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Sächsische Volkszeitung : 23.12.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192512232
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19251223
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19251223
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-12
- Tag 1925-12-23
-
Monat
1925-12
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.12.1925
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Mittwoch, den 2S. Dezember 192S Tagesneulgkellen Der Prozes; -er gehetmnfsvollen Briefe Neue Wendung im zwetten Bothmer-Prozetz. ?«»> fünften Verhandlungstage des Berufungsprozesses Bolhnrer belastete Landgerichtsprüsident Ni eck, der m der ersten Verhandlung zugunsten der Gräfin ansgesagt hatte, die Angeklagte schwer. Der Zeuge sagte zögernd aus mit dein Bemerken, es falle ihm sehr schwer, über diese Dinge zu iprechen. Die Gräfin habe, als feine Frau im Frühjahr todlrang lag, ein Schriftstück verfertigt, das seine Frau ihr angeblich in Gegenwart der Krankenschwester diktiert babe. An diesem Schreiben stehe, dass seine Frau aus der Geld tasche ans dein Markte einen Betrag von 600 bi'S 700 Mark verloren und sich von einem Geldvcrleiher die Summe geborgt habe, uni ihn, dein Zeugen, von dem Verluste nicht) wissen zu lassen. Sie wende sich mit diesem Schreiben an andere Frennoe und bitte diese, ihr Geld vorzustrecken, km - s:c- ,pater zuriickzahlen werde. Dieses Schriftstück trage als Unterschrift den Vornamen seiner Frau sowie den Namen der damals bei ihr tätigen Schwester Hieronyma. Diese habe ihm nunmehr erklärt, daß seine Frau in ihrer Gegenwart niemals solches Schriftstück diktiert und daß die Schwester c§ auch niemals mituntcrzeichnet habe. (Große Bewegung,l Auf dieses Schriftstück hin habe die Gräfin Both'ner ratsächlich einen Betrag von 300 Mark bekommen. Die Angeklagte erklärte verwirrt, daß der Vorfall sich tatsächlich so abgespielt habe und sagte weinend: „Die Schwester sei vielleicht nicht im Zimmer gewesen, als Frau Rieck ihr diesen Brief diktierte". Der Vorsitzende stellte nun mehr fest, daß die Unterschrift fälschlich Schwester Hierwirstma lautet. Der erste Staatsanwalt Gerlach über reichte der Gräfin das Schriftstück, worauf diese erklärte, meiner Ansicht nach habe ich es nicht geschrieben, aber ich kann, es nicht genau jagen. (Bewegung.) Das Gutachten der beiden Schriftsachverständigen hat übereinstimmend die in dem Prozeß vorkommendcn Briefe als mit den Schriftproben der Angeklagten identisch be funden. Es ist damit zu rechnen, daß spätestens Mittwoch da- Urteil gefüllt werden wird. — NegiernngSrat Graf v. Bothmer, der bekanntlich gegen seine Gattin die Ehe scheidungsklage eingereicht hat, ist jetzt noch weiter ge gangen und hat eine einstweilige Verfügung beantragt, wonach der Gräfin untersagt werden soll, nach ihrer eventuellen Freilassung die gemeinsame Wohnung zu be treten. Ter Antrag wird damit begründet, daß das Ver halten seiner Frau in sittlicher und moralischer Beziehung ihn dazu zwinge. Es könne ihm nicht zugemutet werden, mit "feiner Frau bis zur endgültigen Scheidung einen ge meinschaftlichen Haushalt zu führen. Ein krlltfcher Meineids-Prozetz Dresden, den 21. Dezember. Ein größerer Strafprozeß wegen Anstiftung zum Zeugen meineid besänftigte das Schwurgericht Dresden. Die Anklage richtete sich gegen den 1882 zu Lotzdorf geborenen, in Radeberg ivohnl-aften Textilwareichändler Armin Eduard Seidel und gegen dessen 1885 zu Zschopau geborene Ehefrau Gertrud geb. Uhlemaun, die beide beschuldigt wurden, anläßlich von Privat- belcidigangsklagen den 27 Jahre alten Fcrbrikschlosser Riä-ard Göttlich, der bei ihnen den .Hausmannsposten versah, zur Be gehung eines Zeugenmeinetdes onge stiftet zu haben. Zur Aufklärung des Sachverhaltes waren fünfzig Zeugen und Gerichtsmedizinalrat Dr. Oppe als Sachverständiger geladen. Das beschuldigte Ehepaar bestritt nachdrücklichst jede Beeinflussung des fraglichen Zeugen. Einig« Zeugen, u. a. der ehemalige Hausmann im Seidel seinen Grundstücke, Göttlich, und dessen Frau belasteteten di« Angeklagten teilweise sehr ernst, ihre Angaben wurden aber verschiedentlich auch stark angesoch- ten oder sonst widerlegt. In den Privatklagen Seidel gegen Truppet und umgekehrt hatte der vorgenannte Göttlich verschie dene Angaben gemocht und beschworen, 'die er später selbst widerrufen und dann dabei auch das Ehepaar Seidel der An stiftung bezichtigt halte. Göttlich stand am 23. Juni vor dem Dresdner Schwurgericht; er wurde wegen' wissentlicher und fahrlässiger Verletzung der kftdespfkicht zu einem Fahr und einer Woche Zuchthaus verurteilt. Im fetzige« Dermin« gegen di« Eheleute Seidel fordert« Staatsanwalt Dr. Bergmann di« Be- strafung tm Sinn« der Anklage. Rechtsanwalt Dr. Thiel« (Dresden) als gewählter Verteidiger plädierte fast zwei voll« Stunden für Freisprechung. Da, in der elften Abendskind« ver- kündet« Urteil lautete auf Freisprechung beider iHeleute. Landgerichtsdirektor Seyfert führte zur Begründung kurz aus. ein voller Schutdbeweis, der zu einer Verurteilung ausgereicht hätte, habe sich nicht führen lasse«. Die Kosten fallen der Staatskasse zur Last. Einigung im Bnchdrurkgeroerb« Berlin, 22. Dezember. Die in Berlin versammelte Gauvocsteherkonferenz des Deutschen Buchdruckervereins E.V. te.lt mit, daß sie beschlossen habe, sich dem Schiedsspruch de,. Zentralschlichtungsamtes zu unterwerfen. Mit den be teiligten Arbeitnehmerverbänden ist daraufhin ein Lohn abkommen getätigt worden, in dem einerseits gemäß dem Schiedsspruch die Fortführung des bisherigen Spitzenlohnes von 48 Mark bis zum 28. Februar 1920 festgesetzt, anderer- lesttS in Ergänzung des Schiedsspruches vereinbart wird, dak eine stillschweigende Verlängerung des Lohnabkommens um zwe: Monate eintritt, falls das Abkommen nicht drei Wochen vor Ablauf gekündigt wird. In den böhmischen Wäldern . . . Der Polizei von Reichenberg In Böhmen ist ein guter Fang geglückt. Es gelang ihr, zwei Mitglieder einer mehrköp figen und glänzend organisierten Einbrechcrbande zu verhaften, die 30jährige Ehefrau Elisabeth Hala und den Agährigen Mi- chalitschke aus Reichenberg. Diese beiden, der Mann der Hala, Johann Hala, sein Komplize und einige noch Unbekannte haben seit dem Jahre 1921 in ganz Nordböhmen Einbrüche ver übt und ihr Arbeitsfeld bis nach Komotau ausgedehnt. Tau sende und Abertausende an Bargeld, Juwelen und Schmuck aller Art, aber auch an Stoffen fielen den Einbrechern, die es nur auf wertvolle Dinge abgesehen hatte», in die Hände. Allein im Polizcibczirk Reichenber-g fallen der Bande 17 schwere Ein brüche zur Last. Die Beute wurde in jedem Falle sofort schlüs selgemäß ausgetcilt und zu Verwandten der Frau In die Pra ger und Koliner Gegend gefahren. Daher kam nie etwas ans Licht. Eine weitverzweigte Hehlerorganisation sorgte für ge nügende Sicherheit. — Auch eine Leichenschändung und Gruft raub bei Komotau fällt den Verhafteten zur Last. Ihre Er kundigungen waren aber damals nicht stichhaltig gewesen, und statt der goldenen Särge, die sie wegschleppen wollten, gab cs nur golübronzierte! Die Hala hat sich auch sonst hervorragend betätigt, ist wegen Meineids angeklagt und war als Engel- äsr ..5>üctt8l8etten Vo1ks7.eitung" unter /VnAube cles 2rvscI<S8 cier Zpencle enlj;exenAenommen. — (Zuittunr; erfolgt in cter Kummer vom 1. Januar 1026 IIIIII!II!!!IIIIII!I!!i!I!?III!!!I!i!!!!I!I!SII!!IIII!I!!I!II!I!i!!iII!!!!IIIIiII!IIIII!!I!!III!!IIII!HI!!IIIl!lH!!!I! ft S.-ste, macherin bekannt. Hala und sein irompstce uuo einige Helfe« sind flüchtig, doch liege« Anhaltspunkte für weitere Verhaftun gen vor. s Das chemische Institut der Universität Ve lin ge« schlosse«. Laut Anschlag am Schwarzen Brett ist da« chemische Institut der Berliner Universität wegen Geld mangels bis auf weiteres geschlossen worden. Die etat mäßig b.s zum 1. April vorgesehenen Gelduiittet sind erschöpft. Trotz mehrfacher dringlicher Gesuche sind kein« weiteren Mittel bewilligt worden. z Tas Urteil gegen den Steglitzer Äirchenräirber. Bor dem Schöffengericht in Schönebcrg snnd gestern die- Ver handlung gegen den Zuschneider Hugo Brandt statt, der vor einiger Zeit in den Slmtsräiimen der Küsters! der Stcqliker Matthäuskirche nach Knebelung der dort tüftrc.: Kirchuettn auS einem Geldschrank 1000 Mark raubte. 'Brandt wurde zu fünf 'Jahren Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust unter Zubilligung nstlderrrder Umstünde verurteilt. z Verhaftung von Raubmördern. Am Abend des 5. Dezembers war auf der Landstraße bei Pyrit, ein Vieh händler von drei Männern beraubt und durch uiekrere Sch.Eic so schwer verletzt worden, daß er nui nächsten Lage starb. Die Polizei stellte fest, daß als Täter drei polnische Schnitter rn Frage kamen, von denen zwei entsprungene Zuchthäusler sind. Der Polizei ist es nunmehr gelungen, dl« drei Räuber zu verhaften. Auf ihr Kerbholz kommt auch die Beraubung und Erschießung des RechnnngssnhrerS Virckow bei Sallenthin am 17. Oktober. f Schwere Gasexplosion ln Bremen. Infolge einer Eul- zündung von Leuchtgas, welches infolge eines noch nicht resuu- denen Rohrbruches in die Kabelkanäte der Reichspost gelaugt war, entstand gestern morgen um 7 Uhr im Zentrum der Stadt eine schwere Explosion, durch deren Lustdruck die zmftchsi- stehenden Gebäude stark in Mitleidenschaft gezogen wurden.. Menschenleben sind nicht zu beklagen. s Schwerer Rauküberfall in Berlin. I» der Woftuug des Armenvorstehers Witimack in der Hochstraße erschien Mon tag vormittag, angeblich im Aufträge des Wohlsahrtsamtcs, ei» junger Mann, der vorgab. ein Paket abgeben zu sollen. Als die Frau des Armenvorstehers das Paket in Empfang nehmen wollte, versetzte ihr der Mann einen heftige» Hieb gegen den Kopf, fesselte die Bewußtlose und schleifte sie in eiii Zimmer. Alsdann schloß er die Wohnnngstiire ab, legte die Sicher'.eits- kette vor und öffnete die Armenkasse, in der er jedoch nur 8 Mark fand. Die Frau, die inzwischen wieder zur Besinnung ekommen war, rief laut um Hilfe. Als Nachbarn die Polizei erbeigeholt hatten, war der Räuber bereits aus dmu Hause ge- flüchtet. Man hatte jedoch beolmchlct, daß er in eins der Nach barhäuser hineingelaufen mar. Als die Polizei in das Haus eindraug fand sie den dort als Untermieter wohnenden Täter mit Leuchtgas vergiftet bewußtlos vor. Die Wiederbewb-.ngs- nersuchc waren von Erfolg. Der Räuber wurde als Polizei- gefangener ins Krankenhaus gebracht. Der Papst zum neuen Jahre In hohen kirchlichen Kreise» Roms versichert man, daß Pius XI. am letzten Jahrestage bei der Pnpstmesse in Sankr Peter die Weihe der Welt an das „reguuin christi" feierlich varnebinen und verkündigen wird. Ans dem gleichen Anlässe rechnet man mit dein Erlaß eine; offiziellen päpstlichen Schreibens. X Uebertritts zur katholischen Kirche in England. Sei, 1883 sind ungefähr 1500 Vikare und Kurate dcr anglikanischen Kirche zur katholischen Mutterkirche zurückgekehrt. Seit dem Jahre 1911, in dem die offizielle Zählung der Konversionen seitens der Diözesen einsetzte, haben über 123 000 anglikanische Laien den Heimweg in die katholische Kirche gefunden. Durch schnittlich beträgt die Zahl ger Konvertiten 12 000 im Jahr, was England und Wales angeht. X Päpstliche Weihnachisgaben für die Bergarbeiter. Die „Epoea" berichtet, daß sich in diesen Tagen ejne Mission des päpstlichen Stuhles mit Kardinal Ferrari von Mailand nach Charleroi, St. -'Nenne und Grenoble begeben werde, um den dortigen italie- sichen Bergarbeitern 3000 Weihnachtspakete zu überbringen mit einer Widmung des Papstes, wonach er am Tage der Schft-ßuug der Porta Santa den italienischen Berg arbeitern in wkreich und Belgien ein Zeichen seiner bcrz- lichen Zuneig, z geben wolle. sc?«»»»« uru«««, »s O diese schöne Augenbinder Eine Begegnung mit dem Teufel. Non Pierre l'Eremite. Auf dein Wege zur katholischen Presseberabung bin ich gestern den, Teufel begegnet. Er war fein ausgeputzt, in eiscn- grauem Ueberzioher, mit weichem Kvagem, tadellos gefalt-ener Hose, rosaroten Socken und Lackschulst:». Höhnisch grinste er mich durch sein in Gold gefaßtes Augenglas an. „Zur Presseberatung willst du? Hahaha! Rührt euch, so viel ihr wollt, ihr armen Katholiken; ich halbe euch doch di« Kehle zu! Sieh hier mein« Faust, so knochig und lstrrt. Die hat den Katholiken eine Augenbinde fest rangebunden; seit einem halben Jahrhundert ist diese noch nicht aufgsgangm. O. das Binden, das verstell« ich-" Hastig zeigte er dann -mit dem Spazierstock auf die Vor beigehenden. „Sieh mal diesen pickfeinen Herrn da! Er trägt sie. meine Augenbinde. Erst ist katholisch, hörst dcr: katholisch. Aber er hält dach nur eine meiner Zeitungen, di« jeden Mar gen ihre Spott- cmo Hetzartikel gegen Kirche und Christentum ihm um die Ohren klatscht; jeden Donnerstag läßt er sich dazu das Witzblatt holen mit den pikanten Witzen und interessanten Zötchcn. Ec besieht die Bilder. liest es. ivirft es schließlich in den tzlapierkorb. und von da geht es durckfs ganz« Haus und wird gelesen nnd verschlungen bis in die Küche hinein. — O, die Augenbinde!" Einige Schritte eutsernt ging setzt eine junge. Frau vorbei. „Sieh da, die Fromme, die jeden Tag zur Messe geht. Aber sie ist mir eine treue Abonnentin und kauft sich jeden Tag dcwt am Zeitungsstand nicht eure, sondern eine mein e r Zei tungen; „das Feuilleton und Berichte über die Skondalgeschich ten wie» in diesem Blatte so interessant". Drei Sous jeden Tag sür eine Zeitung. — das ist ei» Wassertropseir. wirst du denken. Gewiß, ein Wassertropfen ist soviel wie nichts: aber die Menge macht's. Besteht der unermeßliche Ozean nicht aus lauter einzelnen Wassertwpsen? Mit den drei Sous dieser Frau und Millionen ihresgleichen baue ich jene Häuser, die meine Druckpaläste sind, bringe Setzer und Druckmaschinen hin ein, Notationsschnellpresse». die durch Sanderdraht mit allen Hauptstädten der Weit verbunden sind .... Diese gute Katho likin. auch sie trägt die Augenbinde!" Da käme» wir «a einem Zciluugsstaud vorbei, wo alle Vorübergehenden sich ihr Zcitungsblatt täglich Kausen. Aus den Wänden desseiden waren die Blätter cingczcigt. die zu haben waren. Salans Augen sprühten Funken: „Da. zähle doch deine Zeitungen: zähle sie doch." — Und ich zählte still: „Eins, zwei, drei, vier, fünf"; das war alles, alles in der Riesenstadt Paris, davon nur eine einzige als täglich erscheinend! Ich war wie zerschlagen. „Zähle jetzt einmal die meinigeii!" In hastiger Eile tupfte sein Slmzierstock von einem Blatt zuin anderen; alles täglich erscheinende große Blätter mit dem Aufdruck der riesigen Ans- lageziffer. „Mir gehört dieses Blatt durch seinen Leitartikel, jenes durch das pikant« — unsittliche wirst du sagen — Feuille ton; in diesem stehen meine Annonce», fein gedrechselte, intime Sachen, sazfe ich dir; in diesen fünf siehe meine Bilder, du wirst natürlich erröten, aber die Leser grinsen vergnügt. Und dies« Hetze hier und jenes Skandälchen, — in diesem Matt prächtige Angriffe gegen Klerus und Klöster, — erlogen, willst du sagen; weiß ich. aber immer bleibt estrxrs hängen . . . Und diese Blät ter .. . und jene da, mit Pikanterien aus Kabarett nnd -Kino und lustige Sackxm von der „Kleinen Bühne". — Mit der Zahl 43 schloß er endlich: der Slock fiel herab: „Siehst du, ganze 43 besorgen mein« Geschäfte, die eine so. di« andere so . . . Und die Katholiken, sie lesen und bezahlen zu Hunderttausenden diese nieine Blätter. O, diese Augenbinde; dir sitzt fest!" Da kam ein GeiMct-er uns entgegen. „SckMi, der Kerl; der hat mir Scmittag bei der Predigt sckpver zugesetzt: besonders der Schluß ivar sein; aber meint dcr. sein Reden liegen mich und mein Werk bedeute Sieg? Er sprach von Austreiben eines Teufels, der stumm ivar. O, ich bin auch so stumm nicd still bei der Arbeit; aber der gut« Manu treibt mich noch lauge nicht aus. Halzaha, ganze 197 lstttte er in der Kirche bol der Predigt; aber ich — haha, sieh hier!" — In dichten Haufen strömten die Menschen — es ivar gerade GeschästsscHlutz — am Zeitungsstand vorbei, die einen nach .Hause, die anderen zum Arbeitszuge: Kanzlisten. Kontoristen. Arbeiter — sein« and schlichte Leute, und alles, alles kaufte sein Blatt. (In Frank reich erhält man die Zeitung nicht ,vic bei uns durch Manne- ment, sondern mau kauft sie täglich aas der Sttxiße am Stand oder am Zertungsausrufer.) Nicht schnell genug konnten zwei Nerkmrferiunen die Blätter reichen. All« fünf Minuten sausten atemlose Radfahrer vorbei mit sckpvereu neuen Zeftungsbündeln, die noch frisch und feucht non dcr Druckmaschine warm. „Siehst du, das ist eine andere Kanzel; meine Kanzel; ein anderes Publikum, was? .Hat dieser Priester dcr jemals wiche Ntasseu vor sich? Und ich predige ihnen durch meine Zei tungen alle Tage; in jeder bald hier, bat) da ein Sprüchlein zu meinen Zwecken jeden Tag. lind der arme Tropf, der pre digt seinen hundert Schäslein nur einmal in der Woche, am Sonntage. Hahaha. der trägt auch die Binde vor den Augen; der sieht j-n gar nicht, daß zwischen meiner und seiner Predigt ein Unterschied ist wie zwischen einem Maschinengewehr, das Hunderte Kugeln in der Minute spritzt, und einer Armbrust von früher, die nur einen Pfeil versendet von Zeit zu Zeit. Der trägt die Binde: denn siel, mal, er geht am Zeilungsstaud vor bei. ahne zu erzittern und zu erschrecken. Der sieht das Häus chen gar nicht, das ihm jeden Tag Seelen wegstichlt, Seelen, selbst von Kindern. — — Laß den nur weiterpredigen: ich werde, schon mache!:. Feiner Kerl, was?" Ganz hitzig war er bei dieser langen, höhirisckst-n Red« geworden. Dann beugte er sich flüsternd nieder: „Einmal, ich gestehe es. bekam ich Augst vP den Katholiken. Das ivar, als mau bei euch Stiftungen und Kirchengüter raubte, die Orden vertrieb, die Schulen religionslos machte. Dr dachte ich: Jetzt »»erden die Katholiken sich «usraffeu. sich auch eine Presse- kanzel errichten und ihre Bedrängnis aller Welt kundtun und ihre Forderungen dem Staat kundtun. Aber da trabe ich ihnen die Augenbinde doppelt und dreisack, fest umgelegt. Und es gesckmh wieder — nichts. Die Presse blieb allein in meiner Hand, samt ihren, Einfluß .; ihren Millionen. O, diese schöne Augenbinde!" Dann setzte er sich das Augenglas zurecht unter groß tuender Gebärde und fuhr stolz fort: „Sieh, ich trage keine Augenbinde. Ich sehe inst! ... O. so hell. Besonders eins empfinde ich. was die Katholiken nie empfunden haben. Ich bin stolz aus meine Presse, ich lue alles für sie. Alle, die auf »reiner Selbe mit ihren Zielen nnd Bestrebungen sind, staä>sle ich an, Millionen für dl« Presse zu opfern. O. meine Zeitung! Me liebe rind lobe ich sie! Wie habe ich sie gestreickcelt vor Freud«, wenn sie wieder einen großen Fischzug für mich getan Hatto! Ist sie doch der brave Träger meiner Ideen und meines Wortes; durch sie spricht mein Wort von Zeitungsstaud zu' Zeftungsstand; es klingt in allen Stadtvier teln; es wird gehört in allen Bahnhöfen, in jeden, Schnellzuge: auch das Schiff aus den: Wasser erreicht es, alle Schisst. Uohorcrl! rede ich durch sie. Ts d ingt vor, Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, von Harr, zu .s rc«. von Kneipe zu Knei,»e. Diese allumfassend« Besch agnahr; .- — dt« Katholik«» kenne,, si« nickst. O, diese schön« A u genbinde! — Wir waren u den, .Hanes«, wo die. Presseberaiung tagt«, angekommen. Tr i s bas Plakat au der Tür. die Aufforderung an all«, an ihr teilzunehmen und guckt« schnell hinter mir. als ich die Tür zum Saal öffnet«, in den Saal. „Diese paar Leut. ckM. kaum sechzig! Die sollens inachev? Stad das di« „alle?" Hell lochte er auf. — Ich aber schaute ihm kühn ins Gesicht, dem Frechling, und sagte, ehe ich die Tür vor ihm zuschloß: „Dcr Abendmablsaal war noch kleiner. Und dach I^rt der Geist nnd die Kraft, die von ihm ausgegvngcn. dich überwunden. Ich glaube, das; der Geist wehen wirb. Dann ivevden endlich di« Katholiken hell sehen; die Binde wird fallen. Sie werden ihre Presse stoben mrd unterstützen, treu und opferwillig, und werden deinen Blät tern den Abschied geben .... Dann ist', auch darin mit dei ner Ntacht ,-u Ende! Ich vertraue." Dies« Szene ist mcs einer Skizze des französischen Vorkämpfers der katholischen Presse, der unter dem Namen Pierre l'Eremite schreibt, entnommen. Sie verdient in Deutschland aber gewiß gleiche Beachtung; denn auch ln Deutsch, lond Ist-rrscht bei tausenden von Katholiken «ine bedaucrlicli« Gleichgültigkeit gegenüber der Press«. Die Augenbinde tragen alle die. di« aus Gründen der Begrcemlichkcit oder »m kleinen Nutzens willen Matter Italien, di« weit davon entfernt sind, sür christliche Kultur rmd Politik einzutreten. Die Augenbinde tra- gen auch alle, die aus einer augenblicklichen Lärm« oder Ver- stimmung heraus das Matt ihrer Weltanschauung abbestellen. Mt Recht hat kürzlich «in deutscher Bischof erklärt: „Die koiho- lisch«- Presse ist eine Waffe, auf die wir ohne empfindliche Schii- digung der Interessen unserer heiligen Kirck,« und ihrer hol,en oolkserzieiierischeu Mission und ohne ernstliche Bedrohung wich- tiger christlicher Volksgüter tn der Familie und Staat nicht verzichten können. Tin Bölk. das sein« Press« zu Grunde gehen läßt, hört auf. «in Kulturvolk zu sek»; unb «in christtiches Volk, da» seine christliche Presse zugrunde gehen läßt, hat die Bezesth nun» .christlich" nicht mit Recht."
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