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Sächsische Volkszeitung : 19.01.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192201192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-01
- Tag 1922-01-19
-
Monat
1922-01
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.01.1922
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Donnerstag den 19. Januar 1VLL Sächsische BokkSzeitnng Rr. 15. Sette 5 Rande, tzgß dieser Alternative gegenüber die Frage Monarchie oder RcWblik kein besonderes Interesse mehr erregen konnte. WaS noch weiter fehlte, »m die Monarchie sinken zu lassen, be° orgten unsere Feinde, die unserem Volke vorspiegelten, es könne ein LoS mildern, wenn es die Monarchie beseitige. So ent. tandcn die ersten Ansätze, die Sozialdemokratie schloß sich an, >as Bürgertum leistete keinen Widerstand und als die Vcr» assunggcbende Nationalversammlung in Weimar zusammentrat, hatten die Dinge sich so weit geklärt und konsolidiert, das, jeder Versuch, die Monarchie wieder herzustellen, den Bürgerkrieg ent fesselt hatte. Ein Bürgerkrieg in solcher Lage wäre unweigerlich Deutschlands Ende gewesen. (Lebhafte Zustimmung.) Darum mußte jeder, der sein Volk und Vaterland nicht noch unglücklicher machen wollte, wie e ^ w a r, cden Gedanken daran von sich weisen. So stau en die Dinge damals und so stehen sie auch heute noch. <Znst.) So sieht der geschichtliche Werdegang und die unerbittliche Wirklichkeit unserer politischen Lage nach dieser Richtung aus. DaS Zentrum hat sich mit dieser Entwicklung und ihrem Ergeb nis aHtefnnde». ES hat nie einen Zweifel darüber gelassen, das; es grundsätzlich die Revolution verurteile und das; eS die deutsche Revolution nicht bloß als ein Unrecht, sondern auch als ein Un glück für Deutschland angeseben hat <Lebh. Zustimmung), und zwar deshalb, weil die deutsche Revolution unseren inneren Hader vermehrte und damit de» Wiederaufstieg verlangsamte und gefährdete. Aber das alles bat das Zentrum nicht davon abMbalten, sieb in Einklang mit seinen Gefühlen und mit seinen Grundsätzen für Siaatsleben »nd Staatsausfassung des Chri stentums sich auf de» Bode» der gegebenen Tatsachen zu stellen. Die Republik war unter den gegebenen Verhältnissen die einzige für Deutschland mögliche Staatsform. Dem bat das Zentrum Rechnung getragen, indem es der Republik die vcrfassungSmäs;igc Grundlage zu schaffen half und dadurch eine unanfechtbare rechtliche und verfassungsmäßige Grundlage schuf, und dann tat kräftig an dein Ausbau und der Konsolidierung der neuen Staatsordnung mitarbeiiete. Das Zentrum hat — und dieses Verdienst wird ihm, wie ek schon ein gros;er Teil der Zeitgenos sen tnt, die Nachwelt einsiimmig znerkennen — das Verdienst, das, vaS Zentrum entscheidend daran mitgewirkt hat, das« Im Reicht sowohl wie in allen Gliedstaaten, ln denen das trnm eine» politischen M'achtsaktor darstellt, die sozialst' jck-' Republik verhütet und die bemokratischr Ncpublik geschaffen worden ist. (Lcbh. Sehr richtig!) Die sozialistische Republik bätte — das erkennen wir, wenn wir die Situation in den Randgebieten »nd in Süddcutfchland MS Auge fasse» — ein Anseinandcrsallen Deutschlands unab wendbar gemacht. Die Verhältnisse liegen tatsächlich so und dein kann sich niemand mit einer Intelligenz von auch nur inittel- wäßiger Stärke entziehe». «Heitere Zustimmung.) Die große Mehrheit des deutschen Volkes, nicht nur die politisch finsterst regsame Arbeiterschaft, hat sich denn auch mit dem Nebergang zur republikanischen Staatssorm verhältnismäßig leicht abgesun den. Auch dort, wo eine innere Begeisterung, eine grundsätzliche Zini-'ignng zur Republik nicht bestand n»d so weit sie sich früher zum Zentrum bekannt hatte, ist sie ihm auch unter den neuen Verhällnisten treu geblieben. Anders aber siebt es mit einem groste» Teile iinscrcr Gebildeten und auch namentlich unserer Akademiker, znm allermeisten unserer jungen Akademiker. Hier steht man vielfach der neuen Staatssorm nicht blos; in der Theo rie, maS jedermanns gnteS Neckt ist, sondern ancch Praktisch und faktisch avlehnciid gegcrlüber. Man schliefst die Auge» vor de» unlengbare» Notwendigkeiten, die z»m neuen Staate geführt haben. Man lebt in der Vergarkstenhcit, in der romantischen Erinnerung an die »ntcrgegangcne Kaiscrherrlichkeit; man idea lisiert die alte Zeit und das alte Svstem, man feiert die Monar chie als den Hort von Drnischlands Glück und Gröste, man stellt de» Abfall von ibr als Verrat und Trenbruch an den Pranger, inan macht die Republik verantwortlich für alle Schwach und alle Not. die in den lebten drei Jahren über das deutsche Volk gekommen sind. So vergcstlich sind die Menschen. So leicht trübt sich der Blick »nd die Erinnerung auch für Dinge, die vor unseren Augen sich abgespielt haben, die der allerjüngsten Ver gangenheit angchören. deren Augenzeugen wir gewesen sind. Diese Di'nge können sobald von der Phantasie und der Leiden schaft in e>ne Beleuchtung geruckt werden, die mit der Wirklich keit kaum noch etwas zu tun hat. Ich meine, man sollte endlich begreifen. Last in dem Augenblicke, wo nach einem so furchtbaren, für alle daran Beteiligten opferreichen und mit einer so bcistuel- ioö wilden Leidenschaft geführten Kriege Deutschlands Wider standskraft endlich erschöpft war, wo es wehrlos dem Feinde zu Füßen lag, das; in dem Augenblicke sein Schicksal mit oder ohne einer Monarchie besiegelt war. Oder glaubt man im Ernste — ich bitte das ruhig „ud unbefangen zu prüfen —, dast die Monarchie bessere FriedenSbedingungen erlangt hätte? (Zuruf: Ausgeschlossen!) Hat man vergessen, dast die ^-„dliche Ke-an- tiou während des ganzen Feldzuges als w'se.nlicheS KriegSstel grlade die Vertreibung der Hohenzollern verlangtet tZuruf: Das war Bluff'! Ich meine, die feindliche Einswlliina des Auslandes durch eine mit diabolischem Geschick durchgeführte Propaganda mit dem Hast gegen die Hohenzollern. dem heute nach die deutschen Pioniere im Ausland auf Schritt »nd Tritt begegne», könnt, niemand berechtigen, diese Ankündigung der Throuent- st< rüg der Hohenzollern nur für blosten Bluff zu holten. . Leb hafte Zustimmung.) Aber Bluff ist es. wenn man sich über d:e Wirklichkeit b nwegtäxscht, wenn man beharrlich oorgclit. an Illusionen festznhalteii, statt ruhig und ernst der Wirklichkeit in die Harle» Züge zu schauen. (Sehr richtig! »nd Händeklatschen.) Ick bin der erste, der zngestcht. das: die deutsche Revolu tion kein Ruhmesblatt in der dentschen Geschichte ist iLebhaftc Zustimmung.) Aber wenn daS sestslcht, dann sollten wir uns c »>na! fragen: Wäre cS für Deutschlands Ehre »nd für daS deutsche Ehrgefühl erträglicher gewesen, wenn uns beim Frie- densichlnssc der Feindbund durch ein Diktat — er ha! ja Hebung i» D (taten — die Perjagnng der Hohen',o>7ern ansgegouiigen hätte? Ware das der deutsche» Ehre leichter zu ertragen ge west n? WaS die drei Jahre betrifft, die seit unserem Zusammen- brnche verfloss.'» sind, so haben sie ganz gewiß eine ungeheure Masse von Schmutz und Eiend über unser deutsches Volk gebracht, aber die Schuld daran der neuen Slaatsfor-n aiiszubürdcn, das gebt wirklich nicht an. Die Schuld liegt nst nsi'htlicb ganz wo anders, sie liegt an dem unversöhnlichen Hast und dem unerbitt liche» PernichtnngLwillen, der anfangs mehr Her weniger in der ganze» feindlichen Koalition lebendig war »nd der bis ans den heutigen Tag in nnverininderter Stärke in der Mehrheit des französischen Volkes „och immer lebendig ist. Wir babcn von diesem Vernichtiiiigswillen, von diesem unerbiitlichen Willen zu Deutschlands Zertrümmerung gerade erst in den letzten Tagen eine so erschreckend« Probe erlebt, dast wir uns darüber wenig stens keiner Illusion bingeben können. (Sehr wahr!) Die Schuld liegt aber auch — das spreche ick in aller Ruhe ans —zu einem Teile, und vielleicht nickst z» einem ganz kleinen Teile, bei denen, die durch fortgesetzte Apotheose der Vergangenbeit, durch ihren ngliouallstischen Neberschwang, durch ihr gefährliches Spiel mit dem Revanchegedanke» dem Feinde immer wieder neuen Anlast oder wenigstens neuen Vorwand ^ür Bedrücknnnea uiib^Geioalt- taieu geliefert haben. (Sehr richtig!) Der neue Staat tragt keine Schuld daran, und wenn man ihm politische Unfähigkeit »nd Unfruchtbarkeit vorwirft, so ist die Gegenseite in der bevorzug ten Lage, dast sie bisher vermieden hat, selber eine Verantwor tung z» übernehmen, «ine Initiative z» ergreifen und eine Probe ihres Besierkönnen« abzulegen. (Sehr richtig!) DaS ist schliestlich dem neuen Staate nicht abzusprechen: Er hat unzweifelhaft zwei große Erfolge anfzuwrlsrn. Er hat durch die demokratische Republik Deutschland vor einem VhaoS, vor der Diktatur de« Proletariat« «nd de« Schreck- nisten eine« großen Bürgerkriege« bewahrt, «nd die demokra- «Ische Republik hat dadurch da» ««»rinandrrfaklrn de» Reiche« verhütet, sie hat Deutschland« Einheit gerettet und damit die erste und unerläßliche Vorbedingung für einen Wiederaufbau unsere« Vaterlandes sichcrgestcllt. Es ist ein erschreckliches Zeichen politischer Kurzsichtigkeit, wenn weite Kreise akademisch Gebildeter sich diesen Zusammenhängen hartnäckig vcrschliesten und durch Festhalten an dem Alten, was — nicht durch unsere Schuld — versunken und vergangen ist, sich der Gegenwart entsrcmden und sich den Ausgaben und dem Berns speziell der akademisch« Intelligenz »n unserer düstere», trüben, aber nicht völlig aussichtslosen Gegenwart entziehen. Diese Fernhaltung beruht durchaus nicht auf religiösen Gefühlen. Christentum und Kirche verhalte» sich den verschie denen Staalssormen gegenüber indisserent. Das hat noch Papst Pius X. in seinem an die französischen Bischöfe erlassenen Rundschreiben betont, worin er sagt: „Die Kirche hat es jeder zeit den Völkern überlassen, sich diejenige Staatssorm zu geben, die, sie für ihre Verhältnisse als die geeignetste mischen." Da mit ist die Sache nach der religiösen Seile für den Katholiken wenigstens und auch für de» nicht auf katholischem Boden stehen den Christen, mochte ich annehmen, geklärt. Auch vom sittlichen Standpunkte aus kau» man dem neuen Staat die Gesolgsckgrft nicht verweigern, denn sittliche Verpflichtungen gegen eins nnter- gegangene Staatssorm können nicht bestehen. Aber cS ist eine »»zweifelhaft sittliche Pflicht, die bestehende Staatsform und Staatsgewalt, nachdem sie das Stadium der Revolution hinter sich bat, anzuerkeunen und Hich ihr ein- »nd nnterznordnen. Das b-dcutet natürlich nicht, das; man für seine Person die re publikanische Staatssorm als die au sich bester» oder auch nur als dem CbaraAer des deutschen Volkes angemessene ansehen müsste, darüber mag jeder ruhig seine eigene Meinung haben. Es bedeutet auch nickst dast ma» grundsätzlich und im Prinzip jeder Wiederherstellung der Monarchie sich verschliefst. Das sind Dinge, die man ruhig dem Einzelnen überlassen kann. Käme die Zeit, wo die Mehrbeit des deutschen Volkes- — aber nicht blos; eine Schicht — die Wiederherstellung der Monarchie verlangt, so würde kein siitijches Moment dem im Wege stehen, diesen Schritt zu tun. Es ist auch der ZeninimSpartci niemals einge fallen. nach dieser Seite hi» irgend eine Gesinnungsschnüffelei zu treib» oder ihren Anhängern einen Druck anfznerlegen. ES sind unter den Anhängern der Zentrumspartei sicherlich auch heute noch viele überzeugte grundsätzliche Monarchisten, aber sie unterscheiden sich von den Monarchisten in, rechtsradikalen Lager dadurch, das; sie aus der unleugbaren Tatsache, das; in absehbarer Zeit eine Republik die einzig mögliche Staatssorm für Denischlaiid ist. die notwendige und gebotene Konsegneuz ziehen. (Sehr richtig!) Das ist keine Grundsatzlosigkeit, sondern das ist echt christliche Ltaatsgesinnuiig. Wie der Staat nicht um seiner selbst willen da ist, sondern um des Volkes willen, so ist auch die Staatssorm nicht uni ihrer selbst willen da, ''andern sie ist ein dienendes Instrument deS Staates und darf nickst um der Staatssorm willen ein Volk mit sich hadern und mit sich ringe», so lauge Gefahr für den Staat selbst vorhanden ist, die aus diesem Kamps um seine politische Form hervorgeht. (Beifall.) ES bat sich neulich eine Zeitschrift, die ganz osfensicbtlich auf monarchischem Boden steht, autzer- mdcutlich verständig über diese Frage auSgetprocheu. I» dem „Grenzboten" betont ein Artikel eintestend den grundsätzlich monaichischen Standpunkt der Zestichrisi, aber er fügt hinzu, das; aus Liebe und Interesse zun« Volke und Vaterland-: inan sich rückhaltlos jetzt der Repuistik hingeben müsse. Zu einem solchen Standvnnkte sollten aiich^ dis Akademiker ohne jede Ausnahme sich ansschwingen. (Beifall.) Im übrigen trage ich kein Be denke». anSzusprechen. das; die Begeisterung für die Monarckst- nnd Abneigung gegen die republikanische Staatssorm eS nicht obe.u ist, war vielleicht Misere Ge- stdeteu ck: z, cii.er Aus söhnung mit den neuen Verhältnisse» kommen läßt. Noch an dere Gründe liegen da vor. Der neue Staat ist eine demokra tische Republik, es könnie ja auch eine aristokrai's-he Republik sein, wie auch ein demokratischer Staat eine monarchische Spitze hoben kann. Träger der Staatsgewalt ist in der Republik die Gesamtheit des Volkes. Der ganze Organismus in Verwaltung und Nochlsprcchung vollzieht sich im Nahmen des gesamten Vol kes oder der von ihm geschaffenen Einrichtungen. Jede poli tische Bevorrechiung hat anfgehöri. Der bezeichnende Ansdruck hierfür ist das allgemeine, gleiche Wahlrecht in Reich, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden. Das bedeutet selbstver ständlich gegenüber den früheren Zuständen eine starke Kräfte- Verschiebung. ES handelt sich hier ofsensichilick um eine völlig poli tische Gleichstellung hinsichtlich der staatsvürgerlichen Stellung und Geltung, die in der Vergangenheit, ganz abgesehen vom Reichstagswahlrecht, sehr stark differenziert war. Den Masten der großen Mehrheit deS Volkes ist damit vieles gegeben, den anderen vieles genommen. Daß nun dies von de» Letzteren bitter empfunden wird, ist begreiflich, aber bei ein wenig histo rischem Blick und bei einigem geschichtlichen Verständnis wird inan nicht bestreiten, daß der heuuge Nechiszustand der gesamten politischen Entwicklung entsprich?, vollends nach den furchtbare» Opfern, die jeder in und nach dem Kriege für daS Volk »nd Vaterland hat bringen müssen, und daß es ganz unmöglich ist. noch weiter nach Vermögen »nd Einkommen die politischen Rechte abznstufen. Es wäre besser gewesen, inan hätte e-5 früher ein- gesehen (Sehr richtig!) und noch) rechtzeitig dem Volke daS ge geben, waö man nachher durch die Revolution mit Gewalt sich mußte entreißen lassen. (Lebhafte Zustimmung.) Ich sagte vor hin, daß dieses Gefühl nicht nur in den besitzenden Kreisen Platz greisen sollte, sondern auch bei zahlreichen Gebildete», die in ihrer wirtschaftlichen Lage bestenfalls dem Mittelstände zuzu zählen sind. Auch die akademische Intelligenz zeigt dem demo kratischen Gedanken kühle Zurückhaltung, wenn nicht sogar Ab lehnung. Nun wollen wir ganz gewiß nicht annehiueu, daß die Ablehnung zurückgehi aus jene Gesinnung, die von Geistes- und echter Herzensbildung völlig unberührt ist, die in dein „odi pro- fanuni vulguS et arcco ihren klastischen Ausdruck gefunden hat. Das wollen wir ganz gewiß nicht annehmen, daß sich in vielen Fälle» das höhere Mas; von Bildung und Einsicht schwer ver binden läßt damit, daß man sich staatsbürgerlich gleichgestellt sieht mit Leuten, die, wie man glaubt, ihre politische Haltung sich lediglich durch Lagesphrase» oder Partcidoktrinen vorschrej- ben lassen- Ei» solches Gefühl mag ja bis zu einem gewissen Grade verständlich sein, aber mir wird eö unverständlich, wenn ich mich erinnere, das; dieselbe Jnlelligenz, die jetzt ihre staats bürgerliche Gleichstellung mit lln oder mindesteiiS Mindergebil deten als eine Herabwürdigung empfindet, es frübcr ruhig hin- genommen hat, als sie de» Besitzende»,''wenn sie auch noch so ungebildet wäre», und das kommr vor. ihre Gefolgscktaft nicht versagte und ihnen gegenüber nicht »nr nicht die gleichen, son dern viel geringere Reckte besaß. Wenn man das ertragen konnte, so sollte die von der Demokratie gegebene Gleichstellung mit Mindergebildeten nickt unerträglich sein. Bei manchen Aka demikern mag die Abneigung gegen die Demokratie in ehrlicher Sorge liegen — namentlich geschichtliche Erinnerungen können dabei eine Rolle spielen —, in der ehrlichen Sorge, daß die De mokratie schwere Gefahren in sich berge, das; sie die Massen- instinkte und Massenkeidenschasien ocr Zügel entledige, das; sie die Bahn freimache für das gefährliche Treiben gewissenloser Demagogen, durch die das Volk und der Staat zugrunde gerichtet weiden könnten. Gewiß, dahin kann es komme», aber die Monarchie kann auch zur Turaiiuei und damit zum Volksfeind herabsinkeiu Die Gefahr aber, daß die Demokratie auf ab schüssiger Babn gleitet, wird nicht dadurch abgcwendet, daß die Intelligenz sich >hr versagt und sich in den Schmollwinkel zu- rsickzieht. Der Volksi'taat braucht alle Kräfte, die im Volke lebendig sind. Das Volk braucht Führer, und eö will Führer. Aber, wen» sich ihm die rechten Fübrcr versage», dann hat das die Folge», daß daS Volk den Verführern Gefolgschaft leistet. Das Volk läßt sich seine Führer nicht anszwingen, eS wählt sie sich ainS und es wählt nur die, zu denen eS Vertrauen hat und denen cS glaubt. Aber das Vertrauen des Volkes will errungen und verdient sein. Man bört in akademischen Kreisen eS heute vielfach beklagen, daß die Intelligenz in der politischen Führung versagt. Ta fragt man sich, worin das seinen Grund haben mag. Wer das Veriraue» des demokratischen Volkes haben will, muß davon durchdrungen sein, daß er zum Volke gehört, er muß sich als Glied deS Volkes empfinden, er muß sei» Volk lieben, aber mit jener hellsichtigen Willensstärke und Lpser- brreitschaft, die die gute» wir die schlimmen Seiten des Volkes kennt und die seine Vorzüge und Schwäche» tiberschnut »nd zu nutzen weif«. Die Führer von heute müssen mit dem Volke füh len und leiden und sie werden es, wenn sie mit dein Volke leben »nd sich ihm unlöslich verbunden und verpflichtet wissen. Sol chen Persönlichkeiten zu folgen, wird sich ein Volk nicht weigern. Damit ist der Intelligenz, den Akademikern von heute der Weg gezeigt, den er einlchlagcn mus^ um die verlorene Fübrerstelluug zurückzugewinnen. Sie ist verloren gegangen, weil man sich um Staat »nd Volk zu wenig gekümmert bat. Wo waren unsere Akademiker, wenn zum Beispiel der Volksverei» für das kath. Deutschbmd auf'.'es zum Studium der sozialen Probleme und zu hingehender Arbeit an ihrer Lösung? Wie schwer war eö, den Akademiker zur Mitarbeit an sozialen. volkspolitischen und reli giösen Veranstaltungen zn gewinnen! Wenn es sich »im eine nähere Berührung mit dein Volke handelte, wenn ein Akademiker zu einem Vorirage vor weniger Gebildeten gewonnen werden sollte, dann überließ man dies dem Klerus, in der Meinung, das; dieser dazu da wäre. (Heiterkeit.) Es gab rühmliche Aus nahmen, aber das ändert nichts daran, daß es AnSnabmen waren. Man mied daS Volk. Vielleicht nieinte man sich durch z» enge Berübcnng inii ihm etwas z» vergeben. Schon der Gnm- nasiait und erst recht der Student empsanden sich vielfach als eiwas Bestere-5, AnSerwnhltcrcS, und vielleicht geht der leiden- schajtücke Kanins gegen die allgemeine Grnndschnle nicht zuletzt ans ähnliche Emnsindnngcn zurück. (Cebr richtig!) Die ssziicksindciitische Bewegung hat gegen dieses Vorurteil mulig de» Kamps ausgenommen. «Beifall.) Aber es war eine Selbstverständlichkeit, daß sie immer nur eine kleine anSerwählte Elite nmsalle» konnte. Wie stand eö um unser Interesse am politischen Leben und den politischen Probleme»? Auch hier vielfach eine beschämende Juterestelostgkeil. Vielleicht nah», man noch; an den Wahlen teil, aber darüber hinaus verstand man sich zn nichts. Sich in polnischer Schulung, in politischen Veranstaltungen und Ver einen zn versuchen n»d erst recht politische Mitarbeit an der Partei zu leiste», da§ tvar etwas, dem sich nur wenige gewidmet haben. Die politische Mitarbeit schien einem großen Teile der akademischen Intelligenz nicht vornehin genug, nicht siandeS geinäß. So kam eS, daß man sich selber ausschallcte. Ist es seitdem anders geworden? In der Revolution, als die Angst den eilenden Fuß beflügelte, schien es eine Weile so, als wäre daS Interesse mächtig aufgeslammt, aber allmählich hat man sich wieder zn der gemütlichen Straße des politischen Phäakeninms znrnckgesnnden. DaS politische Interesse betätigt sich lei all;u- vielen nur in dem Herumnörgelu au den, modernen Sinai und an vui Männern, die. Mut und Verantwortnugsbewußtieiu ge zeigt habe», die Leitung in die Hand zu nehmen. Man tadelt sie und ihr Tun, und sür sich selber nimmt man in argloser Ein falt das Reckt in Anspruch, nickUS zn tun. Man liebäugelt mit der Rechtkopposition oder hat bereits den Nebergang zu ihr voll zogen. Unsere jungen Akademiker neigen stark dazu, »nd von mehr als einer unserer Korporationen ist eS bekannt, daß unser« ActioitaS bcsondernS nicht den erwünschten und notwendigen Widerstand diesem Streben entgegengesetzt har (Znrus: Das liegt an den alten Herren). Das ist nun die gefährlichste und ver hängnisvollste Art, sich dem Volke und dein Volksstaate zu ent fremden und zu Versalien, denn diese Haltung bedeutet die offene Kampfansage an die Demokratie. Kanu man eL aber der De mokratie verargen, wen» sie sich dagegen wehrt? Bei der Be setzung von Remtern muß natürlich das eigentlich entscheidende Moment die sachliche Tnchtigkel! sein, aber es hieße diesen Grundsatz überspanuen, wollte mau verlangen, daß das demo-- kraüsche StaatSwese» seine Eristenz Perwnlickieiten auvertraut die es verneinen und bekämpfen. DaS ist doch auch der Mon archie niemals in den Sinn gekommen. Nun ist die feindselige Stimmung gegen die Kreise der akademischen Bildung bei den Linksparteien gewachsen, man denke an die Behandln»» der Phi lologe» durch daS Ministerium Hönisch und an die immer stärker werdende Bewegung für das Laienriclstertnm. Man denke an Neuschövfnngen wie die Akademie der Arbeit in Fcankfurt, die offensichtlich den Zweck Vers ölest, ihre Schüler mit den notwen digen Kenntnissen sür die höhere Verwaltinwslaui'bahn auszu rüsten. Eö muß katastrophale Wirkungen für die akademische Intelligenz haben, wenn man sich nicht endlich aus das Gebot der Stunde ernstlich besinnt. Es liegt au? der Hand, daß auch minderbesähigte Kräfte in sene Stellen kommen, denn eS bleibt dem Staate schliestlich kein anderer Weg. Der Schaden, den die Akademikern»'!! selber erleidet, wird Immer größer. Wenn ich den Teil unserer snugeu Akademiker ins Auge taste der nach Weltanschauung und Familientrolntion zu uns gehören sollte, so bin ich stark versucht, mit Nietzsche Vau einer instinktiven Ent- artuna zu reden. (Heiterkeit.) Die Imparität, gegen die da-S Zentrum stets gekämpft bat. ist gefallen, das- Tor ist geöffnet, aber ein großer 8 eil unserer jungen Akademiker schließt eö mit eigenen Hände» aufs neue und schlägt sein politisches Zelt in, Laaer derjenigen auf, die jederzeit zugleich Anwälte und Nutz nießer der Imparität gewesen sind. <Lebh. Beikali und Hände klatschen.) Wenn ei» solches Verhallen nickt wirklich instinktive Enlar'ung darstcllt, dann weiß ich nickt, was überhaupt diese Bezeichnung verdienen könnte. Dieses Verhalten wird sich bitter racken und nicht bloß an seinen Urhebern. Denken Sie an das Schicksal des französischen Katholizismus, der ein war nendes Beispiel sein sollte. Er lehrt, wohin es führt, wenn man sich der nenen Zeit enigegenstemmeii will n»d feine», Volke ent fremdet. Vor Gott, Geschichte, Volk und Vaterland könnte inan eS nicht verantworte», v'i i -s auch bei uns d»h>ii käme. Solle eS aber nicht dahin komme», dann ist es hohe Zeit, daß nur Akad-'iniker mit der neuen Zeit und mit der neuen Ordnung der Dinge unseren Frieden machen, aber nickt etwa Goß in wnn Sinne, daß wir daraus vcrzichic», sie zn bekämpfe», wir müssen wekmebr beseelt kein van dein onkrtckligen Wille» rnr Mno-bei«. Der Gemeinfckastsgedanke muß wieder wirksam werden, wie er sich in der kirchlichen Anrede ..Bender" aiiSsprich«. Wir müsse!« von einem lebendigen Christentum beseelt sein, »nd es wäre gut. wen» in unseren Korporationen die äußeren Anlaabeu mehr zn- rnckreten. (Zuruf: „Der korrekte Fuchs".) Daß dieses Buch ans katholischen Kreisen herauskommeii kannte, ist etwas, Wa ich mit brennender Scham und bitterem Schmerz fcststellen muß. (Beifall.) Erfreulich und» tröstlich ist die Tatsache, daß unsere Sin« deuten scktzist dieses Buch mit erhebender Einmütigkeit abgelehnt hat, aber das erste Prinzip unserer Korporation müßte sein, als schönste Arbeit an der blühende» Jugend die Erziehung z»»r lebendigen opferbereiten Christentum zn besorgen. (Zuruf: Neu- dentschland!) Aushörcn muß auch das politische Philistertum, das an Staat und Staatslebe» achtlos varübergeht. Der Siaak darf nicht verelenden, er kann nicht verelenden, ohne daß wir mit ihm versinken. Verschwinden muß andererseits aber auch die llcbcrspannung des nationalen Gedankens in das nationalistische. Verschwinden muß die Kraftmeicrgesie. die bei einem ani Boden liegenden Volke Icinahe grotesk wirkt. N»d dazu kommt, daß dies unseren Feinden zu immer neuen Bedrückungen den er wünschten Vorwand liefert. Ich bin Rheinländer, ich kann saaen: Wir im besetzte» Gebiet bedanken uns entschieden vor diesem Ileberschwana, sür den wir immer wieder büßen iniHicn. Die wahre Vaterlandsliebe erprobt sich bei einem »»glücklichen und besiegion Volke ganz anders als in bobler Phrase und patheti scher Gebärde, i» stiller, geduldiger Arbeit für Volk und Vater land. Jedes andere Verhalten ist weder deutsch noch national. Ich meine. eS muß noch dieser Richtung eine Klä rung der Gedanken und eine klare Orientierung des Lebens uni» des TnnS tatsächlich einmal eintrele». Es geht nickt an, dl« Zeit ist zu ernst dafür, daß wir unS der Romantik unklarer Ge»
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