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Nummer 298 — 24. Jahrgang «mal möch. Bezugspreis: fiir Dezbr. 3.— einschß, Bestellgeld. Anzeigenpreise: Die Igesp. Petitzetle Stellengesuche 20 I. Die Petitreklamezeilr. 83 Milli- me!er lireil, 1 -^t. Ossertengediihren für Selbstabholer 20 -Z. bei Uebersendung durch die Post außerdem Porlozuschlag. Ei»zel-Nr. 10 Sonntags-Nr. IS L. Geschästlicher Teil: IolefFohmann.Dresden. Leickenksus vsi'I »eluiilllir Kllmsrkt 8 >:> Svlilsmlovi SsllivNilÄlUl»' Ssmto SöckjMe Mittwoch, 30. Dezember 1926 Im Falle höherer Ge^lt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v.Anzelgenaufkrägen «. Leistung v. Schadenersatz. Für undeull. u. d. Fern- ruf übermitt. Anzeigen übernehmen mir keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandle u. m. Rücl.porlc nicht versehene Manuskripte werö. nicht ausdcwahrt Sprechstunde d. Redaktion b bis 6 Uhr nachmittags. Hauptschriftleit.: Dr. Joseph Albert, Dresden. o volfsmiung («etchüfteftell», Dro«k und «Verlag« »aronia« Buchdrulkerkt GmbH., Dresden-«. iS, HolbetiistrahrSS. ateniru! 32722. Pustlche-kkoiito Dresden I17S7 Banlkonlo« Basfeiigc L Frtssch«, Dresden. Für chrislltche Politik und Kultur Siednktta» der Sächsische» 'vollSzeilnng Dresden-Allst. IK, Holbeinslrnsie ll>. grrnru- 32722 NNL 33L3N. Der Schlutz des Äeiligen Jahres Von unserem römischen Korrespondenten Rom. den 88. Dezember 1925. Am Tage vor Weihnachten hat der letzte Pilger die Heilige Pforte durchschritten, der Papst selber, der fervus servorum Del, der Diener Gottes, nachdem er, wie jeder andere Pilger die vorgeschriebenen vier Pilgerbesuche in St. Peter gemacht hat. Dann wurde die Heilige Pforte wieder vermauert, bis einer seiner Nachfolger sie nach 25 Jahren wieder öffnen wird. Was mag in der Zwi schenzeit, in diesen folgenden 25 Jahren geschehen und wieviel Päpste mögen inzwischen den Stuhl Petri be stiegen und ivieder ins Grab gesunken sein, wenn das 24. Jubiläum verkündigt werden wird? Das jetzt abgeschlossene mar das 23. der Weltge schichte — das erste wurde von Papst Bonifaz VIII. im Jahre 1300 verkündet — und über eine Million Pil ger hat es in die Ewige Stadt geführt, numerisch vielleicht die grötzte Zahl, welche Rom im Laufe der Jahrtausende gesehen hat, eine Völkerwande rung im kleinen, an welcher die ganze Welt beteiligt war. am meisten von allen fremden Nationen unser deut sches Vaterland, ivie der Papst ausdrücklich feststellte, als er den letzten deutschen Pilgerzug empfing. Wie bei der Eröffnung vor einein Jahre, so war Deutschland auch beim Schließen der Hei ligen Pforte vertreten, ebenso stark das treu- kathalische Spanien mit seinen Tochternationen aus Amerika, deren sonore Sprache init dem Deutschen, dem Englischen am meisten zu vernehmen war. Deutschland, Oesterreich. Nordamerika und Süd amerika, die fernen Philippinen, alle hatten ihre Ver treter entsandt, um die einzige wirkliche wohlverstan dene Internationale, die katholische Kirche, in ihrer Ein heit vor dem Statthalter Christi zu versinnbildlichen, wie sie das Heilige Jahr der Welt geoffenbart hat. Kein Mißton und keine Eifersucht hat es in diesem Heiligen Jahr vermocht, den Frieden Christi im Reiche Christi zu stören und auch im Leben der Völker ist dieses Iubi- läumsjahr durch Locarno das erste wirkliche Frie de »sjahr geworden. — Nach einer hundertjährigen Tradition beginnt und schließt das Heilige Jahr am Vorabend vor Weihnachten, nur ist die Feier jetzt auf den Vormittag verlegt. St. Peter bleibt dann nur gegen Einlaßkarten zugänglich. Diesmal waren 30 000 davon verteilt worden. Die Vor halle, wo der eigentliche Schlußakt stattfand, war nicht einmal den Pressevertretern zugänglich, der geringe dort verfügbare Platz war für den päpstlichen Hof, für das diplomatische Korps, für die Tribüne der römischen Adelsfamilien, die der Ex-Sonveräne, und die Mailänder Pilger reserviert worden, welche ihrem päpstlichen Lands manne am Tage vorher die goldene Kelle als Geschenk überreicht hatten. Der päpstliche Zug begab sich zuerst durch die Hei lige Pforte nach dem Hochaltar von St. Peter, wo der Papst die großen Reliquien der Peterskirche verehrte (Der Schleier der Veronika, die Kreuzpartikel, die Hei lige Lanze und das Haupt des Heiligen Andreas), "um dann vom Grabe des Heiligen Petrus aus den apostoli schen Segen zu geben. Dann begab sich Pius XI. auf der Sedia Gestatoria unter dem malerischen Baldachin und, gefolgt von den Wedelträgern, zur Sakramentskapelle, uni dort vor dem ausgesetzten Allerheiligsten seine An dacht zu verrichten. Erst dann begann der eigentliche Lchließungsakt; der Heilige Vater, in der Linken die Kerze und mit der Rechten segnend, begab sich nun zur Heiligen Pforte, die er als letzter Pilger durchschreitet, um dann den symbolischen Ritus der Schließung zu voll ziehen. Vor dein Tore segnet er Kalk und Mörtel, und wirft mit der goldenen Kelle die erste Handvoll Mörtel auf die Schwelle der Pforte, um dann mit den Worten Christi: Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, den ersten vergoldeten Ziegel darauf zu legen. In einem anderen Teil des Mörtels versenkt er dann die goldenen, silbernen und bronzenen Jubiläumsmedaillen und gibt dann die Kelle dem Großpönitentiar Kardinal Früh- wirth, der die anderen beiden goldenen Ziegel links und rechts hinzufügt. Die beiden ersten Reihen werden dann von den Beichtvätern von St. Peter ergänzt. Der Papst, der mit der kostbaren Mitra und dem eigens für diesen Akt in Mailand gewebten Charmante! der Mailänder bekleidet, bindet nun einen leinenen Schurz um, und nimmt die symbolische Waschung der Hände vor, nach deren Beendigung er dann das Tedeum anstimmt, das von den Sängern der Sixtina und den Anwesenden abwechselnd gesungen, weit über den Pe tersplatz schallt. Der sinnvolle Ritus nimmt in den liturgischen Ge beten Bezug auf den Felsen, auf welchen der Herr seine Kircke baute, und auf den Stein, den die Bauleute ver- Polens zweite Sanierung Don Kilton Boung, dem Errglüttder» zum Amerikaner Kämmerer — Die kommende gewaltige Erhöhung -es Banknvlenumlaufes Warschauer Plärre <L. H. Kattowitz, L7. Dez. 1925. Von unserem ob er schlesischen Mitarbeiter. Nicht nur der Vizepräsident der Bank Polski, Herr Mlynarsti ist znm Weihnachtsfeste von seinem längeren und kostspieligen Aufenthalte in dem so heiß umworbenen Amerika nach Warschau zurttckgekehrt, er hat sich auch als besondere Weihnachtsfrenoe gleich einen Finanzexper ten mitgebracht, Herrn Kainnierer, der den Wirtschafts faden anscheinend dort wieder aufnehmen soll, wo der Engländer Hiltvn Uoung auf einen sanften Druck des gestürzten Grabski hin denselben aus der Hand legen mußte. Die eindringliche Lehre des Engländers bestand darin, daß der Etat um die Hälfte verringert werden müßte, was man damals jedoch in Warschau nicht einsah, weit inan noch nicht genügend Not und Elend kenne» ge lernt hatte. Heute aber spricht die Not eine viel ein dringlichere Sprache und da ist man auch zu Konzessionen bereit, deren Vorbringnng noch vor wenigen Monaten nicht möglich gewesen wäre, lieber den Umfang der Aufgaben des Amerikaners Kämmerer gehen die Meinungen einst weilen noch auseinander. Er soll angeblich nicht nur die Kreditwürdigkeit Polens prüfen, sondern zugleich auch die Verwendung der eventuell Polen zu ge währenden Kredite überwachen. Er würde also «in War schauer Zinimermavn sein (Zimmermann ist der General- kvimnistar des Völkerbundes, der über Oesterreich wacht), ohne dessen Vollmachten und vbne die Uiitcrstttünnq des Völkerbundes. Was findet der amerikanische Finanzsachverständige vor Beginn des zweiten polnischen Sanierungsversnches vor? Ein Abgeordneter hat in der Weihnachtssitzung des Warschauer Parlamentes erklärt, daß Polen sich in der Situation eines Bankerotteurs befände, der die Bar mittel verschwendet habe und jetzt einen fröhlichen Aus verkauf beginne. In der ersten Periode der Niedergangs- Wirtschaft habe man die Steuern bezahlt mit Hilfe der De- valution, in der zweiten dadurch, daß die Arbeitsstätten vernichtet wurden. In diesen wenigen Morien liegt eine richtige Kennzeichnung der polnischen Wirtschaft, die der Welt jetzt das Schauspiel eines zweiten Sa n i e r u n gs - Versuches bieten mutz. Man spricht zwar heute noch, im Hinblick auf die deutsch-polnischen Wirlschastsverhaiid-- lungen davon, daß in der Kvhlenindustrie eine gewisse Erleichterung im Export eingetreten sei, vergißt aber, daß diew „Erleichterung" nur eintrat, weil man fast 1 0 0 0 0 0 Arbeiter cntlic ß. In ver vberschle sischen Eisenhütten-Jndustrie wurden zu den Weihnachts- tagen von 34 000 Arbeitern nur noch 22 000 beschäftigt und von diesen auch höchstens 10 000 voll. In der pol nischen Textilindustrie wurden in der Weihnachtswoche fast täglich 3000 Arbeiter entlassen. Das Ende der Ziickcrknmpagne ist da, womir eine weitere Steigerung der Arbeitslosigkeit ciittritt. Die Weltwirtschaftskrise kann sich nirgends so stark bemerkbar machen wie in Pole» im allgemeinen und in dem polnisch gewordenen Oberschlesien im besonderen. Zurzeit findet Woche »in Woche eine Ver mehrung der Arbeitslose» um rund 10 000 statt. Die Negierung muß selbst bekennen, daß ihr die sinanzieilen Mittel fehlen, um das riesig anschwellende Heer der Arbeitslosen auch nur einigermaßen zu unterstützen. Tie Folge ist, daß sich die Fälle mehren, in denen sich die Arbeiter nach erfolglosen Demonstrationen zu blutige» Exzesse», die teilweise bolschewistischen Charakter tragen, Hinreißen lassen. Eine deutliche Sprache hierfür reden die Ereignisse in Lodz, Zawiercie und Dombrowa. In den beiden letzten Orten wurde das Gemeindehaus erstürmt und der Bürgermeister mußte schleunigst alle austreib- barcn Lebensmittel verteilen lassen. Der amerikanische Sachverständige wird eine ungeheure Fülle von Arbeit vorfindcn. In Ostoberschlesien wird er z. B. sesistellen können, daß ans 370 Einwohner einsch'ueß- lich Kinder nnd Greife je ein Polizcibsamter kommt. Er wird weiter mit Staunen vernehmen, daß die Polizci- kosten hier 16—17 Prozent aller Ausgaben betragen, während für das höhere Schulwesen nur 1 Pro zent der Ausgaben zur Veriüaung siehe». Er wird auch schnell herausfinden, daß an eine Sanierung ohne Be endigung des Zollkrieges mit Deutschland überhaupt nicht zu denken ist und daß eine jede Polen gewährte Anleihe nur alte Löcher stopfen kann, ohne der eigentlichen Sanie rung der Wirtschaft wie des Saales zu dienen. Tie Lage der Regierung kann nicht schärfer beleuchtet werden als durch die Tatsache, daß sie sich um neue Answandc- rungsziele bemühen will und daß sie die notleidende Bevölkerung auf — Brasilien als Land der polni schen Zukunft verweist. Ter amerikanische Finanzsachver ständige wird auch bald sesistellen könne», daß die zu erhoffende Anleihe schon erforderlich ist, um die polnische Bevölkerung in den Frühjahrs- und Svmmermonnten vor dem Hnngertvde zu bewahren. Wie gerade in den letzten Tagen jestgcstellt worden ist, wurden bereits bis zum 1. Dezember 04 Prozent des Wcizeuübcrschnsse-s expor tiert. an Roggen wurden bis zn dein gleichen Taium 31 Prozent des Ueberschusses ansgesührt, bei der Gerste sind es 40 Prozent und bei Hafer endlich eine Summe, die den inländischen Iahresbedarf bereits uni 160 000 Doppelzentner übersteigt. An der Hand der Zahlen des polniichen Selbstbedarfes ist leicht aus'.urechnen. von wann ab Polen amerikanische Dollarmillionen benötigt, um das setzt verschleuderte Getreide ans dem Auslände zn teuren Prciien zur Ernährung des Voiles wieder einzusühren. Man Hai sich in den letzten Tagen in Warschau eifrigst bemüht, ein Sanierungsvrogramni ansznarbciteu. damit man dem.amerikanische» Finanzsachverständigen etwas bie ten kann und nicht mit leeren Händen vasteht. TaS Kapital der Bant Polski soll nach diesem Programm ans 160 Millionen Zlvtp erhöht werden. Natürlich, ist das nur durch ausländische Anleihen möglich. Wenn so die Staats bank an Festigkeit gewonnen hat, soll eine gewaltige V e r m e h r n n g des B ankn v i cn u m ianfes «.'.»treten und zwar, wie man es bis jetzt plant, ani 2 Milliarden Zloty, was Vas Sechsfache des bisherigen Umlaufes aus macht. wenn man von dem ungedeckten .nleingetde o,bücht. Durch das erhöhte Kapital der Staatsbank hofft man auch bei dieser gewaltigen Notenvermehrung die gefähr lichen Wege einer zweiten Inflation nicht betreten zu brauchen. Das sind die Warschauer Pläne, die Herr Kämmerer, den man in Polen trotz bitterster Rot nur mit sehr gemischten Gciühleii erwartet hat, vorsinden wird. Die amerikanische Prüfung der Lage Polens wird von der größten Bedeutung für das gennnte Mitteleuropa se:». morsen holten, der aber vom Herrn zum Grundstein ous- erwählt wurde. Lautlose Stille herrschte während des rituellen Aktes und die Morte des Papstes waren deut lich zu verstehen. Damit hat die Schlußfeier des Heiligen Jahres ihr Ende erreicht. So wie heute ist sie nun schon seit 625 Jahren gefeiert worden, und unwillkürlich wird die Er innerung zurückgelenkt zu jener Jubiläumsfeier Boni faz' Vli l. im Jahre 1300, als Dante ihr beiwohnte, um sie später in der Göttlichen Komödie zu beschreiben: die Zeigung der Heiligtümer, die niederknienden Pilger und die segnende Gestalt des Papstes. Auch in unserer mittelalterlichen Literatur haben mir in der Tannhäuser sage eine literarische Auswirkung dieses ersten Jubi läums, ein Beweis, welchen Eindruck diese Begehung des Heiligen Jahres stets hinterläßt. Der Heilige Vater sah frischer als sonst aus und verriet in allem eine gewisse frvhe Genugtuung über sein nun der Vergangenheit angehörendes Iubilüums- jahr. Die neuen Kardinale wohnten sämtlich der Feier bei. In den diplomatischen Tribünen fiel ein singhalesischer aus Ceylon und Führer der dortigen Ka tholiken, in einer anderen Tribüne der königliche Prä sekt von Rom und der römische Volmeicbef aus. Jur ErWeNvsloseuunierslützung V.'cl''>, 20. Dezember. In der Oefseniüchkeit ist in den letzten Tagen verschiedent- lieh von «irrem IVO-Mililonen-Fonds gespr.'M" worden, der nunmehr zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ausgeschüttct werden soll Damit hat es, wie von maßgebender Seite mit- geletlt ivivd, soig-ende Benxmdinis: Der Neichsorbeitsmnüster kann zur Unterstützung von Maßnahmen, die geeignet sind, den Abbau der Erwerbslosenfürsorge zu fördern. insbesondere zur Beschaffung von Arbeitsgelegenheiten für die Erwerbslosen, Dar lehen oder Zuschüsse aus Reichsmitteln bewillige». Z» diesem Zmecke weiden -hin in jedem Haushalisfahr bestimmte Mittel zur Verfügung gestellt. Die werden in erster Linie zn Darlehen für öfseittliche Noistandsarbeiten verwende!. Von de» Mitteln, die. nach dem Haushaltsplan 102ö sür die produktive Erwerbs- loscnsnrsorge bereit stehen, ist ein erheblicher Teil schon im Lause des Haushaltsjahres verausgabt worden. Die »och vor handenen Mittel sollen unter entgegenkommenden Bedingungen den Gebieten zugute kommen, die besonders unter Erwerbslosig keit zn leiden lmben und hier zur beschlcunigien Einleituiitz weiterer Notstanosarbciten dienen. Die Bewilligung vor Reichsmitteln setzt voraus, das; die Länder den gleickien Bettas für die produktive Erwerbslosensürsorge verwenden. Die Mit tcl, die damit insgesamt zur Verfügung sichen, reichen zwei sek los aus. um die Aou-orr der Att'citsiosen suhtl'ar zu lindern.