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WscheDMsmtimg L»«aat>« X ml« «> Dresden und ganz D< tn Österreich L.« X. »«»«»»« S «»„»»pret«, y^chrntlmS erschl pachmMagSstund erpen Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit NnteVhaltrrngObeilage Die illustrierte Zeit «azetgeai ««nahm» von «eschitstSanzelgrn bi» Iv Uhr. von Aamtllrn« Mizeiaen bi» 1» Uhr. - I gegeben« die RrdaltlonS «nzelg Nichtig chttzkeit de« Lerte« nicht übernehmen. .Sprechstunde: I« bi» II Uhr vormMaa». I > eingesandter Echristst. macht fichdie Redaktion I Gtr 266 «efthüst.steL« U»L Resaktto« LtW , Dr«,t»«»r.U. 1«, Holbetustrahe 4L Freitag de« 19. November 1915 Fernsprecher 21S6S 11. AaHlg» Heldentaten eines deutschen Unterseebotes Ei« unzeitgemäßer Prozeß Vor einigen Tagen erhielten in Berlin zwei Frauen ,e ein halbes Jahr Gefängnis, weil sie zwei kranke Schau- Wielerinnen, anstatt sie tüchtigen Aerz'ten in die Hände zu geben, tot „gebetet" haben. Die Frauen sind Vertreterinnen der sogenannten „Christian Science", einer englisch, einerikanisch. Sekte, die von einer Miß Eddy begründet und die die Grüirderin zu großem Reichtum brachte. Man kann die Sekte als eine Erwerbsgesellschaft betrachten, die unter dem Deckmantel der Frömmigkeit in einer bequemen Weise recht viel Geld verdienen will. Wir haben über den Prozeß nicht berichtet, weil die Möglichkeit einer solchen Verhand lung uns nicht wichtig genug erschien, wenn auch der Tod der beiden hervorragenden Künstlerinnen sehr bedauerlich isr. Man weiß, daß in Deutschland das Sektenwesen sehr verbreitet ist und der Aberglaube namentlich in den Groß- stützten einen nahrhaften Boden findet. Daher finden wir es mindestens sehr merkwürdig, wenn Dr. Johannes Blum in einem Artikel in den „Dresdner Nachrichten" schreibt: „Ein Gesundbeter-Prozeß im zweiten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts? Ist es wirklich wahr, daß der abergläubische, lichtscheue Spuk, der sich da vor unseren Augen abspielte, der unmittelbaren Gegenwart angehört und nicht dem finstersten Mittelalter, jener Zeit, bevor Luthers Donner wort die Geister ge weckt. die Gewissen geschärft und aus der Verirrung und Verdunkelung d u r ch A b l a ß kr a m u n d W e r kh ei l i g- t'cil die reine Lehre wieder ans Licht ge brach t h a t t e ! Nein, es ist wirklich erst gestern und ehe- gestern gewesen." Blum hätte den Prozeß sehr gut bespreche» und seine Ursachen sehr gut verurteilen können, ohne den Seitenhieb auf das Mittelalter mit seinen Nebenerscheinungen. Man muß doch nun nicht mit Gewalt der Oeffentlichkeit zeigen »vollen, daß man das Mittelalter mitsamt der sogenannten Reformation durch eine voreingenommene Brille ansieht. Beantworten wir zunächst kurz die Frage: Was will denn die „Christian Science"? Wir wenden dabei mit Absicht den fremden Ausdruck an, um festzustellen, daß diese Sekte kein deutsches, sondern ein fremdes Gewächs ist, welches sich leider unter dem Namen „Gesundbeter" in Deutschland ein genistet hat. Die „Christian Science" gipfelt, wie in dein Schlußkapitel des von der Begründerin der Lehre verfaßten „Textbuches" ausgcführt wird, in der Forderung der Um wandlung des Glaubens in ein Wissen. Der Glaube erhält erst Inhalt und Wert, wenn er sich praktisch anwenden und verwerten läßt. Das Mittel dazu ist das Gebet, mit ihm sollen Krankheit und Tod bekämpft und überwunden wer den. Eine solche Lehre hat mit dem Christentum nichts zu tun und auch nichts mit der medizinischen Wissenschaft. Nichts mit dem Christentum, denn wie erklärte sich bei der Annahme einer solchen Lehre die Menschwerdung des Gottessohnes, sein Leiden und Sterben! Das Christen tum weiß nichts von einer unbeschränkten Herrschaft des Geistes über die Materie, auch nichts von der Gebundenheit des? gött lichen Willens an das Wollen des Menschen. Gewiß ist auch der Katholik „wundergläubig", aber er ist nicht wundersüchtig, wie der Scientist, der sich entweder selbst für einen unbeschränkten Wundertäter halten muß, oder für den es überhaupt kein Wunder gibt. Für die katholische Moral ist das kein Wenn und Aber kennendeGesundbeten des Scientisten eine schwere Sünde der Vermessenheit, die einer Gotteslästerung sehr nahe kommt. Auf Grundsätzen also, die der übernatürlichen Ordnung angehören, kann sich die Lehre der Scientisten nicht berufen; sie ist aber auch vor denl Forum der Vernunft ein Unding, das keinen Anspruch auf Wissenschaft erheben kann. Denn ihre Grundsätze fußen erst recht nicht in Erkenntnissen, die der Verstand uns bietet, und auf solche berufen sich Wohl auch die Scientisten nicht. Daß Heilungen funktioneller Störungen durch Suggestion erzielt werden können, ist eine Erfahrungsweisheit, die längst vor der Erfin dung der Christian Science durch die geschäftstüch tige Mrs. Eddy bekannt war. Es ist daher bedauerlich, daß sich verhältnismäßig viele Leute finden, die unter dem Deckmantel der christlichen Wissenschaft das Gebet miß brauchen, und ebenso schlimm ist es, wenn sich immer wieder Leute finden, die am eigenen Leibe das Unzweckmäßige einer solchen Handlungsweise empfinden. Man muß übri gens der „Köln. Bolkszeitung" recht geben, wenn sie cmpfhielt, von solchen Sekten möglichst wenig zu reden, dann erhalten sie nie die Wichtigkeit und Verbreitung, die sie er hoffen. X MHMMW (Tagesbericht siehe Sette 2.) Heldentaten eines Unterseebootes Berlin, 19. November. (Amtlich.) Eines unserer Unterseeboote hat am 5. November an der nordafrikanischen Küste den englischen Hilfskreuzer „Para" (6322 Tonnen) durch einen Torpedoschuß versenkt. Ferner hat das Unterseeboot am 6. November im Hafen von Sollnm die beiden, mit je zwei Geschützen bewaffneten englisch-ägypti schen Kanonenboote „Princc Abbas" (300 Tonnen) und „Abdul Menem" (450 Tonnen) überraschend angegriffen und durch Geschützfener vernichtet. Dasselbe Unterseeboot brachte das Feuer eines bewaffneten englischen Handcls- dampfers zum Schweigen und hat dessen Kanonen als Beute heimgebracht. Der Chef des Admiralstabes. Türkische Prinzen in Deutschland Berlin, 10. November. Das „Berl. Tagebl." meldet: Die türkischen Prinzen Abdul Halim, Osman Fuad und Abdul Ralim, die mit Oberstleutnant v. Strempel vier Wochen in Danzig weilten, setzten ihre Reise über Königs berg nach dem östlichen Kriegsschauplätze fort. Chinesische Arbeiter für Rußland Das „Berl. Tagebl." meldet über Kopenhagen: Die russische Regierung macht die größten Anstrengungen, chinesische Arbeiter ins Land zu ziehen. Im November seien 80 000 chinesische Arbeiter nach Charbin gebracht und auf die sibirischen Bergwerke verteilt worden. Berliner Spende für Weihnachtsgaben In der gestrigen Berliner Stadtverordneten-Versamm- lung wurden einstimmig 200 000 Mark bewilligt, um wie im Vorjahre den im Felde stehenden Berlinern eine Liebes gabe zum Weihnachtsfeste zu gewähren. Amerika und die Versenkung der „Ankona" London, 18. November. (W. T. B.) Die „Times" erfährt aus Washington: Die amtlichen Kreise in Washing ton beabsichtigen nicht, sich mit einer offiziellen Eutschuldi- gung der österreichisch-ungarischen Regierung wegen der Versenkung des Dampfers „Ankona" zu be- gnUgen. Der amerikanische Botschafter in Rom hat den Auftrag erhalten, eine eingehende Untersuchung anzustellen. Die Beamten des amerikanischen Konsulats in Tunis hör ten einen dritten Bericht über die Aussagen von Augen zeugen an. Der zunehmende Druck auf Griechenland Luzern, 18. November. (W. T. B.) Ueber den zunehmenden ernsten Druck auf Griechen land schreibt das Luzerner „Vaterland" u. a.: In Belgien fand man einen bewaffneten Widerstand durchaus natür- lich. Hier verlangt man außer einem Durchmarsch auch noch Sicherheitsgarantien von Griechenland. Von einer zu verabfolgenden Entschädigung, wie sie deutscherseits Belgien versprochen und Luxemburg tatsächlich geleistet worden ist, ist nirgends die Rede. Bomben auf Verona Rom, 17. November. (Meldung der Agence Stefani.) Feindliche Flugzeuge erschienen vormittags über Verona und warfen einige Bomben ab. Ein Knabe wurde verletzt. Sachschaden wurde nicht angerichtet. Die Bulgaren vor Monastir Athen, 18. November. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Offizielle Nachrichten von der Front fehlen noch, aber in Telegrammen der Zeitungen wird die Lage der Serben als sehr, ernst geschildert. Prilep soll von den Bulgaren besetzt sein, die zwei Stunden von Monastir stehen und eine umzingelnde Bewegung ausführen. Die Lage von Monastir ist sehr kritisch; die Konsuln, außer dem französischen, sind nach Saloniki gegangen; dort hin sind auch die Archive gebracht worden. Das 2. Bataillon des Regiments Geueralfeldmarschall von Hiudeuburg (Rr. 147) im Brückenkopf am Rarem Die Nacht war hereingcbrochen. Es regnete ununter brochen. Das II. Bataillon von Hindenburg lag in einen« triefenden Kiefernwald bei zusammengesetzten Gewehren und wartete auf weitere Befehle. Die schweren russischen Granaten zogen singend durch die Nacht über unsere Köpfe und schlugen irgendwo hinter uns in den Wald ein, sodaß der donnernde Widerhall der krepierenden Granaten gar nicht sterben wollte. Um 10 Uhr abends kam der Befehl, daß das Bataillon icm Mitternacht den Narew überschreiten und vom Brücken- köpf aus 2 Uhr morgens mit den dort befindlichen Truppen den Feind angreifen solle, um den Brückenkopf zu erweitern. Ueber den Narew! Solange der Krieg dauerte, hatten wir alle auch an den Uebergang über den Narew gedacht und ail die Erstürmung seiner drohenden Spcrrfestungen. Jeder wußte, wie der Uebergang fast unmöglich erschienen war, jeder kannte die Narewsümpfe und die Zähigkeit der Russen in der Verteidigung solcher natürlichen Hindernisse. Am Morgen war es Teilen der Regimenter 33, 44 und der 4. Grenadiere gelungen, überraschend auf schwankenden schmalen Laufstegen an günstiger Stelle über den Fluß zu kommen und mit unerhörter Tapferkeit hart am jenseitigen Ufer einen kleinen Brückenkopf auzulegen. Aber die Russen hatten sofort übermächtige Reserven herangezogen und um- faßten die Tapferen mit eisernem Ring. Konzentrisch griffen sie, von stärkstem Artilleriefeuer unterstützt, dauernd an, und doch wurden alle Angriffe todesmutig abgeschlagen. Hilfe konnte am Tage nicht gebracht werden, da jede An- Näherung an den Fluß unmöglich war. Die Granaten der Russen verwandelten den Narew hinter dem Brückenkopf in eine dauernde Riesenfontäne, und wehe dem, der sich hinein- wagte! Nach Einbruch der Dunkelheit war es dem Divisions brückentrain trotz des in der Dunkelheit anhaltenden Strich feuers gelungen, durch eine schmale Sanddüne etwas ge deckt, an langen Tauen seine Pontons au den Fluß zu ziehen und ins Wasser zu lassen. Ein Pionierunteroffizier führt das Bataillon um Mitternacht durch Sumpfschlenken nach der Pontonstelle. Lautlos zog die Truppe wie ein dunkler Wurm durch die Nacht. Hier und da rutschte einer aus auf dem glitscherigen Boden, während es dauernd regnete, und die Jnfanterie- geschosse von drüben durch das Bataillon pfiffen. Mancher verschwand lautlos für immer zwischen dem Wiesengras. Ein Aufhalten gab es nicht. Der junge Pionierunteroffizier, unser Führer, erhielt einen tödlichen Kopfschuß. Wir mußten selbst die Uebergangsstelle suchen. Pontons über holten wir, die Landsturmpioniere mit äußerster An strengung durch den Sumpf zogen. Endlich war die Ueber- gaugsstelle erreicht. Die grauen, plumpen Pontons sck>au- kelten in der Strömung, von den Fahrmannschaften festge halten. Drüben knatterten die Maschinengewehre hin und wieder, und die weißen Leuchtkugeln tauchten in die dunkle Nacht und leuchteten geisterhaft in Büsche und Bäume. Endlos schien uns das Uebersetzen zu dauern, und manchen tapferen Feldgrauen verschlang die schmutziggelbe Narew. Tie Pontons wurden durchlöchert und trugen uns doch an das andere Ufer. Das Bataillon besetzte sofort den rechten Flügel des Brückenkopfgrabens, während das dort befindliche todmüde Bataillon 33 in die Reservegräben in die Mitte des Brücken- kopfes zurückgezogen wurde. 1 Uhr 30 Min. morgens stand das Bataillon in dich tester Schützenlinie, die Maschinengewehre verteilt, angriffs- bereit im Graben, und die Hindenburger brannten darauf, ihren so hart mitgenommenen tapferen Kameraden der anderen Regimenter Lust zu schaffen. Da plötzlich meldeten die Horchposten, daß die etwa 600 Meter entfernt liegenden Russen ihren Stützpunkt ver lassen hätten und in dichten Linien herankämen. Me freu ten sich. Wir waren frisch, hatten viel Munition und stan den so dicht, daß es für die Russen ein Todesangriff wer den mußte. „Kerls, nicht schießen, bis die Baude auf 100 Meter heran ist!" Wir schossen eins Leuchtkugel ab und sahen dis dichten Massen der Russen lautlos in ihren braunen Uni formen kaum erkennbar, herankommen. „Noch nicht!" Me von uns schienen den Atem anzuhallen. Wieder eine Leucht kugel. „Noch 200 Meter sind sie!" Dann eine bange Mi nute, und es ging los. Ein Feuerwerk von Leuchtkugeln schoß in die Nacht, und kaum 100 Meter vor uns wälzten sich die Massen der Russen heran. Feuer! Aus unseren