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dem Verein angehören, glauben wir gern. Es ist nur jammerschade, daß die Herren ihre ganze Kraft zu absorbieren scheinen, um den paar Katholiken hier den Garaus zu machen. Nach unserer unmaßgeblichen Meinung täten die Herren besser, ihre unschätzbare Kraft darauf zu verwenden, die Sozialisten, an denen Dresden und Umgegend so reich ist. wieder dem Ehristusglauben zuzuführen; davon merkt man aber leider, leider sehr wenig. Herr -2 macht dann der „Sachs. Volksztg." den Vor wurf, sie suche dem evangelischen Volke die Freude an dem Herrlichsten, was es sein nennt, am Geisteserbe der Refor mation zu vergällen. Da ist wohl die Frage gestattet, was versteht Herr unter dein Geisteserbe der Reformation? Versteht er darunter die Beschimpfung und Herabsetzung der katholischen Kürche, die Verächtlichmachung ihrer Gebräuche und Einrichtungen, ihrer Diener? Dann freilich wird die «Sächs. Volksztg." ihm scharf auf die Finger sehen. Versteht er aber darunter die Pflege und Erhaltung des christlichen Glaubens, daun wird ihm die „Sächs. Volksztg." durchaus nicht entgegentreten und seinen Standpunkt gebührend respektieren. Herr sagt weiter: „Es gibt unter den Katholiken Sachsens ungezählte, die dankbar für die ihnen allerseits cntgegeugebrachte Toleranz mit uns Protestanten in gutem Frieden leben wollen." Es passiert ihm da wieder das selbe Unglück, was ihm schon einmal begegnet ist. er ver wechselt den Bund mit den Protestanten. Daß Katho liken und Protestanten vor Gründung des Bundes in gutem Frieden gelebt haben, bestätigten seinerzeit die „Dresdener Nachrichten". Als sie die Gründung des Bundes in Halle und seine Bestrebungen und Ziele erörtert hatten, sagten sie: Wir in Sachsen brauchen den Blind nicht, wir wollen mit unseren katholischen Mitbürgern in Frieden leben. Dieser Ausspruch beweist zweierlei, 1.. daß vor Gründung des Bundes Frieden herrschte und 2., daß mau den Bund als Friedensstörer ausah. Der Evangelische Blind hat aber auch oft genug betont, daß er nur mit den guten Katholiken, d. i. solchen, die sich nur ihren Taufschein gerettet haben, oder die sogar mit den Bestrebungen des Bundes sympathisieren und Verrat an ihrer eigenen Sache üben, Frieden halten will, die bösen Katholiken «Ultramontane, Römlinge), das sind solche, die ihren religiösen Glauben betätigeil, die es nicht dulden wollen, daß ihr Heiligstes und Erhabenstes fortwährend be schimpft und in den Kot gezerrt werde, die will man von Grund und Boden vertilgen. Wir Katholiken wünschen nichts sehnlicher, als wieder wie früher mit unseren Pro testantischen Mitbürgern in Frieden zu leben, denn nichts ist widerwärtiger, als mit solch' ödem Gezänk seine Zeit zu vergeuden. Doch „es kann der Beste nicht im Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt." Nach dem Gesagten glauben wir, jeder billig denkende Mensch wird uns beipflichten, daß in dem vertraulichen Schreiben nur das Kind beim richtigen Namen genannt und weder versteckt noch sonstwie der „Ev.Bnnd" angegriffen wurde. DieAngrissededselbenaberabzuwehrenoderdenFolgen derselben vorznbengcn. ist unser gutes Recht, was wir uns nicht schmälern lassen werden. Die BnndeSgrößen zu überzeugen, wäre vergebliche Mühe; denn wenn diese das Wort „katholisch" hören, geraten sie schon in einen gelinden „Lntherzorn", und Zorn macht bekanntlich blind, tteberhanpt scheint der Stern des Bundes den Zenith längst überschritten zu haben, wie Ulan jetzt in Ulm mit so großer Betrübnis konstatieren mußte. Es kann das aber auch nicht Wunder nehmen; das fortwährende Hetzen verträgt auf die Dauer keiner. Auch über den Bmidesgrößeii scheint ein eigener Unstern zu schweben. Gerade die größten Rufer im Streite <»oiiii»a mint ndio«!,.! Herr -/.» mußten vorzeitig verstummen, wer weiß, was wir da noch erlebe»! Zum Schluß möchten wir noch zur Ehrenrettung von Zncklius Hansfremld und der „ Säckisischen Voltc-zeilung" erklären, daß es eine abgeschmackte Behauptung ist, daß beide Blätter die „Los von Nom"-Bewegung förderten; den einen Fehler aber haben beide, sie sind beide zehn Jahre zu spät erschienen. Politische Rundschau. Deutschland. Das Kaiser nud Kaiserin Friedrich-Denkmal am Brandenburger Tor zu Berlin wurde am Sonntag mittag enhüllt. Bei der darauffolgenden Mittagstafel hiUt der Kaiser eine kurze Ansprache, nach welcher er ideal verfaßte Gedächtniswortc des Professor Hinzpeter ans das Kaiser paar verlas. In einer Ansprache bei der Abcndtafcl im Neuen Palais an die konfirmierten Prinzen August Wilhelm und Oskar sagte der Kaiser: „Meine lieben Söhne! Der heutige Tag ist in geistige- Beziehung pleichzustellen dem Tage, an dem der Offizier, der Soldat den Fahneneid ablcistet. Ihr seid heute sozusagen im Glauben mündig geworden. Wehr und Waffen und das Rüstzeug, deren Ihr Euch bedienen sollt, sind Euch von kundiger Hand gelehrt und bereitgelegt worden; ihre Anwendung in allen Lebenslagen wird nun an Euch liegen. Ich spreche mit Absicht im militärischen Sinne, weil ich annehmc, daß auch Ihr das schöne Gleichnis kennt, worin der Ehrist mit einem Krieger verglichen wird. Ihr werdet gewiß das, was Ihr heute so schön im Gelübde versprochen habt, auch betätigen; mit Recht hob Euer geistlicher Lehrer in seiner herrlichen Auspracbe hervor, daß Ihr zu Persönlichkeiten werden sollt. Das ist der Punkt, ans den es nach meiner Ansicht für den Ehristen im täglichen Leben am ineisten ankommt. Denn zweifellos können wir von dem Heiland getrost sagen: Er ist die persönlichste Persönlichkeit gewesen, die je aus Erden unter den Menschen gewandelt ist. Ihr habt im Unterricht von vielen großen Menschen gelesen und gehört, diese Vor- bilder haben Euch gehoben, sogar begeistert. Aber trotz allem sind es nur Menschcnworte. Keine Menschenworte kommen irgend einem Worte unseres Herrn gleich, niemals hat Menschenwort eL fertiggebracht, die Leute aller Rasselt, aller Völker, gleichmäßig zu demselben Ziel zu begeistern und dar: ach zn trachten, ihm gleich zu sein, ja sogar das Leben für ihn zu lassen. Die» Wunder ist nur dadurch zu erklären, daß seine Worte Worte de» ewigen Leben» sind. Nach eigenen EZahrungon kann ich versichern, daß der Angel- und Drehpunkt de» inenschlichen. namentlich ein«» verantwortungsvollen und arbeitsreichen Lebens, einzig und allein in der Stellung zu unserem Herrn und Heiland liegt. Es kann kein Zweifel sein, der Herr lebt noch heute als ganze Persönlichkeit, die nicht ignoriert werden kann. Gewiß, ich glaube gern, daß viele der Ansicht sind, im heutigen modernen Leben sei es undenkbar, sich so ein gehend mit dem Heilande „n beschäftigen und auf ihn Rücksicht zn nehmen, wie früher: aber der einzige Helfer und Retter ist und bleibt der Heiland. Ich rate Euch eins von ganzem Herzen: Schafft und arbeitet ohne Unterlaß! Das ist der Kern des Ehristenlebens. Am schwersten wird bestraft, wer nichts tut. wer nur mit dem Strome mitgeht und anderen das Arbeiten überläßt. Möge jeder trachten, auf seinem Gebiete sein Bestes zu leisten, eine Persönlichkeit zn werden, in seine Aufgaben hineinzuwachsen nach dem Beispiel des Heilandes. Trachtet, daß, was Ihr vornehmt, eine Freude für Eure Mitmenschen oder wenigstens ihnen zu Nutz und Frommen sei: dann habt Ihr erfüllt, was von Euch erwartet wird. Daß Gottes und des Heilandes Hilfe Euch nicht fehlen möge, darauf leeren wir heute unsere Gläser. — Zum bayerischen Gesandten in Dresden ist der bisherige Bevollmächtigte in Bern, Gras v. Montgelas, ernannt worden. — Ueber die Wahlbeteiligung bei den letzten Neichs- tagswahlen ist dem dritten Vierteljahrshefte zur Statistik des Deutschen Reiches, das eine auf Grund der Berichte der Wahlkommissare ausgestellte vergleichende Uebersicht der Reichstagswahlen von 1808 und 1003 enthält, folgendes zn entnehmen: Die Wahlbeteiligung war bei der Wahl von 1003 ungleich stärker als bei der von 1808. Während sich bei ersterer von 11 441 004 Wahlberechtigten 7 780 714 oder 08. l v. H. an den Hauptwahlen beteiligten, war dies im Jahre 1003 bei 0 53!! 704 oder 70,1 v. H. der Wahl berechtigten der Fall. Diese Zunahme erstreckte sich auf sämtliche Staaten und größeren Verwaltungsbezirke, und nur in wenigen Wahlkreisen war die Wahlbeteiligung etwas schwächer als im Jahre 1808. Im übrigen sind die Unterschiede hinsichtlich der Wahlbeteiligung in der Hanptwahl zwischen den einzelnen Staaten recht erheblich, wobei es auffällig ist, daß fast alle Staaten, in denen die Beteiligung im Jahre 1808 besonders groß oder gering war, diese Eigentümlichkeit auch im Jahre 100!! zeigen. Bei weitem am größten war die Wahlbeteiligung in Bremen mit 02,2 (1808 80,1> v. H., wo die Sozialdemokraten mit 51,5 v. H. aller Stimmen der freisinnigen Vereinigung mit 48,0 v. H. den Sitz ab- nahmen. Dann folgt Lübeck mit einer Wahlbeteiligung von 00,0 (1808 80,5) v. H. und an dritter Stelle Neuß ä. L., wo ein heftiger Kampf zwischen Sozialdemokraten und Konservativen lerstere erhielten 50,5 letztere 40.5 v. H. aller Stimmen» stattfand, mit 80,4 (1808 77,0» v. H. Ueber 80 v. H. Wahlbeteiligung hatten dann noch Anhalt mit 87,0 (1808 78,7), Hamburg mit 84,0 (71.2), Mecklen burg-Schwerin mit 83,8 <78,0), Sachsen-Altenburg mit 83,5 <70,5», Königreich Sachsen mit 83,0 (73,0), Schwarz- bnrg-Rndolstadt mit 80.0 <70,8), Schwarzburg-Sonders- hansen mit 80.5 <70,7> und Sachsen-Koburg-Gotha mit 80.4 <70,0» v. H. Weitaus am geringsten war bei der Hanptwahl die Wahlbeteiligung in Lippe mit 47,8 <1808 sogar nur 38,0) vom Hundert; dann folgten Oldenburg mit 03,4 (50,0), Bayern mit 71,5 (00,2) und Sachsen-Weimar mit 73,1 <03,4) v. H. In Preußen be trug die Wahlbeteiligung 75.5 v. H. gegen 08,4 v. H. im Jahre !808. Die stärkste Wahlbeteiligung hatten von den einzelnen Provinzen die östlichen, in denen der Kampf zwischen Deutschtum und Polentum tobt. In der Provinz Posen betrug die Wahlbeteiligung 81,7. in Westprenßen 70,3 v. H. Im Jahre 1808 hatte Westpreußen mit 77,0 v. H. die erste Stelle innegehabt, gefolgt von Posen mit 75,7 v. H. Dann folgen Westfalen mit 78,5 (70,0», Sachsen mit 77,0 <73,0>, Schleswig mit 70.2 (72.0). Rheinland init 75,5 (05.0), Brandenburg mit 75, l (08,0>, Hannover 74.0 (00,1), Pommern mit 74,0 (08,2). Schlesien mit 74. l (00,1). Berlin mit 73.7 (00,0), Hessen-Nassau mit 70.5 <02,1 >. Ostpreußen mit 70,2 <04,5) nud Hohcnzollern mit 04.5 (57,3» v. H. Unter den einzelnen Regierungs bezirken stehen obenan Bromberg mit 80,3 <81.2) v. H. Wahl beteiligung. Marienwerder mit84.5 (81.0). Arnsberg mit 81,0 <75,1» und Liegnitz mit 70,0 (75,7», untenan Königsberg mit 70,1 <02.4», Aachen mit 08.0 (53,8), Oppeln mit 08,4 <50.0), Köln mit 08,1 (55,2) und Sigmaringen mit 04,5 (57.3» v. H. Für die Regierungsbezirke der Provinz Han nover enthält die amtliche Statistik eigentümlicherweise keine Angaben. In den einzelnen Wahlkreisen schwankt die Wahlbeteiligung bei den Hanptwahlen zwischen 47,8 v. H. lind 02.0 v. H. Währeild aber im Jahre 1808 24 Wahlkreise mit noch nicht 50 v. H. Wahlbeteiligung waren, betrug deren Zahl im Jahre 1003 nur noch 2 (Lippe mit 47.8 und Degendorf mit 47.2 v. H.). Um gekehrt hatten im Jahre 1808 1t. dagegen iin Jahre 1003 37 Wahlkreise eine Beteiligung von mehr als 85 v. H. Ueber 00 v. H. ging die Betcilung in den Kreisen Hagenau-Weißenburg mit 00 v. H., in Lübeck mit 00.0, in Bremen mit 02.2 und in Wirsitz-Schubin, wo die Kon servativen vergeblich den Polen bekämpften, mit 02.0 v. H. Bei den Stichwahlen kamen 7 Wahlkreise auf eine Be teiligung von mehr als 00 p. H. Darunter GermerSheim und Wanzleben auf 02,4, der Landkreis Straßburg, den die Deutsche Volkspartei den Elsaß-Lothringern abnahm, auf 02.8 und Hagenau Weißenburg, wo der Ansturm der Nationalliberalen auf die Protestpartei vergeblich war, mit 03,2 v. H. — Zur Kaualfrage läßt sich die „Rhein.-Wests. Ztg." aus Hannover melden, e« sei nicht daran zn zweifeln, daß der nächste Landtag sich mit der großen Wasserstraßen- Vorlage zn beschäftigen haben werde; der schlesischen Hoch wasservorlage würden die Forderungen für den Mittelland kanal auf dem Fuße folgen und die Regierung werde der crsteren nur dann Entgegenkommen zeigen, wenn sie die Sicherheit hätte, daß die -weite Vorlage durchgehen werde. Die Kanalvorlage werde kommen, ob Graf vülom Reichs kanzler bleibe oder nicht. Die Regierung werde aber aus ihrer Reserve nicht hervortreten, um keine Beunruhigung vor den Wahlen heröet-nführen. da er nicht ausgeschlossen sei. daß sie so,<st eine Zunahme der Kanalgegner im Land tage zu erwarten habe. — Der letzte Satz der vorstehenden Meldung enthält die schärfste, allerdings unfreiwillige Kritik der Kanalvorlage, die man sich denken kann, denn sie ent- hält das Zugeständnis, daß im^Volke die Gegnerschaft gegen den Kanal eher zu- als abgenommen hat. Wenn aber das der Fall ist, dann begreift man nicht, weshalb die Regierung trotzdem die Vorlage nochmals einbringen will. Die Unterstellung, daß die Regierung den unbedingt notwendigen Schutz vor der Hochwassergefahr nicht be willigen werde, wenn ihr der Mittellandkanal nicht be willigt werde, ist ganz ausgeschlossen. — Ueber Professor Itr. Ladeuburg schreibt die „Leip ziger Evangelisch-lutherische Kirchenzeitung": Bekanntlich ist er ein geborener Jude und ließ sich erst vor etlichen Jahren gelegentlich einer Durchreise in Leipzig in der reformierten Kirche taufen. Warum er nicht in Kiel, wo er bis dahin als Professor lebte, oder in Breslau, wohin er damals übersiedelte, den Uebertritt vollzog, haben wir nicht er fahren. Jedenfalls suchte er die christliche Religion auf; und doch beklagt er sich in seinem Vortrag, daß schon die Jugend, d. h. die christliche, gezwungen werde, sich „nach dem Schema" der christlichen Weltanschauung zu bilden, und er hat bittere Worte gegen den „bornierten Dogma tismus" in der protestantischen Kirche. Warum ist er nicht Jude geblieben? Ans welchen Beweggründen stieg er in Leipzig ab? — Sozialdemokraten für ein Hoftheater. Nun muß Bebel erst recht die Rute »vieder schwingen; kaum hat er in Dresden die Revisionisten durch eine Resolution gehenkt, als schon im Schwabenland der Revisionismus neue Triumphe feiert. In Stuttgart soll ein neues Hoftheater erbaut werden; die Baupflicht liegt den Landständen ob. Während nun alle Parteien und deren Presse zur Sparsamkeit mahnen und die Ausführung des Baues ans bessere Zeiten vertagen »vollen, kann es die sozialdemokratische „Schwäb. Tagwacht" gar nicht erwarten, bis die Millionenprojekte erscheinen. Weil das Stuttgarter Zentrnmsblatt zur Sparsamkeit inahnte, »vird es von der sozialdemokratischen Zeitung gar heftig angegriffen ob seiner „Knlturfeindlichkeit" und der sofortige Bau des Hoftheaters gefordert. Was »vird Bebel zu diesen» Seitensprnng sagen? Sozialdemokraten sind ge sonnen, Millionen für ein Hoftheater zu bewilligen. Da ist ja Stuttgart noch schlimmer als Kapua-München? Der Stuttgarter sozialdemokratische Abgeordnete Hildenbrand hat sich kürzlich als „Oberrevisionist" bezeichnet und er hat Recht, zum Entsetzen Bebels! — Als Schrittmacher der Sozialdemokratie bezeichnet in eine»»». Berliner Blatt der neugewählte nationalliberale Reichstagsabgeordnete I)r. Böttger „Sachsen und Preußen unter konservativem Einfluß": „Wir möchten dein widersprechen. Im Königreich Sachsen haben freilich 5 Konservative ihre Mandate verloren, aber auch die bisherigen 3 dort gewählten Nationalliberalen. Es ist kein Geheimnis, welche Ursachen den Verlust nahezu aller bürgerlichen Mandate in Sachsen verschuldet haben, und mit Redensarten allein lassen sich Tatsachen nicht widerlegen. Was den Wahlansfall in Preußen angeht, so verzeichnet die Sozialdemokratie den ziffernmäßig stärksten Stimmenzuwachs im Westen der preußischen Mon archie, in denjenigen Bezirken, die auch dein verflossenen Reichstag keinen einzigen konservativen Abgeordneten ge stellt haben, und »vo konservative Einflüsse sich am wenigsten geltend machen. In den östlichen Provinzen wurden dagegen, bis auf »venige Ausnahmen alle konser vativen Mandate behauptet. Schrittmacher der Sozial demokratie sind n. E. nicht die Konservativen, sondern in erster Linie die Mausernngsillnsionisten. welche in Wort und Schrift dafür Sorge tragen, daß die eigentlichen Ziele der Sozialdemokratie verschleiert werden; Schrittmacher sind diejenigen Parteien, welche der Bekämpfung der staats- und gesellschaftsfeindlichen Tendenzen der Sozialdemokratie Hindernisse in den Weg lege»» und auch noch nicht erkennen »vollen, wohin die Reise geht. Das sind aber an erster Stelle die Freisinnigen und die Nationalliberalen! Oesterreich-Ungarn. — Finanzminister Lnkacs ist von Wien wieder nach Pest zurückgekehrt. Was zwischen ihm und dem Kaiser verhandelt wurde, ist offiziell nicht knndgegeben. Aber allem Anschein nach »vird ein „Rückzug", und zwar ans kaistrlicher Seite in Aussicht stehen. Die sozialistische Wiener „Arbeiter-Zeitung" bemerkt spöttisch: Wir sind wohl von dem Verdachte frei, den gefährdeten Majestätsrechten unseren Schutz aufdrängen zn »vollen, aber es scheint uns, daß hier ein Schulfall vorliegt, aus dem inan erfährt, »vie nachdrückliche Unbeugsamkeit auch Entschlüsse und Beschlüsse zn ändern vermag, die mit dem Anschein von Unwiderruf lichkeit auftreten ..." — Man scheint also in Wien zu der Meinung zn neigen, daß das magyarische Selbstbewußt- sein auch diesmal den Sieg davonträgt und die Trennung Ungarns von Oesterreich immer näher rückt. Mit der Armeesprache fängt man an und die volle Souveränetät Ungarns ist der Schluß. — Der Kaiser hat fürs Frühjahr einen Besuch in England zugesagt. AraukreiiG — Der König und die Königin von Italien haben Sonntag nachmittag Paris wieder verlassen. Vormittag fand Truppenschau in Vincennes statt, danach Frühstücks- tnfel. Bei dieser wurden die Abschiedsworte ausgetauscht. Die Hauptsätze aus des Königs Ansprache lauten: „Als ich die Front der schönen Truppen entlang ritt, schlug mir das Herz bei der Erinnerung an die Zeiten, »vo französische Soldaten ihr Blut neben den italienischen Soldaten ver gossen. Glücklich, daß die Ursachen, die sie zusammen auf die Schlachtfelder führten, aufgehört haben zu existieren, und mit dein Wunsche, daß hinfort die militärischen Kräfte der Nationen allein der Sicherung des Friedens dienen, spreche ich in» Augenblicke des Scheiden- von Paris meinen vollen Dank ans." Präsident Loubet antwortete: „Stolz auf sein Heer und überzeugt, unter seinen» Schutze ruhig seine beharrliche und fruchtbare Arbeit fortsetzen zu können, wird Frankreich Euer Majestät dafür Dank wissen, daß Sie unsere gemeinsamen ruymreichen Erinnerungen wachgerufen haben. Das von italienischen und sran-östschen Soldaten für dieselbe Sache vergossene Blut soll für den Frieden und di» Einlguirg (nuiou) zwischei» unsern beiden Nationen nicht