzeitig zu enthüllen! Man muß Zeuge der in München sich abspielenden Szenen nach der Niederschlagung des Hitler-PutscheS durch Kahr ge- wesen sein, um ganz zu begreifen, welcher ungchoucrliche Haß sich da breitmachte. Er schreckte auch nicht zurück vor dein Kar. dinal Faul Hab er, der in einem zuvor veröffentlichten Briefe an den Reichskanzler vor drohendem Bürgerkrieg seine war- »ende Stimme erhoben hat. Nicht nur, daß katholische Studen ten, die de» Rnmmel nicht niilmachen wollten, und daß die Geg ner der Nationalsozialisten als „Jaulhaber-Knechte", als ,.Röm linge", und „Jesuiten-Söldlinge" bezeichnet wurden, cvuch der Kardinal selber wurde persönlich in geradezu unflätiger Weise insultiert. Tie nationalsozialistischen Lümmels mit ihrem mr- veriiieidlichen Anhang, den die vernünftigen Münchener nur alz „narrte Frauenzimmer" bezeichnen, machte» vor dein Palais des Kardinals eine wüste Katzciimnsik und sie belästigten ihn in der gemcinsten Weise, als er von der Einweihung einer Kirche kam. Daher wurde der Kardinal als Judenkardinal und als Judensreund beschimpft und man überschüttete ihn init „Niedcr"- Nnfeii. In einer Versammlung von Studenten fand, und das ist bezeichnend für das geistige Niveau dieser im völkischen Ban» sich befindlichen Akademiker, eine ganz im Ernst vorgeiragene Mitteilung, daß Herr von Kahr „soeben zum Ehren» Jesuiten" ernannt worden sei, vollen Glauben und wurde dement sprechend ausgenommen. In München werden Tag für Tag nationalsozialistische Flugblätter verbreitet, in denen aufgefordert wird „z»nc Kainpf gegen die deutschfeindliche» Mächte des Judentums und des rö mischen Jesuitenordens". An Straßenecken prangen Zettel, auf denen steht „Los von Rom Du deutsches Volk und Du wirst wohlhabend werden wie »och nie!" Wie in Nord- dcntschland der Zusammenbruch des nationalsozialistische» Plü sches gerade unter konfessionellem Gesichtswinkel bedauert wurde, haben ja die Acußerungen des Herrn von Gräfe über den Sieg des „ultramontanen" Geistes zur Genüge erwiesen. Genügt das? Oder brauchen wir bäurische und dentsch« Katholiken noch mehr Nackenschläge, um endlich zur Besinnung zu kommen? Nllhcißcnim und Kulumuuisuius Dresden, den L0. November Nach einem kurzen Vortrag im Lehrervsrein sprach am Freitag abend Jesuitenpater Heinrich Schmitz aus Düsseldorf in der Josephinenstiftskirche über das Thema: Urchristentum und Kommunismus. Christus wird heute vielfach als Revolu tionär, als Sozialist, Kommunist, Spartakist hingestellt; die Ur- kirche, ursprünglich kommunistisch aufgebaut, habe ihr Programm gewechselt, und sei wieder dem Kapitalismus dienstbar gewor- den. Man reißt einige Stellen der Evangelien und Apostelge schichte aus dein Zusammenhang los und beweist so die eigene These. Tatsächlich will Christus keinen Unterschied aufstellen zwischen arm und reich. Sein «Weh euch, ihr Neichen!" gut dem Mißbrauch irdischer Güter, dessen Gefahr mit irdischem Be. sitz sehr leicht verbunden ist. In Christi Reich sollen Gott vertrauen, Gerechtigkeit, Liebe gelten gegenüber Habgier, Wu cher, Unterdrückung. Christus ging auch' bei den Neichen aus und ein; so konnte er kein kommunistischer Deinagog sein. Christus duldet soziale Mißstände, wie z. B. das Sklaven tum. Seine Lehren einmal durchgeführt, mußten von selbst eine soziale Welterneuerung bringen. Die Abschaffung der Sklaverei ist in christlichen Staaten von selbst nnd olme Gewalt erfolgt. Ta Christus aller Haupt und Erlöser, so ergibt sich von seMt die Brüderschaft in Christo, wie wir sie in der Apostel geschichte gezeichnet finden. Dabei ist kein kommunistischer Zwang, der sagt: Was dein ist. ist mein, sondern Liebe und Frei, heit sprechen: Was mein ist, Bruder, sei dein. Diesen Kommunismus der Liebe finden wir heute noch in der katholi schen Kirche; man denke an die Klöster, an die selbstlose Arbeit der Schwestern und Missionare. Es ist der Kommunismus der Liebe, der die Urkirche zu Jerusalem wie die paulinischen Ge meinden zusnmmenschloß; den freilich fordert Christus: Du sollst Gott über alles lieben — und deinen Nächsten wie dich selbst! Leider war der Vortrag, wohl äußerer Umstände halber, nur wenig besucht. Er hätte manchen wichtigen Aufschluß bie ten können. Der nächste wird am 21. Dezember staitfin- den; daran anschließend im Joscphinenstift P. von Nell-Breu- ning wird gleichfalls ein hochaktuelles, sozial-ethisches Thema be handeln. - -g-h. Notkl ülAenhof ° mvm Ntte Ammer mli Halt« unll lvärmmcksser -»»m-r kreise müßig »<>„c-»u-M< Weltanschauung Von Wilhelm Stählin. ^ Die Synthese, nach der unsere hsutige geistige Lage .schreit, ist etwas vollständig anderes als eine Verbindung aller der wissenschaftlichen Einzelerkenntnifse. die in den einzelnen Disziplinen zutage gefördert worden sind, und ihre Zurückfüh rung auf möglichst wenige Prinzipien. OB es beispielsweise ge lingt, von der heutigen Ätomlehre aus den Aufbau der Elemente «uS einer gemeinsamen Struktur zu begreifen, mag wissenschaft lich außerordentlich bedoutsam sein, ist aber für die geistige ^age unseres Volke- höchst gleichgültig. Nicht gleichgültig ist eS pber, ob sich hinter der Fülle der Tatsachen ein Sinn auftut, Und ob eS möglich ist, statt einer chaotischen Fülle von Wirklich leiten eine „Welt , d. h. ein sinnvolles Ganzes zu schauen. Eben das ist in der geistigen Entwicklung der letzten Jahrhunderte derlorengegangen; in dem Bann einer immer auf das Tatsäch. gliche, auf daS Empirische gerichteten Denkweise haben die meisten einen „Sinn für den Sinn" gar nicht mehr besessen, gar nicht Mehr verstanden, daß nicht ein vermehrtes Wissen von den Dingen, sondern eine vertiefte Einsicht in ihren Sinn die eigent- eiche LcbenSnotwendigkeit ist. Weltanschauung haben. Heißt immer ein Bild von dem Sinn der Welt in jsich tragen. Die Tatsächlichkeiten sind immer mannigfaltig, und nur das Erleben ihres Sinne» schmiedet die materielle und die geistige Welt zu einer Einheit zusammen. Unersättlich greifen die Menschen zu, wo man ihnen vermehrtes Wissen verstricht, .und ahnen nicht, daß alle diese Speise ihren eigentlichen Hunger !gar nicht zu stillen vermag, den Hunger nach einem Sinn in ,dem sinnlos geworrenen Leben und in einer sinnlot gewordenen Welt. Der eigent li che Dienst, den der Führer, der Lehrer der Offizier, der wirtschaftliche Werter dem Volk-ganze« zu lei st en hat. ist der. daß .er eben nicht nur, was selbstverständlich ist, den anderen an Missen und Können überlegen ist, sondern daß er tiefer und Klarer de» Sinn der Arbeit» di» e, selbst leistet und die er anderen zumutet, den Sinn d«S äußeren und inneren Schicksals seiner Nation und schließlich den Sinn des Ganzen de» menschlichen Leben» und der Welt in sich trägt und verkSrpert. Davon kann freilich keine Rede sein, solang« in der Unheil- Millen. Weise, wie eS die letzten Jahrzehnte getan haben, die giein rationale Seite im Menschen einseitig auSgvbtldet rund überschätzt wird. Solange man SinneSwahrnehmong und »deren intellektuelle Verarbeitung für da» einzig« Mittel hält, «nS der umgebenden Welt zu bemächtigen, bricht immer tm Grunde die Einheit Le» Menschen auseinander; denn dies« Einheit beruht eben nicht auf rationalem Denken, smdern.ftI chWzglt, irgendwie in dem Kern seines Wesens, wo ein jeder durch Blut und Glaube, durch inneres Schicksal und Gesetz bestimmt ist, und nur aus dieser inneren Einheit heraus, nie aber durch bloß verstandeSmäßige Besinnung, vermag ein Mensch etwas von dem Sinn des Lebens, seines LcbenS, zu erfassen und zu verwirklichen. Darum ist nicht nur jeder Lehrer, sondern über- bampt jeder Führer ein „Professor" in dem Sinn, daß seine Lehre, seine Führerschaft ein persönliches Bekenntnis ist, in daS er ein Stück seines Innersten, ein.Stück seines LcbenS hineinge- geben hat. Ohne weitere Ausführung wird deutlich sei», wie tief der Mangel an solcher Führerschaft mit der oben geschilderten eistigen Gesamtlage zusammenhängt. Wir leiden an einer nnge- euerlichen Ueberschätzung dessen, was ein Mensch an Wissen und Kenntnissen von anderen in Schulen nnd ans Büchern empfangen kann — nämlich alle Mitteilungen über Tatsachen uno ihre Gesetze —, und an einrr verhängnisvollen llnle.smätziing besten, was ein Mensch nur in eigener Lebenoigkei! aus Blut und Herz und Geist heraus erringen kann: „DaS Wissen wird vererbt, die Weisheit nur erworben." Und sie wird nur erporben im Handeln, in der Hingabe an bestimmte Aufgaben und in dem steten Ringen m > Wider- ständen. Es gibt eine Art, von geistigen Dingen zu r:de», die alle Fühlung mit den durch das wirkliche Leben gestellten Anf- aben verloren hat und auch verschmäht, ein gänzlich unsrucht- arcS Philosophieren im lufteeren Raum. Dabei mögen die wert vollsten wissenschaftlichen Erkenntnisse und formal logischen Ein sichten gewonnen werden, aber niemals jene Weisheit, von der Menschen und Völker leben. Eben darauf bezieht sich zum großen Teil jene verächtliche Gleichgültigkeit, mit der so viele Menschen der praktischen Arbeit allen geistigen Fragen gegenüberstehen. Nur die Verbindung wissenschaftlicher Forschung und gründlichen Denkens mit der Einsicht, die auS der sittlichen Tat an konkreten Aufgaben wirtschaftlicher, politischer oder militärischer Art reist, ist deS vollen und ganzen Menschen würdig, und diese Verbin dung allein weiht ihn zu einem wirklichen Führer. Was Christus so auögedrückt bat, »nr wer den Willen Gottes tun will, werde über sein,: Lehre Klarheit gewinnen, waS Carlyle mit seinem berühmten Satz gemeint hat, daß Zweifel aller Art nur durch Handel», überwunden werden, da« heißt, ganz allgemein: wer sich mit ungeteiltem Herzen den sittlichen Aufgaben hingibt, die da» Leben ihm stellt, dem reift erst in diesem Dienst eine Ei», sicht t» den Sinn, der all fein Wissen zu einer in- «eren Einheit umschließt. «* ist hier nicht der Ort auSzuführeu, welcher Schaden den Universitäten daran» erwächst, daß di« «llerwenigsten ihrer Bücher sich jemal» an solchen kon- trete« sachlichen Aufaaben versucht haben. Aber ganz allgemein erwächst bin Führerideal, da», so selbstverständlich e» -tL doch i> >Lrutkchlond«w. cklyßuwrdentlich selten der. wirklicht, ja kaum erstrebt wird: da» Ideal des ManncS, der ganz im Dienst praktischer Aufgaben stehend, doch im Bund w.K wissenschaftlicher Erkenntnis und mit der geisti, gen Bewegung der Zeit die Weisheit sich crwim'rn bat. die selbst gewiß ist und anderen das Vertrauen cinslößt, Lebe» und Arbeit eine» Sinn hat. si Die Schädlichkeit deS GrvhklablranchcS. ß-tzt vielen Ländern der Welt wieder einmal der e .-n,!M nie er loschene Kampf der Acrzteschoit gc-e» die mit neuer Schärfe ein. Als wesentlichstes Argument in diesem. Kampf wird immer wieder auf die Schädlichkeit des Rauches hingewiesen, der alz unheilbringende Wolke von de» Fabrikschorn. steinen über die Städte hinzieht. Auf dem vor kurzem in Hnll in England stattgehabien Medizinischen Kongreß zeigte der Pro fessor Cohen von der Universität Leeds pho'ograplnicke Aus nahmen von der furchtbaren ZeritörnngSkrait diese?- TchädlingS auf die Vegetation: er zeigte Bilder von Bäume», die durch ihn vollkommen ihre Blätter verloren hatten, von Weizen und anderem. Getreide, das verwelkt und verkrüppelt war. von Blumen, deren Farbe ganz verblaßt war, von einem Tee im seereichen Cumberland, der vollkommen mit Nnß über»gen war; in diesem See lebt heule kein Fisch mehr. Wie der Rauch hier schädlich auf Pflanze nnd Tier wirkt, so natürlich auch a> i den Menschen. Die englischen Aerzte drängen dnber daran», daß alle Arbeitskräfte, die nickt unbedingt sür die Groß- und in" die Industriestadt nötig sind, diese verlassen sollen und dabin gch:.n. wo man sie gerade jetzt >o sehr manch!, auj da? gesunde Land. ck Tie Leliewsdaner bei den verschiedenen Völkern. Cme von LebensveriihernngSärzlen ausgestellte übernationale Leben-- dauertabelle, dir sich aus eine 2,Mhr"'gc Tarchict'iiiltSccit er streckt, stellt fest, das; jährlich von je 1090 Einwolmcrn sterben: in England 20, in Irland 18, in Tänemark l9. in Norwegen 17. Viel ungünstiger liegen die Kontinentv'rlmitnßse. Tie Sterblichkeit ini Deutschen Reich wurde mit 2ü vom Tau send errechnet, in der Schweiz zahlte man 21 Sterbefäll: ans gleicher Grundlage, ebenso in Belgien und in den Nied.'rlanoen. Ferner für Frankreich 22,6, sür Italien 27,9 Tode.lalle. Gegenüber früheren Zeitabschnitten erweinn sich d>« Zah'eus Verhältnisse als günstig. — Ats durchschnittliche L,be»sdaner bei den einzelnen Völkern wurde errechnet: im Atter ran 20 Jahren hat an LebenSIahren zu erwarten: der Amerikaner 43, der Engländer 41, der Deutsche 39,7, der Franzos» 40. Bei c nn Alter von 60 Jahren ist da» weitere TnrchsckmittSlebenSaUrr beim Amerikaner 14, beim Engländer 13.8. beim Deutschen 1^9 und bet« Franzosen IS Jahr«.
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