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Sächsische Volkszeitung
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192310215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19231021
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19231021
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-21
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung
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kulturelle Umschau Vom Buddhismus und seinen drei modernen Abarten Von H. Rüster, Bonn. Wer unsere Zeit aufmerksam verfolgt, wird in ihr viele Parallelen zur Antike finden und zwar zu jener Zeit, als aller hand fremde Kult« wie d?r iranische Mithrazismus, der klein- asiatische Astarte- und der ägyptische Jsiskult und dergl. mehr ins römische Reich einzogcn und hier ihre zersetzende Wirkung ausübten. Auch heutzutage wird unser christliches Europa mehr als eS gut ist, durch östliche Ideen heimgesucht, der?»» Einfluß ans die Dauer doch nicht ohne stärkere Auswirkung bleiben kann. Wenn von diesen östlichen Einflüssen manche sicherlich nur einen EintagS-Charakter tragen, so soll die Aufmerksamkeit hi?r doch auf eine ernstere Entwicklung gelenkt werden, die in ihren Wurzeln weit in die Vorkriegszeit zurückreicht, durch die Kriegsereignisse wohl etwas zurückgehalten wurde, dann aber nach Beseitigung mancher äutz rer Hemmnisse mn so schnellere Fortschritte machen konnte. Wir meinen den Buddhismus. Er ist heute schon ein Faktor unseres geistigen, religiösen und kulturellen Lebens geworden, «und die Zeit ist nicht mehr all zu fern, wo wir unS ällen Ernstes mit ihm auseinander zu setzen haben werden. Un versehens hat er sich ins Ausland, d. h. nicht etwa nur in Deutsch- kand, eingeschlichen und zwingt immer weitere Kreise in seinen Bann. Es ist eine eigenartige Erscheinung' der Weltgeschichte, daß in dem christlichen Europa diese Religion OstasienS imm?r plehr Fritz faßt, während dort in Asien das Christentum immer weitere Fortschritte macht. Fand doch kürzlich in Madras (Südindieu), wo allerdings der Brahmanismus harrptsächlich herrscht, der erste Marianische Kongreß Indiens statt, bei dem tausende von Katholiken die Niesenfesthalle füllten Und 308 Priester anwesend waren. „Mehr als 80 000 Katholiken sollen sich an der Prozession beteiligt haben und noch nie lag in Indien gleichzeitig eine solche Menge dem eucharistischen Gott zu Fristen". Eigentümlich, in Indien, dem Vaterlandes des Buddhis mus, wo er allerdings seit Jahrhunderten fast ganz verbannt und im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl nur mehr schwach ver- treten ist, werden, wenn auch auS niederen Kasten, immer mehr Anhänger dem Christentum gewonnen — uird in dem christlichen Europa haben sich bereits Buddhistische Klöster aufgetan, bewohnt Von Mönchen in gelbem Gewände, die dem Weltleben entsagend, hier ihre Meditation üben, um nach Buddhas Lehre das „Karma", jenes geheimnisvoll aus den menschlichen Handlungen resultierende Wuidum, zu „neutralisieren" und dadurch einen Ausweg auS dem Kreislauf des Daseins (der Existenz an Existenz kettenden Tee. Zuwanderung) zu finden. ! - Es sind bei uns nun nicht die schlechtesten Kreise, die sich heute dem Buddhismus anschliesten — wir sollen diese Höhe öbjek. iiver Betrachtung inne haltenI Schon vor dem Kriege fanden sich Menschen mit tiefeni Innenleben und Vorliebe für eine gewisse Aesthetik, die durch den rohen Materialismus unserer Tage an gewidert oder von der nüchternen Starrheit besonders des evange lischen Bekenntnisses nicht befriedigt, ihr Heil im Buddhismus suchten, der trotz seines atheistischen Grundgedankens geeignet ist, dem menschlichen Bedürfnisse nach Mystik zu entsprechen. Und ist ?S wunderbar, dast gerade nach dem Weltkriege, in dem sich 'christliche Nationen in beispielloser Weise zerfleischt haben, gerade diese Religion immer weitere Anhänger gewinnt, die eigent lich stets eine vorbildliche Toleranz geübt hat und in ihrem Grund- hug auf absolutesten Pazifismus gestimmt ist? So hat sie ohne äußeren Kampf und Blut den gröstten Teil Asiens erobern können und besitzt nach den offiziellen Angaben noch heute eine so grotze Anzahl von Anhängern, das; alle Bekenntnisse und S?kte» des Christentums zuscmnne» genommen dahinter zurückstehen. Frei- sich ist der BuvdhismiuS in einzelnen Ländern Zentral- und OstasienS im Laufe der Zeit entartet, hat lokales Kolorit ange nommen und ist dadurch der ursprünglichen Form unähnlich ge worden. Was unsere europäischen BÄdhisten aber hervorsuchcn, der europäische" NeulbuddhiSmuS ist, so weit eS unsere hochent wickelte Naturwissenschaft znlästt, die ursprüngliche Lehre, die auf Buddha (gest. ca. 478 v. Ehr.) und die von ihm gestiftete Urge. weinde selbst zurückgeht und in den umfangreichen Schriften des Dali-KanonS niedergelegt ist. Diese Leut« sind konsequenter und höher zu schätzen akS diejenigen, die sich der sogenannten Theo« sophte angeschloffen haben, der Stiftung der Frau Helena Per- towna BlavatSky und des Kolonel Henry Steel of Cott, die im Kahre 1876 in Neuyork daS Licht der Welt erblickt«, 1879 nach Ädt-ar, einem Vorort von Madras übersiedelte, und in der seit ,1907 Frau Anny Besant eine graste Nolle spielt. Kurz charakteri siert ist diese Theosophie nichts anderes als eine Mischung eigent lich buddhistischer und brahmanischer Ideen mit sehr viel okkultisti schen (spiritistischen) Phantasien in moderner etwas christlich aus gehender Färbung, letzteres hervorgerufen durch einen wenn auch sekundären so doch nachhaltigen Einflust von der religiösen Mystik des Christentums her. AuS dem Grundstock der Theosophie hat sich dann 1913 die Anthroposophie unter Rudolf Steiner abge. oeigt, die ihrer Mutter in vielen Punkten natürlich sehr ähnlich mit sich austvärtS trägt", und den »ulgären Spiritismus mög- sichst auSzuschalten sucht. Wenn auch eine Kommission der eng. »Ischen „Gesellschaft für physische Forschung" die spiritistischen Wunder der Frau BlavatSky in Madras als Schwindel entlarvt hat und auch Frau Besaut wur auf allgemeine Fürbitte in Indien einem längeren unfreiwilligen Aufenthalt durch Begnadigung ?nt» gangen sein soll, so haben, ganz abgesehen davon, daß letztere ün Kriege außerordentlich gegen Deutschland gehetzt hat, diese „Klei nigkeiten" aus die Anhänger der Theosophie in Deutschland doch srentg Eindruck gemacht und sie nicht zu bekehren oder doch kriti- scher zu stimmen vermocht. Immerhin stehen die Neubuddhisten pn« schon bemerkt, entschieden höher, wenn auch die allermeisten ihnen keinen buddhistischen Text im Original lesen können, auS -weiter oder dritter Hand schöpfen müssen, wodurch für sie da« Bild natürlich doch etwa» verzerrt. Wie den, nuu sei. all den gsnannte» Systemen liegt ein gemeinsames oment zugrunde, und das ff« die oben kurz charachterisierte rma"-DH«orie. Mag in ihr auch ein ethisch hoch zu bewer- «lkder Gedanke liegen, so bildet sie doch das geheimnisvolle Nar- uni, «in Godankengift daS unsere aus LeibenSbejahuug ringe- ellte christlich-europäische Kultur auf die Dauer zu lähmen oe- , et ist. Es soll hier dpm Buddhismus nicht ein hoher ethischer ,'Gehalt abgesprochen werden. eS mutz auch zugegeben werden, datz er manche» Wunderbarschöne in Kunst und Poesie geschaffen hat, daS uns Abendländer wirklich entzücken kann. Aber unsere .Stellung zu ihm kann doch nur Abwehr sein, eine Abwehr freilich, die auf wirklicher Sachkenntnis beruhen mutz, bestimmt, aber auS praktischen Gründen im Tone nicht allzu temperament. voll stin darf. Die Befahr ist augenblicklich zwar noch nicht so ut, es ist aber in weiteren Kreisen ein« für Viesen ostasiatische» illu» aufnahmefähige Disposition vorhanden, und da» durch ere Philosophie fett Schopenhauer. Ed. v. Hartmonn ustv. durch Unsere moderne Literatur, die sich im Gegensatz zur Klaffst mehr an da« Gefühl als an den Verstand wendet und über der manch mal «in feiner duftiger etwa» mystischer Schleier lipgt, und end lich nicht zuletzt durch die modern^ibltophkl«, manchmal leicht fertig« Art, Gegenstände der gelehrt«, orientaltstischen Forschung zu popusgrffjeren. Mag diese Di »Position heust noch vornehmst» auf den gebildeten Teil unseres Voltes beschränkt sein, so wird sie sich auf die Dauer doch immer weiter ausdehnen und auswirken können. Christliche Aesthetik - " Die Extreme berühren sich, sagt das Sprichwort. Jene, die alle äußerliche Religion verwerfen und jene, die sie gleich den alten Römern im hölzernsten Zeremoniell suchen, die Götzen diener des Buchstaben» und die Mystiker der Zuchtlosigkeit sind geistig miteinander verwandt. Es fehlt ihnen beiden der ästhetische Sin», der feine Griff und der rechte Ton. Wer »vahrhaft künst lerischen Geschmack besitzt, den wird eS peinlich berühren, wenn jemand Mer das Verhältnis von Autzenwerk und Geist auch nur zu streiten versucht. Nur einer, dem alles Verständnis für das Schöne mangelt, oder einer, der sich sein Lebtag nie klar gemacht hat, datz Religion und christliches Leben ihre Aufgabe so wenig gelöst haben als die Wissenschaft, wenn sie nicht den künstlerischen Anforderungen gerecht werden, nur ein Stiefkind der Schönheit also kann bezweifeln, datz die äutzerlichen Hebungen einen uner- lätzlichen Bestandteil der Religion und deS sittlichen Lebens bilden, datz sie aber ihren Zweck nicht erfüllen, wenn sie blotz nach den Paragraphen der Juristen und vor dem scharfen Auge des Feld webels bestehen, sondern erst dann, wenn sie den Anforderungen d?s AesthetikerS gerecht werden. Datz Gesetzmätzigkeit und Ordnung, datz Pflichterfüllung und Berufstreue, datz Anstand, feines und gebildetes Benehmen so gut zum Gottesdienst und zur christlichen Frömmigkeit gehöre»« wie zur menschlichen Kultur, das bedarf keines Beweises. Unter einen» vernachlässigten Aeuhern, bei Schmutz, Unordnung mü> Rohxit, hinter zügellosen Augen, hinter einer Zunge voll Unbe scheidenheit, hinter einem Betragen, daS von Anmaßung zeugt, wird niemand christliche Vollkommenheit suchen. WaS man schon von einem gebildeten Menschen verlangt, das setzt man mit Recht von einem Christen voraus. Ein Christ, der seiner Religion Ehre machen will, begnügt sich nicht damit, den Gesetzen der Gerechtigkeit und der Liebe nachzukommen, sondern er sucht auch die Regeln der Kunst nach besten Kräften zu verwirklichen. Unsere Heiligen, und nicht blotz Männer, die ans hohen Gesellschaftskreisen hervorgegangen waren, wie Ambrosius und Franz von SaleS, sondern auch Katharina von Siena, Theresia und Emmerich, zeichneten sich durch ein so edles Wesen, durch solche Liebenswürdigkeit, durch solche Anmut inmitten aller Armut auS, datz die lästersüchtige Welt sie auch darüber tadelte. Sie legten aber darauf so grotzeS Gewicht, weil sie ?iner^ seitS begriffen, datz die Tugend nicht vollkommen ist, wenn ihv das Kleid der Schönheit fehlt, und weil sie andererseits überzeugt waren, datz die äußere Verfeinerung ein treffliches Mittel zurj Veredlung d?r Seele ist. Nur eine Philosophie der Trostlosigkeit wie die von Jouffroh kann behaupten, eS gehöre zur Natur dcS Schönen, unnütz zu sein. Wir wissen eS anders aus dem Geist unserer Glauben» und auS der allgemeinen Erfahrung. Wahre Schönheit ist nichtj unnütz, sondern eine Erleichterung für die Annahme des Wahrest und für die Hebung des Guten, ja di? Vollendung der Wahrheit! und der Güte. Mit Recht sagt Nuslin, das Schöne sei oft so nützlich wie das Nützliche. Das gilt auch von der Religion. Ihres Hebungen sind wcchrlich nicht dazu eingeführt, damit sie unS zu unbrauchlmren Schivärmern und zu hölzernen Automaten machest' sondern dazu, datz wir li^evolle, liebenswürdige, dienstfertig« Menschen und zugleich gottergeben« GeisteSmenschen werden, kurz Menschen, die man überall brauchen kann, für die Erde und für den Himmel, wie Tegner sagt, Propheten deö LichteS und Prie- ster der Wahrheit. Niemand unterwirft sich auch d?n Vorschriften deS christlichen Glaubens, ohne datz er Christi Geist, den Geist der Wahrheit, der Heiligkeit, der höchsten Schönheit, annimmt. I« mehr einer umgekehrt an Frömmigkeit und sittlicher Zartheit, kurz mn innerlichen Menschen zuniimnt, desto r»?hr veredelt sich hiilwiederum sein Geschmack und sein äußerliches Benehmen. In dem Grade, in dom einer sein LeutzereS nach dem Geiste — wir sagen nach dem Geiste — christlichen Kunst« geschinackxS bildet, wird sein ganze» Wesen adeliger und gottver« wandter. In den» Graoe, in dem sich einer aufrichtig in das christliche und kirchliche Leben, d. h. in die Praxis der chrMichen Tugend und der öffentlichen Gottesverehrung vertieft, bildet er den christlichen Geist reiner in sich auS. Würden alle Christen ihre religiöse und sittliche Aufgabe als künstlerische Tätigkeit ansehen, würde jsder das zu werden suchen. Ums Schiller den ästhetische» Menschen nennt, so würde das Le ben einen tröstlicheren Anblick gewähren, und die Anerkennung unseres Glaubens würde auf weniger Schwierigkeiten stoßen, denn: , A» einem Haare zieht die Schönheit un» zu Dingen» Wozu Berimnft und Macht mit Seilen uns nicht bringen. ! Mehr Franziskusgeist! Voi» Otto Seifert, Hainitz. , Farbenglühende Bilder, packende Szenen steigen vor unserM Auge auf, wenn »vir die Legenden de» hl. Franz ausschlagen. Da sehe ich ein italienisches Städtchen, ganz in Sonnenglast und .Blütenduft gehüllt. Der Zauberglänz südländischer Pracht lastet Mer Straßen und Plätzen und Dächern. Man glaubt sofft nicht, D ver Neman Die Schwarzen und die Rote» vonKonradvonBolanden «eicht«« a«ch t» «nchfer« t«) geh.» ge». M. «Men b«»j»nlg»i, L«l«rn, die an dem spannenden Roman mit leinen» hohen Bild»ng»wert »«fallen gesunden haden, sei da» Buch wärmsten» zur Anschaffung empfahlen. Den Freunden der Boländenschen Mus« seien weiterhin angelegentiich mnpsohlen di« Übrigen Werke de» verdienten Autor»: Angela. «o,ialer «»man. ,«» geh. «. 1.00, ge». «. S.». Kvniatn Berta. HtsterlicherRoman au» dem Xl.Jahrhundert. I«) geh. M. geb. M. ».«. Fran,dan «tcklngen. BoWroman. <«>geh.sM.,ge».M.«so. Deutsch» pultur- biId»r.IV.:Megenfrted,«> geh.»M.geb.M. 1.AI. VI :«rap «ahn. l»1g«h. M. 1^0. geb. M. 2.15.VU.: Lande», Otter und Heren. S«h- M. 1«. ge». M. 2.15. Luther« vrautfahrt. »elk»«-m«i. <»> geh. M. «.«. ged. M. 8.25. Di« Mageren und die Fette». AizShlnng au» dem Nanenckrieg. s») gch. 1 geb. M. l.S». Historisch» Novellen Sber Friedrich den Groben und sein« * 8 e«». (1 Dell« «n 2 Bünden,. (», geh. M. «.5«. ged. M. 7.7». NGphael. Tin Zeitroman. (G, geh. S M., geb. M. «.hg. stv a» Kind von Bethlehem. Gin Dottesgertcht. l«, geh. M. 2^0. geb. M. ».«. «rundpret» Leuerungtjahl — Serlagemarkprci». In allen gut -ettlteten Buchhandlungen ,u haben. Wo nicht dorrütig, wende man sich m» dl« vuchhandlung ff. Vnftl« in «»tt.it,. Radolfkt». F , »el.fey, »«k? Ms».WMFr-E manch,n 0 z istV. daß dieser heilige Gottesfriede je gestört werde» könnt' lind doch, schau hin auf den Marktplatz! Eine wild erregte Volks menge tobt und rast; Partei steht g?gen Partei. Manu gegen Mann. Schwerter sausen durch die Lust, Dolche blitzen n >f. zornige Mäunerfäuste ballen sich, flammender Hatz stützt siicch- terliche Lästerruse aus. Wer wird der rasenden Masse enlgegen- treten, sie besänftigen? Da tritt ein kleiner Man» zwischen di« Streitenden in brauner Kutte, mit weitzem Strick. Freundlich blickt er all? cm, und laut tönt sein langgezogcner Nus: „De, Friede sei mit euch!" Und »vie von Zaubermncht gerührt legt sich der Sturm des erregten Pöbels. Die Schwerter fahren in ihre Scheiden, die Finger lösen sich von den scharfen Dolchen, die Hände falten sich betend ineinander, die zorndurchfurchten Stirn?» glätten sich. Fragend schauen sie aus den fremden Nufer. WaS »uird dieser Mann ihnen wohl zu sagen haben? Sie ahnen eS tvöhl; den»» auf seinem Antlitze spiegelt sich's ab. was er mit heiligem Ernste diesen friedlosen Menschen in schlichter, kind. licher Weise mitzuteilen hat. Mit wunderbarer Macht schildert er ihn«»» die grotze Idee christlicher Liebe und Gerech tigkeit und senkt ihnen das Gebot der Gottes- und Menschen liebe tief ins Herz hinein. - Als Apostel des Friedens zog Franziskus durch die Welt, und überall. wohin er kam, schasste er Ruhe und Ordnung. Wahr haftig, es ist etwas GrotzeS um diese fraiiziSkanische Idee! Ihr „Bann trieb die Geister der Zwietracht auS Häusern und von den Märkten, aus den Kanzleien und Volksversammlungen. Sein versöhnender Geist machte auch da nicht halt, wo Herr und Knecht sich zanken, Aufruhr und Tyrannei miteinander ringen." (Dr. F. Jmle). , Ruft nicht auch unsre durch wilde Volksleidenschaft aufge-, peitschte Zeit nach dein „starken Manne" — der niemals kommen wird —, nach einem Netter, einem Friedensbringer? Wohlan, hier habt ihr ihn, den Armen von Assisi. Kehrt zu ihm zurück, der einst die bedrohten Rechte armer Proletarier schützte u»H den besitzenden Klaffen mit eindringlicher Energie die Pflicht, wohlwollender Liebe, die gern vom Mehr des Evivorbenen gibt, einschärft?, andrerseits aber auch „die Ansprüche der Besitzende», gegenüber revolutionärer Volksbegehrlichkeit und Demagogie jeder zeit anerkannte. Franzosen, Belgier, hört auf de» Ruf FranziSzil! Ahmt ihn nach, und eure Hab- und Raubgier würde sich, gleich dem Wolf von Gubbio, in Milde, Sanftmut und dienende Liebe verwandeln, die auch dem Feinde verzeiht und den Grund zu wahrer Völkerversöhnung bildet. Mehr Franziskusliebe und Fron. ziSkusgerechtigkeit, und man würde verstehen, was z. B. echt» christliche Demokratie heißt. Du Chamins sagt: „Franz war der wahre Demokrat, der wahre Volksfreund, mehr als Voltaire . . ., dem man die Freiheit dankt, . . . Die Freidenker rühmen sich der Demokratie . . . und doch, die Unwissenheit un serer Zeitgenossen hat einen Blick der Verachtung für den Demi» tiFen, kleinen Diener der Armen, Kleinen aus alter Zeit. Si» rühmen sich ihrer Demokratie, zu arbeiten für das Aufsteigen der Arbeiter, daS Los der Arbeiter und Bedrückten zu verbessern! und in ihrer Torheit beugen sie sich vor dem Manne, der de« hauptete, das Volk sei nur bestimmt dazu, Heu zu fressen . . . Hat Franz dem Volk nicht m?hr getan als die Väter der anfl rührerischen Tyrannei, der NevolutionSdiktatur?" Wahrlich, der Poverello voi» Assisi hat uns gerade jetzt noH sehr, sehr viel zu sagen. Laßt den FranziskuSgeist durch big Lande ziehen, und ich behaupte, datz di« ganze Welt von ihrem religiösen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wirrivarv Erlösung fände. Neuyork und Berlin Graf Hugo Lerchenfeld, d?r ehemalige bayerische Ministes Präsident, beginnt im Oktoberheft des „Hochland""), Tagebuchs scharfumriffrncr Momentaufnahmen aus dem amerikanischen Leben. Wir greifen ein Stück der Schilderung Nouyorks herauf ..Eine Stadt von ausgesprochener Art, als Großstadt so ganz anders wie die europäischen Großstadt?. Für uns Deutsche liegt« der Vergleich mit Berlin nahe; ich finde wenig Aehnlichkeit, gan^ abgesehen davon, datz die Ausmaße und Steigerungen, die das städtische Leben und die städtisch« Art durch die Anhäufung von Millionen Menschen erfahren, in Neuyork ungleich stärker sind al§ n» Berlin; dieses steht, von den Grötzenverhälmiffen her betrachtet/ auf einer unteren Stufe. Neuyork ist weder die Hauptstadt nocy die unbestritten erste Stadt der Vereinigten Staaten; sein Ruf ist in mancher Hinsicht mit dem von Berlin im Reiche zu v?r. gleichen. Und doch ist Neuyork die tonangebende Stadt, die Dominante. Vielleicht gibt das seine Stellung am besten wieder.< größter Handelshafen, wichtigstes CingangSIor für die fremde' Einwanderung und Einfuhr wie für alle fremden Einflüsse; wie ?in mächtiger AuSsender bei der drahtlosen Telegraphie, so gibt diese Stadt Ideen, Urteile, Moden, Strömungen über das weite, Land, daS den auSgesandten Wellen kaum irgendeine Heminung» zwischen Weltmeer und Weltmeer bietet. Nsuyork ist der amcri» kanische Prüfstein für künstlerische und literarische Erscheinungen^ >oaS hier gangbar ist, wird niehr oder minder in der ganzen Union anerkannt. . . . Die blind da rmsörmia« .Halbinsel Man»! hattan zwischen den breiten, buchtmätzigen Wasserstraßen ist dis! eigentliche Hafen, und Geschäftsstadt. Wie Flut und Ebbe, wie Zuflüßen und Abströinen deS BluteL zum Herzen, so vcklziebt sich! jeden Morgen und jeden Abend Ankunft und Abgang von vielleicht; zwei Millionen arbeitender und sorgender Menschen. Ein merk-, -würdiger Eindruck, w?nn sich die Verkehrsadern — die Straßen^ die Trains, die Hoch- und Untergrundbahnen — füllen, bis zumj Brechen die Scharen aufnehmen und dann allmählich wieder iw Len Zustand geschäftigen Gleichgewichts fallen. Ans den, Haupt» bahnhof der großen Neuhorker Zcntralbahn: zwei Stockwerke übereinander, und zwar beide unter der Stratzenebene; Zug auf, Zug liefert die M?ngen an; Männer »vie Frauen beinahe iw aleicher Zahl, hastend, den Blick gespannt nach vorn gerichtet, be- strebt, «in Paar Schritte im Gedränge zu gewinnen, alle fast, bi» auf den Unterschied in der Güte oder Sorgfalt, gleichmäßig ge kleidet und ausgerüstet, — daS ist der Ty-phuS der Leute, di» vom Bahnhof auS teils durch die unterirdischen Galerien den Unteygrundbahnen zu?ilen, wo die Expreß- und Lokalznge auf vier Geleisen ihre Fracht „downtown" („stadtabwärts") befördern, teils auf die von den Turmhäusern überragten, von Train». Omnibussen und Automobilen wimmelnden Straßen sich ergießen-.' GÄnindenheit »ntd Ordnung, der sich alle» lautlos uuterwirfi, auch hier; der irische Typ»»» des väterlichen OrdnnngSschutzmane neL; an den Strahrnkreuzungen Lichlsignale, von ?>ner Zentral» bedient, die den Wagenverkehr regeln und den» Fußgänger zcigeift wann er die Fahr bahn gefahrlos überschreiten kann." *) Hochland, Monatsschrift für alle Gebiete deS Wissens/ der Literatur und Kunst. Herausgegebcn von Professor Karls Muth. Jos. Kösel'sche Buchhandlung, München und Kempten. — Aus dem Inhalt d?S Oktoberheftes: Christentum »>ud Kultur, (Theodor Hgecker). — Meine Reise durch die Vereinigten Staaien- (Graf Hugo Lerchenscld). — Der ungerechte Rechtsanwalt <Q Berneder). — Kirche »md Heidentum (Paul Ludwig LandSbcrg)» — Franz Liszt: Tscharbasch-Wirbel und „Eonfiteor Deo" (Karl Linzen). — Köln (Jakob Kneip). — Moderne Mystik in der Dich» -»mg (Karl DebuS). — Als Kunstbcilagen sind dem Heft zwei farbige Wiedergaben mittelalterlicher irischer Buchmalereien bei« geg<b?w
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