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«r. S4 L8. Iahrg. Frettag, den 25. April >»>S aveavs Geschäftsstelle und ReLaktio».' Dresden-A. 16, Holbeimstratz« 4- Fernsprecher 21366 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147S7 r »WL v,»»,«prei»> »d» x «U Mustr. veUall« vterteW . . - UN» 1 ln Dresden I«i» frei -au« 8.86 « s« X. „«»»de 0 vleaeli^rUch ».«« ^. In Dresden und ganz Deutschland frei -aus ».- ^ «n vestrrret« 8.80 X. »tn,el. Stummer 16 4 «te «üchMche «olk»,ettuna erichckit an allen NoLrntagen nachmmag». , ^ e Einzige katholische Tageszeitung in tzE«c Slnzetgeni l Slniiahm« vv,><«clchit»?nuzelge„ bl» IONH, vv>. FamMei.mizelgen bis II Uhr vorm. l Preis türdle Petit SvaUzeilcl« Z.tmReNa- m.lcll > .«, Familien Anzeigen 30 1 ! gür > »deniüch geschriebene, sowie durch gern- nnecher nusgegebene Anzeigen iünnen wie di« PclmttwurllschleitlliedteAichiigletldeSLep«» nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion! II 18 Uhr vormittags. -kV Nrgiw Kentrmmspunki« - AvrgabE ^ mit illustrierter Unterhaltungsbeilage «nb reug An»««»»» b am «u -er Wochenbeilagk Wurzeln. ^ In Paris gedenkt mun ebenfalls, den 1. Mai zu feiern. Aber nicht als-Tag der roten Internationale, son dern als nationalen Siegestag. Nicht als Tag der Völker- besreiuug, sondern als Siegessest des Imperialismus. Diese Entwickelung der Tinge ist im höchsten Grade lehrreich, wenn man auch nicht hoffen darf, daß unsere Sozialisten daraus etwas lernen werden. Um den 1. Mai wird in Paris aber auch die Ent scheidung über Krieg und Frieden fallen, die Entscheidung über Völkerbund und sein Gegenstück, den Imperialismus, die Entscheidung über Demokratie und Bolschewismus. Ter vielgepriesene amerikanische Präsident Wilson hat am '.1. November 1918 seine Kongreßrede über die Waffen- ftillstandsbedingnngen mit den treffenden Worten geschlos sen: „Ter Hunger erzeugt keine Reformen. Er erzeugt den Wahnsinn und alle häßlichen Verwirrungen, welche ein ge ordnetes Leben unmöglich machen." Wie wahr das ist, haben wir in den letzten Monaten bereits bis zum Ueberdrnß er leben müsse». Leider hat Herr Wil'on es nicht vermocht, diese schönen Grundsätze bei seinen alliierten Freunden zur Geltung zu bringen. Die Blockade ist bis zum heutigen Tage aufrecht erhalten geblieben und hat den Hunger ver schärft. Dieser hinwiederum hat tatsächlich auch bei uns den Wahnsinn erzeugt und alle häßlichen Verwirrungen. Wir brauchen bloß nach München zu blicken, wo der Wahn- sinn in besonderem Maße sich austobt und einen Fürsten Wrede, der allerdings schon als Jüngling in Bamberg Proben besonderer Aiisschreitungslust gegeben hat, zum Kommunistenführer erkoren hat. Herr Wilson hat eben falls im Kongreß einmal erklärt, daß die Welt für die De mokratie gesichert werden müsse. Nichts dergleichen ist von der Entente geschehen und auch Herr Wilson trägt min destens durch seine Passivität die Mitschuld daran, daß heute in einem großen Teile der Welt nicht die Demokratie, sondern die Anarchie eine gewisse Sicherung erhalten hat. Am Vorabend des Krieges mit Deutschland, am 2. April 1917, hat der amerikanische Präsident in einer gemeinsamen Sitzung beider Häuser des Kongresses mit dem Brustton der Ueberzeugung ausgeführt, mit dem deut schen Volke hätten die Amerikaner keinen Streit. Er wollte Volk und Regierung gegeneinander ansspielen und sagte deshalb weiter: . „Wir sind, lassen Sie mich das noch einmal sagen, aufrichtige Freunde des deutschen Volkes, und nichts wird uns erwünschter sein, als ein« baldige Wiederher stellung unserer freundschaftlichen Beziehungen zum bei derseitigen Vorteil, so schwer es auch den Deutschen für den Augenblick werden mag, daran zu glauben, baß uns dies ans dem Herzen kommt." Man muß die Frage aufwerfen, wo denn die Bcwciie dieser Freundschaft geblieben sind und noch bleiben. Ge merkt haben wir in den letzten Monaten recht wenig davon. Aus dem Lager der Alliierten wurde iinmer erklärt, daß man mit Preußen-Deutschland nicht verhandeln könne, weil dort eine Minderheit regiere. Di« Vorherrschaft der Kon servativen in Preußen ist verschwunden. Das Volk hat durch das freieste Wahlrecht seine Stimme abgegeben. Aber die Feinde sorgen durch ihre Blockadepolitik dafür, daß nach wie vor eine Minderheit und diesmal eine bei weitem un angenehmere Minderheit sich zur Beherrscherin der Mehr heit aufzuwerfen droht. Nun soll aber ernstlich die unwürdige Politik des Hinauszögcrns ein Ende haben und wir sollen das Ge schenk des Friedens erhalten. Was für eines Friedens:' Wir haben schon am Osterdienstag geschrieben, daß uns nichts anderes übrig bleibt, als abzulvartcn. Die neue Ant wort Fachs ist gewiß einen Ton freundlicher gehalten als seine früheren Verlautbarungen. Das darf uns natürlich nicht veranlassen, allzu optimistisch zu sein. Andererseits müssen wir aber doch annehmen, daß schließlich innere Feinde nicht vollständig verblendet sein werden. Ein Ge waltfrieden würde ihnen nicht nur die Gefahren des Bo! 'chewismiis mn ein beträchtliches näher bringen, er würde auch den Keim z» neuen Kriegen in sich bergen. Am 12. November 1917 hat Herr Wilson in einer Aenßerung an die Ameriran Federation of Labonr in Buffalo ausgeführt: .Die meisten Kriege lassen sich recht- einfach erklären, die Erklärung des jetzigen Krieges aber ist nicht so einfach. Seine Wurzeln senke»' sich tief in den dunklen Boden der Geschichte . . Diese Worte sind sicher sehr beherzigens wert und wir wünschten, daß sich auch Herr Elemenceau an sie erinnern würde. Denn eine Unterjochung des dentscherr Volkes würde ohne Zweifel in den dunklen Boden der Ge schichte wiederum Wurzeln zu neuen Kriegen und Kon flikten senken, die doch vermieden werden sollen. Deshalb darf auch der Vöüervund leine Gesellschaft zur gegenseit: gen Unterdrückung oder zur Knechtung eines Volkes una Staates werden, sondern eine Vereiuiguug, deren Teil Haber gleiche Rechte, gleiche Pftickitcn und gleiche Ausgaben haben. Eine solche Vereinianna würde Gewähr für den Weltfrieden birtcn. Die gestern verösscutlschien Vorschläge der deutschen Negierung scheinen uns dafür in hohem Maße geeignet zu »ein, zumal ausdrücklich darin vorgesehen ist. daß auch dem päpstlichen Stuhl der Eintritt in den Völker bund Vorbehalten bleibt. Es ist bekannt, in welch vorzüg licher Weise Leo Xllk. seines Amte-? als Schiedsrichter ge waltet bat. Der Papst würde sicher im Völkerbunds kolleginm den ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht bilden. Kommt ein wirklicher Bund der Völker zustande, »o werden sich seine Wurzeln kies in den Boden der Geschichte senken. Ein Schein Völkerbund aber würde nur die Wur- zeln legen zu neuen Katastrophen. i>nl. Der Konflikt mit Italien Wilsou gegen den ,.8rrera «-»aimn»". Paris, 21. April. Nach einer Reutermeldnng hat Prä sident Wilsou unter dein Titel „Erklärung in der adria tischen Sache" eine Verlautbarung veröffentlicht, in der es heißt: Mit Rücksicht ans die Wichtigkeit der Frage hosse ich. daß folgende Erklärung zn einer befriedigenden Lösung bei tragen wird. Italien trat in den Krieg auf Grund einer Privaten Verständigung mit Großbritannien und Frankreich ein, die jetzt als Londoner Vertrag bekannt ist. Seither ist eine teilige Veränderung der Verhältnisse eingetreten. Viele andere Mächte haben sich, ohne von jener Vereinbarung zn wissen, am Kriege beteiligt. Das österreichisch-ungarische Kaiserreich besteht nicht inehr. Verschiedene Teile jenes Rei ches wurden als unabhängige Staaten eingerichtet, deren Freiheit wir ebenso begrüßen wollen wie unsere eigene. Außerdem wurde der Krieg dadurch beendigt, daß Deutsch land ein Waffenstillstand ans gewissen Grundsätzen vorge 'chlagen wurde, die eine Neuordnung nach Recht und Ge rechtigkeit mit sich bringen sollen. Auf dieser Grund- läge wird der Frieden in i t Deutschland aus- geführt werden. Wir können nicht verlangen, daß der Frieden mit den Staaten des ursprünglichen öster reichischen Kaiserreichs und mit ihnen der Balkangruppe nach anderen Grundsätzen dnrchgeführt wird. Die Initia tive zum Frieden geschah mit dem ausdrücklichen Bekennt nis zn jenen Prinzipien. Wenn diese Grundsätze bcibehcuten werden- sollen, so muß Fiume als Ausgangs- und Eingang Stör für den Kandel nicht Italiens, sondern Ungarns, Böhmens, Rumäniens 'lind Süd- jlaviens dienen. Weisen wir Fiume Italien zu, so würden wir die Gefahr Hervorrufen, daß wir den .Hafen, der für alle diese Länder den Hauptzugang zum Mittelmeer bildet, in die Hände einer Macht legen, von der er keinen integrierenden Bestandteil bildet. Zweifellos ans diesem Grunde wurde Fiume in den Londoner Vertrag nicht ein- geschlossen, sondern endgültig den Kroaten zugewiesen. Der Grund, warum in dein Londoner Vertrag gewisse adriatische Inseln und ein Teil der dalmatinischen Küste eingeschlossen ist, war hauptsächlich der, daß es für Italien für nötig er achtet wurde, zwischen den Kanälen der östlichen Adria einen Stützpunkt zn haben, um seine Küsten vor einem neuen Angriff Oesterreich-Ungarns zn sichern. Aber dieses besteht nicht mebr. ES wurde vorgeschlagen, die dortigen Be festigungen zn schleifen. Auch sollen die ne» dort errich teten Staaten eine Rüstungsbeschränkung annebmen, die jeden Angriff aiisschließen würden. Eine ungerechte Be handlung der dortigen italienisclien Bevölkernngsgrnppcn wird durch ausreichende internationale (Garantien vermieden iverden. Kurz und gut, jede mit dieser Regelung zusammen hängende Frage hat ein neues Aussehen erhalten. Italien kann gegen die plötzlich befreiten Völker jenseits des adcia- ti'chcn Meeres jene vornehmen Eigenschaften entfalten, Hoch herzigkeit und Gerechtigkeit. Amerika ist Italiens Freund. E? vertrant Italien und glaubt, daß cs nicht von ihm ver- langen kann, was sich nicht mit jenen gehciliglen Verpflich tungen vereinbaren läßt, bei deren Formulierung ich as? Amerikas Wortführer anstrat. Es handelt sich jetzt nickt um Interessen, sondern u m N ech t e v o n V ö l k e r n und Staaten. Dies allein sind die Grundsätze, unter denen Amerika znstiinurcn kann, Frieden zn schließen. Paris, 21. April. Havas meldet: Nach der Veröffent- lichung der Note des Präsidenten Wilson hielt die italie- nilch« Delegation eine Sitzung ab. in der beschlosse'H lourde, P a r i s z :i v erlasi e n. -- Wie Reuter hiekzn e: - säint. teilte Orlando mit, daß er in Anbetracht der durch die Erklärung Wilsons neschasjencn Lage Paris am Dvn nerstag verlassen werde, nm sich nach Italien zn begebcrr. Paris, 21. April. iHavas j Orlando äußerte sich einem Pressevertreter gegenüber solnendcmiaßen: Sie w-'Gen zwet- i.'llvs verstehen dnß ich in einem so ernsten Angenbl::k pu- -mlPallung bewehren muß. Tie Erklärung Wilsons ei- folgte unvermutet in dem Augenblick als wir ei : n Ver-- 'etmnnaSverpich unternehmen wellten. Wir ionnren mü den Enlichluß saven. aus die weitere Teilnahme n,i der Friedkuskoilser-'i'z zu verzichten. Orlando sagte, »r :v<»-e seinen Standpnnlt in einer Botsclzast, die am Tonne .'tug der Delsenllichkeit , uaelicn soll, vertreten Amsterdam, 21. April. Reuter meldet ans Paris: Or lando '.ck'net dam::, von Paris »m 2 Uhr nach'nitrr.rs .id- zureis-n. Es kamn aber :>» Laufe des Vormittags noch em Ereignis eintrcten, las ihn zur Aenderung seine- Absichten veranlaßt. Llovd George besuchte vormittags Or'ando Lugano, 21. April. „Popolo d'Italia" greift Wil:on mit größter Rücksichtslosigkeit an und sagt: Wenn die Anglo Amerikaner uns mit der Ver- weigcnulg von Brot und Kohlen erwürgen wollen so haben. Nur auch noch andere Trümpfe in der H a n d. Wie stel-en in Verbindung mit dem englischen Kolonialreiche "pH ballen den Weg von Aegypten vis nach Indien. Nach dem „Giornale d'Italia", dem Organ Ioninos, ist es unnütz, ver hehlen zn wollen, daß zwischen Italien und seinen Verbün deten ein Zwiespalt besteht. Das Land müsse sich a n f d a 5 Acußerste gefaßt machen und alle seine Energie zu- sanln cnnehmen. Reuter meldet ans Nom: Als Antwort ans die Auf forderung der Abendblätter in Verbindnng mit den italie nischen Forderungen versammelte sich gestern nachrniltaz eine große Menschenmenge auf der Piazza Colonna Mit Flaggen und Plakaten mit der Aufschrift: „Hoch lebe das vereinigte Italien! Hoch lebe Fiume, Orlando und Son- nino!" Die Manifestanten zogen unter dem Absingen von. Volksliedern nach dem Kapitol. In den: Inge schritten dkr Bürgermeister, Abgeordnete und Offiziere. Ans dem Kapi tol hielt der Bürgermeister eine Ansprache, worin er erklärte, daß Italien sich weigere, »eine Kriegsziele durch scheinheilig^ Umtriebe zu verraten und sich die Früchte seines SiegO nehmen zu lassen. Italiens Drohung. (Von unserem Berliner Vertreter.) Ein ernster, in seinen Folgen dem ganzen Friedens- Werke gefährlicher Konflikt ist in Pari" ansgebrochen. Man wußte es freilich schon längst, daß Italien sich i» Paris von seinen Bundesgenossen im höchsten Grade benachteiligt fühlte. Es mußte schon seit langem aiissallen, irr welch untergeordnete Noll-' Italien bei den Friedensverhantz- lnngen von vornherein gedrängt worden war und wie vchr seiten der Ententemächte auch stets danach gestrebt wurde, Italien in dieser Nolle z» erhalten. Nun aber kamen Italiener mit nicht geringen Ansprüchen nach Paris. Sie konnten ans Gcbeimvcrträge verweilen, die sie in ihren Taschen führte» und in welchen ihnen Zusicherungen gemacht wurden, ans Grund deren sie sich vorwiegend in den Krieg' eingelassen heben. Insbesondere gingen ihre Wünsche auf den Besitz der Adriatischen Küste und vor allein wünschen sie die wichtige Hafenstadt Fiume zu eigen zn erhalten. Ten italienischen Ansprüchen stellten sich andere, mentlich die der Jugoslawen gegenüber. Es entspann sich ein heftiges politisches Ringen,' von dem die Außensteb.n- dcn nur in Bruchstücken Kenntnis erhielten. Mil den Wft- sonschen Friedensgrimdiitzen waren jedenfalls die italiü- nischen Forderungen nicht zn vereinbaren. Die Sndslawen, und die hinter ihnen stehenden Völler, namentlich die Ru mänen, die Ungarn und die Böhme», würden völlig in dcr Hände Italiens gegeben und von der Wirtschaftspolitik Ita liens abhängig sein, wenn wft Fiume de» Italienern d-e Herrschaft über die Adria nberanlwoi'tet würde. Aber das ist ja gerade das Ziel der Italiener, das Wort von „uiLvi- l>o>Kr«>" zn verwirklichen. Wilson bat diese» Wünschen aber nicht beipslichtcn können. Wobt hat auch d nnals Italien den, Wilso,.scheu Friedens-Programm zugestimmt, es mußt« also von vornherein wissen, daß in diesen Punkten Konflikt ei'tstehen könnten. Mer wie die anderen Entenkemächie, ko hat wohl damals auch Italien geglaubt, daß die A'iSlegim-2 der Wilsonichen Punkte seinen Ariffossungen günstig sich zeigen lverde. Darin herben sich die Italiener nun getäuscht'. Infolgedessen stellt ein ernster Konflikt, wenn nicht gar ein Bruch Italiens mit seinen jetzigen Verbündeten in Aussicht