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Zweite- Blatt Sächsische BolkszeitLag vom 9. August 1919 Nr. 180 Aus Stadt und Land. (Aortsetzrmq au» dem Hauptblatt.) —' In weiten Kreisen von Industrie und Gewerbe begrüßt man die Vorarbeiten mit tebhafter Freude, die aus die Begründung einer allgemeinen ständi- gen Lehrausstellung fiir die Fortschritte der Maschinentechnik in Dresden abzielen. Diese Vorarbeiten liegen seit dem Sommer 1908 zurück und dank der tatkräftigen Förderung'derselben durch den Arbeitsaus schuß unter dem Vorsitze des Herrn Professor Kllbler gilt das Projekt der Ausstellung als gesickert. Dieselbe wird auf einem schön gelegenen Terrain nahe der neuen An stalten der Dresdner Technischen Hochschule errichtet und wird u. a. auch eine vorzügliche Ergänzung der Lehrmittel der Dresdner Technischen Hochschule bilden. Von besonde rem Interesse ist es jedenfalls, daß ein ähnliches Projekt auch in Wien verfolgt wird. Auch dort beabsichtigt man ein „Technisches Museum für Industrie und Gewerbe" zu begründen, das selbstverständlich ganz unabhängig von der „Dresdner ständigen Lehrausstellung" ist. Man hat sich in Wien seit längerer Zeit mit der Frage besckstiftigt, wi-^ in die in Wien bestehenden techniscl-en Einzelmujeen wieder ein gewisses Leben hineinzubringen und das zu begründende große Museum der Geschichte der österreichischen Arbeit da vor zu bewahren sei, daß es nicht dem allgemeinen Lose sol cher Museen, der Teilnahmslosigkeit weitester Preise, an heimfalle. Dr. Wilhelm Exner wurde von dem Wiener Ar beitsausschüsse mit der Untersuchung der Aufgabe betrau! uird hat das Ergebnis seiner Forschungen in einer großen Abhandlung niedergelegt. Dr. Exner ist bekanntlich auch mehrfach in Dresden gewesen, um sich über die Vorarbeiten der Dresdner ständigen Lehrausstellung zu informieren. Er weist darauf hin, daß das in Wien geplante technisclze Museum für Industrie und Gewerbe als eine Sammlung von Denkmälern der Technik zu dem Zwecke zusammengeord- »et werden soll, um zur allgemeinen Bildung beizutragen. Zugleich soll dadurch eine Stätte geschaffen werden, wo der Techniker die Entwicklung der Technik im allgemeinen ver folgen und sich so vor der Einseitigkeit des Spezialistentums bewahren kann. Zugleich soll das technische Institut dazu berufen sein, das technische Verständnis bei Parlamen tariern, Verwaltungsbeamten, Richtern, Journalisten usw. zu vermehren, um sie zu befähigen, bei ihrem Einflüsse auf die Gesetzgebung der steigenden Intensität der industriellen Arbeit Rechnung zu tragen. Man sieht, daß sich die Ziele des Wiener Projektes mit denjenigen der in Dresden ge- planten ständigen Lehrausstellung für die Fortschritte der Maschinentechnik eigentlich vollständig decken und es ist jedenfalls erfreulich, daß gerade von Dresden aus der Ge danke zur Begründung dieses außerordentlich wichtigen In stitutes ausgegangen ist. Hoffentlich ist die Zeit nicht mehr allzufern, in der die ständige Lehrausstellung eröffnet wer den kann. —* Vogelwiesen-Schluß. Ter gestrige letzte Tag des großen Dresdner Volksfestes brachte demselben in folge des günstigen Wetters einen Massenbesuch, wozu auch der Umstand mit beitrug, daß das große Feuerwerk cndltch abgebrannt werden konnte, nachdem es infolge des anhalten den Regens zweimal verschoben worden war. Ter Königs- Ichuß fiel gestern nachmittag gegen llhr. Ter glückliche Schütze war Herr Fabrikant v. Böhme, der den Schuß für Herrn Kanfmann Beyer abgegeben hatte. Ter neue Schützenkönig war auch bald zur Stelle und wurde von allen Seiten auf das herzlichste beglückwünscht. Tann wurde er niit der kostbaren historisck>en Schützenkette geschmückt, worauf der übliche Umzug um die Vogelstange stattfand. Daran schloß sich die Vorstellung des Schützenkönigs im Kö niglichen Zelte und die Bestätigung durch den Königlichen Kommissar Herrn Kammerherrn Grafe» Rex-Zehista, wobei Wein ans den Königlichen Kellereien gereicht wurde. Im Schützenzelte beglückwünschte dann Herr Vorsteher Stadt- lat Weigandt den neue» Schützenkönig, wofür dieser mit herzlichen Worten dankte. Bei dem sich anschließenden ge selligen Beisammensein dankte Herr Vorsteher Hosjnwelier Iähne noch besonders den beiden Schießdepntierlen Herr» Rentier Adam und Privatus .Kühnel für ihre Mühewaltun gen. — Das große F e u e r w e r k gestaltete sich wieder zu einer pyrotechnischen Glanzleistung und fand allgemeine Anerkennung Tie Mitglieder der Privilegierten Bogen- schützengesellschast und ihre Gäste wohnten dem Schauspiele in der Schießhalle und auf dem vor derselben reservierten Platze bei. —" Der Streik der Droschkenkutscher ist nach nur sechstägiger Dauer auf dem Wege gütlicher Einigung bei gelegt worden. Die Kutscher 1. Masse erhalten wöchentlich ein bis zwei Mark mehr und die Kutscher 2. Klasse 25, Prozent der Einnahme. Infolgedessen haben die Streikenden aus ihre Forderungen verzichtet. In einer am Freitag stattgesundeuen Versammlung der Droschkenkutscher wurde mit 108 gegen 18 Stimmen beschlossen, die Arbeit in den Geschäften wieder auszunehmen, in denen die Forderungen ganz oder teilweise bewilligt worden sind. Chemnitz, 0. August. In den hsisigen Wagen-, Huf- und Fassonschmiedereien stehen die Schmiede in einer Lohn bewegung. Da die Arbeitgeber die Forderungen ablehnten, hat fast der größte Teil der Gehilfen schon die Kündigung eingereicht. Grünthal, 6. August. Der Bremser Neubert ans Neuhausen, der von einem Gütcrzuge Wagen abhängen wollte, geriet dabei zwischen die Puffer und wurde so schwer verletzt, daß der Tod auf der Stelle eintrat. Mittweida, 0. August. Die furchtbare Bluttat des vierfachen Mordbrenners Max Man» hat ein weiteres Opfer gefordert. H^ute hat sich, wie das „Chemn. Tagebl." meldet, in der Wohnung ihrer Dienstherrschaft die 18 jährige Frieda Oehme aus Gram über das ents tzliche Ende ihrer Mutter und Schwester durch Einatmen von Leuchtgas vergiftet. Plauen i.B. Sonntag mittag gegen 12 Uhr ereignete sich auf der Staatsstraße Grünberg—Brambach, nahe der böhmischen Grenze, ein entsetzliches Autoinobi!» aglnck. Ein aus Plauen kommendes, mit sechs Erwachsenen und einem Kinde als Insassen besetztes Automobil stürzte an einer scharfen Kurve die Böschung der Straße hinab. Der Chauffeur Meinei aus Plauen. 23 Jahre alt. erlitt einen Schädelbruch und war sofort tot. Ebenfalls getötet wurde die 28 Jrhre alte Frau Direktor Gertrud Franz. Herr Oskar Franz. Direktor der Gardinenfabrik, wurde leich verletzt. Sein vierjähriges Kind erlitt einen Oberschenkel bruch. Der Reifende Karl Meier aus Hannover erlitt einen Schlüsselbeinbrnch. einen Rippenbiuch und starke Gehirnerschütterung. Der Reisende Jakob Valzer aus Straßburg und der Volontär Rosenstock aus Breclau er litten leichte Verletzungen. Orlamünde, 0. August. Im benachbarten Langenorla kratzte sich nachts im Schlafe der erwachsene Sohn des früheren Müllers Reiße eine Beinkrampsader auf. Infolge des starken Blutergusses erwachte der junge Mann. Er erhob sich aus dem Bette, stürzte aber balo zusammen und verblutete. Am Morgen wurde Reiße vor seinem Bett als Leiche ausgesunden. Gemeinde- und Vereinsnachrichten. 8 Dresden. Der Verein katholischer erwerbs- tätiger Frauen und Mädchen weist daraus hin, daß die Internationale Akademie der Zuschneidekunst. System Zeischke, Drrsöen-N., Tteckgraße 10, den Mitgliedern deS Vereins, welche diese Fachleyranstalt ersten Ranges in An spruch nehmen wollen, seyc günstige Bedingungen 'stellt und denselben beträchtliche Preisermäglgung gewährt. — Am 14. August, am Vorabend des Festes Maria Hnnmelsahrt, nachm. 4 Uhr, blelet der Verem im schmucken Vereins sälchen Anlvnstraße 7. den Jugendlichen eine stimmungs volle Ueberraschung. Dieselben können, ohne besondere Reisespesen und Unkosten, Lourdrs, den berühmten Gnaden- orl Frankreichs, in aller senier Prachl und Herrlichkeit in sehr wirkungsvollen Lichtbildern schauen. Am 15. August, abends 8 Uyr. wird der Vortrag für die VereinSmitglteder nochmals wiederholt. — Die Generalversammlung findet am 14. d. Mts., abends 8 Uhr, Frteörichstraße Nr. 48, statt. Anbet sei auch aus die am 19. August, abends 8 Uhr, Antonstraße 7 stallfinöende Sitzung der Kaufmännischen Gruppe hingewiesen; Theater und Lichtbilder werden den Vortrag des Abends umrahmen. Anfang Oktober beginnen wiederum die Kurse im Zu- schneide», Servieren, Schreibmaschine und Stenographie. Anmeldung der Teilnahme an denselben baldigst im Sekre tariat, Antonslratze 7, erbeten. Kirche und Unterricht. I. Tritte Wallfahrt »ach Lvurdcs. Tie drille Wallfahrt nach Lonrdes, die vom 13. bis 28. September d. I. von München ans slattsindet, erfreut sich, wie ihre Vorgängerin nen, großen Znspliiches. Tie Reise fällt in die günstigste Jahreszeit für jene Gegenden. T<r es sich nicht um eine Massentarawane handelt, sondern nur eine kleine Gesell schaft, tonnen selbst solche, die.sonst die Strapazen der wei len Fahrt fürchten, unbesorgt »nd in begnenister Weise nach dem Gnadenorte in den Pyrenäen pilgern. Tie Reise gehl über Paris, lvo ein längerer Aufenthalt genommen werden wird, Bordeaux, das besichtigt wird, das Weltseebad Biarritz — 188 — -- 185 — mit jedem Tage gewachsen. Ich bitte Sie — haben Sie nichts dagegen, wenn ich Ihre» Herrn Vater um Ihre Hand bitte?" „Nein — mein Her," antwortete sie lachend. „Mir sind zwar diejenigen Männer ein Greuel, die eifersüchtig sind wie Othello — aber bei Ihnen will ich's mal nicht so genau nehmen. Sprechen Sie immerhin mit meinem Vater — machen Sie sich aber auf einen Korb gefaßt." „Was — weshalb?" „Weil Sie eine nervöse Mutter haben — und Vater behauptet, das sei erblich. —" . „Nun, mein Nandel — das wolle» wir schon kriegen I Tabei kann ich dir nickst verschweigen, mein liebe> Schatz, daß, wenn du in der Lage wärst, bei meiner Mutter um mich anzuhalten, du keine andere Ausnahme fin den würdest." „Was — ich — aber weshalb?" „Weil dein Vater das Podagra hat und das — das ist erblich — behaup tet meine Mutter. Ich schlage deshalb vor, wir gehen zu unserem guten Tr. Hildebrand, lassen uns untersuchen und von ihm ein Gutachten ansarbeiten, wie es init unserer Gesundheit steht und inwieweit Nervosität und Podagra erblich sind." Und so gesck>ah es. Das Gutachten aber war so glänzend ausgefallen, daß Frau Schwarzenberg und Herr Sterzinger nach einer lebhaften Unter- Haltung von einer halben Stunde ihre Einwiüignng gaben und zwar gerad" in dem Augenblicke, als die Glocke zu dem Fest-, Verlobungs- und Abschied-- mahle läutete. Als nun bei diesen: Mahle auch noch die fünfte Verlobung proklamiert wurde, da hätte Onkel Galleiske auch bei der neuen Braut noch gern seinen Kuß angebracht, aber lachend schlüpfte sie ihm unter seinem Arme durch. Dafür hielt er sich aber bei seinen lieben Nichten schadlos. Zuletzt schlug er an sein Glas, erhob sich und hielt eine von urkräftigem Humor durchwürzte Rede, die er mit den Worten schloß: „Nächstes Jahr uni diese Zeit, meine lieben Kinder, werdet ihr wohl schon alle glücklich unter der Haube sein — und dann bitte ich mir ans, ver geht euren alten Onkel Galleiske auf Strackmehnen nickst. Und solltet ihr mit Gottes Hilfe Nervosität, Reißmich, Gicht oder Podagra mit in die junge Ehe gebracht haben, so wißt ihr, wo ihr dergleichen Tenwelszeug am ehesten los werdet, nämlich bei unserem Freunde Hildebrand auf Leonorenberg. Hof- fentlich sehen wir uns dann hier auch »äcksttcs Jahr alle froh und ninnter wieder . . ." Als hier ein lautes Hallo und ein huinoristischer Protest loSging, fügte er rasch hinzu: „WaS Gott verhüten wolle - " und auf ein neues wieherndes Gelächter fügte er hinzu: „daß wir nämlich nicht zu demselben Zwecke hier wieder zu sammen kommen, sondern nur auf. Bestick). Und seid ihr hier dann fertig, so nehme ich euch gleich mit nach den gesegneten Gefilden meiner Lande an der Inster. Da sollt ihr meine anfblühende Wasserkunst in Graßenfelde bcsichti- gen. Kinder — soll das ein Lebe» werdenI Also, Kinder, erhebt eure Gläser und stoßt mit mir an auf ein recht — reckst frohes krcuzfideles Wiedersehen — mit oder ohne Nervosität, Gicht und Podagra — im nächsten Jahre. „Ih — das fehlte mir noch, glaubst du so was — der Rattenfänger von Hameln nein!" und sie flog mit ansgebreitelen Arme» auf ihn zu, um schlang, sich auf die Fußspitze» stellend, seinen Hals und ehe er es sich versah, halte sie ihn mehrmals herzhaft ans den Mund geküßt. „Nein, dich will ich, an Böser, du Abscheulicher ich hätte dich ja gern »och ein bißchen zappeln lasse» aber wenn du glaubst, daß ich den Zigeuner den Bänkelsänger ah das ist zu arg - dafür mußt dn bestraft werden — hier — ans die .Kniee vor mir, Verräter, »nd Abbitte geleistet!" Und sie drückte ihn, ehe er sich dessen versah, aus die Knie nieder — und er schante ihr belustigt und überu.jcht in die blitzenden Augen — ohne ein Wort zn sagen. „So." fuhr sie dann fort, „mach auch nicht zn viele Worte, stehe ans und gib mir noch einen Kuß, »nd dann zn Papa und Mama Wieder umschlang sie ihn wieder küßte sie ihn ans den Mund und »rollte ihn mit sich sorlziehen da teilte sich das Gebüsch und vor ihnen stand Onkel Galleiske. „So? Na, .Kinder — das Hab! ihr ja recht nett gemacht — und meinen Segen habt ihr — und nn, mein Tvchling gib mir auch einen recht herz- hoste» Schmatz." Er wollte sie in die Arme nehmen, abcr sie wich ihm geschickt ans. „Ihnen — Onkel Galleiske " ries sie erstaunt, „ei — ans welchem Grunde denn? Sie »vollen wohl im Trüben fischen und die günstige Gelegen heit »vahrnehinen, recht viele junge Mädchen abznlüssen? IS »ich!" „Aber Kind du wirst doch dem Vater deines Bräutigams'—?" „Was — nun Vater —?" „Na — Vormund oder Vater, das ist doch gleich! Sagen »vir also zwei ter Vater — und dann bin ich doch auch der Mutter Bruder und Ivo steht denn geschrieben, daß eine trengchorsame Nichte sich weigern dürfe, ihrem Onkel einen Kuß zn geben?" Und »nieder hatte er sie mit einem Arme umfaßt, mit der anderen Hand hob er ihr Kinn in die Höhe und küßte sie ein-, zwei, dreimal herzhaft auf den Mund. „Na, na, na — Onkel," fuhr jetzt Otto dazwischen „erlaube mal, das ist doch meine Braut." „Ich erlaube gar nichts," erwiderte der Lnkel, Wallys Arm durch den seinigen ziehend, „aber da ich aiich finde, daß es genug ist für jetzt wenig stens — so kommt mit, ihr Sünder, zn euren Eltern rcsp. Schwiegereltern." Und er nahm den Neffen bei der Hand, schleppte beide dem Hanse z» und von seinem Podagra war jetzt nichts mehr zn merken. Im Wohnzimmer von Hildebrands Wohnung, in das sie eintraten, war jetzt die ganze Familie versammelt. Vor den beiden Eltern stand der Sohn und hielt seine Eonsine Franziska im Arme. Er ließ anch nicht von ihr ab, als Onkel Galleiske mit Otto und Wally eint raten. Tie Eltern schienen aber ihren Segen gegeben zn haben und Mutter Hildebrand hatte dabei wohl ein »venig geweint. Tie ganze Sache war äußerst kurz und man möchte sagen — programm mäßig verlaufen. Ter junge Hildebrand hatte sich im Garlen zu Franziska gesellt und hatte einfach zu ihr gesagt: Ende. ,GKmrrige Käuze.-