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Sans Sachs, -er Meistersinger Eine Erinnerung zu feinem 33«. To-eskage am IS. Januar 1576) oon Oilo Kol lflein hdruckr verboten) „Daß Volk und Kunst gleich blüh' und wachs' bestellt ihne so, mein' ich, Hans Aachs. (Rich. Wagner! Meistersinger.) Hans Sachsens und Richard Wagners Namen sind durch die Oper „Die Meistersinger von Nürnberg" eng miteinander verknüpft. Wagners Musikwerk ist wohl das schönste Denkmal, was dem Nürnberger Schuhmacher und Poet gesetzt worden ist. In „Mein Leben" schildert Wag ner die Entstehung seiner einzigen heiteren Oper. Er kannte nichts Näheres von Sachs. Auf einem Spaziergange kam ihm aber ein drolliger Einfall. In Gervinus' Ge schichte hatte er von den Meistersingern gelesen. „Aus wenigen Notizen in GervinuS' Geschichte der deutschen Literatur haben die Meistersinger von Nürnberg, mit Hans Sachs, für mich ein besonderes Leben gewonnen." Eine der wichtigsten Quellen, aus denen Wagner schöpfte, war Jvh. Christoph Wagenseils Bericht „Bon der Meistersinger holdseligen Kunst", als deutscher Anhang zn seiner latei nischen Nürnberger Chronik 1697 erschienen. Hier finden sich die zwölf Namen der Meister und die Meisterregeln, die Wagner bisweilen ziemlich wörtlich übernommen hat. So heißt e» in der Tabulatur, deren Anfang mit Wonne!-' Worten gegenübergestellt wiedergegeben sein soll: Wagenseil: Ein jedes Meister-gesanges Bar hat sein ordentlich Gemcis, in Reimen und Shlbe.i, durch des Masters Mund ordinirt und bewahrt, dietz sollen alle Singer, Lichter und Merker auf den Fingern abmessen und zu zahlen wissen. — Wagner! Ein jedes Meistergesanges Bar stell' ordentlich ein Gemäße dar aus unterschiedlichen Gesätzen, die keiner soll verletzen. Selbst ein musikalisches Hauptmotiv der Meistersinger, das aus deil ersten sieben Noten des von Wageuseil mitge- teiltcn „Lai.gen Tones" Heinrich Mügleins entwickelt ist — „Genesis am neunnndzwanzigsten uns berichl't" — weist auf die Quellen hin. Wagner verwendete os zur Zunftfanfare und zum Marschmot.v (Ach! meinst du den König mit der Harfen und langem Bart in der Meister Schild?") .... Das Erbe der ritterlichen Minnesänger ging auf bürgerliche Künstler und Dilettanten über, aus die Meister singer. Heinrich Franeulob (s 1918) ist als erster anzusehen. Man schreibt ihm die Gründung der ersten Meistersinger schule in Mainz zu. Sein Strophenbau ist in den Hand schriften bereits bezeichnet als der „lange Ton", der „kurze Ton", der „zarte", der „überzarte", die „Zuckweise", der „Würgendrüzzel" usw. Seit dem 15. Jahrhundert wurde der Meistergesang zunftmäßig in Schulen organisiert und »ach den Regeln einer umständlichen Tabulatur gepflegt, lieber die Gesetze wachte der „Merker". Das formale Muster war die dreiteilige Strophe (Bar), Las musikalische der Grego rianische Choral. Zur Hervorhebung wichtiger Worte ge brauchte man d!e Koloratur. Hans Bolz machte in der Mutterschule zu Mainz den Versuch, mit einer volkstümlichen Richtung durchzudrinaen und nahm Neitharts Maienliedrr zum Vorbilds. Es schlug aber fehl. Darum ging er 1480 nach Nürnberg und er möglichte in der dortigen Schule eine» freieren Ton. Der grüßte der Nürnberger Meistersinger war Hans Sachs. In den Pestjahren wurde er am 5. November 1494 ln Nürnberg geboren. Sein Vater war Schneider. Hans wuchs in einfachen und schlichten Verhältnissen ans. Da aber in dem Vaterhause Streben nach Bildung herrschte, so kam er mit sieben Jahren auf die Lateinschule Im 16. Jahr: trat er dann bei einem Schuster in die Lehre. Im Jahre 1513 rüstete er s.ch zur Wanderschaft durch Franken, Bayern und die Rheinlanbe bis »ach Lübeck. Wahrscheinlich hat er sich auch einige Jahre ln Innsbruck am Hcpe Maximilians anfgehalteu. Der Leineweber Nun- nenbeck weihte ihn in die „holdselige Kunst" ein. Sei:: erster Bar entstand 1513 in München. Meister ist ec verwüst ch 1515 in Braunau geworden. 1516 kehrte er nach semcr Vaterstadt zurück. Drei Jahre später verheiratete er ?'ch mit Kunigunde Kreuzer. Der Ehe entsprossen sieben Kinder. Er gelangte durch Fleiß zu Wohlstand. Die Kinder stnrb.'o ihm aber: auch sein Weib 1560. Es verblieben ihm nur v er Enkel. Nach etwa IV: Jahr heiratete er die Barbara Harscher, eine Siebzehnjährig,.. Fast 82 Jahre alt ent schlief er ain 19. Januar 1576. Hans Sachs verstand sich außer dem Dichten auch gut auf die Musik, so daß er auch seine Lieder vertonce. Er erfand dreizehn neue Meistertöne, das sind choralart'ge Melodien und sechzehn volkstümliche Licdweifcn. Einige seiner Meistertöne sind die „Silberweis", der „Roscnton", „die hohe LergweiS". Ferner benützte er 259 Töne an derer Meistersinger. Die Tabulatur behandelte auch er mit scheuer Ehrfurcht. Ein Verstoß dagegen erscheint ihm als schlimmste Sünde gegen die Poesie. Er bringr alles, was ihm aus Natur- und Völkerkunde, Geschichte und Erd kunde wissenswert erscheint, in Reime. Auch seine Vater stadt Nürnberg vergißt er dabei nicht. Er gibt Betrach tungen über politische und sonstige Zustände des Deuricksn Reiches. Auch untersucht er in guten Ratschlägen und Er mahnungen, wie es besser werden könnte. Polemik, Satire, ernste und spottende Worte hat er für die Kämpfe der Zeit. Mit begeistertem Wort tritt er für Luther und sein Werk ein („Wittenberger Nachtigall"). Er vollendete das Werk der Nestler von Speicr, Folz und Roscnplüt. Reli giöse und christliche Stoffe, Fabeln, Schwänke. Erzählungen u. a. flössen aus seiner Feder. Seine Bedeutung liegt darin, daß er sich von der Pedanterie entkleidete, daß er mit der wertlosen Fvrmspielerei des Meisteraeianges brach, und daß er ungezwungen, schlich: und natürlich redete. Aus der reichen Schwankliteratur Europas trug er seine Fabeln und Schwänke zusammen. Der Nürnberger Schuhmacher und Poe: gab dein Stoffe immer sein eigenes Wesen und seine Zeit wieder. Die Charaktere, die seine Lieder schildern, sind dem Zeit alter des Dichters und dem Wesen seines Volkes ent sprungen. Seine vaterländischen Dichtungen sind von in niger Vaterlandsliebe getragen. Die Schwänke nm'a'sen das ganze Klcinleben der damaligen Zeit und sind reich an Mutterwitz und Humor. Einige der besten sind: „Klag dreier Frauen über ihr Hausmagt", „Sankt Peter mit den Landsknechten", „Der Ten'el läßt keinen Landsknecht mehr ln die Hölle fahren", „Des Königs Sohn mit den Teufeln", „Von dem frommen Adel", „Der Bauer mit dem boden losen Sack". Hans Sachs ist mit dem Namen seiner Vaterstadt au ö Innigste verbunden und in seiner Person und seinen Dich tungen lebt ein Stück Zeit- und Kulturgeschichte des ni.rrel- alrerlichcn Nürnbergs. — Der Schluß -er vatikanischen MWvnsansstettung Rom. 13. Januar 1926. jEigner Bericht unseres besonderen Vertreters.) Am Sonntagmorgen um 10 Uhr fand der offizielle Schluß der vatikanischen Missionsausstelluna im Marmor saale des Braccio Nuovo des Vatikans statt. Pius XI. hatte die ausstellenden Missioiisinstitnte durch Verleihung eines Diploms ehren wollen. Die Feier ivar von Musikvorträgen der auch in Deutsch land b.'kannten PHIIHarmonica Roman« unter der Leitung Monsignore Casimirls umrahmt. Auf die Begrützungsworte des um die Ausstellung hoch verdienten Propagandapräfekten Kardinal van Rossnms antwortete Pius XI- in längerer Rede, als Schlußfolgerungen der Ausstellung drei Lehren ziehend: Die Pflege der Kranken, die Erziehung der Kinder und dir Schaffung eines einheimischen Klerus, so wie es schon der Heiland selber und die Apostel geübt hätten. Zum Schlüsse kündete der Heilige Vater das Weiter- bestehen oer Ausstellung in Form eines Missions- museums im Lateranpalaste an, so die bereits bestehenden altchristlichen und profanen Museen ergänzend. Die Feier schloß mit der Verleihung der Diploms und Verdienstmedaillen an die Missionsgesellsckwstrn und die nur das Zustandekommen der Ausstellung verdienten Persönlichkeiten. Die Erinnerungsmedaille zeigt die Peterslinpvel und ist v"n BiliüMier Torrado Mezza na entworfen. X Seligsprechung Kolpingo. Di« Geselle »vereine Deutschlands haben in Rom um dis Einleitung de» Selig sprechung-:, Prozesses für den Gesellenvater Adolph Kolping nach- gesucht. Der Heilige Vater hat die Bitte mit warmem Inter esse erhört. Es ist zu erwarten, daß die vorbereitenden Unter suchungen bald ausgenommen '»erden. Papst Pius XI. ist «in warmer Verehrer Kolpings, was die deutschen Pilger wiederholt aus seinen Aussprachen Kolpingscher Gedanken und Worte er- fahren haben. * Der Papst an die Schornsteinfeger. Der P-crpst IM eine Anzahl Medaillen und andere kleine Geschenke an die Schorn- sleinseger Mailands»geschickt, die durch den Erzbischof von Mai land feierlich verteilt wurde». Als nämlich der Papst vor vielen Fohren allein junger Kaplan im Kloster von Lenaculwn in Mailand >var, hat er sich in seiner freien Zeit in einer beson deren Weise der Schornsteinfeger angenommen. Nun wollte er zeigen, daß er auch als Papst seine eheinaligen Pflegebefohlene» nicht vergessen habe. * Die Italienfahrt des Volksbundeg deutscher Katholiken abgesagt. Die Reiseleitung des lösterreick/ischen) Volksbundes deutscher Katholiken teilt mit: Der Volk-Äbund IM in den letz ten Jahren über 1500 Deutsche bei seinen Gesellschaftsreisen nach Italic» geführt. Auch die für den Henrigen Sommer geplanten Reisen begegneten großem Interesse. Der Terror des Faschis mus Wien unsere deutschen Brüder in > nidtirol macht es aber zur Unmöglichkeit, daß deutsche KatlM Ke > nach Italien reisen, solange dort nickst Vernunft und Gerechtigkeit regieren. Wir haben uns daher entschlossen, die für den Sommer 1926 geplan te» Italienfahrten abzusagen. Wir ersuchen unsere Reise freunde, sich für ein« andere unserer Gesellschaftsreisen (Nord- Kap, Wachau—Mariazell—Wie», Lordes) zu entsck-eiden. Die für die Italienreis«» bereits «ingezahlten Beträge werde,, für In« anderen Reisen Uberschrieben oder auf Wunsch sofort ohne jeden Abzug z-uriickbezahlt. Nochmals der Fall Willig. Nach einer noch unbestätigten Meldung soll der Breslauer Thcologieprvsessor Josef Mit- tig von der römischen Kongreciation des Offiziums das Verbot erhalten haben, künftig religiöse Schriften in Druck zu geben, ohne sie vorher der Kongregation vorgelegt zu haben. Ei»« diesbezüglich verlangte Erklärung soll Mttig noch der „Täg- Kckien Rundschau" verweigert und fein« Lehrtätigkeit zunächst grlaubsweise eingestellt haben. „Warum rver-e ich Jurist 7" lieber dies« sehr interessant« Frage veröffentlicht soeben die „Deutsche Iuristen-Zeitung". das groß« Zentral-Organ der deutschen Juristen, in der Beilage „Der junge Jurist" «in Preis, ausschveiben für Referendare und Referenda rinnen Deutschlands und Oesterreichs. Es ist streng wahrheitsgemäß und psychologisch möglichst vertieft -arzustellen, welche äußeren Umstände (Fanst. lie, wirtschaftliche Lage, Wohnort usw.) und ivelche geistigen Interessen und Ideale (Anteilnahme an praktischen Lebensver- hältnissen, Politik, soziale Frage. Kulturjwsckstchle, Philosophie usw.) zur Berufswahl geführt hoben, wclckst äußeren Ziel« der Verfasser ursprünglich verfolgte und jetzt verfolgt (Richter, Ber. waltungsbeamter, Politiker, Anwalt, Auslandsdienst, Gelehrter, Press«. Geschäftsmann usw.), wie >veit di« Antriebe vorgehalten haben, und ob und aus welchem Anlass« neue 'Motive hinzu» gekominen sind. Preisrichter sind: Bizepräsident des Kammergericksts, Vor sitzender -es Prüfungsamts am Kammergericht, Dr. David, Geh. Iustizrat, Prof, der Rechte an der Universität Berlin. Dr. Her mann. und der .Herausgeber der „Deutschen Iuristen-Zcnung, Dr. Liebmann. Für di« besten Arbeite» im Umfange von nur 2 Sr^lten sind als erster Preis 150 Mk., als zweiier Preis 1, 0 ivtork, ferner drei dritte Preise von je 50 Mark auc-gcse'st Die Einsendungen müssen bis 15. März 1026 an die Redaktion der D. I. Z., Berlin W. 57, Potsdamer Str. 96. gerichtet sein Näheres im 1. Heste der D. I. Z. Man kann gespannt daraus som, welchen Erfolg dieses Preisausschreiben hoben wird, zurncü es »ach unserer Kenntnis das erste für Referendar« und Rc>e rcn-arinneir in Deutschland und Oesterreich ist. Die Gol-wSscher am Klondike Noma» an» der Zeit der -roß«« «oldfundr in Kanada und Alaska, von Emil Droondrrg. Copyright durch Wilhelm Goldmann, Verlag, Leipzig 1925. (10. Fortsetzung.) „Verzeihen Sie", sagt« Esther, „hier liegt wohl ein Irrtum vor. Diese Kabine Ist stlr Miß Maiwny belegt." „Ganz recht", erwiderte die Frau oder da» Mädchen. „Würstchen Sie etwa» von mir?" Ihre Augen, die bisher nervös gezwinkert hatten, wur den jetzt auf einmal ruhig, nahmen aber einen Ausdruck an, wie bei jemandem, der plötzlich fühlt, daß er auf seiner Hut sein muß. „Nein, aber hier ist Miß Malonh, und sie möchte die Kabine gern benützen", erklärte Escher, dem die Situation nicht recht verständlich war. „Da» ist wohl nicht gut möglich", entgegnete dl« Frauen». Person mit einer harten, tiefen Stimme, „denn ich bin Miß Malony." „Dann ist der Name wohl zweimal vorhanden", wandte sich Escher, noch mehr verwirrt, an die Stewardeß. „Ich bin Miß Eikeen Malonh", sagte di« Neuange. kommen e „Ta" ist wohl nicht gut möglich", w d rsp'-ach die andere etwas bissig, „denn ich bin Miß Eilecn Malony". „Ich muß aber doch am besten wissen, wer ich bin!" verteidigte sich da» junge Mädchen. „Da» werden Sie wohl auch", entgegnete die andere höhnisch. „Lassen Sie sich aber nicht einfallen, hier unter ineinem Namen herumzulaufen, sonst lasse ich Ihnen da» vom Kapitän verbieten. Sie mögen ja wohl Gründe dazu haben: aber bei mir kommen Sie damit nicht durch!" Escher sah ratlo» um sich. Dabei fiel sein Blick auf Kone, der unbemerkt hier erschienen war, sich aber bisher lm Dunkel gehalten hatte, da er sich anscheinend in dt« sonderbare Szene nicht hineinmischen wollte. Auch die Frauensperson in der Kabine ich!«» seine Anwesenheit erst jetzt zu bemerken, und als widerstrebe es Ihr, den Streit in Gegenwart eines müßigen Fremden sortzusetzen, schlug sie einfach die Tür zu. „Ich habe das Gepäck für Miß Malonh gebracht", sagte Kaue. „ES ist doch sonderbar, daß wir hier zwei Eileen Malony haben sollen", versetzte das junge Mädchen, das sich noch aar nickt von seiner Ueberraschung «rhalt hatte. „Ich kann aber Nachweisen, daß ich so heiße. Der Kapitän hat mich doch gesehen, als er mich engagierte." „Oh, die Sache wird sich aufklären", sagt« Escher in beruhigendem Ton«. „Haben Sie noch eine Kabine frei, MrS. Gish?" „Nummer siebzehn ist noch frei." „Dann geben S.e Miß Malony Nummer siebzehn!" Und sich den Dankesworten des jungen Mädchens ent ziehend, kehrte er mit Kan« auf das Deck zurück. V. Auf hoher See. Seit mehreren Tagen schon dnrchpflügte der „Star os the North" die grauen Wogen des Stillen Ozeans, der sich, se Weiler nördlich man kam, immer mehr als ein recht stürmischer Ozean erwies. Das Schiss segelte jetzt, nach dem es den Puget-Sund in der Nacht passiert hatte, mit Kurs West-Nord-West an der langgestreckten Baucouver- Insel entlang. Es war bereits emp'indlich kalt geworden, und in der schweren Dünung rollte das Schiss so stark, daß nur die wenigsten Passagiere den Aufenthalt an Deck für kurze Zeit erträglich fanden. Da» Rätsel der Anwesenheit von zwei Miß Eileen Makony an Bord hatte sich noch nicht gelöst. Am Gegenteil, es war noch tiefer geworden dadurch, daß die zweite Miß Malonh erklärt hatte, ebenfalls au» San FranziSko zn stammen. Die meisten Passagiere, soweit ihnen der Um stand überhaupt bekannt war, hatten der Sache indessen keine Bedeutung beiaelegt. Außerdem waren sie von ihren eigenen Angelegenheiten zu sehr in Anspruch genommen, um sich noch viel um die anderer Passagiere zu kümmern. ES war eben ein wunderlicher Zistall, und das Leben ist ja so reich an wunderlichen Zufällen. Das war schließlich auch der Gesichtspunkt, von dem Escher und in Ermangelung einer anderen ausreichenden Erklärung anch die junge Geigenspielerin, die diesen Namen trug, die Sache ansahen. Diese Stellungnahme wurde ihnen dadurch erleichtert, daß die zweite Miß Malony sich nur ganz selten außerhalb ihrer Kabine zeigte. Sie leide schwer an Seekrankheit, hatte MrS. Gish, die Stewardeß, Escher berichtet. Mit Eileen war Escher inzwischen in ein recht ver trautes Verhältnis gekommen, denn er hatte beschlossen, sic im Auge zu behalten, ohne daß er sich Mühe gab, sich üjber -seine Beweggründe hierzu klar bewußt zu werden. Er befand sich ja hier allerdings in einem Lande, in dem es durchaus nichts Ungewohntes für ein junges Mädchen ist, auch eine weite Reise ganz allein zu unternehmen. Hier war aber die Sache doch etwas anders. Denn dieses junge Mädchen schien noch reichlich unerfahren z» »ein. Sie hätte sich sonst unmöglich in ein Abenteuer gestürzt, von dessen Größe sie trotz der Warnungen, an denen woh! meinende Freunde es ihrem eigenen Eingeständnis nach vor ihrer Abreise nicht'hatten fehlen lassen, doch keine richtige Vorstellung haben konnte. Sie war eine Halbwaise, wie sie Escher erzählt hatte, Die Mutter war vor ein paar Jahren von einer Nette, die sic Plötzlich unternommen, n'cht mehr zurückaekehrt. Ge storben, wce der Vater Ihr mitgeteilt hatte. Ekber erriet aller, daß das nur die Form war, kn der der Vater Ihr von einer Ehetragödie Kenntnis gegeben hatte. An diesem hing sie mit schwärmerischer Liebe, besonders nach dem an geblichen Tode der Mutter, als sie sah. wie der Vater darunter litt. Er war Musiker, aber trotzdem er als solcher Künstler war, erzielte er doch nur geringe Einnahmen. Eines Tages führte er dann eine» Gedanken aus, den er schon lange mit sich herumgetragen halte: Er reiste nach Alaska, um dort sein Glück als Goldgräber zu versuchen, trotzdem sie ihn unter heißen Träne» bar, bei ihr z > bl i > n. Er harte ihr regelmäßig Geld gesandt, genug wenigstens, um Ihren bescheidenen Unterhalt und die Kosten ihrer NirSbildung als Geigenspielerin bestreiten zn können. Seit dem vorigen Sommer hatte sie aber nichts mehr von ihm gehört und das Gefühl, daß ihm etwas zugestoßen sei, hatte sls zuletzt so geguält, daß sie nun selbst näch Dawsvn unter wegs war, um ihn auszusuchen. Die Reise war ihr freilich »nr möglich geworden durch die Freundlichkeit des Kapitäns Smart, der sie für die Fahrt als Geigenspielerin engagierte. Diele Freundlichkeit verdankte sie eigentlich ihrem Lehrer, Prof. Dieck, der mit Kapitän Smart gut bekannt war. Der „Star of the North" hätte recht gut ohne eine Geigenipielerin auSkommen können und unter gewöhnlichen Verhältnissen würde die Reederei wohl auch über das Verlangen "des Kapitäns, dem alten Tramp-Steamer den Luxus einer Geigenspielerin zu gestatten, entsetzt gewesen sein. Mit den Hunderten von Passagieren aber, die er setzt nach dem Norden führte, und die ihm sittt die Würde eines „Liners" verliehen, war sie wahricheinlicb noch froh gewesen, daß der Kapitän nicht eine ganze Musikkapelle gefordert hatte. Der Abend hatte sich Uber die Fluren he-abgesenkt. Der Bar-Raum, wo Escher bediente, während Eileen sie mit Ihrem Geigenspiel unterhielt, hatte eben seine letzten Gäste entlassen, und Escher harte noch eine kurze Wanderung aus Deck unternommen, um einige Atemzüge frischer Lust zu schöpfe», bevor er seine Kabine aussuchte. Der Seewind strich schneidend über das Wasser, klirrte in der Takelag, und ließ die Rahen ächzen und stöhne» lFortsetzung folgt.)