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Sächsische Volkszeitung : 27.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190305274
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19030527
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19030527
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-27
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 27.05.1903
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unternimmt zurzeit täglich vom Ausstellungsplatze auS mehrere Auf fahrten. Der mächtige, mit Wasserstoffgas gefüllte Ballon steigt bis zur Hohe von nahezu 500 Metern empor. Jede Fahrt des Ballons, der ungefähr 14 Personen zu tragen vermag, dauert etwa Minuten. ' Die Staatsbahnverwaltung hat bestimmt, daß auf den Nebenbahnen bei den Zügen mit Personenbeförderung den Reisenden das Zeichen zum Ern st eigen durch das Läutewerk der Lokomotive auch dann zu geben ist, wenn außerdem ein Abrufen des Zuges durch das Stationspersonal stattfinden sollte. Auf den ZugSausgangsstationen und auf denjenigen Stationen, wo der Zug mehr als 5 Minuten Aufenthalt hat. ist künftig 5 Minuten vor Abgang des Zuges, auf den übrigen Stationen aber bereits bei der Einfahrt zu läuten. Auf Stationen, die zugleich an einer Haupt bahn und an einer Nebenbahn liegen, hat die Aufforderung zum Auslagen sowohl durch das für die Hauptbahnstationen vorge- s-iiriebene Abrufen, als auch durch das Läutewerk der Lokomotive zu erfolgen. * Der Verbandstag der landwirtschaftlichen Genossenschaften im Königreich Sachsen wurde Montag hier abgehoben. Die Zahl der dem Verbände angehörigen Genossen schaften ist von 184 mit 8850 Mitgliedern im Vorjahre auf 213 Ge nossenschaften mit 0800 Mitgliedern gestiegen. Der Verband besteht zurzeit aus zwei Zentralgenosscnschaften, 68 Sparkassen- und Dar- lehnsvereinen, 60 Spar-, Kredit- und Bezugsvereinen, 44 Bczugs- uiidAbsaggenossenschaften, 20Molkereigenossenschaften und lOsonfiigen Genossenschaften. Der Gesamtumsatz un Jahre 1002 betrug 102 Mill. Stark, also 22 Millionen Mark mehr als im Vorjahre. Am 1. Juli 1902 gab es im ganzen Deutschen Reiche rund 21000 eingetragene Genossenschaft n, darunter 16 097 landwirtschaftliche, wovon 13 489 mit unbeschränkter und 2608 mit beschränkter Haftpflicht. In Sachsen entfällt auf 5014 Hektar eine landwirtschaftliche Genossenschaft, in Preußen auf 2613 Hektar, in Bayern auf 1404 Hektar, in Württem berg auf 1018 Hektar. Weißer Hirsch. Bei Herrn Schuhmachermeister Medger hier wurde vor kurzem für die beiden jüngsten Söhne des Kaisers, sowie für deren Erzieher Schnhwerk bestellt, das in diesen Tagen nach Berlin abgegangen ist. Meißen. Der Weinschankbesitzer Vetter, der Nachbar des kürzlich abgebrannten Weinschankes „Zur Posel", soll einen sog. Brandbrief erhalten haben, in dem ihm die Niederbrennung seiner Wirtschaft angedroht wird. Leipzig. Der Gerüsteinstnrz am Neuban des Wasser- lnrines in Schönefeld am Abend des 3. September v. I. dürste voraussichtlich noch ein gerichtliches Verfahren znr Folge haben, durch das fcstgestellt werden soll, ob ein Ver schulden vorliegt. Nach dem „L. T." ist bereits Anklage erhoben worden, und zwar gegen die Erbauer des Wasser- tnrmes, die Herren Hofmann und Hetzer in Leipzig. — Im Hofe einer hiesigen Klinik wurde ein 48jähriger Kalk- brenner aus Zschochau tot aufgefunden. Derselbe war in der Nacht ans einem.Fenster der 1. Etage in den Hof herabgestürzt. Es liegt ein Unglücksfall vor. — Eine in der Markthallenstrasze wohnhafte 30 Jahre alte Arbeiters- Ehefrau nahm eine Dosis Arsenik zu sich. Ein herbei- gcrnfener Arzt der Sanitätswache ordnete die Ueberführnng in das Stadtkrankenhaus an. — Das Garnison-Kommando hat über l 1 weitere Etablissements, in welchen sozialdemo kratische Wahlversammlungen stattfanden, das Militär- verbot verfügt. — Freitag wurde im Keller eines Hauses der Fregestratze in einem verschlossenen Koffer ein neu geborenes wimmerndes Kind gefunden, das von Donnerstag such ohne Nahrung geblieben ist. Die Mutter des Kindes, die iin Hause bedieustete 20 jährige Anna Möhring, ist ver schwunden. Das Kind dürfte am Leben erhalten bleiben. Freiberg. Bei dem Besuche des Königs in der Kgl. Münzstätte Mnldner Hütte wurde in Gegenwart des Monarchen eine silberne Denkmünze geprägt. Die Aufschrift lautet: „Geprägt in Gegenwart S. M. des Königs — Münzstätte Mnldner Hütte — D. 7. Mai 1905." — Beim Prägen der ersten hundert Erenstllare dieser Münze soll nach den „Zw. N. N." der Stempel gesprungen sein, weshalb es fraglich wird, ob eine weitere Prägung dieser Denk münze erfolgt. — Mit eigener Lebensgefahr errettete der frühere Bezirksfeldwebel Lange ans Friedebnrg einen 4jähr. Knaben, welcher in den Krenzteich gefallen war. — Die hiesige Polizei verhaftete einen steckbrieflich verfolgten Hoch- napler. Derselbe versuchte hier Betrügereien zu verüben. Hohenstcin-Ernstthal. In Gersdorf wurden auf Zeche „Kaisergrnbe" durch hereinbrechende Kohle die Bergleute Hofinann und Wolf verschüttet. Beide konnten nur als Leichen zn Tage befördert werden. Crimmitschau. Ein junger Mann versuchte sich durch Eiiinehinen von Zinnober zu vergiften. Er wurde nach dem Krankenhaus gebracht. Zschopau. Der Bremswärter Oesterreich aus Annaberg hal sich, als der Zug durch die am Bahnhof Zschopau liegende Brücke fuhr, an dieser den Kops cingeschlage». Man fand ihn tot auf dem Wagendache liegen. Werdau. In der Ziegelei in Leubnitz war der 25 Jahre alte Arbeiter Anton Helsersdörfer mit noch einem anderen Arbeiter damit beschäftigt, einen großen-Lehmblock auszn- schachten, als Plötzlich die Lehmwand hereinbrach und Helfers- dörser unter sich begrub. Er konnte nur als Leiche hervor- befördert werden. Planen i. B. Wie der „Vogtländ. Anzeiger" ans Jägersgrün bei Aiterbach berichtet, hat sich dort am Sonn- abend abend im Walde ein Drama abgespielt. In der nennten Stunde begaben sich der Forstassessor Hertel und der Forstgehilfe Nöder daselbst in den Wald, um Wilderern anfznlanern, ohne daß der eine von dem Vorhaben des andern wußte. Beide mögen sich in der Dunkelheit gegen- festig für Wilderer gehalten haben, denn sie feuerten auf einander. Dabei erhielt Forstassessor Hertel einen Schutz durch den Unterkiefer, während der 34 Jahre alte Forst gehilfe Röder sofort auf dem Platze blieb. Letzterer ist Baker von sechs Kindern. Forstassessor Hertel wurde schwer verlebt ins Krankenstift nach Zwickau gebracht. Beide fand man mir 6 Meter voneinander entfernt. Cleve. Eine Vertrauensmännerversammlnng stellte hier wü-der den bisherigen Abgeordneten Dr. Marcour «Chefredakteur der Koblenzer Volksz.) als ZeutrumL- kandidaten auf. Prag. Der ordentliche Professor der Philosophie und Pädagogik an der deutschen Universität, Hofrat Dr. püil. Ltto Willi«ann, ist auf sein Ansuchen unter Bekannt- gäbe der allerhöchsten Anerkennung in den bleibenden Ruhe stand versetzt worden. Willmann ist am 24. April 1839 zu Lissa in Posen geboren, studierte voll 1857 an an der Breslauer Universität zuerst Mathematik, dann Philosophie und Philologie und voll 1859 an in Berlin. 1803 bestand er in Berlin das Staatsexamen für das höhere Schulfach. Sodann wirkte er als Gymnasiallehrer in Leipzig. 1868 wurde er Ordinarius am Wiener Kommunalpädagogium, 1872 Extraordinarius an der Prager Universität. 1876 gründete er an der Prager Universität ein pädagogisches Seminar als erstes in Oesterreich. 1877 erfolgte seine Ernennung zum ordentlichen Professor. Seit 1901 ist er Hofrat. Von Willmanns zahlreichen Schriften nennen wir von den größeren: Didaktik als Bildungslehre, Geschichte des Idealismus, Philosophische Propädeutik I. Logik. Bolksverein für das kath. Deutschland. 8 Achtung! Die Obmänner und Vertrauensmänner der Dresdner und Vororts-Sektionen werden dringend ge beten. am Donnerstag, den 28. Mai. abends 8^ Uhr im „Burgkeller" (Jüdenhof) sich einzufinden, um Heft 4 des „Volksvcreins" und die Flugschriften zur Ver teilung entgegenzunehmen. 8 Sehr interessant ist das eben erschienene Heft 4 „Der V o l k s v e r e i n". Es enthält sehr instruktive Aufsätze über die Wahlen. Möchten es überall die Herren Vertrauensmänner recht prompt und schnell verteilen. Daß die Mitglieder des Volksvereins f. d. k. D. es gründlich studieren möchten, ist selstverständlich. Die Titel, die wir hier anführen, zeigen den Inhalt: Für Wahrheit, Freiheit und Recht! Lied der alten Zentrumsgarde. — Allo Mann an Bord! — Wen wählen wir? — Wie das Zentrum sich bewährt hat. — Religion und Politik haben nichts mit einander zn schaffen. — Ich tue mit. — Winke für die Reichstagswähler. — Feuilleton: Gedanken einer Frau über die Reichstagswahlen. 8 Schirgiswalde. Wie bekannt gegeben, fand am Hiimnelfahrts- feste im Erbgericht zu Kirsch au eine Versammlung des Volks vereins „Schirgiswalde und Umgegend" statt. Welch ungemein reges Interesse man bei uns den Bestrebungen des Volks vereins eutgegenbringt, davon zeugte der so erfreulich zahlreiche Besuch; nicht weniger als 250 Volksvereinsmitglieder waren aus Schirgiswalde herausgekommen. Der Geschäftsführer, Hochw. Pfarrer Kretschmer, eröffnete die Versammlung mit herzlichen Be- grüßungsworten, dabei seiner Freude Ausdruck gebend über den alle Erwartungen übertreffenden Besuch. Zugleich wies er darauf hin, daß wir es hier nicht mit einer Wahlversammlung im strikten Sinne zu tun haben, sondern lediglich mit einer Volksvereinsversamm lung, wenn auch natürlicher Weise angesichts des Wahlkampfes von unserer Stellung zur Reichstagswahl gesprochen werden muß. Als erster Redner stellte sich uns ein lieber Bekannter vor, Herr Reime aus Königsheiu. Sein Thema war: die Verdienste des Zentrums in der Vergangenheit, seine Aufgaben für die Zukunft. Ausgehend von der bevorstehenden Ncichstagsivahl entwarf der Redner in seinen einleitenden Worten eine treffende Charakteristik der Parteien, die in unserem (2.) Wahlkreise mit einem eigenen Kandidaten auf der Bildfläche erschienen sind: das Kartell, der Freisinn und die Sozialdemokraten. Den „Roten" kann kein Katholik wählen, weil seine Partei von Grund und Boden aus Feind jedem Christentn.» und der bestehenden staatlichen Ordnung ist. weil sie jahraus jahrein nur hohle Phrasen drischt, bis dato aber nicht nur nichts geleistet, sondern allen auf Verbesserung der wirtfchastlicken Lage des Volkes hinzielenden Bemühungen hindernd in den Weg getreten ist. Der Freisinn ist für uns ohne Belang, und den „Kartellbrnder" können wir auch nicht akzeptieren aus Gründen, die bereits hinlänglich in der „Volkszeitung" in verschiedenen Artikeln und Eingesandt be leuchtet wurden. Einen Kandidaten, der das Unmögliche möglich gemacht, daß er in seiner werten Persönlichkeit >/z Reform, Kon servativ, '/g Nationalliberal in merkwürdiger Farbenpracht vereint, kann unser Mann nicht sein. Wir brauchen einen, der gesunde Füße hat, nicht einen, der mit drei Krücken einherstolziert. Ein Mann, der in sein Wahlprogramm folgenden Paffus auszuiiehmcn sich erkühnt: „Ich stehe in konfessioneller Beziehung auf dem Boden der sächsischen Verfassung und werde deshalb dafür stimmen, daß der Jesuitenorden und die diesem verwandten Orden und ordcns- ähnliche Gemeinschaften vom Gebiete des Deutschen Reiches aus geschlossen bleiben" — kann kein Erbarmen bei den Katholiken unseres Wahlkreises finden. Die Parität und Gerechtigkeit gegen die Katholiken scheint bei Herrn Förster auf gerade so schwachen Füßen zu stehen wie seine Logik, wenn er sich folgenden Stiefel leistet: „Ich stehe ans dem Boden der sächsischen Verfassung und werde .... vom Gebiete des Deutschen Reiches ausge schlossen bleiben." Aber, guter Herr Förster, seit wann bestimmt denn die sächsische Landesverfassung, daß sich im Deutschen Reiche keine Jesuiten aushalten dürfen? Fürwahr, wenn das ganze Deutsckie Reich so dächte wie unser Musterländle Sachsen, dann wären längst 36 Prozent aller Deutschen per Schub über die Grenze gebracht worden, weil sie den Geburtsfehler mit auf die Welt gebracht, daß sie katholisch geraten sind. Also Katholiken, merkt euch diesen Satz mit dem Wahlprogramm des Kartellbruders, und als Antwort er schalle am 16.Juni ein einstimmiges: Los von Förster! — Das gegenwärtige Kartell brüstet sich zwar mit der Autorität unseres seligen Königs Albert, der ein geichlossenes Zusammengehen aller Parteien gegen die Umsturzpartei herbeiführen wollte. Jedoch, so fragen wir sächsische Katholiken mit Fug und Recht, war das die Absicht des hochseligen Königs Albert, daß den Kleister für diese Mischmaschpartei, die wie ein Chamäleon in allen Farben schillert, der Haß gegen uns Katholiken bilden sollte, der sich darin zeigt, daß man den 8 2 als Wahlparole ausgcgeben hat. In der Not frißt der Teufel Fliegen, sagt ein Sprichwort und in Sachsen will das Kartell in der Verzweiflung gegenüber den Roten und Schwarzen die Jesuiten aussrcssen und meint, da werde der kranke Magen wieder gesund und in die morschen Gebeine komme wieder neues, frisches Leben. Wahrlich eine Lockspeise für lüsterne Zungen! (Vergleiche Reichel, Hoensbroech w.s Demnach kann unsere Parole nur sein: Justizrat Or. Porsch! Er gehört einer Partei an. die ans monarchischer Grundlage stehend eine Verfassungspartei ist und bis jetzt in allen religiösen und wirtschaftlichen Fragen den deutschen Katholiken vollauf gerecht geworden ist. Die Verdienste des Zentrums um Landwirtschaft und Arbeitcrstand und die Fragen, die es zu lösen in der Zukunft mitbcrusen ist, bildeten den Kernpunkt des Vortrages, wobei sich der Redner in streng sachlicher Weise und packender Form seiner Aufgabe entledigte. Besonders reichen Applaus ernteten seine Worte über das Jcsuitengesetz, ein Zeichen, daß dieses Gesetz überall, wo Katholiken sind, Ivie ein Faustschlag ins Auge gefühlt Ivicd und schon deswegen ein Mischmaschkandidat bei uns kein Erbarmen finde» kann, mag er auch in tausend Acngsleu schweben. Der zweite Redner, Herr Deutsch, sprach über die „Leistungen" der Sozialdemokraten in der verflossenen Neichstags- session, indem er ihre besonderen „Verdienste" um das Zustande kommen des „Hungertarifs", ihr gleißnerisches Phrasengcwebe über Religion, Ausbeutung rc., sowie ihre fortgesetzten Bestrebungen für die vollständige Ausrottung des Mittelstandes gebührend ins Licht setzte. Diese Ausführungen aus dem Munde eines Mannes aus dem Volle fanden vielen Beifall, wie auch die zündenden Worte des Vorredners. Zum Schluß stattete noch der Geschäftsführer seinen besonderen Dank wie de» Rednern so der ganzen Versamm lung ab, darauf zurückgreifend, daß man uns zwar nicht beliebt, zu den Ordiilmgspartcien in Gänsefüßeln zu rechnen, wir jedoch „der" Ordnunaspartei augehörcn. die eine solche im edlen und wahren Sinne ist, deren Ordnung beruht auf wahrer Liebe zu Kirche und Staat und nicht auf der Schürung des konfessionelle» Unfriedens. Eine Bestätigung dieser Worte war das brausende Hoch auf die obersten Autoritäten in Kirche und Staat. Die Versammlung ging in dem eininütigen Entschlüsse auseinander: Unser Mann ist kein anderer als 1)r. Porsch, ein OrdiningSmann, den wir brauchen können, der ohne Krücken gehen kann. Jawohl, verehrte Redaktion der Dresdener und Bautzcner Nachrichten, „wir leisten u»S einen Zählkandidatcn" und find der festen Ueberzeugung, cs dient zum Wohls Sachsens. Das walte Gott! O. 1). Wahlbewegung. X Die von uns gebrachte Mitteilung, dah der Kandidat der Kartellparteien, Pastor Reichel, nach seiner Rede im Tivoli seine Bewerbung um ein Reichstagsmandat zurück gezogen hat, bezeichnet der „Dresdner Anzeiger" und mehrere andere sächsische Blätter als glatte Erfindung. Wir wollen denselben heute diesen billigen Ruhm lassen, sagen aber im übrigen, erst abwarten. Früher gut konser- vative Männer versicherten uns, nur die Rückziehung der Kandidatur Reichel könne einen Wahlerfolg in Aussicht stellen, die Beibehaltung dieser Kandidatur würde den Sieg der Sozialdemokratie im ersten Wahlgange sicher erbringen. Bei den vielen Zurückziehungen von Kartellkandidaten in den drei Dresdner Wahlkreisen konnten wir die uns zu gegangene Nachricht wohl als wahr annehmen. Ein jesuitisches Wahlbeeinflnssungsmittel in dieser Nachricht zu erblicken, ist wahrhaftig stark. Vom Parteistandpunkte aus kann uns die Beibehaltung dieser Kandidatur nur hoch- willkommen sein; denn diese Kandidatur wird alle katholischen Männer bewegen, für unseren Kandidaten Justizrat Dr. Porsch in Breslau entschieden einzntreten. Im übrigen täuscht sich das „Dresdner Journal", wenn es von einer günstigen Stimmung für die Kartellparteien im Wahlkreise redet. Die Rede des Pastors Reichel im Tivoli hat die ungünstige Stimmung für das Kartell im Gegenteil noch verschlimmert. Der 10. Juni wird dafür den Beweis erbringen. X Die Kartellparteieu veranstalten Donnerstag, 28. d. M„ abends ^9 Uhr im Vereinshanssaale eine Wähler- Versammlung, in der Pastor Reichel sprechen wird. X Rechtsanwalt Hans Kohlmann - Dresden, der nunmehrige Kandidat der Katrellparteien des 6. Reichstags wahlkreises (Aintshauptmanuschaft-Dresden Altstadt), stellte sich Sonnabend in einer Versammlung des Deutschsozialen Neformvereins für Löbtau und Umgegend vor. X An den Superintendenten D. Meyer in Zwickau sollen nach dem „Dr. Anzeiger" aus vier Wahlkreisen Angebote des Reichstags-Mandats erfolgt, aber sämtlich abgelehnt worden sein. X Freiberg. Zu dem Meiuungswechsel Dr. Oertels schreibt die „Zitt. M. Z.": „Der Oberbündler Dr. Oertel hat in der Frage der Aufhebung des 8 2 des Jesuiten gesetzes sozusagen über Nacht eine Schwenkung voll zogen, die seine „Ueberzeugungtreue" in eigenartigem Lichte erscheinen läßt und die auch zugleich deutlich zeigt, daß der „Jesuiteu-Rummel" nur dazu dienen soll, die Stimmen indifferenter Wähler einzufangeu. Bekanntlich hat Dr. Oertel im Reichstage für die Aufhebung des ge nannten Paragraphen gestimmt und auch in der Wahl bewegung hat er bisher diesen Standpunkt vertreten, in dem er darauf hinwies, datz es sich um ein Ausnahme gesetz handelt, das geeignet sei. verletzend zu wirken und den konfessionellen Frieden zn stören. Nun ist aber be kanntlich durch einen maskirten Kartellbruch der National liberalen Herrn Dr. Oertel in der Person des Generalsekretärs des Handelsvertragsvereins, Herrn Dr. Kuntze-Dresdeu. ein uationalliberaler Gegenkandidat erstanden, und dieser Herr arbeitet nach berühmten Mustern auch mit der Parole: Wider die Jesuiten! Daraufhin hat der Oberbündler Dr. Oertel in dieser Frage schnell seine „Ueberzeugung" gewechselt. Bisher war also Herr- Di-. Oertel der Ansicht, datz durch das Bestehen des 8 2 des Jesuiteugesetzes der konfessionelle Frieden gestört wird, jetzt hält er umgekehrt plötzlich die Aufhebung des 8 2 für geeignet, den konfessionellen Frieden zu stören! Bald so. bald so, wie's trefft! Herrn Di-. Oertel bangt um sein Mandat, und darum hat er flugs seine „Ueberzeugung" gewechselt, wie mau sonst ein Hemd zu wechseln pflegt. Der charakteristische Vorgang lehrt wieder einmal, datz bei dem ganzen Jesinten-Rmmnel für die Kartellparteien mil der Grundsatz maßgebend ist: Der Zweck heiligt die Mittel." X Freibcrg. Das Wahlkonntee der Kartellparteien im Wahlkreise Freiberg Hainichen hat beschlossen, die Sozial demokraten vom Besuch der künftig von dem Komitee ein- znbernfenden Wähler-Versammlungen ein für allemal aus- znschlictzcn. X Zittau. Tie „Zitt. Nachr. u. Anz." sind natürlich nicht gut auf die Jesuiten zu sprechen, das gehört znr Ordnung der sogen. Ordnungsparteien. Datz die „Zitt. Morg. Ztg." es aber wagt, gegen die Jesuiten furcht zn schreiben, benimmt dein guten Kartellblatte fast den Atem. Es hält der „Morgenzeitnng" einen Artikel der Berliner „Volkszeitung" als Muster vor, wie man Jesuiten zu be handeln habe und schliefst: „So spricht ein wirklich frei sinniges Blatt, und wie die „Morgenzeitung", so spricht ein unter der Maske des Freisinns segelndes ultra montanes Blatt!" — Gott sei Dank, datz die „Zitt. Nachr. n. Anz." noch rechtzeitig diese unheimliche Entdeckung gemacht haben; was hätte der guten Stadt und dem Wahl kreise sonst noch alles widerfahren können! Ilm noch schlimmerem vorzubeugeu, raten wir den „Zitt. Nachr. u. Anz.", doch dem Kollegen von der „Morgenzeitnng" scharf auf die — Füße zu sehen. Jesuiten, auch die verkappten, zeichnen sich aus durch einen Pferdefuß. Historisch erwiesen! Also Achtung! X 5- Seitcndorf. In einer freisinnigen Wählerver- sammlnng entwickelte der Kandidat der freisinnigen Volks- Partei am Freitag hier, Dr. mo<1. Holstein aus Görlitz, sein Programm, das beifällig ausgenommen wurde. Redakteur Steinsdorf-Zittau sprach dann über die Stellung des Freisinns zu den übrigen Parteien und verurteilte die mit Haaren herbeigezogene konfessionelle Hetze der Kartell parteieu, die doch nur ihr fadenscheiniges Programm ver decken soll. Auch die Kampfesweise der Sozialisten unterzog er einer scharfen Kritik. An der Debatte beteiligten sich drei auswärtige Sozialisten, die unumwunden zugaben, datz die Sozialdemokratie dem Mittelstände nicht helfen wolle. Trotzdem wird in Flugblättern behauptet und ver sprochen, datz dies geschehen solle. Wir Katholiken wissen, was wir am 16. Juni zn tun haben: wir wählen Dr. mo<l. Hollsteiu! Da jetzt die Wahllisten aus- liegen, so ist es höchste Zeit uachzuschaneu. ob man ein- getragen ist. Heute noch ist dieses wichtige Geschäft zu besorgen.
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