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Sächsische Volkszeitung : 23.06.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192906238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19290623
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19290623
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-06
- Tag 1929-06-23
-
Monat
1929-06
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.06.1929
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PiusXI. über -asPrieskerlum Der 14. Juni ist vergangen ohne das von vielen erwartete grohe Ereignis des ersten Ausganges des Papstes mit einer Prozession am Schlußtage des Nationalkongresses des Verbandes italienischer Priester, der vnio Llori pro IMüsionidus, und der geistlichen Assistenten der Katholischen Aktion zu bringen. Gegenwärtig läßt sich auch der Tag und Anlab noch nicht ab- sehen, an dem der Heilige Vater den Vatikan verlassen wird. Wichtige Erwägungen haben das schon einmal unmittelbar be» vorstehende Ereignis wieder hinausgeschoben. Die «inen hoffen nun, dasi «s am Feste des heiligen Johannes des Täufers, dem Patronatsfeste des Laterans der Bischofskirche des Papstes, stattfinden könne, in der vis zum Jahre 1870 am 24. Juni stets ein feierliches Pontifikalamt im Beisein des Papstes abgehalten wurde. Alles das ist jetzt noch ungewiß, ja vielleicht nicht wahrscheinlich, ebenso wie die Erwartungen, daß der Statthalter Christi Peter und Paul, am Feste der Haupt- patrone Roms, mit einer sakramentalen Prozession in die Öffentlichkeit hinaustreten wird. Vielleicht wäre allerdings das Fest der Apostelfürsten im Sommer der letzte größere kirch liche Anlaß dieser Art. Wenn also der 14. Juni ohne eine Sensation für die Welt verlaufen ist, so bleibt er doch in dem goldenen Buch des Pon tifikates des elften Pius leuchtend eingetragen, durch die herr lichen Gedanken und Anmutungen, die der Hohepriester auf Petri Stuhl seinen Mitbrüdern in dem hehren Amte des Sa- cerdotium vorstellte. Ueber zweitausend Geistliche Italiens, darunter zahlreiche Erzbischöfe, Bischöfe, Prälaten, Obere von Orden und Kongregationen hatten sich zur Papstaudienz in der Snla Ducale, der Sala Regia und den weiträumigen Hallen der Benediktionsaula über dem Portikus von Sankt Peter ein- gefundcn. In der Aula der Seligsprechungen überragt und be herrscht der Papstthron Raum und Zuhörer. Dem Worte des Heiligen Vaters ist hier mehr als die eindringlich intime Ein rückung in den kleinere» Audienzsälcn gegeben: Hier kann der Pontifex sprechen wie einer, der Macht hat! Als Pius XI. den Saal betrat, schallten ihm von allen Seiten die Rufe zu: „Es lebe der Papst der Eucharistie, der Missionen, der Katho lischen Aktion!" Mit der ihm eigenen Feinheit der Gedanken, die aus der Tiefe des Empfindens hcrvorquellen begann Pius XI. damit, daß er in diesem Hause unzählig« Scharen seiner Söhne von allen Grenzen der Erde begrügte, daß er aber im Angesicht der Priester an das Wort des Herrn denke: Euch aber habe ich Freunde genannt! Freunde des Freundes und Heilandes der Seelen, des göttlichen Freundes, des Freundes im tiefsten, zärtlichsten und mystischstem Sinne. Das sei für den Papst ein großer Trost der sich vervielfältigt habe, als er bei seinem Rundgang sich jedem einzelnen der Kle riker nahen konnte, um besten persönliche Bekanntschaft zu machen und bei vielen, um sie zu erneuern. Er könne nicht Worte finden, welche auch nur annähernd das ausdrücken. ivas sein Herz allein beim Anblick einer solchen Schar von Priestern empfinde. Sie flöße ihm aus so vielen Gründen Dankgesühle ein. Seine Zuhörer seien als gute Söhne zum Vater gekom men, wobei sie daran dächten, daß der Vater alt werde. Bei diesen Worten Pius XI. brach die Versammlung spontan in den N»f „/Vci multos nnnos!" aus. Der Papst fuhr fort: 5 0 Iahre des Priestertums sind verstrichen. 50 Jahre der Gnade und der göttlichen E.barmung, 50 Jahre ungeheurer Verant wortung, die ihren Kipfel in diesen letzten des Pontifikates er reicht haben, die niedcrdrückend wären, wenn nicht das Gefühl einer allgemeinen Vaterschaft, das von der göttlichen Güte und Barmherzigkeit mitgeteilt werde, so trostreich sei. Ein Gefühlt, das sich belebt und jedesmal tiefer Wurzel fasse, wenn zu dem Vater die Söhne seiner großen Familie, der katholischen Familie kämen. Die Anwesenden verliehen dem Geiste dieser universalen Vaterschaft noch mehr Eindruck; weil sie als Priester innerhalb der von der Vorsehung und dem Gehorsam gezogenen Grenzen selbst daran teilnähmen, als geistliche Väter von so vielen Seelen. Sie seien gekommen, um mit dem gemeinsamen Vater die feierlichsten Augenblicke zu teilen, um mit ihm ihren Besitz an Eroßnnit und Herzenstrost zu teilen, um ihre Gebete mit den seinen zu vereinen, weil den schweren Pflichten gleiche und so gar reichlichere himmlische Segnungen entsprächen. Dann dankte der Heilige Vater den Erschienene» für ihr Programm und die Initiative, die ihre Versammlungen und ihren so apostolischen und eucharistischen Vorsatz und Arbeitsplan beseelten. Ferner, daß sie ein so feierliches, leuchtendes, frommes und demütiges Zenanis ihrer Vercbruna kür das beilialte Sakrament, ibres Eifers für die Missionswerke und für bl« Katholische Aktion, kurz für alles abgelegt hätten, was mit der Ausbreitung und Festigung des Reiches Christi in der ganzen Welt zusammen bängt. Das sei eine Tröstung, die sie dem Herzen des göttlichen Königs dargebracht Hütten, hier am Orte seines Verweilens, der so Ihm zügehöre, daß selbst, wenn der Sitz seines Statthalters leer sei, er es doch nicht für Ihn sei, Der immer zugegen fet. Dann dankte der Papst den Seelsorgern, daß sie dem Mittel punkt der katholischen Familie eine so große Erbarmung hätten zuteil werden lassen. Alle die, welch« sie gesehen hätten, hätten schon bei ihrer Anwesenheit gemerkt, was sie sagen wollten. Zu Tausenden versammelt, und als die Vertreter von so vielen ande ren noch zahlreicheren, welche ihnen nur mit heiligen Wünschen folgen konnten, hätten sie klar zu verstehen gegeben, daß sie etwas mehr sein wollten als einfache Diener der Kirche und des Altäre» sondern ergebene Söhn«, eine Zierde der Altäre, Freunde des Tabernakels und Christi, der treu« Gast des Tabernakels ist, Freunde, Herolde de» großen Königs! Es sei nicht möglich, dem Lob Wort« zu verleih«», das durch diese» Schauspiel des Glaubens und der Liebe ver dient sei. Dann erinnerte der Heilige Vater an ein Wort, das er schon einmal an andere, auch an die Mitglieder der Katholischen Aktion gerichtet habe, das sie aber noch bester verstehen würden; ein Wort, das ausdrücke, wie schön und begehrenswert ein christliches Lebensoroaramm lei. das aber darüber binaus in Berlin. 21. Juni Dr. Brühl der selnerzeltig« Untersuchungsrichter, be richtet über die Art, wie die Aussagen der Zeugin Grosch, der Angeklagten Leo Hirsch, von Waldow, Eugen Hirsch und Stin- nes in der Voruntersuchung zustandegekommen sind. Frau Grosch nennt er eine außerordentlich intelligent« Frau. Die zenau gewußt hätte, was sie unterschrieb, als sie angab, wann >e durch von Waldow erfahren hätte, daß das „französische Ee- chäft" mit Hilfe von Franzosen, die ihre Unterschrift gegen Bezahlung hergabcn, gemacht werden sollte. Der Untersuchungs richter stellt energisch in Abrede, den Zeugen irgendwie zum Unterschreiben zugeredet zu haben. Frau Grosch hätte un zweideutig erklärt, daß von Waldow das französische Geschäft zwar zunächst für ein reelles gehalten, daß er — als er die Un- reellität erkannt hätte — nicht mehr fähig gewesen wäre, sich Mrückzuziehen. Leo Hirsch hätte sehr weitschweifig sie Theorien beim Anleihegeschäft entwickelt. Durch Anzeige und Organisationen die Altanleihebesitzer zu eruieren. Er hätte aber auch von dem Weg, den Anspruch durch gefälschte Grund lagen nachzuwcisen, gesprochen. Eugen Hirsch, der gegen die Zusicherung, gegen Verhaftung geschützt zu sein, aus Paris gekommen wäre, hätte doch schon durch das Begehren dieser Zu sicherung zu erkennen gegeben, daß er etwas ahnte. Ueber den Vorgang bei der Verhaftung Stinnes gehen die Darstellungen Dr. Brühls und des Angeklagten Stinnes aus einander. Dr. Brühl erklärt: Er hätte bei der Vernehmung am 80. 8. 28 — die mit der Verhaftung Stinnes endete — zu nächst auf dag Unwahrscheinliche der in früheren Ver nehmungen dargelegten Stinnesschen Auffassung über das Ge schäft hingewiesen. Später Hütte er auf die Belastung des Ju nior durch von Waldow hingcwiesen. Und da hatte Stinnes unter vier Augen — mit den Händen in der Tasche auf dem Tisch sitzend — gefragt: „S6as ist, wenn ich zugebe?" „Seien Sie doch nicht so naiv," hätte Dr. Brühl gesagt „über die mög lichen Folgen kann ich nicht paktieren." Nach kurzer Bedenkzeit Hütte Stinnes dann zugegeben, daß er schon >m November 1926 von der Inkorrektheit des Geschäftes Kenntnis gehabt hätte. Weshalb Stinnes von Waldow vor der Aufdeckung des Bc- trugsversuches der „Franzosen" nach England abgemeidet Hütte? Aus steuerlichen Gründen. Hinsichtlich der Besprechung des Kommissars Heinzmann mit Stinnes auf dem Korridor vor dem Zimmer des Untersuchungsrichters weichen die Ausiaaen noq tieferem und weiterem Sinne «in Program in des! P r i e sie r l e b e n s sei: Seid rein wie die Engel, arbeitsfreu- dig wie die Apostel, fromm und oemutsvoll im eucharist ichen Geiste. Endlich biete sich die Gelegenheit, vor Priestern diese» Wort zu wiederholen, die sich so der göttlichen Hoheit ihrer Be rufung bewußt eien die von so glühenden Vorsätzen erfüllt seien. Die Priester sollten auf ihrem bis jetzt bewahrten Wege in der Dreiheit dieses Programms fortsahren und immer mehr Engel und Apostel werden, gerade auch deshalb, weil sie im eucharistischen Sinne fromm und gottesfürchtig seien. Dann würden sie in Freude jenen mystischen Wein verkosten, aus dem Jungfrauen sprießen, jenes Brot, das den Starken Kraft ver leiht, di« Kraft als erste Vorbedingung einer tätigen und fruchtreichen Wirksamkeit. Ja, noch einmal die Priester sollen rein sein, weil sie nahe dem Tabernakel Dessen sind, der zwischen Lilien weidet, und der den Wohlgeruch der Lilien liebt Sie seien tätige Apostel, immer mehr durchdrungen von jenem Missionseifer. d«r eigentlich der genaue Ausdruck des apostoli schen Eifers ist, weil ja gerade die ersten Apostel Missionäre waren, welche in den jetzigen Missionaren — den Aposteln der letzten Stund« — ihre Nachfolger besitzen, in welcher Gegend der Welt der Herr sie wünscht. Endlich mögen die Priester des Herrn eucharistisch fromm und gottesfürchtig sein, reich an An dachtsgeist und Frömmigkeit, nicht nur als Träger ihres Amtes, sondern beseelt von jenem wahren Frommsinn und jener Hin gebung, die die ganze Seele, das ganz« Herz beselt, alle Affekte, und zum Zartfinn der Liebe wird. Dann wird sie nicht nur eine Nahrung des Hirten — und priesterlichen Lebens sein, sondern auch das gewinnende Zeichen der göttlichen Dankbar keit, die vom göttlichen Herzen herniedersteigt. vn. I'ilrr. ktuitr v. b'l-enl?:. ^einzmanns und Dr. Brllyrs voneinanver SD. ^«r ffeügs Hcinzmann hat ausgesagt, baß er zu diesem Versuch, Stinnes zu einem Geständnis zu bewegen, von Dr. Brühl ausdrücklich ermächtigt worden sei. Während Dr. Brühl behauptet, er wüßte nichts von einer solchen Ermächtigung, hätte sie auch nicht erteilt, wenn sie von ihm erbeten worden wäre. Möglich wäre allerdings, daß eine derartige Bitte Heinzmanns von ihm in der damaligen Vielgeschäftigkeit überhört worden wäre. lieber den Tag seiner Verhaftung äußert sich auch Stinnes selbst. Er glaubt sich zu erinnern, gehört zu haben, das Heinz- mann sagte: „Ich will Herrn Stinnes vorher nochmal sprechen." Stinnes führte weiter aus, daß er — als ihm an jenem 00. August 1928 die ihn belastenden, ihm unverständlich« Aus sage von Waldow vorgehaltcn wurde, er in einen Konflikt mit sich selbst geriet. Er war sich seiner Verantwortung für Firma und Familie bewußt. Er hatte ein schlechtes Gewissen. Nicht weil er etwas Strafbares getan, oder gewollt hätte, sondern weil er zu wenig sorgfältig in das Geschäft hincingegangen war. Sein sog. Geständnis hätte er abgelegt, weil er das Versprechen Heinzmanns „andernfalls würde er das Haus nicht mehr ver« lasten und in seiner Firma das Unterste zu oberst gekehrt wer den, für den Fall seines Geständnisses aber werde man wohl die Sachen unter der Hand in Ordnung bringen können," ernst genommen hätte. Nach der Stinneserklarung prasselt ein Feuer von Fragen aus, das die bisher lebhafteste Szene des Slinnes- prozestes beleuchtet. Gespannt ist die Stimmung und gereizt. Der Vorsitzende stellt Fragen an Stinnes über verschiedene Un klarheiten hinsichtlich dessen Selbstbeschuldigung. Sollte sich Stinnes nicht gesagt haben, daß er durch ein falsches Geständ nis mit nachfolgender Untersuchung und Hauptverhandlung Firma und Familie ebenso bloßsteilen würde, wie durch seine Verhaftung? Warum nahm er nicht das falsche Geständnis so fort zurück, nachdem seine Verhaftung verfügt war? Die Ver teidiger, Stinnes, von Waldows, der Angeklagte Nothmann selbst bedrängen den Untersuchungsrichter. Es fällen Ausdrücke wie „ganz andere Ding« kommen noch zur Sprache", „glatte Lüge", „kein Ton davon ist wahr". Und man will dem Unter- suchungsrichter mit einem Vorstoß gegen die Strafprozeßord- nung Nachweisen, daß er den Sonderkommissar Heinz,»an» Ver nehmungen hat beiwohnen, Fragen stellen, Haussuchungen hat halten lasten. Der Kamps um die Tätigkeit des Untersuchunqs- richlers Dr. Brühl in der Voruntersuchung des Stinnesprozesies wird am heutigen Freitag sortaelelit werden Er soll zusam« Splitter aus -em Sttrmes-Prozetz Die Aussage -es Ankersuchungsrichiers — Zufammenslötze — Frau Grosch Max Sevrienl (Don unserem Wiener Vertreter.) Der Tod Max Devrients, des Letzten aus der großen deut schen Schauspielerfamilie, dürste in manchem auch über Wien hinaus, wo der plötzliche Tod des Zweilindsiebzigjährigen eine fast leidenschaftliche Trauer wachgerusen hat, den Widerhall dankbaren Gedenkens wecken. Was für eine Seltenheit steht doch gleich am Beginn der Deyrientschen Biographie: Im Zeit alter des fast alljährlichen Bllhnenwechsels der Prominenten, der „Slagionen" von Moissi bis Wegener, für die der Schlaf wagen das wichtigste Requisit ihrer Pläne geworden ist, hat Devrient mit kaum einem Dutzend Urlauben ein und demselben Burgtheater nicht weniger als 47 Jahre angchört. Noch im „alten Hause" erschien er im Jahre 1882 als Vrackenburg, vor her hatte er drei Jahre am Dresdner Hosthealer gespielt. Seine Antrittsrolle stellte Devrient freilich nicht in seinen eigentlichen Fähigkeiten dem Publikum vor. erst als er drei Jahre später den Herzog von Bligny im „Hllttenbesitzer" zugeteilt bekam, hatte er den Weg gefunden, der ihn dann sehr rasch auf wirk liche künstlerische Höhe und noch rascher in die Sympathie der Wiener einführte. Um die Jahrhundertwende bereits ist De vrient schlechthin der „nobelste" Darsteller des Burgtheaters, von einer Noblesse, die ebenso im unmittelbar gesellschaftlichen wie im allgemein seelischen Sin» verstanden werden muß. De vrient war der unübertrofsene Kavalier der sanften Burgtheater lustspiele, in denen seine sordiniertc Männlichkeit das schwär merische Entzücke» des weiblichen Parketts fand. Dann wurde Devrient immer mehr „Charakterspieler", wurde der Macbeth, der König Philipp des Vurglheaters und zuletzt gewann seine Begabung auch jene schauspielerische Spitze, die eben deshalb die leichteste scheint, weil sie die größte Sicherheit und di« innerklchste NeM vorauskcyr: Die Ironie. In Shaws „Teufels- schüler" und als Cnptain Hallem in „Captain Braßbounds Be kehrung" hatte er geradezu unnachahmlich den spitzen Nagel bri tischer Selbstverspottung auf den Kops ihrer innersten Pointe getroffen. Er siegte als Spötter, indem er durch die Grazie des Spottes zugleich entwaffnete. Devrient war, das fühlte der Besucher jeder Vorstellung, an der er teilnahm, wenige Minuten nach seinem Auftreten, wahrhaft populär. Nicht nur im Theater: auch wenn er nur äus der Straße, auf der elektrischen Bahn gesehen war, wurde er erkannt und von den Passanten spontan begrüßt. Sein schöner Kopf mit dem noch immer vol len Silberfcheitel zählte zu den wesentlichen Eindrücken des geistigen Wien, des Wien von gestern nicht minder wie des Wien von heute. Denn auch als 1918 das kaiserlich-königliche Hofburgtheater allen dynastischen Glanz verlor, blieb Devrient gleichsam noch der Hofschauspieler der Demokratie. Ob er in Jules Romains „Diktator" einen ironischen Konservativen, ob er in Rutras „Kronprinz" den unbeugsamen König, ob er in der Uraufführung von Romain Rollands ,/Leoniden" den flüchtigen Aristokraten darstcllte, immer wußte er auch dem revolutionär sten Publikum der Gegenwart zumindest den menschlichen Reiz der Noblesse klarzumachen. Sachte rückte er jene Gestalten der Weltpolitik, die in den letzten zwanzig Jahren so rasch unter die Räder der Zeit gekommen waren, aus dem Streit der Mei nung in ihre unzerstörbare menschliche Heimat. Und mehr als einmal ist der Satz gefallen, daß die Fürsten Mitteleuropas, hätten sie ihre Rolle nur annähernd so mistend, so behutsam, so überlegen-ironisch wie Max Devrient gespielt, vielleicht lange nicht so unwiderruflich und gründlich um ihre Throne gekom men wären. Devrient hat alle Ehren, die Wien verschwenderisch seinen Vühnenlieblingen zuwendet, genosten: er war Ober regisseur und Ehrenmitglied des Vurgtheaters, hatte den Titel Professor und nur seine starke persönliche Zurückhaltung war der Grund, daß er nickt auch außerhalb de« Theater» überall im Dordekgrund sianD. Bis 7ngpp vor feinem plötzliche» Tod iviik,- rend seines, Schweizer Urlaubs war Devrient auch als Sieb ziger noch von vorbildlicher Spielsreude. Auch hierin eine sel tene Ausnahme unter den „Prominenten", zog er bis zuletzt die neue Ausgabe der überlieferten und künstlerisch abgelebten vor, stand am liebsten bei Ur- und Erstausführungen in der ersten Reihe. Er wußte, daß der Gewinn auch des Schauspieler» vor allein Wagnis heißt . . . Seine Wirkung aus das Publi kum war nie eine so stürmische wie etwa die Bassermanns oder Wegeners. Selten gelang ihm eine Gestalt von „unvergeß lichem" und „unvergleichlichem" Zuschnitt. Aber Jahr um Jahr fügten sich doch seine immer edlen Leistungen zu einein voll endeten Bild. Er überrumpelte nicht durch einen jäben und alles überschüttenden Ton, aber er bezauberte durch eine kaum jemals gestörte Harmonie . . . Eben das macht ihn gerade in der Zeit, da das „Ensemble" weit mehr eine Kategorie der Sehnsucht oder eine säst an der möglichen Erfüllung verzwei felnde kritische Forderung ist, zu einem wertvollen Beispiel. Ge rade für eine neue, seinem Wesensgrund entfremdete Generation! Das deutsche Theater ehrt sich selbst, wenn es auch dieses letzten großen Divrient als eines seltenen Menschen und Künstlers ge« denkt. 8cl>r. Neues Mitglied der Preußischen Akademie der Wissen schaften. — Der Professor an der Universität und am Institut für materielle Kultur in Leningrad, Wladimir Beneschewitsch, ist von der Preußischen Akademie der Wissenschaften zum Korre spondierenden Mitglied ihrer philosophisch-historischen Klasse gewählt worden. Bcneschewitsch >>t seit 192/ auch Milgiieo oer Bayerisclzeu Akademie der Wissenschaften. Rektoratswechsel an der Berliner Technischen Hochschule. — Für das Jahr 1929/00 hat jetzt die Wahl des neue» Rektors der Technischen Hochschule in Berlin-Charlotte,iburg stattgesunk"'». Eewäblt wurde Professor Dr.-J»a. Draux. ordentlicher Professor Kerrenslofse Tuchhaus Porsche! SoortNokke. Kord- und Lodenstoffe ^ ^ ^ ^ Sportstoffe. Kord- und Lodenstoffe Billard-, Pult- und Uniformtuche Altartuche, Fahnen- und Stickereituche Ministrantenstoffe Gegr. 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