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Sächsische Volkszeitung : 11.02.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192202114
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-02
- Tag 1922-02-11
-
Monat
1922-02
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 11.02.1922
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standen Tie Vertagung bedeutet, das; die Worte des Reichs kanzlers die Kritik nicht vertragen. Abg. Kneuen «Komin.): Der Reichskanzler hat eine Scharjmacherrede gehalten. Bisher hat die Negierung nicht ge wagt. den Beamten das Slreilrccht aözusprechen. Tas mutz heute »achgewiesen werden. Sic hat natürlich ein Interesse daran, die Rede des Reichskanzlers unwidersprochen ins Land gehen zu lassen. Abg. Hoffmann (Komm.): Am Dienstag im Aeltestcn- rat konnte man gar nicht die Zeit adwarten, das; der Reichs kanzler spreche und eine Aussprache stallsinde. Heute kneifen Sic aus und haben nicht den Mut zur Aussprache. Abg. Stresewann <Teutiche VolkSp.): Wir sehen n der Rede des ReichSlanzlers einen großen politischen Akt, zu dem wir erst in de» Fraktionen Stellung nehmen wollen. Das liegt im sachlichen Interesse. Im Aeltestenrat am Dienstag wollte» mir eine sofortige Erörterung, um durch eine Kund gebung des Parlamentes auf die Streikenden zu wirken. Die ser Grund liegt beute nicht mehr vor. Ei» Antrag aus sofortige Besprechung wird abgclehnt. Die nächste Sitzung wird aus Freitag Mittag I llhr anberauml. Sächsischer Landtag Dresden, S. Februar. Wenn man nicht wüßte, daß der durch den verantwortungs losen Streik der Lokomotivführer stillgelegre Eisenbahnbetrieb sich erst wieder einspiele» müßte, so hatte man es wiederum am heutigen Landtage merke» können. Schon konnte in den ver flossenen Tagen keine Ausschußberatung abgehalten werden, und Ne heutige Vollsitzung ivar zu Anfang gerade noch beschlußfähig. Namentlich die Abgeordneten aus dem Leipziger Bezirk konnten nicht Hera igcholt werde», so daß manche Punkte der Tagesord nung aligeßpt werden mußten und die Beratung manch anderer unter dem Mangel an sachverständigen Referenten außerordent lich litt. Zunächst befaßte sich der Landtag mit einer Regie rungsvorlage über den Entwurf eines Pciisionsabändcrungs- nnd .ErgänzniigSgeseticS sür die Geistlichen und deren Hinter- blicbciien. Es handelt sich natürlich um die evangelische Geist lichkeit, ebenso bei den im Zusammenhang damit behandelten Antrag, de» auch der Abgeordnete Heßlein unterschrieben hatte, die Regierung zu ersuchen, umgehend an den Landtag eine Vor lage zu bringen, sür ein der sächsischen Landeskirche zu gewäh rende? weiteres Darlehn zur Bestreitung des TenerungsauS» gleiches sür die Geistlichen und Kirchenbeamten in Höhe der neuen Bcsoldukigsovdnnng der Staats, und Gemeindcbeamtcn. Herr Fleißner brachte die Regierungsvorlage ein. Die brü derlich-nachbarliche „Dresdner Volkszeitung" hat ihm schon ein mal den Rat gegeben, lieber seine Referenten sprechen zu lassen. In der Tat der Rat ist sehr klug, und Herr Fleißner täte recht gut daran, ihn zu befolgen, denn wenn er schwiege, könnte man ihn immer noch für einen gebildeten Mann halten. So aber konnte dieser seltsame Begründer einer Regicrungsvorlaae wei ter nichts tun, als seinem ungezüaclten Haß gegen die Religion Lie Züael schießen zm lassen. Mit der Neichsregierung ist er natürlich sehr unzufrieden, da sie daS langersehnte viesetz über die Trennung von Kirche und Staat noch nicht gebracht hat. Er selbst ist sich aber klar, daß für Kirche und kirchliche Zwecke kein Pfennig anfgewendct werde» darf. Man sicht, wie notwendig es ist, daß andere Verhältnisse in Sachsen geschaffen werden, und daS Volk selbst sein llrteil über die religionS- und staats feindliche Politik der unabhängigen RcgiernnoSlente abgeben kann. Tic Dürftigkeit der Fleißnerschen Ausführung»«! wurde trefflich durch den Volksp-arteilcr Drechsler beleuchtet, der ebenso wie der Deniokrat Tr. Sensert nachwies, daß die Regie- rnng hier durchaus kein gutes Werk tun solle, sondern daß sie nach Verfassung und Recht dazu verpflichtet ist, die Not der im Ruhestände befindliche» Geistlichen und ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen zu lindern und auf ein erträgliche? Maß znrnck- znschrcniben. ES war bezeichnend, daß alle sozialistischen Par teien in brüderlicher Eintracht sich zu dem NegierungSentwnrf anSschwiegen und nur der Unabhängige Menke es nicht unter laßen konnte, durch seine unslätiaen Zwischenrufe zu verraten, weläw Gcmütstiefe ein in der Wolle gefärbter Unabhängiger besitzt. Regierungsvorlage und der damit in Verbindung stehende Antrag werden in den Ausschüssen noch näher beraten werden. Ans einer Reihe von .HauShaltkapiteln, die angenommen wurden, halte zunächst nur eine deutschnationale Anfrage, wie die Negierung den Mangel an weiblichen Arbeitskräften in klein- und mittelbänerlichen Betrieben abzuhelfen gedenke, in- scscrn eine Bedeutung, als sic eine längere Aussprache ent fesselte. Wir haben ja einen LandwirtscbastSminister, der nichts von Landwirtschaft versteht. Deswegen hatte er sich fein säu- berlich in Maschinenschrift eine Rede ansarbeitcn lassen, die er dann auch schlecht und recht vortrug. Allerdings vom grünen Tisch ans läßt sich die Frage nicht lösen, besonders wenn sie mit soziastistischcn Utopien noch reichlich durchsetzt ist. Wie es »m die Kenntnis landwirtschaftlicher Tinge jn der Sozialdcmo» kralie bestellt ist, hat die RcvolutionSbroschürc über Landwirt schaft des mehrhcitssozialistischen SozialisierungSgenieS Kranold beiniesen, und so klangen FcllischS Ausführungen in die weisen Wort- aus: Bessere Lohnverhälinisse. bessere ArbeitS» und Un» tcrkunstsbedingungcn, daun ist das Problem gelöst. Also: die Armut kommt von der Powerteh. Das sporadische Vorkommen von Abgeordneten im Sitzungssaal ist dem Präsidenten willkommene Veranlassung, gleich fünf Punkte von der Tagesordnung abzusetzen und nur mich dem Ministerpräsidenten Buck das Wort zu einer Erklärung fogientrn Wortlautes zu geben: „Der in der Nacht vom 1. zum 2. Februar ausgebrochene Streik der Lokomotivführer im Bereiche der Generaldirektion Dresden der Reichseisenbahnen und ,n »eiteren Teilen des R-.che- har mir Rücksicht auf die Wirkungen, die sich sofort mit Einsatz des Streikes bemerkbar machlen und mit jedem Tage der FcNdauer schlimmere Folgen zeitigen mußten, die Staats» regicrnng veranlaßt, Stellung zu dieser Frage zu nehmen. Auf Er'l'che» des Reichsministrriums des Innern, dem die T' .l» ''che Nothilfe untersteht, wurde am 31. Januar 1822 vom sächsischen Wirlschastsministcriuin im Einvernehmen mit der Gencraldirektio» der Neichscisenbahnen der Einsatz der Tech nischen Nothiise genehmigt. Das Ministerium des Innern ord nete den Schutz der Bahnanlagen und Be:riel>seinrichtungen durch die Polizeiorgane im Rahmen der Verordnung vom >8. Juli 1821 an. Die Generaldirektion ihrerseits bemühte sich, einen Notvcrkehr ausrecht zu erhalten und trotz vieler Schmie rigkeiten Züge mit Milch, Lebensmitteln, Kohlen verkehren zu lassen. Die Information über Stand und Entwicklung des Streikes ist direkt von der Negierung oder durch die Nachrichten stelle bei der Geueraldircktion, den Verwaltungsbehörden und Organisationen der Eisenbahner eingeholt und je nach den er haltenen Auskünften sind Dispositionen getroffen worden, die zur Verhütung der schlimmsten Folgen sür Ernährung und Wirtschaft beitragen sollten. Tie sächsische Negierung hat sich durch direkte Verständigung mit dem Neichsverkehrsminijterium bemüht, sür einzelne Bezirke der Bahnverwaltung die Auf hebung der Anordnung deö NcichsverkchrsministeriumS zu er langen, nach der Streikende, auch wenn sie sich zur Führung des Notvcrkehrs bereit erklärten, dazu nicht zugclasscn werden dür fen. Eine weitere Einwirkung auf die Neichsregierung oder am Streik direkt oder indirekt beteiligte Personen oder Ver einigungen har die Siaatsregicrung nicht unternommen, da sie es nicht für richtig gehalten hat, in enicr solchen Situation die Entschlußfreiheit der allein die Verantwortung tragenden Neichsregierung zu beeinflussen und von ihr Rücksichtnahmen zu verlangen, die für einzelne Gebiete des Reiches eventuell vor- übcrgebende Erleichterungen bringen konnten, für den Gesamt- vrrlanf des Streikes aber unberechenbar waren. Die Reichs- regicrung bat bei allen ihren L'caßnahmen die Wirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft und die politische Lage und den Willen entscheidend sein zu lassen, vor dem Deutschen Reichs tage die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahme» nachzu» weisen und zu vertreten. Tie StaaiSregierung wird, wenn von dem Herrn Präpdenien des Landtages die Anfrage der Herren Hofmann. Ziller und Genossen und der Antrag deö Herrn Abgeordneten Nenner zur Beratung auf die TageSord- nung gestellt wird, Auskunft über die speziellen in den An- fragen behandelten Angelegenheiten geben. Die Polizeiorgane, Gendarmerie und Landespolizei haben restlos ihre Pslich; er,, füllt. Die zu Mißdeutungen Anlaß gebenden ersten Richtlinien der Volizeibcamtenorganisation find vom Verband, nach Rück sprache mit dem Präsidenten der Landespolizeivcrwaltung, selbst berichtigt worden. Durch Tagesbericht der Landespolizeivcrwal- 1»ng vom 7. Februar Nr. 85V wird gemeldet: „Die Stellungnahme des PolizeibeamtenverbandeS hat nach Mitteilung der NeglcrungSkommissare unter den Polizcibeamten keine» Zweifel an der unbedingten Erfüllung ihrer Berusspslicht hervorgernfen. Die Polizcibeamten erfüllen bedenkenlos ihre Dienstpflicht". Die Negierung erkennt die anstrengende Tätigkeit der Not helfer, der Eisenbahndicnststellen und ihrer Beamten, Angestellten und Arbeiter und der Polizei in den letzten schweren Tagen dank bar an." Diese Erklärung ist gewiß lauwarm nach dem bekannten Rezept: Wasch mir den Pelz, aber mach mir ihn nicht naß. Es sitze» eben Unabhängige in der Negierung, und Herr Fellisch ist aus Chemnitz, daS erklärt alles. Indessen muß doch ganz be- jonoe.'S vermerkt werden, daß Herr Buck der Technischen Not- Hilfe ein Lob ausspricht, ein Lob, das um so schwerer wiegt, als diese segensreiche Einrichtung von seinen Parteigenossen auss lcidciijchaftlichstc bekämpft wird, und die Chemo';er Gcnossrn noch gestern erst mit Generalstreik gedroht haben, wenn die Technische Nothilfe eingesetzt werden würde. Das war immerhin einiger Mut, Herr Buck, fahren Sie so weiter fort. Und schließlich rief ein koniinuuistislher Agitationsantrag aus Auszahlung einer Teuerungszulage an Arbeiterrentncr und Nentenlosc noch Herrn Menke auf den Plan. Ec hielt eine solche Rede, daß die Deutsch- nationalen erwägen, ihn- als Ehrenmitglied — zum mindesten — in ihre Reihen ausznnchmen. Ja, ja, Herr Menle, wenn inan in der Regierung sitzt und dann einen Ministcrgcnosjen verteidigen mutz... Ach. Herr Menke, wenn das Ihre wirklich »nab- hängige» Genossen draußen gehört hätten... X Sächsische VolkSzeitung — Nr. 35 — 11. Februar 1922 Das Rosenhaus Originalroman von Felir Nabo« <48. Fortsetzung.) »Jetzt nicht mehr. Püllman» verflucht den Kapitän und bereut es. seine Tochter zu dieser verhaßte» Ehe gezwun gen zu haben. Vielleicht könnte Olten mit seinem milden Wesen günstig aus Pöllmann eimvirken und ihn von seiner Trunksucht heilen. Wollen «§ie nicht mit Pöllmann reden, daß er Olten bei. sich ansnimmt? . . „Gerne," rief Hella. Thyssen dankte ihr. „Olten muß rasch cniS seiner fetzigen Umgebung heraus," sprach er. „Die Schnllnst bringt ihn um... Je bälder er umzieht, desto besser ist eS für ihn. Vielleicht daß er dann sein Leben noch ein Jährchen fristet . . „Nicht länger?" „Ich glaube kaum. Er ist ein Opfer seines Berufes und seiner übergroßen Liebe ... Er war zu sehr Idealist, ein Apostel des Friedens — und diese Märtyrer des Lebens werden nicht alt . . . Auch ihn hat daS Leben geknickt und zer brochen . . ." Hella begann keife zu weinen; da« Schicksal des armen Lehrers ging ihr tief zu Herren. Als sie sich beruhigt hatte, kam Thvssen auf den geheimnisvollen Schuß beim WinzerhäuS- chcn zu sprechen. „Die »»heimliche Geschichte läßt mir keine Ruhe," sagte er. „Wir müssen trachten, sie aufzuklären . .. Die Kugel ist in meinem Besitz —" .Wirklich?" „Ja. Damit wollen wir Düchting einen Schlag versetzen. Er ist gegen mich von einer unerhörten Brutalität und sucht mich wcgzudrängen, um die Durchführung meiner sanitären Vorschläge zu verhindern. Tas lasse ich mir nicht gefallen; ich nehnie den Kampf gegen ihn auf. Heute verlangte er fein Erwehr zurück, da« ich ihm beim Brande abnahm. Nun, er soll «S haben. Aber zugleich soll er auch die Kugel sehen, die er und kein anderer gegen Sie abschoß. Wir erheben gegen ihn Anklage wegen Mordversuchs. Dadurch muß ThieboltS Per- trauen zu ihm erschüttert werben, so daß seine Entlassung folgt . . »Ach, da» wäre «in Glück. Da würden alle aufatmen. Aber »« wird schwer halten, ihn zu stürzen, denn er ist schlau wie ein Fuchs. Ich fürchte, er sitzt bei meinem Onkel fetter im Sat. tcl als je. Ja, ich vermut« nicht mit Unrecht, daß schon in den nächsten Tagen eine geschäftliche Verschmelzung statlsindet: Büch» ting wird Kompagnon —" „Isis möglich?" rief Thvssen überrascht. „ES ist so ziemlich sicher. Wahrscheinlich wird schon mor gen der Kontrakt unterschrieben. Büchting drängt zur Eile. DaS ist erklärlich, da eS uni Millionen geht." Thvssen war von dieser Mitteilung so überrascht, daß er nicht gleich Worte fand. Er machte ein paar Gänge durch das Zimmer und sagte dann: «Wenn Büchting Mitbesitzer der Fabrik wird, ist für die Arbeiter und das Dorf alles verloren. Dann kommt für sie die eiserne Zeit. Er legi ihnen rin eisernes Joch auf — „— besonder-, wenn auch noch Jmma seine Bestrebungen unterstützt Thvssen horchte auf. „Jmma?" fragte er. „Was hat Jmma damit zu tun?" „Sehen Sie denn» daS Netz nicht, mit dem Büchting Vater und Tochter umgarnt? Büchting will sich die Millionen sichern, darum soll Jmma seine — Braut werden." Thyssen war wie vor den Kopf geschlagen. „Jmma — Büch- tingv Braut?" rief er mit heiserer Stimme. Das ist ja nicht möglich." „Worum denn nicht! Büchting ist doch alles zuzutraucn. Vielleicht wird schon morgen die Verlobung gefeiert." „Jmmas — Verlobung?" stieß Thvssen hervor. Sein Ge- sicht hatte sich verzerrt, als ob er einen Schlag erhalten hätte. „DaS darf um keinen Preis geschehen! DaS muh verhindert werden, und wenn ich diesem Schurken die Knochen brechen muß." Hella erkannte ihn kaum wieder; er lief wüteiSd durch das Zimmer und fuhr mit den geballten Fäusten in die Luft, als ob er die Welt in Trümmer schlagen wollte. „Jetzt gibt ev keine Rücksicht mehr," tobte er. „Wir müssen Büchting unschädlich machen. Morgen komme ich in« RosenhauS, am Abend, wenn Büchting anwesend ist. Dann halten wir Gericht. Um halb sieben kommt Büchting gewöhnlich ins Burghaus, halten Sie sich um dcisr Zeit bereit und bringen Sie das Gewehr mit.. Wollen Sie?" „Gewiß. Ich hoffe, baß der Plan gelingt. Und nun Adieu — auf Wiedersehen morgen — im NosenbauS." Sie reichte ihm die Hand zum Abschied und ging nach Hause. Ans dem Heimweg dachte sie: .Da» hatte N'rr Thvssen?... Darum wurde er völlig wild, als ich ihm sagte, daß Jmma Radbruchs Pläne der „Ehescheiduugs- resorm" Der neue sozialistische Reichsjustizminister Gustav Radbruch hat in der Zeitschrift „Glocke" seine Pläne bezüglich der zukünftigen „Ehescheivungsresorm" bekannt gegeben, die daraus hinauslaufen, daß die bisher geltenden Verschuldungsgründe der Ehescheidung (BGB §8 1565 bis 1569) durch den allgemeinen Grund der ehelichen Zerrüttung er etzt werden sollen. Dieser Verwüstung der christlichen Ehe muß ausS energischst« Widerstand geleistet werben, denn die beabsichtigte „Ehescheidungsresorm" bezweckt im Grunde nicht« anderes, als die Ehescheidung zu erleichtern, die beklagenswerte Zahl der geschiedenen Eheleute zu vermehren und dein sozialistischen Ideal der freien Liebe den Weg zu bereiten. Radbruchs Pläne scheinen aufs Ganze zu gehen: die christliche Kultur durch die sozialistische zu ersetzen. Sein Unterfangen ist heutzutage uin so gefährlicher, als das Bestreben, die Ehescheidung zu erleichtern, bereits in anderen Länder», wie in der Tschecho-Stowatei (Ehegesetz vom 22. 5. 19l9) und Sowjctrußland mit Erfolg durchgesetzt worden ist. Was das aber zu bedeuten hat, und welche Güter hierbei auf dem Spiele stehen, hat kein geringerer als Friedrich der Große in seinem Edikte gegen. die Mißbräuche der überhand genommenen Ehe scheidung vom 17. November 1782 auss klarste dargclcgt. „Durch die übertriebene Leichtigkeit bei den Ehescheidungen", so sagt er, „wird der össentliche Wohlstand beleidigt; die Zügellosigkeit der Sitten und der Hang der Gemüter zur »ngeschenten Verletzung der heiligsten Verbindungen bestärkt; dadurch ans der einen Seite die Schließung mancher unschicklichen und unüberlegten Ehe ver anlaßt, auf der anderen aber auch, wegen des Anstoßes, den eine zweite Heirat geschiedener Personen gemeiniglich findet, und wegen der Besorgnisse, womit die Unzuverlässigkeit so vieler Ehe- hündnisje bedenkliche Gemüter notwendig erfüllen muß, die dem Staate so nachteilige Ehelosigkeit noch mehr befördert; dem zur häuslichen Glückseligkeit so nötigen gegenseitigen Bestreben der Eheleute, sich ineinander zu schicken und allen Anlaß zum Miß vergnügen und Widerwillen sorgfältig zu vermeiden, die mächtig ste Triebfeder genommen, den schädlichen Eindrücken der Ver führung freier Zugang eröffnet; solchergestalt die innere Ruhe und Ordnung der Familien zerstört; vornehmlich ober den au» solchen tzhen erzeugten Kindern, wegen des in den Gemütern der geschiedenen Eltern gegen sie nur allzuleicht entstehenden Kalt innS und Abneigung, sowohl durch Vernachlässigung ihrer Erziehung, als durch Entsremdung und Zersplitterung des Vermögens der größte Nachteil zugesagt". In diesen inhaltschweren und lebens wahren Sätzen hat der König die Schäden einer leichtfertigen Ehescheidung sowohl für die Oefsentlichkeit wie für die Eheleute selbst und ihre Kinder ziemlich treffend gekennzeichnet. Noch weiter tst ein ehemaliger Kollege Radbruchs, der weimarijche Minister Johann Wolsgang von Goethe, gegangen, der sich in seinen Wahlverwandtschaften, 1. Teil, S. Kapitel, grundsätzlich gegen jede Ehescheidung ausspricht. Der deutsche Dichterfürst läßt Mittler sagen: „Wer mir den Ehestand angreist, wer mir durch Wort, ja durch Tat. diesen Grund aller sittlichen Gesellschaft untergräbt, der hat eS mit mir zu tun; oder wenn ich ihm nicht Herr werden kann, habe ich nichts mit ihm zu tun. Die Ehe tst der Anfang und der Gipfel aller Kultur. Eie macht den Rohen mild, und der Gebildetste hat keine bessere Gelegen heit, seine Milde zu beweisen. Unauflöslich muß sie sein: denn sie bringt so vieles Glück, daß alles einzelne Unglück dagegen gar nicht zu rechnen tst. Und was will man von Unglück reden? Ungeduld ist es, die den Menschen von Zeit -u Zeit ansällt, und dann beliebt er, sich unglücklich zu finden. Lasse man den> Augenblick vorübergehen, und man wird sich glücklich preisen, daß ein so lange Bestandenes noch besteht. Sich zu trennen, gibt'S gar keinen hinlänglichen Grund. Der menschliche Zustand ist so hoch in Leiden und Freuden gesetzt, daß gar nicht berechnet werden kann, was ein paar Gatten einander schuldig werden. Es ist eine unendliche Schuld, die nur durch die Ewigkeit abge tragen werden kann. Unbequem mag eS manchmal sein, da» glaub ich wohl, und das ist eben recht. Sind wir nicht auch mit dem Gewissen verheiratet, das wir oft gerne loS sein möchten, weil es uiibegnemer ist, als uns je ein Mann oder eine Fra» werden könnte?"' Diese klassischen Ausführungen bilden eine vorzügliche Illu stration zu dem Werte der Radbruch'jchen Neformgcdanken über die Erleichterung der Ehescheidung. Pros. Dr. R HiUing. Schwerbeschädigte «nd preutzisches Unter- drmgungsgesetz Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter gehr dem preußischen Unterbringungsgesetz vor. Temzusolge kommen Stelle», die mit Schwerbeschädigten besetzt werden, auch wenn die Mindestzahl an Schwerbeschädigten bei der Körperschaft (Ge meinde, Gcmeindeverband und sonstige Körperschaft des öffent lichen Rechts in Preußen) bereits vorhanden ist, sür die Besetzung mit Beamten ans den Grenzgebieten nicht in Betracht. Ist eine Stelle beim Fürsorgeamt bereits angcmeldet und will die Kürper- jchajt währena der Bewcrbungssrist einen Schwerbeschädigten ein- stellen, so hat sie die Anmetdung beiin Fürjogeamt znrückzuziehen. BüchtingS Braut werde? . . . Sollte er Absichten auf sie haben. Warum auch nicht? Jmma ist doch ein hübsches uird — reiches Mädchen? Und er wird auch wie alle anderen sein — Geld, nur Geld!" Sie fühlte einen heftigen Schmerz in der Brust und eine tiefe Traurigkeit befiel sie. War ihr auch dieses Herz, an dem sie eine Heimat zu finden gehofft hatte, verloren?" Langsam ging sie weiter und spann ihre Gedanken zu düsteren Schicksalssäden. „Nun stehe ich wiederum einsam ,n der Welt und muß mir allein meinen Weg ans aller Wirrnis und Not suchen," dachte sie. «Aber ich will nicht länger Bett lerin sein, die ans das Almosen ihrer reichen Verwandten an gewiesen ist, sondern will mir meinen Platz an der Sonne er kämpfen. Mein Recht will ich! Noch heute fordere ich eS von meinem Onkel. Morgen aber halte ich Gericht über den andern. Mein Schicksal muß sich entscheiden." Mit diesem Vorsatz betrat sie das Rosenhaus und brach!« ihn noch am gleichen Abend zur Ausführung. Etwas früher als gewöhnlich suchte sie ihren Onkel im Speisezimmer aus. um mit ihm zu reden. Tr wollte nicht auf den Kern der Sache ei», gehen, aber sie ließ sich nicht irre machen. „Es muß endlich Klar heit zwischen uns sein," sagte sie, „ich weiß, daß Büchting mein Todfeind ist und mich von hier vertreiben will." „Wer sagt daSl" rief Thibolt, wobei er eS vermied, sein« Nichte anzusehen. „Willst du es etwa leugnen?" rief Hella empört über seine Verstellung. „Schau mir ins Auge — und dann wiederhole deine Unwahrheit l" Er tat e« nicht,' vnrrde verleben und suchte Ausflüchte. „Darum mußt du Büchting auch immer reizen!" grollte er. „DaS ärgert ihn und eS ist kein Wunder, wenn er ans Pich zornig ist. Vertrage dich mit ihm!" „Mit einem Sehnst will icki nicht gut Freund sein," rief Hella erbittert. „Noch weniger aber will ich von eurer Gnade abhängig sein. Ich fordere mein Recht. Wird e» mir nicht, so schreib« ich noch beute an meinen Mechtsbtzisiaiid in Berlin, daß er den Prozeß einleitet." Thiebokt erschrak über die Drobung. »Las; dock, die alten Geschichten." wehrte er Hello» Drängen. „Da? alles ist ja lange verjährt." „Du irrst dich, Onfekt Unrecht verjährt nicht. ES schreit zum Himmel und muß gutgemacht werden, sonst rächt eS sich an den Kindern bis ins dritte nnd vierte Glied. Willst du dir und deiner Tochter einen solchen Flr^ anibüöden?" (Fortsetzung folgt.)
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