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S!r. »O» Mittwoch de» 12. Sept. 1917 «»l»,«pr»tr, A»«a,d» X mit »ulk. BeUage d>er<«I1LhrItch «40 X In Dresden und ganz Deutsch. Imid frei Haus m Lcslerretch s.»tt «c. Au»,ade » dierseljährlich S. I« In Dresden und ganz Deutschland sret Hau« «.Sit a»; in Oesterreich 4.9« ii. <kiazel>d!ummcr 10 4 Die KLchjtsche BolkSzeitung erscheiirt an allen chentagcn ,m Sächsische UMsmtum GeschLsivstellc und Rcdal:!onr Dresden-4l. 1V, Holbrinstraßc 4K Ferniprechrr 213L6 Posrfchecktottro Leipzig Nr. 147S7 Anzeige» r Aiinalime teu >iie-e!,»u, un,e^seu dis 10 IN», .-, ^anuütnuuzngkn d.s 11 Ukr v, ,u> ! wrk>e V.I du lsni epaüzeil, !iä 1.iinR>l->i >0 j. s1a«!.iikn »uizrige» 91» l - üuu . n«.»«!», geüluu l ene :o!> ,e duril> 'lern Iluo'.ue auux.uI > >e rtn^eig,u tunuen U II die Leraul.reil.utilii, ,.u. du ^uiNiglcit des^.zles «0« i>t>,n>Iuueu. «zuechltdukk du l»i>uakltun: l l —l«i in l Einzige katholische Tageszeitung im Königreich Sachsen. Organ der Ientrumspartei. Ausgabe ä mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und relig. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe v nur mit der Wochenbeilagr. Bürgerkrieg in Rußland? Die Dinge in Rußland spitzen sich derart zu, daß inan vor der ernsten Hinge steht, ob in der allernächsten Zeit in Rußland ein Bürgeickrieg entbrennt oder nicht. Das Ringen Kerensti - Kornilow hat allmählich Formen ange nommen, die einen friedlichen Ansgang nahezu allsschließen. Kerenski ist der augenblickliche Diktator des neuen Ruß land, das republikanisch gesinnt ist; er hat den Einfluß und die Macht der Volksvertretung des alten Rußland, der Duma, ausgeschaltet und den Arbeiter- und Sokdatenrat Konzessionen gemacht, den Oberstkomm-andierenden Kornilow, den er erst kürzlich eingesetzt, wieder abgesetzt und versucht durch ein Manifest den Einfluß dieses Mannes vollständig lahmznlegen. Das ist nun nicht gelungen, denn Kornilow wehrt sich und er kann sich mit Erfolg wehren, weil er über genügend Anhang verfügt. Als er seine Absetzung erfuhr, hat er in seinem Hauptquartier Kiew zunächst die Depu tation der provisorischen Negierung verhaften lassen. Dann begab er sich von der Front sofort nach Kiew, wo er mit großem Jubel begrüßt wurde. Der ganze Stab des bisherigen Oberstkommandierenden erklärte sich mit K o r n i l o w s o l i d a r i s ch, alle republikanischen Abzeichen wurden von den Kasernen entfernt und nun kommt folgende aufsehenerregende Meldung: Amsterdam, 1l. September. Reuter meldet aus Petersburg vom 10 ds., 8 Uhr abends: Die Schienen auf der Bahnstrecke zwischen Luga und Petersburg sind aufgebrochen worden. Die ersten Abteilungen von Kornilows Truppen sollen schon i n Lu aa ang ekominen sein. Die sogenannte „wilde Division", über die Kornilow s.nher den Befehl geführt hak, hak Pskow verlassen und sich ln der Richtung auf Petersburg in Marsch gc- l c tzt. Auf der Linie Petersburg—Rvbinsk ist der ganze Zugverkehr gestört. Diese Drahtnachricht wird von anderer Seite bestätigt, lodaß kein Zweifel darüber besteht, daß Kornilow Truppen auf Petersburg marschieren läßt, uni sich der Reichshaupr- stadk zu bemächtigen. Er ging sogar noch einen Schritt weiter, wie ans nachstehender Meldung hervorgeht: Petersburg, 11. September. (Rentermeldung) Infolge einer Aufforderung des Oberbefehlshabers Kor- nilow, ist das ganze Kabinett z u r ü ck g e tr ete n, um- Kerenski volle Handlungsfreiheit zu geben. Alle Mi nister führen vorläufig die Geschäfte fort. Morgens war die Stadt ruhig. Inzwischen ist Kerensti auch nicht untätig geblieben. To empfing er eine K o s a k e n a b o rd n u n g; diese er klärte, sie betrachte es als ihre patriotische Pflicht, den Bürgerkrieg zu verhüten und an der Beilegung, des Konfliktes zwischen Kornilow und der Regierung mit- ^uwirken. Sie begibt sich deshalb heute nach dein Großen Hauptquartier. Dagegen wird heute Nackst aus Kopenhagen geineldet: Ter dortige englische Gesandte soll die Nachricht erhalten haben, daß K erenski auf der Straße von Kosaken überfallen und g e 1 ö t et wo r d e n s c i. Angeblich stamme die Nachricht des englischen Ge sandten aus Petersburg selbst und sei in einemTele gramm Bi> chanans enthalten. Jedenfalls sei es Tat sache, daß der Bürgerkrieg in Rußland bereits entbrannt sei, Kornilow soll entschlossen sein, die Regiernngsgewalt em sich zu reißen, die provisorische Regierung zu entlassen, die Arbeiter- und Soldatenräte aufzulösen und, gestützt aus die ibm ergebenen Truppen, die Militärdiktatur zu ver- Ilinden. Die Nachricht 'von der E r m o rd u n g Kerens - kis hat auch „Astenbladek" über Hoporanda erhalten. Be- stafigt ist sie aber noch nicht, weshalb es sich sehr empfiehlt solche aufsehenerregenden Meldungen mit Vorsicht ,zu ge- vießen. Feststeht heute nur, daß 1. Kerenski Kornilow ab- gesetzt hat, 2. Kornilow die Absetzung nicht anerkannte. 3 Kornilow die Deputation verhaftete, l. Kornilows Stab sich mit seinem Chef solidarisch erklärte, 5. Kerenski den Be fehl gab Kornilow nnd 18 Generale seines Stabes zu ver kosten und 0. Kornilow Truppen aus Petersburg marschieren läßt. Alles andere ist noch in der Entwicklung begriffen oder es sind Kombinationen, deren Wert inan noch nicht zu erkennen vermag. Man mutz sagen, es ist zwischen zwei ehrgeizigen Männern ein Ringen um die Macht ausgc- brochen, in das Rußland bineingezogen werden kann. Kor- nilow ist der rücksichtslose Militär, der keine Kompromisse mit den Forderungen der Revolution kennt, der die letzten schweren Niederlagen in Galizien und bei Riga dazu be nutzte, um die Politik mit Nagaika. Kugel und Strick aus der Armee zu vertreiben und mit sener die sogenannten Freibeiten -er Märzerbebung. Kerenski dagegen bediente sich geschickt des Einflusses des Sowjet, dem Kornilow mehr nnd mein' als Vertreter der Militärdiktatur nnd vielleicht auch der Reaktion vevdächti-g geworden war. Anfang Sep- I Das Neueste vom Tage ! » » » , »Will -! w «««» » u - N MW SeilW MMW «Amtlich. W. T.-B.) Großes H a u p t q u a r t ier, den 12. September NN 7. Westlicher Kriegsschrnrplajz Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht: In mehreren Abschnitten der flandrischen Front, im Artois und nördlich von El. Quentin lebte die Feuer- tätigkeit i» den Abendstunden beträchtlich ans. Vielfach kam es zu Zusvmmeiniöße» der Infanterie im Vorfeld der Stellungen. Heeresgruppe deutscher Kronprinlk Nach starker Feuerivirkung brachen französiiche Abtei lungen zu gewaltsamen Erkundungen beiderseits der Straße Sommc-Py Souain in der Champagne vor. Sie wurden durch Feuer und im Nahkämpfe zuriickgetricben. Gefan gene blieben in unserer Hand. Vor Verdun hat die Kampstätigkeit der Artillerien nachgelassen. 19 feindliche Flieger sind abgeschossen worden; einen davon brachte Leutnant Botz (46. Lustsleg« zum Absturz. Oestlicher Kriegsschauplatz Fron: des Gencralseldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: Alt mehreren Stellen zwischen Ostsee und Düna warfen unsere Bortruppen russische Aufklärungsabteilungen durch Kampf zurück. Die Gefangenenzahl aus der Schlacht bei Riga ist auf 8900 sestgestellt; die Beute beläuft sich aus 32v Ge schütze. davon ein Drittel schwere, mehrere beladene Loll- und Kleinbahnzüge, große Pionier-Gerät-, Schießbedarfs und Verpflegüngsvorräte, zahlreiche Kraftwagen und andere Truppenfahrzeuge. Front des Generalobersten Erzherzog Joseph: Zwischen Pruth und Moldawa vielfach rege Artillerie tätigkeit nnd Erkundungsgefechie. Die Russen setzten bei Svlka ihre Angriffe nicht fort. Südwestlich von Tirgul-O.'na stieß der Feind fünfmal gegen unsere Linien vor; stets wurde er verlustreich abge wiesen. M«zeb»»isch» Kmol: Die Lage am Südwestufer des Qhrida- Sees hat sich nicht wesentlich verändert. Am Becken von Monastir stärkeres Feuer als in letzter Zeit. Der erste Generalqnartiermeister: Luden >orlt. 20 000 Tonncn versenkt Berlin, 11. September. Amtlich. Neue U Vovts- ersolge aus dem nördlichen Kriegsschauplatz. 7 Dampfer und 2 Segler mit 20 00t! Bruttoregistrrtonnen, darunter zwei große bewaffnete Dampfer und rin englischer Trans porter. Die beiden Segler hatten Grubenholz und Soda geladen. Der Chef des Admiralstabs der Marine. Perhaftung deutscher Redakteure Philadelphia. 10. September. tRcutermekdung.) Polizeiagenten drangen in die Geschäftsräume der dem- scheu Zeitung „Tagblatt" ein. Es beißt, daß 0 Angestellte verhaftet wurden. Die Regierung teilte mit, daß den Blär- lern-, die in fremder Sprache erscheinen, die Benutzung der Post untersagt ist. tember forderte Le« Arbester- und Toldatenrat die .lli- nisuug Kornilows von: Oberkommando. Doch damals, „c einer Woche, muß Keremli noch u» eine güllietie Beileg,,,- , des Konfliktes geglaubt haben: er ließ nämlich Nekraw» den Vizepräsidenten des Muusienats der Oesfentlict'ti'k gegenüber erklären, daß die Regierung tiefes Vertrau« n zum Höchstkomiiiandierenben habe und au seiner politi schen Neutralität nicht zweifle; wenn reaktio näre Kreise Hossnnng.eii ans Kornilow setzten, würde» sie enttäuscht sein; die Bedingungen des Generals seien zu w Teil schon eistüllt, nnd legte dergl, Pflaster mehr ans d< n klaffenden N i ß z w i s ch e n R e gie r n n g u ) G e n e r a I st a b. Das weitere erzählt das offizielle Pete s- burger Telegramm, Kornilow laugte nach der Diktat: Kerensti pariert den Schlag wie wir geschildert haben, Nnd nun noch ein Wort über die beiden Gegner. K orniIo w genießt das Ansehen eines P o p n I a r e n historischen Helden. Man zweifelt nicht an seiner uni recht levolntionaren Gesinnung, Was inan von seinem Lebenslauf erzählt, nimmt schon bedenklich legendenhastc- Färbnng an. Er ist der Sohn eines e > n s a ch e n K o j a k e n. Bis zu seinem 0. Lebensjahre Hai er keinen Unteirieht ge bot:, io erzählt die Sag - nnd du ersten Schulkenntiilsse. t,at er sich als Autodidakt erworben, während er harte Handarbeit verrichten inußtc, um eine große Familie mit eniähren zu helfe». Sv hat er sich die Kenntnisse erworben, die ibm Zugang zur Militärs clufle verschaffte. Von dann an war «ein Leben eine Folge wisseiijMstlicher und inilitäri- scher E'.foige. ieinc Karriere die eines glänzend begabten, und abenteuerlustigen Offiziers. Cr soll vorzügliche Buche« als Entdecknnigsreisende. geschrieben Huven. Dann bot ihm der Krieg Gelegenteu zu Taten, du i!n» in der Phantasie des Volkes eine Aureole veiichafiten Cr deckte r n h m voll di» großen Ruck zu g von 1 st 1 ü, fiel schließlich in die Hände der Oesterreich«-! entfloh ans abentenerlich«- Weise, als Bauer verkleidet. Kein- Soldat in Rußland kann sich an- Popularität mit ihm messen. Seine Stellung in d«u ösient-lichen Meinung, für die er als fleckenlose und geist««c- hocb stehende Peisbivlichfeit gilt, ist ein Moment von seh« großer Bcdentnna. anck fiir den politischen Zustand in Ruß land. K e r e n s t i ist das. große oratorische Talent, der Mann des mächtigen Patos und des unzähmbaren Willens, die: vielleicht nötiger waren, um den ivandelbaren und unge zügelten Laus der Reiolntion in der .Hand zu behalten, als das beste Reche»tahnt, Cr witd allgemei» selbst imte«- seinen senrigsten Bl-Uiindl-rern nicht als der intellektuelle Kops der Römerin'.st angesehen dafür gilt, gleichfalls all gemein, der Georgier Tscretellu In Kc-renski sieht man keineswegs den Träger der Revolution, wohl aber ilivm Retter, In kritischen« Augenblicken, im-nn alles zusammen- znstürzen schien bat ein Wort von ihn« den Zustand geretrrt, Fiir viele bat Kerensti den Vorteil, daß er einer der sehr wenigen rasseechten Großrnssen unter den Füh rern der Revolution rsr, die im nt-igeii meistens (Yeorgmi, Klenirnssen und Inden waren, Cr, der Revolutionär «st: selbst der Sobn eines orthodoxen Geistlichen, >vas Um noch besonders „echt" macht. Ein besonderer Politiker ist m sicher nicht, aber inan brauchte einen Mann, der den Mat zu Talen batte. Fiir die Marfinalisten ist er der Renegat, der Vorkämpfer der Tvrarmei, des Militarismus nnd axrs Imperialismus. Ilm haben sie tür die Tausende von Menschenleben verantwortlich gewacht, die die Offensive ;>!- kostet bat, und fiir die Gefahren, die ilm folgen. Die Aus» sclnistc-n ibrer Banner sprachen von „Kercmski, dem Blu tigen", „Kerensti, dem Schlächter", Jedenfalls sind undw den urteilsfähigen Rnslen vn-Ie. die in ibin vorläufig >vr Retter ilires Landes seben Wer von diesen Heiden Männ::». die Oberhand bekomnit, läßt sich erst in einige Tagen m- keimen. Jedenfalls dait man mit Spannung der >veitr".'M Entwicklung der Dinge entgegenst-hen. X Brrlincr BlcUicr übcr die russfichr Krisis B eil i n, 0. Septeuihei. D-o die Nachrichten nbei Anmarsch .K'oinilows ans Petei'Sbnrg ans Petersburg selbst ü»d, inird man, so mein! der Lokala n z, znnäckist gene-rt si-iii, sie im Sinne Kerenitis gefärbt zu glauben. Auch äa.s er eine Abordnung von Kosaken mit der Ver«»ittla.vg zwischen sich nnd Kornilow betraut, sckx-int nicht dasü' stt sprechen, daß er seine Stellung fiir sehr stark halte. Die B ö r i e n z t g, sagt. Die A'achricksten ans Rußln-a» lassen keinen Ztveise!, daß Rußland vor einem Bürgerkrieg steht, der von »nabiebbari-n Folgen für das Reich sein wird, mag Kerenski oder Kornilow die Oberhand behalten. Iin Börse n k n r i e beißt es: Der Sieg Keremstt »'«-rix eine Diktatu.' der Aibcilei- und Soldatenräte b-> denteii, der Lieg Kornilows erne schonniigSlose Unter'