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Sächsische Volkszeitung : 29.07.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-191007292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19100729
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19100729
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-07
- Tag 1910-07-29
-
Monat
1910-07
-
Jahr
1910
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 29.07.1910
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solchen berufenen Vertretern der wirtschaftlichen Praxis erscheint mir der beste Weg, um die Entwickelung unserer Kolonien zu fördern und ihre eigenen wirtschaftlichen Inter essen mit den Bedürfnissen der heimischen Volkswirtschaft in Einklang zu bringen. Gewiß fällt der Privatinitiative, dem Fleiße, der Tüchtigkeit und der Kapitalkraft des ein zelnen Siedlers, Kaufmanns und Pflanzers die Hauptauf gabe zu, und nichts liegt mir ferner, als eine Bevormundung der wirtschaftlichen Tätigkeit in unseren Kolonien. Aber dieser letzteren sind seitens der Verwaltung in den der Kultur wenig erschlossenen kolonialen Gebieten in viel höhe rem Maße als in alten Kultnrstaaten noch die Wege zu ebnen. Tie von der Verwaltung zu schaffenden Grundlagen für die wirtschaftliche Betätigung, wie beispielsweise Aus bau von Verkehrsstraßen aller Art, Ausdehnung der Geld wirtschaft, eine für die Schutzgebiete geeignete Regelung und Organisation des Kreditwesens, Nutzbarmachung der Eingeborenen für die wirtschaftliche lind kulturelle Arbeit, Organisation des Arbeitsmarktes, sind noch nicht vollendet, wenn auch bereits beachtenswerte Fortschritte erzielt wurden. Aber auch über diese grundlegenden Aufgaben hinaus hat die Kolonialverwaltung noch weitere für die Kolonialwirt- schast zu erfüllen. Die Produktion selbst, die in entwickel teren Ländern in der Regel ihre eigenen Wege geht, ist zu nächst noch mit Rat und Tat zu unterstützen durch Einrich tungen, welche die Kräfte des einzelnen übersteigen. Bei der Lösung dieser Aufgaben können sachverständige Fach leute ans dem praktischen wirtschaftlichen Leben mit reichen Kenntnissen und Erfahrungen in ihrem Geschäftsbereiche die Kolonialverwaltung in hohem Maße unterstützen." Wir wollen hoffen, daß dieser Beirat seine Aufgaben besser erfüllt als der frühere Kolonialrat, der sich als ein Hindernis der kolonialen Entwickelung gezeigt hat. — Meuterei? Der große Kreuze: „Blücher" befand sich mit der Hochseeflotte in den norwegischen Gewässern. Am Sonnabend k.hrte er jedoch allein nach Kiel zurück und machte an einer Boje im KctegShafen fest. „Blücher" mußte bald darauf unter Begleitung des Kreuzers „Prinz Albert" nach der Wiker Bucht fahren und ging außerhalb des KrisgShafens vor Anker. Am Montag beobachteten nach dein „Vorwärts" A.beiter, daß 60-80 Mann der Besatzung des „Blücher" in der Wiker Bucht, wo die großen Kasermments liegen, unter starker Bewachung an Land gesetzt wurden. Ans dem „Blücher" soll eine Meuterei stattgefunden haben, deren Anlaß in erster Linie das schlechte Essen gewesen sein soll. So die Meldung des sozialdemokratischen BlatteS; wir halten es für geboten, daß sofort eine erschöpfende amtliche Darstellung gegeben wird. — lieber die Niederlassung fremder Großgrundbesitzer in Bayern hat Prinz Ludwig im ReichsratsauSschuß für das Güterzertrümmerungc'gesetz ein bemerkenswertes Wort gesprochen: Man habe klagen hören, daß der Großgrund- besitz die Bauernhöfe auskaufe. Die Käufer seien aber meistens Fremde, welche aus irgend welchen Gründen eine Freude daran hätten, neben sonstigem großen Vermögen auch noch Grundbesitz zu haben. Er gebe zu. daß diese Leute meistens gut wirtschaften; ob es aber für das ganze Land ein Vorteil sei, wenn Leute, die mit der Bevölkerung nicht verwachsen sind, sich als Großgrundbesitzer nisder- ließen, das sei eine andere Frage! — Aus Nassau wird der Kölnischen Volkszcitnng ge schrieben: Der Herr Superintendent Müller in Düren (siehe Nr. 100 de: Sächsischen Volkszeitung) ist schlecht unterrick,>et. Das Kcüppelheim in Kreuznach begehrt und erbilt?t auch bei Katholiken Gabe». Für das Gebiet deS ehemaligen Herzogtums Nassau ist eine Hauskollekte für das Rheinische Diakonissen - Mutterhaus Kreuznach (Krüppelsürsorge) bei allen Emwohnern bewilligt. Vielleicht beschwert sich der betreffende Herr Superintendent darüber, da dieses nach seinen Worten „eine Kollekte bei Protestanten und Katho liken weder hat noch begehrt". — Mit dem Stande der Ncichsfiiianzc» beschäftigt sich in der „Germania" der Abgeordnete Erzberger: er schreibt: „Ein guter Wertmesser für die Gesundung der Neichs- finaiizen sind die verminderten Ansprüche des Reiches an de» Geldmarkt: damit ist auch der beste Weg zur Hebung des Kurses der NeichSanleihen beschritien. Sticht mehr, sondern weniger pumpen treibt den Kurs in die Höhe; wenn einmal das Kapital dem Reiche »achznlanfen hat. dann wird der Kursstand befriedigend sein und niemand mebr a» den Neichsanleihen Geld verlieren. Der vermin derte Anspruch des Reiches an den Geldmarkt ist eine sehr erfreuliche Folge der Neichsfinanzreform und macht sich bereits in doppelter Weise geltend: Der Geldmarkt wird weder dauernd »och vorübergehend so stark benutzt und die Geschäftswelt muß nicht mehr deshalb so hohe Bankzinsen zahlen, weil das Reich in tausend Nöten ist, wie es vor Jahren war. Wenn die Neichsfinanzreform mit der Mehr belastung von 410 Millionen Mark sich ganz begreiflicher weise im Erwerbleben geltend machen mußte — das wäre auch bei Annahme der weiteren Erbschaftssteuer gekommen — so darf ans der Gegenseite gebucht werden, daß nunmehr das Reich den Geldmarkt nicht mehr so beunruhigt." Nachdem er das im einzelnen dargelegt hat, kommt er zu folgendem Ergebnisse: „Ohne Optimist zu sein, darf man konstatieren, daß das Reich sich somit auf dem besten Wege der Gesundung seiner Finanzen befindet und daß man die Ueberzengung anssprechcn darf, daß es noch dem derzeitigen Schntzsekretär bei konsequenter Fortsetzung seiner Politik möglich sein wird, wieder einmal einen Etat ohne An leihen vorlegen zu können. Gewiß werden neue Aufgaben und neue Ausgaben kommen, weil Stagnation der Feind des fortschreitenden Lebens ist und die Nation schädigen würde, aber sie können im Nahmen der heutigen Finanzen befriedigt werden. Wenn diese Zeit an unsere Türen pocht, dann werden auch die grimmigsten Gegner der Finanz- resorm, die vor Jahresfrist geschaffen worden ist, die An erkennung nicht mehr versagen können. Die Geschichte des dcntschen Volkes wird dann diesen modernen Gcßlcrhut auf- stellen, den jeder grüßen wird." Der linksstehenden Presse sind diese Konstatierungen sehr n»angenehm; aber sic können nicht mit Tatsachen da gegen ankommcn; es wäre ihr auch zu schmerzlich, wenn sie jetzt eingestehen müßte, daß die Finanzrcform ihren Zweck erreicht hat. Wert der Hrilstättenbehandlung. Das Reichsver sicherungsamt ist bemüht, den vielen Bedenken gegen die Heilstättenbehandlung durch statistisches Material entgegen zutreten. Seit mehreren Jahren wurden genaue Unter suchungen darüber angestellt, wie viel in Heilstätten Behan delte nach einem Zeiträume von fünf Jahren noch erwerbs fähig waren. Es hat sich gezeigt, daß in den letzten Jahren von Kontrollperiode zu Kontrollperiode immer mehr Pro zente der Behandelten ihre Erwerbsfähigkeit nach der Ent lassung aus den Heilstätten behielten. Auf 100 Männer, die wegen Lungentuberkulose behandelt wurden, waren am Ende der Behandlungsperiode 1897/1901 nur noch 26 Heil erfolge vorhanden, am Ende der Behandlungsperiode 1904/1908 dagegen 44; ähnlich ist das Verhältnis bei den weiblichen Lnngentuberkulösen, bei denen die entsprechen den Ziffern 32 in der ersten Behandlungsperiode und 51 in der zuletzt genannten Periode lauten. In der neuesten Nummer ^>er „Amtlichen Nachrichten des Neichsversiche- rungsamtes" wird nun zum ersten Male gezeigt, in welchem Umfange die Heilstättenbehandlung auch auf Kranke in fortgeschrittenem Stadium eingewirkt hat. Seit dem 1. Januar 1909 ist in den Lungenheilstätten aller Versiche rungsanstalten eine einheitliche Stadiencinteilung der Lungentuberkulose eingeführt worden. Es wird nun über die Ergebnisse bei 24 766 Männern und 10 379 Frauen, zu sammen also bei 35 145 Personen, die in solchen Heilanstal ten behandelt wurden, berichtet. Man erfährt, daß unter den Männern beim Beginn der Behairdlung 1679 im dritten (schlechtesten) Stadium der Erkrankung sich befanden, daß aber beim Abschlüsse der Behandlung nur noch 1126 in diesem Zustande waren. Die Behandlung bewirkte also bei 553 männlichen Kranken dsS dritten Stadiums eine solche Besserung, daß sie in die Klasse derjenigen, die in einem günstigeren Studium stehen, eingereiht werden konn ten. Auch bei den Kranken des zweiten Stadiums ist ein solcher Erfolg zu verzeichnen: Beim Beginn der Erkrankung Maren 7777 Kranke in diesem Zustande, beim Abschlüsse der Behandlung nur noch 6302. Entsprechend dieser Abnahme bei den ungünstigeren Stadien hat als Folge der Behand lung eine Zunahme der Kranken im Stadium l stattge- jnnden und zwar von 11111 auf 12 600 bei den männlichen Kranken: außerdem befanden sich am Schlüsse der Behand lung 539 männliche Personen in einem Zustande, der noch güilstiger ist, als derjenige, der durch Stadium I gekenn zeichnet wird, während vor der Behandlung kein Kranker einen solchen Befund darbot. Und wie bei den Männern, so war auch der Erfolg der Behandlung bei den weiblichen Kranken. Ans allen diesen Angaben ersieht man deutlich, wie die Heilstättenbehandlung bewirkte, daß die Kranken aus den ungünstigeren Stadien in die günstigeren vor rückten. — Es ist genug protestiert! Wenn cs den berufsmäßi gen Hetzern und den eigentlichen Drahtziehern bei dem ganzen EntrüstinigSrnmmel nicht darauf ankäme, im Trüben zu fischen und die von ihnen gegen den Papst inszenierte Agitation politisch auszuschlachten, hätten sie ihr verwerfliches Treiben längst eingestellt. Wie anständige Leute auf protestantischer Seite über diese Hetze denken, das bat dieser Tage ein liberaler badischer Pfarrer und Mitglied des Evangelischen Bundes im „Süddeutsch. Volks blatt" (Nr. 85) znm Ausdrucke gebracht, indem er schrieb: Jedes Geschehnis hat seine zwei Seiten. Wohl hatte die Enzyklika wenig angenehmes für uns als ganzes Volk. Aber der katholische Volksteil hat doch einsehen dürfen, daß in Zeiten einer auch nur angeblichen Gefahr augenblicklich die Verschiedenheiten innerhalb der evangelischen Kirche überbrückt sind. Diese Erkenntnis ist das eine Gute. Nur scl>ade, daß so manche besonders linksstehende Geschäftspoli tiker nun glauben, jetzt sei die Zeit gekommen, wo sie im täuschenden Schafskleide religiös-konfes sionellen Interesses ein politisches Ge- t ch ä f t machen könnten. Sie werden sich irren, auch wenn sie jede größere oder kleinere, aber immer unwichtiger wer dende Protestversammlung noch so fröhlich und getreulich registriere». Es ist genug protestiert. Die zu ständigen Stellen auf evangelischer Seite und die auf katho lischer Seite haben das Ihre und das Genügende getan. Was Witt man mehr? Es ist genug protestiert. Ja, es ist Gefahr, daß die weiteren Proteste schließlich noch die tief gehende, ernste Sache ins — Lächerliche ziehen. Die alten verbissenen Knlturkämpfer überläßt man am besten sich selbst. TaS Wohl des Volksganzen ist wertvoller. — Nach einer- Kundgebung des Stadtpfarrers Dr. Feursteiu in Donaueschingen, die er im „Bad. Beob." ver öffentlichte, hat die Kirchenbehörde ihn zu einer Erklärung über seine vielbesprochene Stellungnahme zur BorromäaS- Enzyklika aufgefordert. Seins daraufhin abgegebene Er klärung ist eine Verschärfung der anstößigen Stellen seiner Kritik der Enzyklika und wird voraussichtlich Weiterungen im Gefolge haben. In der gleichen Nummer veröff.mllcbt der „Bad. Beob." eine längere Erkläcpng des Herrn Geistl. Rates Wacker, in welcher die Fenrsteinsche Kri.ik der Enzyklika eingehend beleuchtet nnd Protest dagegen ein gelegt wird, daß der größere Teil des Klerus der Erz diözese (wie auch Fenrstein in seiner zweiten Kundgebung zu behaupten die Keckheit hat) mit Dr. Feursteiu gleicher Meinung fei. — Der Deutsche Bauernbnnd wehrt sich mlt Händen und Füßen dagegen, als liberales Machwerk charakterisiert zu werden. Nun lesen wir im 1. Hefte des I ihrbnches für die soziale Bewegung der Industrie-Beamten u. a. folgendes: „Doch kann der „Deutsche Bauernbund" nicht als agrarisch im Sinne der Junker bezeichnet werden, denn dis Unterzeichner nnd Verfasser dcs Aufrufes gehören den verschiedenen liberalen Parteien an." Na, da haben wir's ja. — Die Berliner Sozialdemokraten befaßten sich in sechs Versammlungen mit der badischen Budgetbewilligung; dabei wurde von nahezu allen Rednern der Ausschluß der Badener Abgeordneten aus der Partei gefordert. OMerreich«U»it«r». — Die Hetze gegen die Enzyklika und da» „Boni- faziuslilatt". Jnbezug auf die in einen, Wiener Blatte enthaltenen Artikel über die Verteilung des BontsaziuS- blatte» vor der StefanSktrche teilt der Abt des Benedtk- tinerstlfteS EmauS in Prag. Schachleitner, folgende» mit Gegenüber anders lautenden Nachrichten wird festgestellb daß das am letzten Sonntag in Wien verteilte BontfaziuS- blatt lediglich einen Artikel enthält, . der die Angriffe deL Evangelischen Bundes sowie dis Behauptung zurückweist, daß der Heilige Vater in der Enzyklika etwas Unwahres geschrieben habe. Von einer Beleidigung der Protestanten als solcher kann somit keine Rede sein. Es handelt sich vielmehr um Aufklärung der Katholiken. 1?. Augustinus Galen hat, wie schon wiederholt, so auch diesmal, persönlich bet der Blätterverteilung und Gabensammlung mitgcholsen. — Vom nächsten Schuljahre ab soll in sämtlichen Gym- nasien und Realschulen, sowie den verwandten Lehranstal ten der fakultative Schießunterricht eingeführt werden. Der Unterricht wird wie die Jugendspiele organisiert werden, das heißt, es wird den Schülern die Beteiligung freigestellt. Während der ersten Unterrichtswochen wird das Kapsel» gcwehr verwendet werden. Nach Ablauf der Wintermonate wird der Anfang mit scharfen Patronen auf dem Schieß plätze gemacht werden. — Aus der deutschsozialcn Häuslichkeit. Im „Reichs bunde deutscher Eisenbahner Oesterreichs", dem Stolz der deutschnationalen Arbeiterbewegeung, ist ein arger häus licher Krieg ausgebrochen. Es kenn nämlich zwischen den deutschböhmischen Ortsgruppen, welchen die meisten Ver bandsmitglieder angehören, und der Wiener Hauptleitung zn einem Konflikte, welcher allerlei schmutzige Wäsche ans Tageslicht förderte. So erfuhr man, daß ein gewisser Herr Köllner, welcher bis vor kurzem Sekretär des Reichsbundes war, seine Stelle nur deshalb aufgeben mußte, weil er den Vorwurf nicht widerlegen konnte, er habe als früherer Funktionär eines sozialdemokratischen Vereins zwischen eigenen nnd Vereinsgeldern nicht unterschieden. Inter essieren dürfte auch, daß Herr Köllner über Intervention des deutschradikalen Abgeordneten Kroy von Teplitz nach Lberleutensdorf von der Bahn versetzt wurdie. weil Kroy den Köllner als Agitator in seinem Wahlbezirke brauchte. Auch der Vorsitzende des „Neichsbundes", Herr Ertl, kommt bei diesem Konflikte schlecht weg, da ihm nach seinem eige nen Gestäirdnisse Eigennutz, die Ausnützung der Organisa tion zu politischen Zwecken, Gesinnungslumperei, Prellerei der Mitglieder, abscheuliche politische Bestrebungen nick» per sönliche Aspirationen von einer Ortsgruppe vorgeworfen wurden. Obwohl Herr Ertl zuerst geklagt hat, ist es zu keiner Verhandlung gekommen und ließ er somit diese Vor würfe auf sich sitzen. Es ist also bei diesem Konflickte aller lei schmutzige Wäsche gewaschen worden, wie sich die Reichs- bundortsgruppe Böhmisch-Leipa selbst ausgedrückt hat. Vielleicht erfahren wir noch mehr derlei schöne Dinge. Belgien. — In Ostende dauern die Eingriffe der Staats- auwaltschaft fort, um jedes Spiel unmöglich zu machen. Gestern wurde im Spielsaal des Palasthotels eine Haus suchung vorgenommen und alles Spielmaterial mit Be schlag belegt. Es darf in Ostende jetzt überhaupt nicht mehr gespielt werden. Viele Kurgäste reisen deshalb ab. Der Bürgermeister von Ostende ist in dieser Angelegenheit bei dem Justizminister vorstellig geworden, der aber erklärte, nichts dagegen tun zu können, da gesetzmäßig gehandelt werden müßte. England. — König Georg ist in dem Seebade Torquai an der Südküste von Devonshire eingetroffen. Dreihundert Kriegs schiffe mit 50 000 Offizieren und Matrosen an Bord, bestehend aus der Hcimflotte, der Mittelmeerflotte und der Atlantischen Flotte, liegen in der Tor-Bai. Die königliche Jacht Victoria and Albert mit dem König, der Königin, der Prinzessin May und dem Prinzen Georg an Bord traf am Dienstag, von dem Kreuzer Trochäus begleitet, dort ein. Wegen der Nationaltrauer fuhr die Jacht des Königs in tiefem Schweigen an den Kriegsschiffen vorbei. Das Manöver bksteht auS einer Schießübung und einem Angriff von Torpedobooten auf Flaggschiffe. Die Operationen finden 20 Meilen von der Küste entfernt statt. Näheres ist unbekannt, da keinerlei Details bekanntgegeben wurden und sich auch keine Berichterstatter an Bord befinden. Der einzige fremde Besucher ist ein japanischer Marineoffizier. Der bekannte englische Aviatiker Graham White beabsichtigt, wenn irgend möglich, über die Flotte binweg'.ufliegen. — Im Unterhause erklärte heute Premierminister Asquith bei der zweiten Lesung der Gesetzesvorlage betref fend die Erklärung bei der Thronbesteigung: Die Vorlage sei nicht zu Parteizwecken eingebracht, sondern nur zu dem Zwecke, den König von der Notwendigkeit zu entlasten, bei Beginn seiner Negierung in der Öffentlichkeit eine Er klärung abzugeben, die für Millionen seiner Untertanen kränkend sein würde. Die Regierung habe sich gesagt, daß jeder Vorschlag zu einer Aenderung der Erklärung unver meidlich Anlaß zn erheblichen Mißverständnissen und zur Opposition geben würde. Asquith besprach sodann die Ein würfe. die davon ansgingen, daß die vorgeschlagene Erklä rung die protestantische Thronfolge nicht ausreichend zn sichern vermöge, und ebenso die gegen den von der Regie rung vorgeschlagenen Wortlaut erhobenen Bedenken. Die protestantische Thronfolge sei durch die Gesetzgebung von 1680 vollständig sichergestcllt. Tic Erklärung bei der Thron besteigung bedeute an sich tatsächlich keine Sicherung. Ter Vorschlag, sie abzuschaffen, würde jedoch ernsten Widerspruch Hervorrufen. Er gebe zu, ck>aß die gegen den vorgeschlage» neu Wortlaut erhobenen Einwände flicht ohne Gewicht seien, und beantrage daher folgende Aenderung des Wort lautes an Stelle desjenigen der Gesetzesvorlage: Ter Souverän solle sich feierlich selbst als getreuen Protestanten bekennen und versprechen, nach seinen besten Kräften die Gesetze zu halten und aufrechtzuerhalten, welche die pro testantische Thronfolge als die einzig mögliche sicherstellten. Der Premierminister kündigte sodann an, daß er am Frei tag eine Erklärung über die Vetokonferenz abgeben werde. Der Liberale Nobartes beantragte hierauf die Ablehnung des Gesetzentwurfes betreffend die Erklärung bei der Thron besteigung. Balfour erklärte sich mit dem Vorschläge dcs Premierministers einverstanden. Der Chefsekretär für Irland gab alsdann seiner Genugtuung darüber Ausdruck, daß eine Form für die Erklärung gefunden worden sei, die die protestantische Thronfolge vollauf sichere und dabei keine
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